Protokoll der Sitzung vom 03.02.2011

parlamentarischen Untersuchungsausschuss die Diskussion mit den Beamten zu suchen.

(Herr Kosmehl, FDP: Zu finden!)

Das politische Kalkül der Fraktionen der FDP und der LINKEN ist insoweit aufgegangen, als mächtiger Pulverdampf erzeugt wurde - meist abseits des eigentlichen Untersuchungsgegenstandes.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: In dem Ausschuss nicht! Das war sehr überschaubar! Das konnte man gut erkennen!)

Doch was bleibt, wenn der Pulverdampf verzogen ist? - An Fakten bleibt der Inhalt dessen, was ich den Mitgliedern des Innenausschusses bereits am 25. März des letzten Jahres vorgetragen habe, und an politischer Erkenntnis der begründete Verdacht, dass bei FDP und LINKEN bei der Einsetzung des Zwölften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht die Wahrheitsfindung im Vordergrund stand.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Nur!)

Helmut Kohls Wort vom politischen Kampfinstrument trifft es wohl wesentlich besser. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD - Frau Dr. Hüskens, FDP: Wir sind ja keine Sozialdemokraten, Herr Hövelmann!)

Es ist eine Zehnminutendebatte vereinbart worden. Als erster Debattenredner spricht der Abgeordnete Herr Kosmehl für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es heraus. Nachdem ich in der Debatte über den Zehnten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss etwas Dampf abgelassen habe, haben Sie jetzt einmal versucht, das zurückzugeben. Dass Sie sich Helmut Kohls bedienen, nehme ich wohlwollend zur Kenntnis. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister, was bleibt? - Was bleibt, ist etwas für die Geschichte des Landes Sachsen-Anhalt.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Nein, so ist es nicht!)

Sie sind der einzige Minister in der Geschichte des Landes Sachsen-Anhalt und werden es auch bleiben, weil ich denke, dass das nicht wieder vorkommen wird, der in einer Amtszeit zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse in seinem Geschäftsbereich gegen sich eingeleitet gesehen hat.

Was bleibt, Herr Minister, ist, dass Sie versuchen, ein Recht der Opposition dadurch zu schmälern, dass Sie sagen, es sei gar nicht notwendig gewesen. Jetzt bitte ich einmal alle Kollegen, sich noch einmal zu erinnern. Wie war denn das im März, April, Mai 2010?

Herr Minister, Sie sagen, aus Ihrer Sicht zu Recht, Sie hätten verhindert, dass es im Innenausschuss eine umfangreiche Aufklärung gegeben habe. Dass Sie unserem Drängen, die Beamten zu hören, selbst nachgegeben haben, müssten Sie heute auch zugeben. Sie haben ja angeboten, wenn das noch der Wunsch gewesen wäre, dann hätte man das noch in einer weiteren Sitzung ma

chen können. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich LINKE und FDP aber bereits auf den Weg gemacht und gesagt: Wir suchen die Öffentlichkeit, um in der Öffentlichkeit die Vorwürfe, die in der Öffentlichkeit bestehen, zu entkräften.

Herr Hövelmann, ich sage Ihnen ganz klar, wenn wir uns gemeinsam den Einsetzungsbeschluss anschauen, dann werden wir feststellen, dass sich viele der Verstöße, die sich möglicherweise - so haben wir es formuliert - zugetragen haben, im Ergebnis der Beweisaufnahme als nicht zutreffend erwiesen haben. Das ist auch ein Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses. Das kann man durchaus positiv verkaufen. Ich muss nicht jeden Untersuchungsausschuss damit abschließen, dass der Antragsteller hundertprozentig Recht hat. Manchmal ist es für die öffentliche Meinungsbildung auch wichtig, etwas klarzustellen.

Sie haben von mir nie gehört, dass ich Ihr Organisationsrecht, Ihr Recht, Beamte umzusetzen, infrage gestellt hätte. Das ist Ihr Organisationsrecht und das steht Ihnen auch zu. Deswegen war die Umsetzung auch nicht unrechtmäßig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben allerdings einige Sachverhalte - auf diese drei Punkte möchte ich eingehen -, die man im Ergebnis der Beweiserhebung unterschiedlich bewerten kann.

Ich bin Herrn Miesterfeldt sehr dankbar, dass er das noch einmal dargestellt hat: Ich habe mit mir gerungen, ein Sondervotum zu schreiben oder meine Bemerkungen in eine Rede zu verpacken. Ich werde Ihnen das in einer Rede vortragen. Sie werden merken, dass das an der einen oder anderen Stelle aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme - und nicht, weil ich es nicht zu Ende gedacht hätte - nicht abschließend bewertet werden kann.

Der erste Punkt ist die Frage der Information der Hausleitung. Damit verbindet sich immer der Name von Staatssekretär Erben, der, soweit ich es gesehen habe, zumindest im Teil C des Abschlussberichts nicht mehr auftaucht.

Es ist auch aus meiner Sicht merkwürdig, dass Herr Liebau in einem Gespräch, bei dem noch weitere Zeugen und nicht nur die Hausleitung zugegen waren, auf die Frage hin, hast du den informiert, gab es das, nicht gesagt hat, ich habe informiert, sondern geschwiegen bzw. das Gespräch abgebrochen hat. Das ist merkwürdig. Aber, Herr Minister, sehr geehrte Damen und Herren der Koalition, das ist kein Beweis dafür, dass der Staatssekretär am 19. Juli nicht informiert worden ist. Das können wir davon nicht ableiten.

(Minister Herr Hövelmann: Aber auch nicht das Gegenteil!)

- Auch nicht das Gegenteil. Es bleibt Aussage gegen Aussage. Deshalb ist es schwierig zu sagen, ich glaube dem, ich glaube dem nicht. Das ist eine Gefühlssache. Ehrlich gesagt kann ich es in Abwägung nicht endgültig entscheiden: War die Qualität und die Quantität der Information ausreichend? War die Aufnahmefähigkeit des Empfängers der Information ausreichend und tatsächlich vorhanden? - Das kann man aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme nicht abschließend bewerten. Deshalb, sage ich Ihnen, kann ich mit dem Ergebnis im Teil C nicht einverstanden sein. Das ist eine Konsequenz, die ich nicht ziehen würde.

Ich könnte allerdings nachvollziehen, dass Sie sagen, Sie hätten auch Zweifel, wenn die FDP behaupten würde, es wäre, und zwar beweissicher festgestellt, genau anders herum gewesen. Deshalb bleibt es für mich bei Aussage gegen Aussage. Das konnten wir leider nicht klären.

Der zweite Punkt ist: Die SPD hat von Anfang an alles unternommen, um die Vorgänge möglichst aus dem Sommer 2007 in die Zeit von 2002 bis 2006, also in die Amtsperiode des CDU-Innenministers Jeziorsky, zu tragen. Deshalb gibt es in diesem Bericht auch Aussagen zu den Vorgängen in diesem Bereich von 2002 bis 2007.

Ja, wir nehmen zur Kenntnis, dass bei Mitarbeitern des Innenministeriums schon Anfang 2002 - ich sage einmal, Klammer auf, der Kollege Püchel möchte es mir verzeihen, Klammer zu -, also in der dritten Wahlperiode,

(Herr Sturm, CDU: Was?)

erste Erkenntnisse aufgeschlagen sind - allerdings nicht beim Minister Püchel, natürlich nicht. Aber damals fingen solche Zahlungsvorgänge an. Wir nehmen zur Kenntnis, dass dort damals erste Informationen aufgeschlagen sind. Dann müssen wir ehrlich sagen, und zwar egal welcher Partei wir angehören und wer in der Verantwortung gestanden hat, dass das nicht ordnungsgemäß abgearbeitet worden ist.

Das ist nicht ordnungsgemäß abgearbeitet worden, und zwar weder von dem Abteilungsleiter 1, der das bis heute ist, noch von der Referatsleiterin, der von der Ausschussmehrheit noch dafür gedankt wird, dass sie es aktenkundig gemacht hat. Auch sie hat diesen Vorgang, den Vermerk auf eine nicht dem Dienstweg entsprechende Art und Weise dem Staatssekretär zukommen lassen, abgegeben im Vorzimmer. Ob der das jemals bekommen hat, wissen wir nicht. Jedenfalls hat sie danach nicht wieder nachgefragt. Also ist sie an der Sache leider auch nicht drangeblieben.

Da stellt sich für mich die Frage - jetzt kommen wir ein Stück weit zur Bewertung, Herr Minister -: Sie haben gegenüber dem Beamten Liebau und dem Beamten Vagedes sofort gehandelt und haben diese umgesetzt. Eine Reaktion auf die Kenntnis der Situation von Herrn Deppe, die Kenntnis von Herrn Abteilungsleiter Schlotter und der Referatsleiterin 12 Frau Rohschürmann gibt es nicht, bis heute nicht. Bleibt es aus Ihrer Sicht also nur bei der Konsequenz gegenüber den zwei Beamten Liebau und Vagedes? Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch darüber müssen wir reden.

Das Dritte, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Frage der Disziplinarverfahren. Ich darf Ihnen an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung rufen, was die Ausschussmehrheit hierzu festgestellt hat - Seite 66 des Berichts, Einleitung von Maßnahmen nach dem Disziplinargesetz -:

„Die Verhandlungen und Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss haben übereinstimmend ergeben, dass die Einleitung von Disziplinarverfahren nicht angezeigt war, weil die betroffenen Zeugen Liebau und Vagedes jeweils ein Selbstreinigungsverfahren beantragten.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht doch um die Frage: Mussten die das wirklich selbst gegen sich einleiten, oder hätte nicht der Dienstherr aufgrund der Vorwürfe, die man den beiden Beamten machte, von sich aus ein Disziplinarverfahren einleiten müssen, wenn

Sie doch davon überzeugt sind, Herr Minister, dass die beiden Beamten eine Schlechtleistung abgeliefert haben?

(Beifall bei der FDP)

Zu sagen, nur weil sie es selber gemacht haben, haben Sie nichts falsch gemacht, dass Sie es nicht eingeleitet haben, ist mir in dieser Zeitspanne einfach zu kurz.

Vielleicht erlauben Sie mir an dieser Stelle, Herr Minister, auch weil es der zweite Untersuchungsausschuss ist, mal darauf hinzuweisen: Disziplinarverfahren werden im Innenministerium unterschiedlich gehandhabt. Da gibt es einen Vorfall im Verfassungsschutz. Da haben Sie unmittelbar reagiert. Dann gibt es Vorfälle in der Abteilung 2. Da haben Sie nicht reagiert, da mussten das die Beamten machen. Gemeinsam ist diesen beiden Varianten, also des sofortigen Einleitens und des Nichteinleitenwollens, dass es Ewigkeiten dauert, bis solche Disziplinarverfahren abgeschlossen sind. Das ist auch kein haltbarer Zustand.

Ich sage Ihnen an dieser Stelle auch ganz offen: Sie können sich nicht damit herausreden, dass der parlamentarische Untersuchungsausschuss getagt hat. Wir haben die Disziplinarverstöße von Herrn Liebau und Herrn Vagedes in dem Fall nicht untersucht. Auch das hat die Ausschussmehrheit - in dem Fall würde ich das unterstützen - zu Recht auf Seite 66 festgestellt. Das heißt, das Disziplinarverfahren läuft unabhängig davon, und es hätte schon längst abgeschlossen sein müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was bleibt? Es bleibt aus meiner Sicht die Erkenntnis, dass es richtig war, den parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um bestimmte Dinge aufzuklären, den Versuch zu starten. Manches ist uns nicht bis zur endgültigen Beweisbarkeit gelungen.

Das Zweite ist, dass es uns leider nicht gelungen ist - obwohl wir uns darauf verständigt hatten -, das bis zum Spätherbst abzuarbeiten. Wir sind leider in den Januar hineingekommen. Ich bin aber allen trotzdem dankbar dafür, dass Sie es bis zur heutigen Debatte - ich nehme mal unsere beiden Debattenbeiträge, Herr Minister, aus - vermieden haben, damit Wahlkampf für den 20. März zu machen. Insofern glaube ich, dass es ein sinnvoller Untersuchungsausschuss war, der heute sein Ende findet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können daraus eines lernen. Wir können daraus lernen, dass es Beamte gibt, die Fehler machen, dass es Beamte gibt, denen Fehler auch durchaus auffallen, die dann allerdings diese Fehler nicht bis in die letzte Konsequenz anzeigen und aufzeigen, und dass es natürlich das Recht eines Ministers ist, seinen Organisationsbereich zu strukturieren. Er sollte es jedoch vermeiden, der Öffentlichkeit zu suggerieren, es sei alles wegen einer Schlechtleistung geschehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kosmehl. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Sturm.

Danke schön. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss schon fragen: Wir haben ja eigentlich ein

eindeutiges Ergebnis. Herr Kosmehl, Sie sprachen gerade von Wahlkampf. Wie oft kam das jetzt schon vor? - Die Wellen, die Sie gerade machten, hätten Sie eher machen müssen, nicht jetzt. Aber Sie wissen ja, nach den Wellen kommen meistens auch Ebbezeiten.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Wir machen uns unsere Reden selber!)

- Das müssen wir auch.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Das glaube ich nicht! - Heiterkeit)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter der Drs. 5/3094 liegt Ihnen die Arbeit des Zwölften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vor, ohne Sondervoten einzelner Fraktionen. Daher, meine Damen und Herren, möchte ich auch keine ausschweifenden Ausführungen machen, sondern lediglich kurz auf unsere erarbeiteten Ergebnisse eingehen.

Die in Rede stehenden Umsetzungen im Ministerium des Innern hinsichtlich des Abteilungsleiters 2 sowie eines Referatsleiters für Personal der Polizei sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Strittig war, meine Damen und Herren, ob die Besetzung des Dienstpostens des ALP in der Polizeidirektion Nord, die durch den damaligen Abteilungsleiter 2 und den damaligen Referatsleiter Personal erfolgte und dann zur Umsetzung führte, hätte erfolgen dürfen.

Beiden wurden Fehleinschätzungen hinsichtlich der Auswahlentscheidung vorgeworfen, die sich im Ergebnis bestätigt haben. Der Kandidat für diese besagte Stelle war in finanziellen Schwierigkeiten und aufgrund einer Überschuldung korruptionsanfällig. Die Feststellung hätte sowohl vom Abteilungsleiter 2 als auch vom Referatsleiter Polizei anhand der ihnen vorliegenden Unterlagen getroffen werden können.