Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Deshalb finde ich es richtig zu schauen: Wie wirkt sich das schon in den unterschiedlichen Bundesländern aus? - Wir haben einmal Thüringen als ostdeutsches Land mit einer ähnlichen demografischen Entwicklung, dann haben wir NordrheinWestfalen als großes Bundesland mit vielen Krankenhausstandorten, um zu gucken: Was passiert denn dort? - Das können wir doch mit unseren Strukturen und Möglichkeiten hier zusammenbinden und gucken, was wir im Lande nachjustieren müssen.

Ich habe auch eine etwas andere Einschätzung, was die Zunahme der Kaiserschnitte beinhaltet. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Leitung der Geburt durch Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern zu tun. Es hat schon - sehr richtig - etwas damit zu tun, was man in den einzelnen Krankenhäusern damit verdient.

(Herr Borgwardt, CDU: Das stimmt!)

Das ist schon eine Entscheidung. Aber gleich zu sagen, dass das dazu führt, dass es schneller zum Kaiserschnitt kommt, dem möchte ich zumindest mit der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe begegnen, die genau sagt: Das ist ein unmittelbares Risiko für Mütter und ihre Kinder. Sie sprechen sich auch für die natürliche Geburt aus. Es gibt auch ganz viele Gynäkologen und Geburtshelfer, die sagen: Das kann nicht so weiterlaufen in diesem Lande, dass man alles über Kaiserschnitte macht und damit auch noch viel Geld verdient.

Ich denke, es mangelt in erster Linie an Informationen. Die fangen aber meines Erachtens nicht nur an, wenn man von Hebammen begleitet wird, sondern sie fangen schon an, wenn man zu den Untersuchungen zu den Frauenärzten geht. Da muss eine ganze Betreuungskette kommen, so

dass man wirklich einschätzen kann, wie man sein Kind zur Welt bringen möchte. Deswegen möchte ich noch einmal für den Alternativantrag werben.

Ich hoffe, es gibt keine einfache Gleichung. Das wollte ich noch einmal mitgeben. Hebammengeleiteter Kreißsaal bedeutet nicht unbedingt immer mehr natürliche Geburten, oder auch nicht, dass nur Hebammen Wert auf natürliche Geburten legen. Ich glaube, wir brauchen einfach eine bessere Informationspolitik und bessere Möglichkeiten in diesem Lande. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt noch einmal Frau Lüddemann das Wort. Bitte, Frau Abgeordnete.

Vielen Dank dafür. - Als Erstes noch einmal kurz an den Minister. Nach meiner Information - ich habe gerade an einem anderen Antrag mit der Kollegin Brock zusammengearbeitet - kann man im Moment im Regenbogenhaus gar nicht mehr gebären, weil die Hebamme, die dort gearbeitet hat, aufgrund der Haftpflichtproblematik im Sommer, glaube ich, aufgehört hat. Es ist bis jetzt noch kein Ersatz gefunden worden. Das ist ein Beleg für das, was auch die Kollegin Grimm-Benne angemerkt hat, dass immer weniger Geburten in Geburtshäusern stattfinden können aufgrund dessen, was wir im Hohen Haus schon debattiert haben.

Ich habe auf den Satz gewartet, Kollegin Dirlich: Was wir dieser Landesregierung denn noch zutrauen, dass das doch alles nicht mehr funktioniert. Das kommt tatsächlich seit einigen Plenarsitzungen standardmäßig in jeder Ihrer Reden. Ich habe sehr aufmerksam darauf gehört.

Ich muss sagen, wir lassen uns schon von dem Satz leiten: Man muss den Menschen auch etwas zutrauen und am Ende passiert dann etwas.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn wir der Landesregierung sagen, wer Teil dieses Arbeitskreises sein soll, dann trauen wir der Landesregierung durchaus zu und sehen sie dazu auch in der Lage, diesen Arbeitskreis einzuberufen. Wir gehen davon aus, dass die Hauptarbeit in diesem Arbeitskreis nach dem 13. März stattfindet und dass dann eine andere Ministerin oder ein anderer Minister ein bisschen mehr Drive reinbringt.

Insofern bleiben wir bei der Forderung, diesen Arbeitskreis noch in dieser Legislaturperiode zu installieren. Für mich ist es selbstverständlich, dass dieser Arbeitskreis offen ist, damit andere MdL, die

Ausschüsse oder wer auch immer an den Ergebnissen partizipieren können.

Gestatten Sie mir noch die Bemerkung - ich bin ehrenamtlich im Landesfrauenrat tätig -, dass ich mich freue, dass offensichtlich alle Fraktionen dieses Hohen Hauses die Beschlüsse des Landesfrauenrates und der Bundeskonferenz der Frauenräte zur Kenntnis genommen haben. Es ist sehr schön, dass dies in dieser Weise wirkt.

Ich teile die Auffassung, dass es darum gehen muss, mehr zu informieren. Die Frauenärzte und Frauenärztinnen vor Ort dürfen nicht tendenziell schon in eine Richtung beraten. Diese Beratung darf nicht unter einem Sicherheitsaspekt nach dem Motto stattfinden: Dann müssen Sie über nichts mehr nachdenken! Es geht alles seinen Gang! Sie bekommen einen festen Termin usw.

Im Krankenhaus ist es leider Gottes so, dass letztlich häufig die Wirtschaftlichkeitserwägungen zählen und nicht das, was die Fachärzte und Fachärztinnen empfehlen. Vielmehr geht die Politik dort eher in die Richtung: Was planbar ist, lasst uns planbar machen; dann wissen wir, wann wir was eintakten können und wie viel Geld wir dafür bekommen können und insofern ist der Kaiserschnitt das richtige Mittel der Wahl.

Ich freue mich, dass mit Blick auf unseren Antrag grundsätzlich eine hohe Übereinstimmung besteht. Die Wege für die Erreichung dieses Ziels sind naturgemäß unterschiedlich, was wir jetzt anhand des Abstimmungsverhaltens sehen werden. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Lüddemann. - Nachdem wir die Debatte beendet haben, kommen wir nun zum Abstimmungsverfahren. Ich glaube, mit Blick auf die Abstimmung ist die Lage ganz klar: Es gibt den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Alternativantrag der Regierungskoalition.

Ich lasse zuerst über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/4566 abstimmen. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Die Antragstellerin und weite Teile der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die CDU und die SPD. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Nun stimmen wir über den Alternativantrag in der Drs. 6/4644 ab. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Die Antragstellerinnen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist diesem Antrag zugestimmt worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir uns jetzt mit dem Einstieg in die menschliche Existenz beschäftigt haben, werden wir uns nach der Mittagspause, nämlich um 13.20 Uhr, mit dem Ausstieg beschäftigen. In der Zwischenzeit tagt die IT-Kommission des Ältestenrates sofort und unverzüglich in Raum A0 51.

Unterbrechung: 12.19 Uhr.

Wiederbeginn: 13.21 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der wenig gefüllte Saal belegt erneut: Der Mensch verdrängt den Tod. Wir werden uns aber trotzdem diesem Thema widmen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Zweite Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des

Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes SachsenAnhalt

Gesetzentwurf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3040

Entschließungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drs. 6/3041

Beschlussempfehlung Ausschuss für Arbeit und Soziales - Drs. 6/4624

b) Reform des Bestattungsgesetzes des Lan

des Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3048

Beschlussempfehlung Ausschuss für Arbeit und Soziales - Drs. 6/4625

Die erste Beratung fand in der 67. Sitzung des Landtages am 16. Mai 2014 statt. Berichterstatterin zu beiden Punkten ist die Kollegin Dirlich. Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erstatte Bericht im Namen meiner Kollegin Frau Zoschke, die leider erkrankt ist und deshalb heute leider nicht hier sein kann.

Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/3040, der Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/3041 und der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/3048 wurden vom Landtag in der 67. Sitzung am 16. Mai 2014 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und

Soziales überwiesen. Mit der Mitberatung wurden die Ausschüsse für Inneres und Sport sowie für Recht, Verfassung und Gleichstellung betraut.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll das Bestattungsrecht in Sachsen-Anhalt angepasst werden bzw. das bisher geltende Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt modernisiert werden. Insbesondere soll für die Mitglieder der israelitischen Religionsgemeinschaften sowie für Musliminnen und Muslime die Möglichkeit zur Ausübung ihrer Traditionen und Kultur verbessert werden. Darüber hinaus soll eine rechtliche Grundlage geschaffen werden, welche die Verwendung von Grabsteinen und Grabeinfassungen, die in ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt worden sind, verbietet.

Mit dem Entschließungsantrag in der Drs. 6/3041 zielt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf eine breite gesellschaftliche Debatte zum Thema Friedhofszwang ab. Außerdem soll die Landesregierung aufgefordert werden, die Friedhofsträger in Sachsen-Anhalt umfassend über die neuen Handlungsmöglichkeiten hinsichtlich des Verbots von in ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellten Grabsteinen und Grabeinfassungen zu informieren.

Mit ihrem Antrag unter der Überschrift „Reform des Bestattungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt“ in der Drs. 6/3048 möchte die Fraktion DIE LINKE eine breite parlamentarische und gesellschaftliche Debatte zur Reform des Bestattungsgesetzes in Sachsen-Anhalt anregen. Der Antrag bezieht sich auf die Bereiche Leichenschau, Friedhofszwang, Berücksichtigung religiöser Bedürfnisse verschiedener Religionsgemeinschaften und Möglichkeiten der würdevollen Bestattung aller totgeborenen Kinder.

Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales verständigte sich in der 44. Sitzung am 10. Dezember 2014 zunächst auf das Verfahren. In der 48. Sitzung am 3. Dezember 2014 fand in einem öffentlichen Sitzungsteil eine erste Beratung über die genannten Beratungsgegenstände statt. In jener Sitzung berichtete die Landesregierung ausführlich über den aktuellen Sachstand des Bestattungswesens in Sachsen-Anhalt.

In der 51. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 18. März 2015 fand vereinbarungsgemäß eine Anhörung zu den in Rede stehenden Beratungsgegenständen statt. Dazu wurden auf die Vorschläge aller Fraktionen hin verschiedene mit den Themen Bestattungskultur, Trauerbewältigung, Friedhofsverwaltung oder Steinmetzhandwerk mittelbar oder unmittelbar befasste Einrichtungen, Vereine, Verbände und Vertreter von Universitäten eingeladen. Insgesamt wurden mehr als 30 Einladungen verschickt.

Die Anhörung hat gezeigt, dass das Thema Bestattung derzeit gesamtgesellschaftlich intensiv diskutiert wird. Auf überwiegend breite Zustimmung stieß beispielsweise die Aufhebung der Sargpflicht. Das Bestattungsrecht sollte sich interkulturell öffnen, so die breite Meinung. Jedoch wurde auch Bedenken dagegen vorgetragen, zum Beispiel bezeichnenderweise natürlich von der Bestatterinnung. Unstrittig war aber die Forderung nach Grabsteinen und Grabeinfassungen, die nicht aus Kinderarbeit stammen.

Der Beitrag des Vereins Xertifix e. V. hat die Problematik der Kinderarbeit und die Schwierigkeiten bei den Kontrollen in den Exportsteinbrüchen deutlich aufgezeigt. Der Verband der Friedhofsverwalter sah aber Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Vorgaben in der Praxis.

Auch zum Thema Friedhofspflicht wurden unterschiedliche Meinungen geäußert.