Vor allem der flächendeckende Ausbau der Schulsozialarbeit kann ein geeignetes Instrument sein, um die Bildungs- und soziokulturelle Teilhabe zu unterstützen; denn wir wissen, dass Schulsozialarbeiterinnen die Kinder und ihre Familien und deren individuellen Unterstützungsbedarf aus dem täglichen Erleben kennen. Deswegen haben wir uns im Land Sachsen-Anhalt so vehement dafür eingesetzt. Das soll jetzt bundesweit ausgedehnt werden. Man schätzt die Kosten für den Bund auf 2 Milliarden € jährlich. Das sind die notwendigen Ausbaukosten, um die Schulsozialarbeit in Gesamtdeutschland zu etablieren.
Drittens - damit kommen wir zu dem Diakonie-Bericht, der jetzt veröffentlicht worden ist und der, glaube ich, aus dem gesamten Bereich der Liga der Freien Wohlfahrtspflege bis hin zum Deutschen Verein Unterstützung erhält -: Auch wir fordern eine saubere Berechnungsgrundlage für die Regelsätze und fordern die Bundesregierung deshalb auf, den Regelsatz auf der Basis der unteren 20 % der Einkommen der Menschen, die vom Lohn ihrer Arbeit leben, zu berechnen. Um die Ausgabepositionen Tabak und Alkohol methodisch korrekt auszuschließen, muss die gesamte Referenzgruppe um die Haushalte bereinigt werden, die Ausgaben hierfür getätigt haben.
Wir sind der Auffassung, dass die derzeit verwendeten Daten zur Berechnung des Kinderregelsatzes nicht geeignet sind, um die Bedarfe von Kindern abzubilden. Deshalb wird von der Bundes-SPD gefordert, einen Expertinnenkreis einzusetzen, der die Daten nochmals überprüft und Vorschläge insbesondere für eine sachgerechte Ermittlung der Kinderregelsätze macht. Die ermittelten Regelsätze sollen einer Plausibilitätskotrolle unterworfen und müssen gegebenenfalls angepasst werden.
Viertens. Das wichtigste Ziel, das auch in der Rede von Herrn Gallert hervorgehoben worden ist, ist und bleibt, arbeitslosen Menschen den Weg in eine existenzsichernde sozialversicherungspflichtige Arbeit zu eröffnen und damit generell Bedürftigkeit zu vermeiden.
Deshalb - das ist für mich der viel schwierigere Punkt - lehnen wir die Kürzung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik - darunter werden wir gerade in SachsenAnhalt leiden - durch die Bundesregierung ab und setzen uns für die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes ein.
Die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU zum 1. Mai 2011 und die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung der Zuverdienstmöglichkeiten sind zusätzliche Argumente für einen gesetzlichen Mindestlohn. Auf jeden Fall müssen weitere Branchen durch Mindestlöhne nach dem Entsendegesetz vor Lohndumping und Schmutzkonkurrenz geschützt werden. - Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Grimm-Benne. Herr Harms hat eine Frage. Möchten Sie die Frage beantworten, Frau Grimm-Benne? - Das wollen Sie. - Herr Harms, Sie können fragen. Bitte.
Ich vermute, Sie hätten meine Frage ebenso gerne beantwortet, wenn wir nicht in einer Koalition gemeinsam die Verantwortung tragen würden, was wir ja zugegebenermaßen auch mit nachhaltigem Erfolg tun.
Aber die konkrete Frage, Frau Grimm-Benne: Sie sprachen davon, dass sich die Grünen im Saarland aufkaufen ließen. Nun sind Sie selbst parlamentarische Geschäftsführerin einer Fraktion im Landtag von SachsenAnhalt. Ich persönlich nehme eine solche Aussage sehr ernst, wenn ich sie vernehme, und frage mich natürlich: Welche konkreten Hinweise bewegen Sie zu dieser Aussage und erwägen Sie in diesem Zusammenhang einen Strafantrag?
Ich frage das in dieser Deutlichkeit auch deshalb, weil in der Landespresse, in der „MZ“ heute auf Seite 2 das Thema gefühlte Korruption und die Einschätzung eine Rolle spielt, dass die Mehrzahl der Deutschen Politiker für bestechlich hält. Ich messe dieser Aussage, die Sie heute getätigt haben, eine durchaus wesentliche Bedeutung zu. Ich bin interessiert an Ihrer Antwort.
In meiner geringen parlamentarischen Erfahrung ist mir eine solche Einschätzung anderer Kollegen noch nicht untergekommen. Das ist völliges Neuland für mich. Deshalb entschuldigen Sie, dass ich Ihnen diese Frage stelle.
Möglicherweise war das „Abkaufen“ politisch nicht ganz korrekt, aber man kann es im Augenblick allen über
regionalen Pressemitteilungen entnehmen, dass Frau von der Leyen mit den Grünen im Saarland darüber verhandelt, wie man die Zustimmung im Bundesrat erreichen kann.
(Minister Herr Bullerjahn: Er hätte die Kollegen aus Schleswig-Holstein einmal fragen sollen! - Unruhe)
Frau Kollegin - ich habe das jetzt nicht ganz deutlich verstanden -, bleiben Sie bei der Bewertung, dass eine Partei im Saarland käuflich ist?
Damit ist die Frage hinreichend beantwortet. Wir kommen jetzt zum Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. Die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens erhält das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war ein kleiner Exkurs zur Frage der politischen Kultur.
Frau Dr. Hüskens, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. Ich möchte noch die jungen Leute auf der Tribüne begrüßen. Ich darf hiermit die Schülerinnen und Schüler des Dr.-Hermann-Gymnasiums Schönebeck begrüßen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute Morgen viel über statistische Berechnungen gehört. Es ging auch um die Frage, ob die Regelleistungen, die der Staat Langzeitarbeitslosen zahlt, das Existenzminimum hinreichend ausfinanzieren.
Ich finde es gut, dass wir jetzt eine Berechnungsgrundlage haben, auf deren Basis wir überhaupt diskutieren
können. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte festgestellt, dass das vorher nicht der Fall war. Mich wundert es nicht, dass DIE LINKE - und so auch die SPD im Bund - mit der Forderung schnell bei der Hand war, dass es mehr Geld sein müsste. Frau Grimm-Benne hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Weihnachten naht. Klar, da kann man sich das eine oder andere wünschen.
Aber ich finde es fatal, wenn Herr Gallert hier klar formuliert, wir hätten die Perspektive derjenigen - und nur derjenigen - zu übernehmen, die aus dem Transfersystem des Staates Leistungen beziehen. Das aber, meine Damen und Herren, geht nicht.
und zwar sowohl die des Anteils von 40 % der Bevölkerung, der in unserem Bundesland die Mittel für die Transferleistungen aufbringt, als auch die des Anteils von 60 % der Bevölkerung, der diese Gelder dann bekommt. Dieses Verhältnis sollten wir uns immer wieder vergegenwärtigen: Es sind nur noch 40 %, die zahlen. Auch denen gegenüber haben wir soziale Gerechtigkeit walten zu lassen.