Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Das, was jetzt geändert wurde, ist der Zusatzbeitrag, keine Kopfpauschale, bitte schön. Der Zusatzbeitrag versetzt die Krankenkassen in den Stand, dass wieder ein Wettbewerb zwischen den Krankenkassen funktioniert und dass wieder - ich sage es einmal so - die Spreu vom Weizen getrennt wird. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, wenn einheitliche Beiträge und einheitliche Leistungen angeboten werden.

Meine Damen und Herren! Das eigentliche Problem der GKV-Finanzierung liegt doch darin - das ist bei der LINKEN offensichtlich noch nicht richtig angekommen -, dass aufgrund der Demografie und des medizinischen Fortschritts die GKV-Finanzierung schon jetzt erheblichen Belastungen ausgesetzt ist und diesen in Zukunft noch stärker ausgesetzt sein wird.

(Beifall bei der FDP)

Der Gesundheitsökonom Professor Ulrich von der Universität in Bayreuth thematisierte dies in seinem Referat am 26. Oktober 2010 auf der AOK-Versammlung und kam zu einem erschreckenden Ergebnis. Um die Finanzierung der zukünftigen GKV-Belastung sicherzustellen, müsste sich der Beitragssatz von derzeit 15,5 %, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, in den nächsten 20, 25 Jahren mindestens verdoppeln. Wenn man das derzeitige Volumen von mehr als 170 Milliarden € jährlich in der GKV zugrunde legt, dann weiß man, welche Dimension da auf uns zukommt. Das ist einfach nicht hinnehmbar und auch nicht verkraftbar.

Es ist also nicht allein ein Einnahmenproblem, wie es die LINKE ständig darzustellen versucht, sondern auch ein Problem der Ausgaben, die betrachtet werden müssen. Hier möchte ich drei Ausrufezeichen setzen.

(Beifall bei der CDU)

Volkskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Erkrankungen des Bewegungsapparats sind oft die Folge von falscher Ernährung und Bewegungsmangel. Sie nehmen rasant zu und verursachen immer größere Kostensteigerungen.

Ich rufe daher alle Akteure auf, sich dem Problem zu stellen und realistische Lösungen zu suchen. Machen Sie es sich nicht so leicht nach dem Motto: Nehmen wir es doch von den Reichen. - Das ist dem Sagenreich des Robin Hood entnommen und sollte dort auch bleiben.

Wie dieses Fehldenken - nehmen wir, bis nichts mehr da ist - in der Realität scheitert, haben wir alle in den 40 Jahren DDR erlebt.

Überhaupt, meine Damen und Herren von der LINKEN, ist ihre Bürgerversicherung, die Sie als Lösung schlechthin darstellen, nicht umsetzbar. Wie soll diese im Einzelnen funktionieren? Das haben Sie bis heute noch nicht schlüssig vorgerechnet und dargelegt.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Natürlich!)

- Nein, das haben Sie nicht. - Welche Einkunftsarten wollen Sie denn einbeziehen? Wie wollen Sie diese erfassen, wie wollen Sie diese bewerten? Sie müssen doch ein komplettes Finanzamt daneben stellen, um das alles erheben zu können. So ist es! Wollen Sie dann eine Beitragsbemessungsgrenze einführen? Oder gar keine?

(Zurufe von der LINKEN)

- Nach oben offen, jawohl. - Was passiert, wenn die Person in einem Jahr gut verdient und im nächsten Jahr Minuseinkünfte hat? Wird dann alles wieder zurückgezahlt? Das sind Dinge, die haben Sie noch nicht schlüssig dargelegt. Ich muss Sie wirklich darum bitten, dass Sie das tun. Aus diesem Grund kommen können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Zurufe von der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Wir, die CDU Fraktion, können dem, was von der Fraktion DIE LINKE vorgetragen wurde, nicht zustimmen. Wir sind uns einig, dass die Lösung, die in Berlin gefunden wurde, aus unserer Sicht nicht die glücklichste ist, aber das Gesetz ist verabschiedet. Wir werden sehen, wie es funktioniert. Ich denke, die Gesundheitspolitik ist ohnehin eine ständige Baustelle. Das nächste Jahr ist das Jahr 2011, das übernächste ist das Jahr 2012, und wir werden sehen, wie das im Einzelnen geht.

(Lachen bei der LINKEN)

Dann wird es eine Fortschreibung geben, und wir werden sehen, wie das funktioniert.

Die Fraktion der CDU wird den Antrag aus diesem Grunde ablehnen und der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen.

Vielen Dank, Herr Brumme. Es gibt zwei Nachfragen, eine von Frau Penndorf und eine von Herrn Gallert. Wollen Sie die Fragen beantworten?

Ja, bitte.

Frau Penndorf, dann können Sie jetzt fragen. Danach Herr Gallert.

Herr Brumme, ich kann mich daran erinnern, dass Sie im März ganz anders gesprochen haben.

Nein, ganz anders nicht.

Damals haben Sie ganz anders gesprochen. Sie haben gesagt, dass die CDU-Fraktionen von Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern für die solidarische Kopfpauschale sind.

Wir haben nie bestritten, dass auch die Ausgabensituation zu bedenken ist. Ich frage Sie: Wie stehen Sie zur Positivliste von Medikamenten? Wie stehen Sie dazu,

dass eine engere Zusammenarbeit zwischen stationärem und ambulantem Sektor erfolgen soll? Wie stehen Sie dazu, dass man Doppeluntersuchungen vermeiden könnte? Das würde eine effektive und eine richtig große Einsparung bringen.

Zu den Einkunftsarten interveniere ich jetzt einfach einmal. Herr Rösler möchte auch viele Einkommensarten einbeziehen. Haben Sie ihn schon einmal gefragt, wie er das tun möchte?

Das ist das, was ich nicht verstehe. Sie stellen jetzt all das infrage, was Sie im März befürwortet haben.

Ich habe nichts infrage gestellt. Unseren Standpunkt vom März haben wir nicht relativiert und auch nicht aufgegeben. Wir sind der Meinung, dass die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung weiterhin erfolgen soll. Es ist nicht so, dass der Zusatzbeitrag erhoben werden muss, sondern er kann erhoben werden, wenn die Krankenkasse mit ihren finanziellen Mitteln nicht zurechtkommt. Somit ist es auch keine Kopfpauschale, als das Sie es immer zu diskreditieren versuchen.

(Zuruf von Frau Penndorf, DIE LINKE)

- Nein, das ist ein Zusatzbeitrag.

Auf die anderen Fragen möchte ich nicht antworten. Ich sage nur: Thema verfehlt! Wir könnten uns dazu vielleicht über einen neuen Tagesordnungspunkt in der nächsten Landtagssitzung verständigen. Das gehört hier heute nicht dazu.

Vielen Dank. - Dann kommt Herr Gallert mit seiner Frage. Bitte schön, Herr Gallert.

Herr Brumme, ich habe verstanden, dass Sie um nichts in der Welt einem Antrag von uns zustimmen wollen. Warum Sie das nicht tun wollen, habe ich nicht verstanden. Deswegen frage ich noch einmal ausdrücklich: Finden Sie es richtig, dass es demnächst eine einkommensunabhängige Zusatzprämie bei den gesetzlichen Krankenkassen geben wird, oder finden Sie das falsch?

Ich bin der Ansicht, die paritätische Finanzierung soll grundsätzlich weiterhin im Umlageverfahren beibehalten werden. Ich bin der Meinung, die zusätzlichen Kosten sollten über die Steuersäule realisiert werden.

Wir zahlen jetzt schon jeden dritten Renteneuro aus dem Bundeshaushalt. So wird sich das dann in Zukunft auch aufbauen. Das ist der Demografie geschuldet - das ist klar - und dem medizinischen Fortschritt. Diese beiden Komponenten können dann nur von dieser Seite finanziert werden, sodass wir dann einmal die umlagefinanzierte Säule und die Steuersäule realisieren müssen. Das ist richtig.

Über die Steuersäule erreichen Sie das, was Sie eigentlich wollen - damit liegen wir vielleicht nicht auseinander -, nämlich dass dann alle Einkommen und alle Einkommensarten erfasst werden. Aber das wird ganz normal durch das Finanzamt realisiert und nicht durch das, was Sie machen wollen. Sie wollen noch einmal eine

andere Baustelle aufmachen. So ist das immer deklariert worden. Das ist das Modell, das in Zukunft tragen wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Finanzierung anders gewährleistet werden kann. - Bitte.

Es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Gallert.

Dann möchte ich bloß sagen: Die Frage der Bürgerinnen- und Bürgerversicherung hätten Sie dann im Ausschuss abkoppeln können. Aber mit Ihrer Antwort auf meine Frage machen Sie deutlich, dass Sie Punkt 1 unseres Antrags zustimmen. Darin ist ausdrücklich nach der Einführung einer einkommensunabhängigen Finanzierung der Krankenversicherung durch die Erhebung einer Gesundheitsprämie bzw. Kopfpauschale gefragt worden. Wenn Sie das ablehnen, dann hätten Sie dem auch zustimmen können. Warum haben Sie dann nicht zumindest die Punkte 1 und 2 voneinander getrennt?

Sie zielen jetzt auf die Bürgerversicherung ab, die wir ablehnen, weil sie anders funktioniert.

(Zurufe von der FDP)

Es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Dr. Eckert. Möchten Sie die beantworten?

Ja, bitte.

Dann bitte. - Herr Dr. Eckert, Sie haben das Wort.

Herr Brumme, Sie sprachen eben von möglichen Mehrkosten im Bereich der Bürokratie. Würden Sie mir darin zustimmen, dass die Krankenkassen einen erheblichen bürokratischen Aufwand haben, wenn sie diesen Zusatzbeitrag erheben, weil sie für jeden einzelnen Versicherten ein Extrakonto einführen müssen?

Das ist richtig. Es wird ein erhöhter Aufwand betrieben werden müssen. Das ist richtig.

Frau Penndorf hat eine letzte Frage? - Sie müssen nicht antworten, wenn Sie nicht wollen.

Ich möchte darauf verzichten, weitere Antworten zu geben, weil die Zeit davonläuft.

Herr Brumme verzichtet auf die Beantwortung weiterer Fragen. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der FDPFraktion. Frau Dr. Hüskens hat jetzt das Wort. Bitte schön.