Protokoll der Sitzung vom 03.02.2011

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rothe, ich habe gedacht, dass auch bei Ihnen vielleicht schon die Erkenntnis, dass Mitteldeutschland zwar eine nette Idee ist, sich aber nicht in jedem Fachbereich verwirklichen lässt, angekommen wäre.

(Frau Budde, SPD: Es gibt immer Idealisten!)

- Es ist richtig, Frau Kollegin Budde, dass es Idealisten gibt. Ich habe nur ein bisschen die Sorge, dass wir uns, wenn wir den Idealen zu lange hinterherlaufen, zu weit vom Thema entfernen. Sie wissen, das ist beim Blumenpflücken und beim Schmetterlingesammeln ein bisschen schwierig.

(Frau Budde, SPD: Oder es wird nichts!)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, nehme ich - -

(Herr Stahlknecht, CDU: Dann hätten wir die Ge- schichte mit dem Blumenpflücken nicht gehört! - Frau Budde, SPD: Oder die mit den Schmetter- lingen!)

- Genau. - Deshalb nehme ich den Kollegen Stahlknecht beim Wort, der angekündigt hat, dass wir das dann in der neuen Wahlperiode möglichst zeitnah angehen. Wenn ich höre, dass das Ministerium schon einen Referentenentwurf erarbeitet, dann sind wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, wohl auf einem guten Wege.

Ein Weiteres, das ich noch sagen möchte, ist ein Versuch. Frau Kollegin Tiedge, Sie haben ein sehr deutliches Bild gezeichnet hinsichtlich der Arbeit der jetzigen Bundesregierung im Bereich des Datenschutzes, das ich, glaube ich, so nicht stehen lassen kann. Denn erstens muss man feststellen, dass diese Bundesregierung einen Vorschlag zum Arbeitnehmerdatenschutz vorgelegt hat. Skandale auch im nicht-öffentlichen Bereich

gab es auch schon während der Großen Koalition und zum Teil auch davor.

Das Zweite ist, dass diese Bundesregierung aus CDU/ CSU und FDP das klare Signal gegeben hat, dass man bei Elena nachsteuern, umsteuern muss. Diesbezüglich sind jedoch bereits Prozesse in Gang gesetzt worden. Es sind auch schon Investitionen getätigt worden.

Das heißt, auch da kann man nicht sagen, wir machen das gar nicht mehr, sondern man muss das angehen. Das ist nicht vom Tisch. Elena bleibt also nicht so, wie es von der Großen Koalition - von Rot-Grün ursprünglich einmal konzipiert - auf den Weg gebracht wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf angesichts neuester Entwicklungen auf europäischer Ebene am gestrigen Tage noch einmal darauf hinweisen, dass wir beim Thema Datenschutz und Schutz von Daten unserer Bürger bei Reisen noch einiges zu tun haben, wenn die EU-Kommission jetzt darüber nachdenkt, die Fluggastdaten auch auf außereuropäischen Flügen außerhalb der USA zu speichern.

Ich glaube, da ist noch einiges zu regeln. Da müssen wir in Europa noch stärker das Bewusstsein für den Datenschutz wecken, das bei uns auch aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vielleicht etwas stärker vorhanden ist.

Ich freue mich auf jeden Fall, dass es im Hohen Hause zum Thema Datenschutz eine so breite Mehrheit geben wird, dass wir das als Aufgabe mit in die nächste Legislaturperiode nehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kosmehl. - Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/3072 und zur Drs. 5/3117.

Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist der Änderungsantrag angenommen worden.

Wir stimmen jetzt über den soeben geänderten Antrag in der Drs. 5/3072 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist das so beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 22 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung

Sofortprogramm zur Beseitigung der Winterstraßenschäden auflegen

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/3081

Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/3115

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Grünert. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem bereits der Winter 2009/2010 erhebliche Defizite bei der Straßenunterhaltung deutlich gemacht

hatte - der Deutsche Landkreistag beziffert den Schaden auf 2,3 Milliarden € -, hat sich die Situation auf Deutschlands Straßen seit Eintritt des Winters 2010/2011 weiter drastisch verschlechtert.

Wer als Berufspendler, Fußgänger oder Radfahrer auf die Benutzung der öffentlichen Straßen angewiesen ist, muss erkennen, dass aufgrund unterlassener oder nur provisorisch durchgeführter Straßenunterhaltung die Benutzung teilweise erheblich eingeschränkt oder nur unter starker Gefährdung der Gesundheit der Betroffenen möglich ist. Überall auf den Straßen sind Schlaglöcher oder Risse zu verzeichnen. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

Die durch Bundesverkehrsminister Ramsauer unterbreitete Sanierungshilfe von 2,2 Milliarden € ist kein zusätzliches Geld und bezieht sich in erster Linie auf Bundesstraßen. Für die anderen 77 % aller Straßen sind die Kommunen verkehrssicherungspflichtig und ihnen obliegt die Straßenunterhaltung.

Aufgrund der jahrelangen Kürzungen der Gemeindefinanzen, der strukturellen Unterfinanzierung übertragener Aufgaben von rund 15 % und der damit verbundenen Haushaltskonsolidierungsauflagen stehen die Kommunen mit dem Rücken zur Wand.

(Beifall bei der LINKEN)

Allein aufgrund der Wegnahme von Straßenunterhaltungsmitteln im neuen FAG in Höhe von rund 20 Millionen € sind die Kommunen nicht mehr in der Lage, die nötigsten Reparaturen umzusetzen. Noch zur Verfügung stehende Mittel wurden in die Bevorratung von Enteisungsmitteln gesteckt. Auch diese Maßnahmen wurden - da sie zum freiwilligen Bereich gehören - von der Kommunalaufsicht mit Argusaugen beobachtet.

Obwohl dieser Zustand seit Jahren bekannt ist und spätestens seit dem Winter 2009/2010 auf eine nachhaltige Änderung drängt, hat sich gegenüber der aufgezeigten Sachlage nichts verändert. Im Gegenteil: Die finanzielle Misere hat sich durch die Senkung der Investitionsquote und der Investitionshilfen weiter verschärft.

Werte Kollegen, nach ersten Prüfungen werden allein für die Notreparaturen in der Stadt Halle Mittel in Höhe von 2,2 Millionen €, im Bördekreis Mittel in Höhe von 1,2 Millionen € nur für die Kreisstraßen und in Magdeburg Mittel in Höhe von rund 2 Millionen € benötigt.

Eine goldene Straßenbauregel besagt, dass pro Jahr pro Quadratmeter Straße 1,30 € ausgegeben werden müssen, um intakte Straßen zu haben. Da die Kommunen jedoch klamme Kassen haben, können sie maximal die Hälfte davon aufbringen. Das bedeutet, dass 40 % aller Straßen als schwer geschädigt eingestuft werden; das sagt der TÜV.

In einer Stellungnahme zu den Frostschäden an den Kreisstraßen führte der Bürgermeister der Stadt Haldensleben Herr Eichler, CDU, aus:

„Ich halte von Ad-hoc-Maßnahmen nichts. Die Kommunen sollten besser finanziell ausgestattet werden, um auf solche Dinge reagieren zu können.“

Dem kann man sich eigentlich nur anschließen. Jedoch wird diese Forderung weder durch das Land noch durch den Bund erfüllt. Trotz der viel gepriesenen Umstellung des Finanzausgleichs in Sachsen-Anhalt ist es eben

nicht gelungen, zu einer tatsächlich verfassungskonformen aufgabenbezogenen Finanzierung der Kommunen zu kommen. Gerade im kreisangehörigen Bereich wurde eine Unterfinanzierung von rund 300 Millionen € sichtbar. Allein mit der politischen Deckelung der Finanzsumme im Finanzausgleich mittels einer Basta-Argumentation ist dem nicht zu begegnen.

Aber auch eine Regelung zugunsten einer nachhaltigen Änderung der Kommunalfinanzen durch die vom Bundestag einberufene Gemeindefinanzkommission ist eher auszuschließen, wenn man den Grundsatz betrachtet, dass es durch die Vorschläge zu keiner Mehrbelastung bzw. Verschiebung zulasten des Bundes kommen darf.

Vom Land Sachsen-Anhalt, das im Finanzbereich mit Gutachten förmlich überschwemmt wird, ist weder ein Antrag zur ergebnisorientierten Öffnung des Einsetzungsbeschlusses dieser Kommission im Bundesrat bekannt, noch ist etwas über ein nachhaltiges Konzept zur dauerhaften Stärkung der Gemeindefinanzen zu hören. Wie sagte Ihr Vertreter im Deutschen Bundestag Herr Sieling von der SPD? Ich zitiere:

„Wer die Löcher in Straßen stopfen will, muss bereit sein, die Löcher in den kommunalen Haushalten zu stopfen und dafür zu sorgen, dass investiert werden kann.“

Er führte weiter aus:

„Es ist ganz einfach. Es gibt drei Ansätze, wie man das macht. Der erste Schritt ist: Sie müssen die Einnahmen der öffentlichen Hände auf der kommunalen Ebene stabilisieren. Das bedeutet die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer für die Kommunen, indem auch die Freiberufler einbezogen werden. Der zweite Schritt ist, eine Entlastung bei großen Ausgabepositionen anzugehen. Entlasten Sie die Kommunen von Soziallasten. Dann werden Mittel frei, um Infrastrukturmaßnahmen anzugehen.

Damit“

- sagte er -

„komme ich zum dritten Schritt: Wir brauchen in Deutschland eine Infrastrukturoffensive. Es zeigt sich sehr deutlich, wir brauchen wieder Investitionsmittel und eine Investitionsgrundlage auch für die Städte und Gemeinden, damit sie in die Infrastruktur investieren können.“

Ihr Kollege hat damit völlig Recht. Nur sind diese Forderungen wohl eher nicht mit der CDU und der FDP umzusetzen.

Ich hatte bereits zum Kommunalfinanzbericht 2009 dargestellt, dass die Investitionsausgaben in den kreisfreien Städten im Jahr 2008 bei einer Quote von minus 5,83 % lagen. Noch deutlicher rückläufig sind die Ausgaben für Investitionen bei den Landkreisen mit minus 9,26 %. Damit wird noch nicht einmal der jährliche Verschleiß von Anlagevermögen durch Investitionen kompensiert.

Ohne die genannten Änderungen auf Landes- und Bundesebene im Gemeindefinanzbereich wird es keine dauerhafte finanzielle Ertüchtigung der Kommunen geben, um auch witterungsbedingten Mehraufwendungen begegnen zu können. Aber nicht nur das Land oder der Bund, sondern auch die Kommunen müssen mit den vorhandenen Ressourcen besser umgehen.

Nach dem zweiten normalen schnee- und frostreichen Winter dürfte auch klar sein, dass eine rechtzeitige und ordnungsgemäße Räumung der Straßen zu einer Verringerung von Straßenschäden führen kann. Durch ungenügende und nicht fachgerechte Räumung kommt es zur Eisbildung. Diese wird dann mit erheblichem Mehraufwand an benötigten Salzen aufgetaut. Bei Tauwetter wiederum setzt sich Tauwasser in die Kapillarrisse der Straßendecken ein und dadurch bricht natürlich bei Frost der Asphaltbelag auf.

Bei einer rechtzeitigen und fachgerechten Räumung sowohl durch die öffentliche Hand als auch durch die Grundstückseigentümer könnten Schäden in einem gewissen Umfang verhindert und durch die Freihaltung der Straßenrinnen ein Abtauen und Abfließen des Schnees und des Eisbelages ermöglicht werden.