Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Für meine Fraktion möchte ich sagen, dass uns insbesondere Punkt 5 am Herzen liegt. Der neue Rundfunkrat des Mitteldeutschen Rundfunks hat sich erst vor kurzem konstituiert. Wir als Fraktion fänden es äußerst wichtig, dass per Gesetz auch jemand mit Migrationshintergrund Mitglied des Rundfunkrates ist. Aber auch die Mitgliedschaft einer Organisation, die sich um die Interessen von Migrantinnen und Migranten kümmert, wäre sinnvoll. Ich glaube, es ist an der Zeit, diesbezüglich den Staatsvertrag zu öffnen.

Frau Präsidentin, ich bitte, bei der Abstimmung über den Ursprungsantrag separat über Punkt 3 abstimmen zu lassen, weil wir uns dabei der Stimme enthalten wollen. Damit soll der Landtag die Landesregierung auffordern, im Rundfunkrat aktiv zu werden. Das stimmt aus unserer Sicht nicht mit der gebotenen Staatsferne überein. Allen anderen Punkten, über die dann gerne auch insgesamt abgestimmt werden kann, wollen wir gerne aus vollem Herzen zustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Gebhardt, wir stimmen über die Beschlussempfehlung ab.

(Herr Gebhardt, DIE LINKE: Nein! Der Ur- sprungsantrag von den GRÜNEN liegt mit vor!)

- Sie können jetzt nicht einen Punkt aus dem Ursprungsantrag herausnehmen. Uns liegt eine Beschlussempfehlung vor, über die wir abstimmen. Sollte die Beschlussempfehlung wider Erwarten nicht die Mehrheit finden, dann stimmen wir über den Ursprungsantrag ab. Wenn die Beschlussempfehlung jedoch die Mehrheit findet, hat sich Ihr Ansinnen erledigt.

(Herr Gebhardt, DIE LINKE: Wenn sie die Mehrheit findet!)

- Herr Gebhardt, wo leben Sie denn?

(Heiterkeit)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Felke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag wurde vor nunmehr fast an

derthalb Jahren in den Landtag eingebracht. Seitdem - da gebe ich Herrn Gebhardt unumwunden recht - ist das Grundanliegen, das mit diesem Antrag verfolgt wird, sicher noch drängender geworden. Die Position, dass die öffentlich-rechtlichen Medien eine besondere Rolle auszufüllen haben, wenn es darum geht, wie Integration gelingen kann, können wir in vollem Umfang teilen.

In diesem Zusammenhang muss man darauf hinweisen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bereits eine Vielzahl von Angeboten vorhalten. Eine wichtige Funktion übernehmen die netzbasierten Sendungen; denn die wenigsten Flüchtlinge werden bereits über einen Fernseher verfügen. Medieninhalte werden vorrangig über Smartphones konsumiert.

ARD und ZDF haben dazu ihr mobiles Angebot in erheblicher Weise ergänzt. Die ARD hat unter einem Link sämtliche Angebote und die Angebote der Deutschen Welle zum Thema Flüchtlinge zusammengefasst. Informationen können auf Englisch und auf Arabisch abgerufen werden.

Aber auch der MDR hat reagiert. Mit der Porträtreihe „Nachbarn vom anderen Ende der Welt“ stellt MDR Sachsen-Anhalt beispielsweise Probleme des Flüchtlingsalltags dar. ARD, ZDF und Deutschlandradio stellen sich der Thematik und setzen sich intensiv und kritisch mit Migration und Integration auseinander.

Einen eigenen Kanal für ein deutsches Integrationsfernsehen, wie kürzlich von der CSU vorgeschlagen, brauchen wir meiner Meinung nach nicht. Abgesehen davon kann ein derartiger neuer Kanal ohnehin nur durch eine Beauftragung aller Länder entstehen. Wie schwierig das ist, durften wir gerade erst beim Online-Jugendkanal erleben.

Meine Damen und Herren! Die vorliegende Beschlussempfehlung ist nicht mehr und nicht weniger als die Essenz dessen, was tatsächlich derzeit machbar ist. In der ersten Debatte in diesem Hause wurde deutlich, dass vor dem Hintergrund der Staatsferne die Punkte 3, 4 und 6 des Ursprungsantrags nicht umsetzbar sind. Der Rundfunkrat als Vertreter der Interessen der Allgemeinheit kann nicht über eine Forderung des Landtags an die Landesregierung beeinflusst werden. Das kann nicht mit Staatsferne in Einklang gebracht werden.

Angesichts des nicht umgesetzten Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Quorum bei der Staatsferne bleibt aber kritisch zu hinterfragen, ob es eine hilfreiche Entscheidung des neuen MDRRundfunkrates war, jemanden mit einer derartigen Biografie wie der von Herrn Flath zum Vorsitzenden zu wählen, zumal er ab dem kommenden Jahr als Vorsitzender der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz in besonderem Fokus stehen dürfte.

Meine Damen und Herren! Punkt 5 des Antrags, der darauf abzielt, ein Mitglied mit Migrationshintergrund in den Rundfunkrat zu entsenden, hätten wir hier im Hause beeinflussen können. Festzuhalten bleibt, dass die beiden stärksten Fraktionen dieses Hauses, die das Vorschlagsrecht dafür haben, davon keinen Gebrauch gemacht haben. Zumindest bei der Fraktion DIE LINKE hat mich das dann doch überrascht. Hier wäre mehr möglich gewesen, Herr Kollege Gebhardt. Bei der Entsendung von Mitgliedern in die Versammlung der Medienanstalt Sachsen-Anhalt ist uns dies eindeutig besser gelungen.

Meine Damen und Herren! Schon vor dem Hintergrund der notwendigen Novelle des MDR-Staatsvertrages bin ich davon überzeugt, dass dieses Thema den Landtag auch in der nächsten Wahlperiode beschäftigen wird. Dafür wünsche ich schon jetzt viel Erfolg.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Kollegen Felke. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Herbst.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland verändert sich. Deutschland entwickelte sich zu einer Migrationsgesellschaft. Wir haben vor längerer Zeit diesen Antrag gestellt, um dieser Entwicklung in SachsenAnhalt und im mitteldeutschen Senderraum des MDR Rechnung zu tragen.

Nach langer, intensiver und sehr interessanter Beratungszeit zu diesem Antrag ist diese Beschlussempfehlung nur ein ziemlich dünnes Papierchen mit zwei völlig allgemeinen Punkten, die noch übrig geblieben sind, die von uns im Grunde genommen nur als Einstieg gewählt worden sind in die inhaltlichen Punkte unseres Antrags. Das ist deutlich zu wenig, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Hier hätte mehr übrig bleiben müssen. Hier hätte auch deutlich mehr übrig bleiben können. Sie hätten sich nichts abgeknipst, wenn Sie hierbei ein wenig mehr auf uns zugekommen wären.

Ich denke, die Punkte in unserem Ursprungsantrag sind so vorsichtig formuliert, Kollege Felke, dass dem Gebot der Staatsferne durchaus noch Rechnung getragen worden wäre. Ich befürchte eher, dass man sich in der Koalition auf die von uns angesprochenen Inhalte nicht einigen konnte bzw. wollte.

Was sind diese Inhalte? - Wir wollten darauf hinwirken, dass es endlich eine Integrationsbeauftrag

te oder einen Integrationsbeauftragten beim Mitteldeutschen Rundfunk gibt, wie dies beispielsweise beim WDR der Fall ist.

Der Vorsitzende des Ausschusses ist auf die Anhörung zu diesem Thema eingegangen. Uns lag sogar eine Stellungnahme des Integrationsbeauftragten des WDR vor. Diese Anhörung war außerordentlich interessant und hochkarätig besetzt. Den Ausführungen sämtlicher Anzuhörender ist deutlich zu entnehmen gewesen, dass wir eine solche Integrationsoffensive, wie wir es in unserem Antrag etwas plakativ genannt haben, auch beim MDR dringend brauchen.

Eine Änderung des Staatsvertrages ist angesprochen worden. Das wollten wir hier erwirken, um der inneren Struktur des MDR und dem Programm, also vor und hinter der Kamera, den Bedürfnissen von Menschen mit Migrationshintergrund auch mit Blick auf die Inhalte endlich Rechnung zu tragen. Wenn wir uns den MDR anschauen, dann stellen wir fest, dass es Nachholbedarf gibt. Andere Anstalten sind hierbei bereits weiter.

Sachsen-Anhalt ist natürlich noch nicht so lange eine Migrationsgesellschaft. Aber das entwickelt sich. Wir reden hier jeden Monat darüber und können jeden Tag aus den Nachrichten etwas dazu erfahren.

Mit dem von uns geforderten Mitglied mit Migrationshintergrund im Rundfunkrat war natürlich weniger gemeint, dass wir irgendjemanden in seiner Entscheidungsfindung beeinflussen wollten. Wir wollten auch überhaupt nicht Einfluss auf die Entscheidungen von Parteien nehmen. Vielmehr wollten wir, dass strukturell ein Mitglied mit Migrationshintergrund zu entsenden ist, aus dem Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen SachsenAnhalt beispielsweise oder aus einer anderen Migrantenselbstorganisation, wie dies in der Versammlung der Medienanstalt Sachsen-Anhalt der Fall ist.

Meine Damen und Herren! Abschließend kann ich nur sagen: Schade. Ich denke, wir haben es verpasst, einen progressiven Schritt zu gehen. Dennoch hoffe ich, dass wir dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufgreifen werden. Wir werden die Beschlussempfehlung so nicht mittragen können. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke sehr. - Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Geisthardt.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nicht zuletzt auch die Bilder der

letzten Monate, die den Zustrom von Flüchtlingen aus vielen Teilen der Welt zeigten, machen deutlich, dass sich mit den globalen Veränderungen auch unsere Gesellschaft ändert. Es gibt in der alten Bundesrepublik eine ganze Reihe von durch Migration geprägte Milieustrukturen. Das fängt bei uns gerade erst einmal an. Im ländlichen Raum in Sachsen-Anhalt ist die Situation etwas anders als in Berlin oder in Hamburg. Es ist aber schlicht wahr, dass auch Menschen mit Migrationshintergrund für die deutsche Fußballnationalmannschaft spielen oder dass Nachrichtensendungen von „Ausländern“ moderiert werden.

Es ist natürlich auch klar, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dieses Thema nicht ausblenden können. Auch der MDR widmet sich diesem Thema. Darüber haben wir im Ausschuss intensiv diskutiert. Ich denke, wir sollten uns auch klar zur Stärkung der kulturellen Vielfalt in den Medien positionieren. Das sollten wir auch in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durchsetzen.

Sicher kann man das eine oder andere noch intensivieren. In den Aufsichtsgremien des MDR wird es hierzu entsprechende Vorstellungen geben, die an die Programmverantwortlichen herangetragen werden können, sodass dieses Thema auch weiterhin im Fokus steht. Das können Weiterbildungsangebote sein. Das kann eine thematische Spezialisierung der Redakteure sein. Das kann eine sprachliche Verbreiterung der Mediathek sein. Es gibt bereits Angebote in englischer und arabischer Sprache. Das eine oder andere ist durchaus verbesserungswürdig.

Allerdings wollen wir keine politischen Eingriffe in die Programmhoheit. Damit stimmen wir überein mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Deswegen haben wir in diesem Ausschuss so und nicht anders entschieden.

Sie haben den Staatsvertrag angesprochen. Dieser brauchte sicherlich eine Frischzellenkur. Ich denke, ab dem kommenden Jahr können wir darüber reden. Erst im Jahr 2019 finden in Thüringen und in Sachsen Wahlen statt. Bis dahin kann diesbezüglich einiges geschehen. Vermutlich können wir die Widerspiegelung der gesellschaftlichen Veränderungen in der Aufsicht des MDR verbessern.

Eine Anmerkung kann ich mir allerdings nicht verkneifen. Wir müssen beim Thema Migration auch die Menschen mitnehmen. Zu einer ausgewogenen Berichterstattung über das Thema Migration gehört auch, dass wir den Menschen nicht ihre Alltagswahrnehmung ausreden. Wir müssen sie dort auch einbeziehen. Wenn man dem MDR nachweist und dieser auch zugibt, dass er keine authentischen Bilder der Flüchtlingsströme gezeigt hat, dann ist das nicht in Ordnung. Dafür bezahlt schließlich niemand seine Zwangsabgabe.

Auch an dieser Stelle müssen wir nachsteuern. Wir dürfen nicht nur sehen, was vielleicht gewünscht oder gewollt ist.

Meine Damen und Herren! Die kulturelle Vielfalt muss in den Medien abgebildet werden. Deshalb bitte ich darum, dass wir den Beschluss, den wir gemeinsam im Ausschuss gefasst haben, unterstützen und entsprechend abstimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Kollege Geisthardt. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten nun ein in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/4615.

Es geht um die Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen worden. Wir verlassen Tagesordnungspunkt 16.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Sie informieren, dass sich die parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigt haben, dass Tagesordnungspunkt 27 noch heute behandelt wird. Bitte richten Sie sich darauf ein.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite Beratung