Protokoll der Sitzung vom 03.02.2011

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Ein Weiterer, der sich ebenfalls freut, sitzt dort oben. Das wird dann wohl bei Herrn von Bose angesiedelt werden. Die Frage, wie das personell aufzustellen sein wird, werden wir in Ruhe bereden. Das legen wir nicht jetzt fest.

Noch wichtiger war uns - damit sind wir sogar weiter gegangen als Sie - zu sagen: Wir brauchen für die Arbeitnehmer - das wird ebenfalls zu kontrollieren sein - einen vernünftigen Schutz; denn auch Arbeitnehmer sind im Verhältnis zum Arbeitgeber von der grundrechtlichen Situation her immer noch Subjekte - Gott sei Dank - und nicht Objekte. Insofern wollen wir verhindern, dass Daten von Arbeitnehmern missbräuchlich verwandt werden oder dass Arbeitnehmer sogar in ihren Freizeitpausen überwacht werden.

In all diesen Punkten stimmen wir mit Ihnen überein. Damit ist das Wesentliche gesagt. Ich bitte insoweit, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Das müssten Sie, Herr Kollege Kosmehl, eigentlich auch tun; denn unser Antrag ist der weitergehende. Da Sie wiederum für einen weitergehenden Datenschutz plädieren, sollten Sie von der FDP-Fraktion sich ein Herz nehmen und unserem Antrag zustimmen. - Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Stahlknecht. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Tiedge.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir können schon nicht mehr zählen, wie oft wir uns hier im Landtag

in den letzten fünf Jahren mit dem Thema des Datenschutzes befasst haben, und zwar - um das gerecht auszudrücken - meistens auf Betreiben meiner Fraktion oder der Fraktion der FDP.

Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass man sich mit diesem Thema gar nicht oft genug beschäftigen kann. Immer wieder werden wir mit erheblichen Verletzungen des Datenschutzes konfrontiert. Dazu muss ich gar nicht weit zurückblicken. Ich erinnere vielmehr an das, was ich in meinen Ausführungen zum Zehnten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gesagt habe.

Vor nicht allzu langer Zeit haben wir zu dem Bericht des Datenschutzbeauftragten ausführlich debattiert. Zwischenzeitlich liegt auch der Bericht des Landesverwaltungsamtes vor, welches für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich zuständig ist.

Eigentlich denkt man, dass einen nichts mehr erschüttern kann. Aber das, was man dort zu lesen bekam, war durchaus erschreckend. Für den Zeitraum von einer Woche wurden in einem Discounter Detektive eingesetzt. Angeblich geschah dies, um Ladendiebstahlskontrollen durchzuführen. Den Mitarbeitern war der Einsatz der Detektive - gegebenenfalls auch unter der Nutzung von Kameras - bekannt. Die Mitarbeiter wussten allerdings nicht, dass die Detektive auch eingesetzt worden sind, um die Mitarbeiter zu beobachten.

Die Detektive führten akribisch Protokoll über das, was ihnen verdächtig vorkam. Beispielsweise hieß es - ich zitiere -: Frau K. ist im sechsten Monat schwanger. Frau P. und Herr K. scheinen sich gut zu verstehen. Frau P. wirkt etwas kindlich, wenn sie mit Herrn K. spricht. Frau P. lästert im Pausenraum über eine andere Frau P., deren stetige Partybesuche, deren Alkoholkonsum und die Betreuung der Kinder durch die Oma. Frau H. geht in den Feierabend und hat den Rest der Woche frei.

In dieser Preislage geht es weiter. Man fragt sich: Was geht all das den Arbeitgeber an?

Diese wenigen Beispiele sind ein deutliches Signal dafür, wie wichtig es ist, ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz zu verabschieden.

Allerdings wird der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf einem verbesserten Datenschutz für Beschäftige nicht gerecht. Nun soll man auch bei der jetzigen Bundesregierung und der Koalition die Hoffnung nicht aufgeben, dass die zahlreich vorgetragenen Kritikpunkte während der Beratung im Bundestag berücksichtigt werden. Aber es ist im Moment zu kompliziert zu lesen und schwer verständlich. Wir hoffen, dass das nicht Absicht ist.

Ein weiterer Beleg dafür ist das Elena-Verfahren. Die zentrale Speicherung von Arbeitnehmerdaten ist ein Teil der unter der rot-grünen Bundesregierung und dem damaligen Bundeskanzler Schröder eingeleiteten Hartz-IVReform. Ursprünglich sollte es - so die Verfechter - zur Entbürokratisierung beitragen und Kosten sparen, indem alle zur Beantragung von Sozialleistungen nötigen Daten zentral gespeichert werden.

Von dem angeblichen Spareffekt hat man sich mittlerweile selbst verabschiedet. Aber der zentrale Kritikpunkt ist und bleibt, dass diese gigantische Speicherung von Daten eine klassische Vorratsdatenspeicherung ist. Diese hätte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts

sofort ausgesetzt werden müssen. Aber die Bundesregierung ist auch in Bezug auf diesen Punkt beratungsresistent.

(Herr Kosmehl, FDP: Na, na!)

Auch im Land Sachsen-Anhalt wären wir schon ein großes Stück weiter, wenn wir den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger der FDP-Fraktion noch in dieser Legislaturperiode beschlossen hätten. Dieser wurde jedoch mit mehr als fadenscheinigen Gründen abgebogen bzw. diskontinuierlich verschoben; denn eine Positionierung erfolgte nicht. Wahrscheinlich war man sich, wie so oft, in der Koalition nicht einig.

Diese Änderung wäre ein erster und wahrlich richtiger Schritt gewesen, um den Arbeitnehmerdatenschutz zu stärken. Aber gut - oder auch nicht -, wir haben das Nichtagieren registriert.

An einem solchen Vorgehen wird die Ernsthaftigkeit deutlich, mit der die Koalitionsfraktionen dieses Thema bearbeiten. Genau da zeigt sich auch das Problem des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen. Es gibt keine Positionierung dazu, was konkret im Land getan werden kann, sondern man verschiebt die Verantwortung auf den Bund. Damit ist es erst einmal weit weg.

Aktiver Datenschutz ist wichtiger denn je. Dazu gehört, dass jeder selbst überprüft, inwieweit er verantwortungsbewusst mit seinen eigenen Daten umgeht. Dazu gehört auch, dass in den Schulen viel mehr als bisher das Datenschutzbewusstsein ausgebildet und gestärkt wird. Wir haben also auch in der nächsten Legislaturperiode sehr viel für den Datenschutz zu tun.

Dem FDP-Antrag werden wir zustimmen. Bei der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD werden wir uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Rothe.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU und der SPD haben einen Änderungsantrag vorgelegt, der den Arbeitnehmerdatenschutz als zusätzlichen Punkt in den Antrag der FDP-Fraktion einfügt. Dafür gibt es aufgrund der Datenschutzskandale der letzten Jahre auch hinreichenden Anlass. Die Namen der Unternehmen sind allgemein bekannt. Es sind auch staatsnahe Firmen dabei.

In der Begründung zu dem Änderungsantrag finden Sie den Hinweis, dass die Bundesregierung dem Bundestag im August 2010 bereits den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes zugeleitet hat. Der Schutz der Beschäftigtendaten ist uns Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Anliegen. Ich verweise auf die gemeinsame Pressemitteilung der Ministerien des Innern und der Justiz vom 4. November 2010.

Innenminister Holger Hövelmann erklärte: „Am Ende muss ein Gesetz stehen, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unzulässiger Ausforschung wirksam schützt.“ Justizministerin Frau Professor Angela Kolb

sagte: „Wir brauchen klare, verständliche und transparente Regelungen.“ Inhaltlich meldete sie Änderungsbedarf bei Fragen des Arbeitgebers nach einer Schwangerschaft und bei Datenerhebungen bei Gruppen an.

Das Land Sachsen-Anhalt hat entsprechende Änderungsanträge zum Gesetzentwurf eingebracht. Der Bundesrat verdeutlichte in seiner Stellungnahme vom 5. November 2010 - dabei handelt es sich um die Drs. 535/10 -, dass die Regelungen des Gesetzentwurfs teilweise nur schwer zu erschließen sind und dass durch zahlreiche Verweise die Lesbarkeit vor allem für juristische Laien beeinträchtigt wird. Wünschenswert ist daher ein eigenständiges, möglichst zügig zu schaffendes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

Meine Damen und Herren! Hier in Sachsen-Anhalt wird zeitnah in der nächsten Legislaturperiode zu entscheiden sein, ob und wie wir die Zuständigkeiten für den Datenschutz im öffentlichen und im nicht-öffentlichen Bereich zusammenführen.

(Herr Stahlknecht, CDU: Wir kuscheln schon, Herr Rothe!)

Immerhin wird der Datenschutz im Freistaat Sachsen in dieser kombinierten Organisationsform mit einer ähnlichen Zahl an Mitarbeitern bewältigt wie in SachsenAnhalt. Allerdings haben wir in Sachsen-Anhalt hierbei ein Ungleichgewicht; denn der Datenschutz im öffentlichen Bereich ist personell wesentlich besser ausgestattet als der im nicht-öffentlichen Bereich.

Zu klären sein wird auch die Frage einer gemeinsamen mitteldeutschen Datenschutzbehörde. Hierzu hat in der SPD-Landtagsfraktion noch keine Beschlussfassung stattgefunden. Am 21. September 2010 habe ich darum gebeten, dass Widerstände bei mir angemeldet werden- so steht es im Protokoll der Fraktionssitzung. Das ist aber kein in der Geschäftsordnung meiner Fraktion vorgesehenes Verfahren zur Herbeiführung einer Beschlusslage.

(Frau Budde, SPD, lacht - Herr Stahlknecht, CDU: Donnerwetter!)

Dessen ungeachtet, Herr Stahlknecht, habe ich mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 die innenpolitischen Sprecher der sächsischen und der thüringischen SPDFraktionen um Gespräche gebeten, um Möglichkeiten einer Zusammenarbeit der drei Länder Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt im Bereich des Datenschutzes auszuloten.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das war auch gut so!)

Mit den sächsischen Kollegen hat ein solches Gespräch am 1. November 2010 in Leipzig stattgefunden.

Wenn ich hier noch ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern darf: Ich habe dort die Idee entwickelt, dass man die fünf Standorte, an denen diese Aufgaben derzeit wahrgenommen werden, auf drei reduziert, nämlich auf die drei Landeshauptstädte. Dann würde man nicht mehr den Datenschutz für den nicht-öffentlichen Bereich in Halle bzw. in Weimar haben.

Da Dresden die einzige Landeshauptstadt ist, in der man die Zuständigkeit für den Datenschutz im öffentlichen und im nicht-öffentlichen Bereich bereits in einer Organisation zusammengeführt hat, kam ich dann auf die ver

wegene Idee, den Sachsen, also der Stadt Dresden, diesen Behördensitz anzubieten.

(Frau Budde, SPD, droht mit dem Zeigefinger - Herr Stahlknecht, CDU: Gibt es denn so was?)

Als ich am folgenden Tag meiner Fraktionschefin davon berichtete, war sie sprachlos.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)

Herr Scharf, ich weiß nicht, ob Ihnen das schon einmal gelungen ist?

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU - Herr Scharf, CDU: Man versucht es immer wieder!)

Lassen Sie mich abschließend sagen, meine Damen und Herren, dass der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD nicht den Hinweis auf die Evaluierung des Informationszugangsgesetzes nach einem Erfahrungszeitraum von fünf Jahren im Jahr 2013 enthält. Das ergibt sich aber aus dem Gesetz selbst; es ist in § 15 geregelt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Herr Kosmehl, Sie haben jetzt die Möglichkeit, zu sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rothe, ich habe gedacht, dass auch bei Ihnen vielleicht schon die Erkenntnis, dass Mitteldeutschland zwar eine nette Idee ist, sich aber nicht in jedem Fachbereich verwirklichen lässt, angekommen wäre.