Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Herr Brumme verzichtet auf die Beantwortung weiterer Fragen. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der FDPFraktion. Frau Dr. Hüskens hat jetzt das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, lieber Herr Brumme, manchmal ist es besser, wenn man eine unangenehme Position, die vielleicht nicht bei jedem auf Begeisterung stößt, gleicht einnimmt und nicht erst versucht, sich ein bisschen ins Gebüsch zu schlagen.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Ich glaube, das ist das, was wir heute Abend sehen.

(Herr Scharf, CDU: Herr Brumme kriecht nicht ins Gebüsch!)

Das ist die Rache dafür, wenn man einmal versucht hat, etwas anderes zu erzählen als das, was eigentlich die Position der Partei ist. Das sollte man vielleicht nicht tun.

Ich kann mir heute eigentlich die meisten Ausführungen zu dem Thema sparen; denn ich habe bereits bei der Einbringung gesagt, was ich davon halte. Daran hat sich auch nichts geändert, weil sich auch an den Parametern ehrlich gesagt nichts Wesentliches geändert hat. Einige Dinge sind natürlich klarer geworden. Der Prozess ist weiter vorangeschritten. Aber eigentlich wussten wir im März alle schon, wohin das Ganze laufen würde.

Deshalb mache ich einige Bemerkungen zum Verfahren. Ich habe die Einbringungsrede noch einmal gelesen, wie alle anderen wahrscheinlich auch. Der Grund dafür, dass das damals nicht gleich abgelehnt worden ist - das hätten wir tun können; dafür hätte es eine Mehrheit gegeben -, sondern an den Ausschuss überweisen worden ist, war, dass man darüber intensiv diskutieren wollte. Ich muss offen gestehen, dass ich das bei der Vielzahl von Gesetzen, die wir im Sozialausschuss hatten, auch nicht mehr ganz so präsent gehabt habe. Der März liegt auch schon einige Tage zurück.

Also habe ich mir den Verlauf der Diskussion noch einmal angesehen und festgestellt - Überraschung, Überraschung! -: Wir haben im Ausschuss ein einziges Mal darüber gesprochen, und zwar genau drei Minuten lang über die Frage des Verfahrens. Nun muss ich offen gestehen: Wenn es dafür Gesprächsbedarf gegeben hätte, dann hätten wir ihn damals decken können und decken müssen. Ich finde es schon schade, wenn man das auf diese Art und Weise niedermacht.

Ich kann allerdings auch Frau Penndorf den Vorwurf nicht ersparen, dass sie es mit sich hat machen lassen. Das ist auch so ein Punkt. Der eine versucht es; der andere lässt mit sich Schlitten fahren. Man hätte das vielleicht ein bisschen anders machen können. Man hätte versuchen können, inhaltlich einzusteigen.

Darüber hinaus - -

(Zuruf von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

- Ja gut, Herr Thiel, es ist so. Man muss auch einmal überlegen, ob man sich dagegen wehrt oder ob man einfach sagt: Superklasse, ich habe zwar einen Antrag eingebracht, aber nach drei Minuten reicht es mir. Man muss eben auch gegen den Versuch angehen, das Ganze einfach für erledigt zu erklären. - Gut, die Regierungsfraktionen haben schnell eingesehen, dass das geschäftsordnungstechnisch inzwischen nicht mehr geht.

Heute sehen wir das, was in einer anderen Partei in Nordrhein-Westfalen neuerdings „parlamentarische Zwänge“ heißt: Man muss eben doch manchmal von der Linie der eigenen Partei oder von der persönlichen Linie abweichen und sich dem Mainstream anschließen.

Deshalb kann ich es heute kurz machen und sagen: Herr Brumme, willkommen im Klub. Das hätten wir, glaube ich, schon im März haben können. Es freut mich, dass Sie sich inzwischen von den Positionen doch haben überzeugen lassen, die auf der Bundesebene erarbeitet werden.

Wir wissen, dass der Weg hin zu einer entsprechenden einkommensunabhängigen Finanzierung nicht leicht werden wird. Wir sehen auch, dass sich eines - unabhängig von der Finanzierungsform, die man wählt - nicht ändern wird: Wir werden in diesem Bereich steigende Kosten haben. Diesbezüglich brauchen wir uns nichts vorzumachen. Wir alle werden viele Mühen auf uns nehmen müssen, um herauszufinden, wie man das möglichst eindämmen kann. Aber wir werden auch akzeptieren müssen, dass wir einen anderen Pflege- und Gesundheitsbedarf bei Ärzten haben, wenn wir älter werden, wenn wir gesund älter werden wollen, und dass diese Leistungen Geld kosten werden.

Wir werden Finanzierungen finden müssen, die neben den entsprechenden Beiträgen und neben den Steuern sicherstellen, dass wir dann, wenn wir ordentlich grau und alt geworden sind, die entsprechende Gesundheitsvorsorge auch noch bezahlen können. Ich glaube, das ist der Weg, den wir in Berlin jetzt gehen, und diesen Weg sollten wir zusammen gehen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP). Präsident Herr Steinecke: Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Wir kommen zum letzten Debattenbeitrag, dem der SPD-Fraktion. Frau GrimmBenne, Sie haben das Wort. Frau Grimm-Benne (SPD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich möchte es einmal ganz formal machen. Uns liegt ein Antrag vom 18. März 2010 vor, der am 1. Dezember 2010 im Sozialausschuss zur Beschlussfassung vorlag.

Punkt 1 des Antrags lautet: Die Landesregierung wird aufgefordert, im Bundesrat und in der Gesundheitsministerkonferenz gegen die beabsichtigte Einführung einer einkommensunabhängigen Finanzierung der Krankenversicherung durch Erheben einer Gesundheitsprämie bzw. Kopfpauschale aktiv zu werden.

Der Bundestag hat am 26. November 2010 mit der Mehrheit der Stimmen der CDU/CSU und der FDP dem GKV-Finanzierungsgesetz zugestimmt. Da das GKVFinanzierungsgesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist, konnte es auch von der Länderkammer nicht verhindert werden und tritt am 1. Januar 2011 in Kraft. Damit war der erste Punkt, nämlich dass die Landesregierung aufgefordert wird, im Bundesrat aktiv zu werden, objektiv nicht erfüllbar.

Des Weiteren war die Landesregierung aufgefordert, in der Gesundheitsministerkonferenz dagegen aktiv zu werden. Dazu hat Minister Bischoff vorhin ausführlich deutlich gemacht, dass er dort die Auffassung der Minister der A-Länder vertreten hat und sich für eine solidarische Bürgerversicherung eingesetzt hat.

Punkt 2 - darin liegt, das muss ich sagen, die Crux in Ihrem Antrag - lautet eben nur: Die Landesregierung soll sich auf der Bundesebene für eine Weiterentwicklung

der GKV einsetzen. Es geht eben nicht darum, dass der Landtag dies tut. Dies haben Sie am 1. Dezember 2010 noch nachzubessern versucht. Die Landesregierung kann sich in dieses Verfahren objektiv überhaupt nicht mehr einbringen. Sie kann dies im Höchstfall noch an einer ganz kleinen Stelle tun, nämlich im Bundesrat - -

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das ist falsch!)

- Wann denn?

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

- Wann kann die Landesregierung denn etwas, das im Bundestag verfasst ist - -

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

- Es gibt im Bundesrat keine Beschlussfassung zum GKV-Gesetz.

(Frau Bull, DIE LINKE: Es geht darum, aktiv zu werden, und nicht nur durch eine Beschlussfas- sung! Lesen Sie es einmal durch! - Oh! bei der CDU - Unruhe)

Also bitte, meine Damen und Herren! Jetzt spricht Frau Grimm-Benne.

Ja, gut. Ich kann auch aktiv werden. Ich sage einfach einmal: Ich sehe nicht, wie sich die Landesregierung mit den legitimen Mitteln, die es gibt, einbringen kann.

(Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

- Genau. - Ich möchte auch sagen: Vom 18. März bis zum 1. Dezember 2010 ist es eine verdammt lange Zeit, in der Sie als Opposition wahnsinnig aktiv hätten werden können, um Ihr Anliegen noch einmal richtig deutlich zu machen,

(Beifall bei der SPD)

um den Druck aufzubauen, dass im Bundestag am 26. November 2010 eben nicht so votiert werden soll. Sie hätten auch auf den Artikel von Herrn Scharf in der AOK-Zeitschrift - der war auch noch vor dem 26. November2010 - öffentlich so eingehen können, dass deutlich wird, dass die CDU in Sachsen-Anhalt eine andere Auffassung hat als die CDU im Bund, um deutlich zu machen, dass man da noch eine Veränderung vornehmen sollte. Aber ich muss Ihnen sagen, hier zu dieser abendlichen Stunde noch eine namentliche Abstimmung zu fordern - das ist ein reiner Schaufensterantrag.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Unruhe bei der LINKEN)

Das hilft Ihnen überhaupt nicht weiter. Deshalb bleiben wir bei unserer Beschlussempfehlung und lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Es gibt zwei Nachfragen, Frau GrimmBenne, von Herrn Gallert und von Herrn Dr. Eckert. - Herr Dr. Eckert verzichtet. Herr Gallert, bitte schön, Sie haben das Wort. Möchten Sie darauf antworten, Frau Grimm-Benne?

Ich höre mir erst einmal die Frage an.

Fragen Sie, Herr Gallert.

Frau Grimm-Benne, Sie müssen nicht unbedingt antworten. Ich möchte nur auf einen Fakt hinweisen. In dem Antrag steht:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, im Bundesrat und in der Gesundheitsministerkonferenz gegen die beabsichtigte Einführung einer einkommensunabhängigen Finanzierung der Krankenversicherung durch Erhebung einer Gesundheitsprämie bzw. Kopfpauschale aktiv zu werden.“

Das hat überhaupt nichts damit zu tun, ob wir es hierbei mit einem zustimmungspflichtigen Gesetz zu tun haben oder nicht. In beiden Gremien kann die Landesregierung Sachsen-Anhalts natürlich in die entsprechende Richtung etwas unternehmen, und sie kann dies auch in den nächsten zwei, drei, vier oder fünf Jahren tun. Das ist überhaupt nicht die Frage.

Es geht hierbei nicht ausschließlich um die entsprechende Einführung des jetzt vorliegenden Gesetzes der Bundesregierung, sondern es geht um die Aktivität der Landesregierung zu diesem Thema grundsätzlich und generell, und deswegen hat sich das überhaupt nicht erledigt. Wenn Sie meinen, dass eine Landesregierung dazu objektiv gar nicht in der Lage ist, dann frage ich mich, was Sie von dieser Landesregierung halten.

(Zustimmung von der Fraktion DIE LINKE)

Sie wäre dazu objektiv in der Lage.

Herr Gallert, es ehrt Sie sehr, dass Sie diesen Antrag noch so hinbiegen, dass es eine namentlich Abstimmung rechtfertigt.

(Zustimmung bei der SPD)