Die erste Beratung des Antrags in der Drs. 6/1667 war in der 37. Sitzung des Landtages am 14. Dezember 2012. Die erste Beratung des Antrags in der Drs. 6/4089 war in der 91. Sitzung des Landtages am 5. Juni 2015. Ich darf die Berichterstatterin aufrufen. Frau Dirlich, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Drs. 6/1667 wurde in der 37. Sitzung des Landtages am 14. Dezember 2012 - ich mache hier einmal eine kleine Pause - in den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.
Der ebenfalls von der Fraktion DIE LINKE stammende Antrag in der Drs. 6/4089 wurde in der 91. Sitzung des Landtages am 5. Juni 2015 auch in den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen. Mitberatende Ausschüsse gab es zu beiden Anträgen nicht.
Der Antrag in der Drs. 6/1667 zielt darauf ab, die Landesregierung zu beauftragen, im Bundesrat und auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass ein Rentenkonzept umgesetzt wird, mit dem die Lebensstandardsicherung gewahrt und der Altersarmut entgegengewirkt wird. Dazu sollen unter anderem die Einführung einer solidarischen Mindestrente für alle, der bessere Schutz von Erwerbsgeminderten, die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, die Abschaffung der Rente mit 67 und die Angleichung der Rentenwerte Ost und West gehören.
Im Fokus des Antrages in der Drs. 6/4089 steht ausschließlich die Problematik der Angleichung der Rentenwerte Ost und West. Hintergrund war auch die Äußerung der Bundesregierung, dass sich der Angleichungsprozess weiter hinausziehen wird. Ziel soll es deshalb sein, dass sich der Landtag von Sachsen-Anhalt eindeutig zu dieser Problematik positioniert und im Sinne der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner die Einhaltung des Koalitionsvertrages fordert, der die Vollziehung der endgültigen Angleichung zum Ende des Solidarpaktes im Jahr 2019 festschreibt.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat sich mit dieser Problematik erstmals in der 28. Sitzung am 22. Mai 2013 befasst. Auf der Tagesordnung stand der Antrag in der Drs. 6/1667. Die Koalitionsfraktionen teilten mit, dass sie es zu diesem Zeitpunkt - vier Monate vor der Bundestagswahl - nicht für hilfreich hielten, das Thema inhaltlich tiefer zu diskutieren oder dazu gar eine Beschlussempfehlung zu erarbeiten.
Der Vorschlag seitens der Landesregierung, hierzu nach der Bundestagswahl einen Workshop oder ein Expertinnengespräch durchzuführen, wurde von der großen Mehrheit im Ausschuss befürwortet. Der Ausschuss beschloss mit 10 : 0 : 1 Stimmen, so zu verfahren.
Die nächste Beratung über den Antrag in der Drs. 6/1667 fand in der 53. Sitzung am 13. Mai 2015 statt. Zuvor hatten sich die Obleute der Fraktionen im März 2015 darauf verständigt, zunächst die Landesregierung um einen schriftlichen Bericht zu den im Antrag in der Drs. 6/1667 aufgeführten elf Grundsätzen für die gesetzliche Rente zu bitten. Der Bericht wurde vom Sozialministerium in der
53. Sitzung zunächst mündlich vorgetragen, im Nachgang dazu auch als Papier verteilt. Die Landesregierung berichtete zudem über ihre bisherigen Aktivitäten im Bundesrat und auf der Bundesebene.
Die Koalitionsfraktionen erklärten daraufhin, dass der vorliegende Antrag als erledigt betrachtet werden könne, auch wenn die Ergebnisse der Aktivitäten der Landesregierung nicht zufriedenstellend seien. Diese Meinung teilte die Fraktion DIE LINKE nicht; sie plädierte dafür, eine Beschlussempfehlung an den Landtag zu erarbeiten, auch weil der mündlich vorgetragene Bericht der Landesregierung überwiegend nur den Punkt 11 des Antrages, nämlich die Rentenangleichung, betraf.
Der Ausschuss folgte sodann einer Anregung der Vorsitzenden, zunächst die von der Landesregierung in Aussicht gestellte schriftliche Stellungnahme zur Kenntnis zu nehmen und in der darauffolgenden Sitzung am 24. Juni 2015 eine Beschlussempfehlung an den Landtag zu erarbeiten.
In der 54. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales fand die Beratung über den Antrag in der Drs. 6/1667 im Zusammenhang mit dem zwischenzeitlich ebenfalls überwiesenen Antrag in der Drs. 6/4089 statt. Im Zuge der Beratung schlugen die Koalitionsfraktionen vor, zur Gesamtthematik Rente ein Fachgespräch durchzuführen. Dieser Vorschlag fand auch die Zustimmung der antragstellenden Fraktion. Der Ausschuss kam überein, das Fachgespräch im Oktober 2015 durchzuführen.
Zu diesem Fachgespräch, das in der 57. Sitzung am 7. Oktober 2015 stattfand, wurden sowohl Vertreter von Gewerkschaften, der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland und der Liga sowie weitere Expertinnen als auch Vertreter der Gruppe der Rentner selbst wie die Volkssolidarität und die AG Renten beim Seniorinnenrat Halle eingeladen.
Einige Eingeladene haben sich aufgrund ihrer Terminlage entschuldigen lassen. Am Fachgespräch haben die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, die AG Renten beim Seniorinnenrat Halle und als Experte Herr Matthias Birkwald, Mitglied des Bundestages, teilgenommen.
Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland bewertete die einzelnen Punkte des Antrages in der Drs. 6/1667 unterschiedlich. So befürwortete sie zum Beispiel die Ausweitung der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle Erwerbstätigen und die Absicherung des Lebensstandards als Mittelpunkt der Rentenpolitik. Auch bei den Erwerbsminderungsrenten sah sie unbedingten Änderungsbedarf. Skeptisch wurde von der Deutschen Rentenversicherung jedoch die Einführung der solidarischen Mindestsicherung gesehen.
Hinsichtlich der Rentenwerte Ost und West stellte auch die Deutsche Rentenversicherung eine Ungleichbehandlung fest, allerdings zugunsten der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner. Deshalb sprach sie sich gegen eine Höherbewertung der ostdeutschen Entgelte aus. Jedoch hielt sie eine rechtliche Angleichung für erforderlich.
Sowohl die AG Renten beim Seniorenrat Halle als auch Herr Birkwald äußerten sich zustimmend zu beiden in Rede stehenden Anträgen.
Auch die Liga der freien Wohlfahrtspflege und der Deutsche Gewerkschaftsbund, die eine schriftliche Stellungnahme einreichten, unterstützten die Anliegen der beiden Anträge.
Der Ausschuss verständigte sich im Anschluss an das Fachgespräch darauf, in der Dezembersitzung eine Beschlussempfehlung an den Landtag zu erarbeiten.
In der 59. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 2. Dezember 2015 standen beide Anträge vereinbarungsgemäß auf der Tagesordnung. Dem Ausschuss lag als weitere Beratungsgrundlage ein von den Fraktionen der CDU und der SPD erstellter Entwurf einer Beschlussempfehlung vor. Nach kurzer Beratung wurde dieser Entwurf mit der Überschrift „Angleichung der Rentenwerte Ost und West jetzt durchsetzen“ zur Abstimmung gestellt und mit 7 : 4 : 1 Stimmen als Beschlussempfehlung in der Drs. 6/4718 an den Landtag verabschiedet. Das Hohe Haus wird gebeten, dieser Empfehlung zu folgen. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank für den Bericht, Frau Dirlich. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Minister Bischoff das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Jahr 2013 haben die Sozialminister einen Beschluss zur Angleichung der Rentenwerte Ost und West gefasst, der identisch mit den Festlegungen im Koalitionsvertrag auf der Bundesebene ist. In einem Rentenüberleitungsabschlussgesetz soll - so steht es darin jedenfalls sinngemäß - die vollständige Angleichung zum 1. Januar 2020 festgeschrieben werden, gegebenenfalls mit einem Zwischenschritt für eine Teilangleichung im Jahr 2017. So lautet ungefähr auch der Text - ich habe ihn hier - des Koalitionsvertrages.
Die Länder haben der Bundesregierung mehrfach angeboten, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen einzusetzen.
Am 29. Januar 2016, also morgen, wird der Bundesrat unter Bezugnahme auf den Rentenversicherungsbericht 2015 und das hierzu vorliegende Gutachten des Sozialbeirates über die Erneuerung seines Angebotes befinden.
Vorab: Ich habe heute mit dem Ministerpräsidenten geredet. Es liegt ein Antrag vor, dem das Land in der vorliegenden Fassung zustimmen wird. Der Ministerpräsident hat im letzten Jahr im Bundesrat dazu geredet. Es besteht Einigkeit sowohl in der Regierung als auch in den Koalitionsfraktionen dazu, dass der Weg, der im Koalitionsvertrag beschrieben wurde, weiter beschritten werden soll.
Über die empfohlene Stellungnahme wird morgen im Bundesrat - davon gehe ich aus - absatzweise abgestimmt werden. Zum Absatz 4 gibt es eventuell einen Änderungsvorschlag, der den Sinn des Koalitionsvertrages noch verdeutlichen soll. Es kann sein, dass dieser Absatz noch ausgetauscht wird. Wenn nicht, bleibt es bei der empfohlenen Formulierung. - Das wollte ich einschieben, weil das morgen aktuell ist. Vielleicht kann ich Ihnen im Laufe des Tages, bis 14 Uhr, mitteilen, wie die Abstimmung im Bundesrat verlaufen ist und ob dieser Antrag eine Mehrheit der Länder erhält; das ist ja auch nicht immer so einfach.
Wie stellt sich die Situation dar? - Ich möchte das einmal verkürzen, weil Frau Dirlich das schon gut dargestellt hat.
Ich rate den Abgeordneten - mit dieser Problematik müssen wir alle hier uns beschäftigen, auch in den nächsten Jahren; Sie als Abgeordnete werden überall gefragt -: Lesen Sie das Protokoll des Fachgesprächs, auf das Frau Dirlich eben hingewiesen hat. Da haben der Vertreter der Rentenversicherung aus Leipzig und Herr Birkwald, Rentenexperte und Mitglied des Bundestages, sehr plastisch - wer dabei war, weiß das - und nachvollziehbar die Vor- und Nachteile vorgerechnet. Es wurde auch auf die Frage von Höherbewertung und Angleichung eingegangen. Man muss irgendwie beides hinbekommen, also die Höherbewertung lassen und vielleicht schrittweise absenken.
Der Abgeordnete hat sehr deutlich gemacht, dass die sehr unterschiedlichen Einkommensverhältnisse eine große Rolle spielen. Beim Durchschnittseinkommen hängen wir weit zurück. Aufgrund dieser unterschiedlichen Einkommensverhältnisse
kommen auch unterschiedliche Rentenwerte zustande. Wenn die Höherbewertung, die wir jetzt haben, wegfiele, könnte die Angleichung das nicht ausgleichen. Wir wären also immer noch benachteiligt.
Die Frage ist immer: Was ist günstiger, ein niedriger Rentenwert und eine Höherbewertung der Entgeltpunkte oder ein gleicher Rentenwert bei Wegfall der Höherbewertung? - Lesen Sie sich das durch, dann können Sie sich am besten ein Bild machen, wie das ist.
Die Landesregierung - das will ich noch einmal sagen - hält an dem ursprünglichen Fahrplan des Koalitionsvertrages fest. Dies hat Herr Ministerpräsident Haseloff kürzlich in einer Pressemitteilung noch einmal verdeutlicht. Es wird allerdings - da bin ich ganz ehrlich - kaum eine Lösung geben, welche sowohl die Bestandsrentnerinnen und -rentner als auch die zukünftige Rentnergeneration vollumfänglich zufriedenstellen wird. Trotzdem wird es Zeit für die Angleichung. Aber die Schere der Einkommensverhältnisse muss sich weiter schließen, sonst werden bestehende Ungerechtigkeiten noch viele Jahre andauern.
Herr Minister, herzlichen Dank. - Wir kommen zur vereinbarten Fünfminutendebatte. Als erstem Debattenredner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Rotter von der CDU das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD für die 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages vom 27. November 2013. Dort heißt es in Bezug auf die Rentenangleichung Ost/West:
„Zum 1. Juli 2016 wird geprüft, wie weit sich der Angleichungsprozess bereits vollzogen hat, und auf dieser Grundlage entschieden, ob mit Wirkung ab 2017 eine Teilangleichung notwendig ist.“
An dieser Stelle möchte ich dem Ministerpräsidenten ganz ausdrücklich zustimmen, wenn er feststellt: Der Fahrplan für die Rentenangleichung steht. Im Juli 2016 wird eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe den Stand der Angleichung überprüfen und auf dieser Basis im Jahr 2017 gegebenenfalls eine Teilangleichung vornehmen.
Ich gebe dem Ministerpräsidenten Recht - auch ich finde das richtig und wichtig -: Wenn 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung der Solidarpakt ausläuft, soll auch die Angleichung der Renten erreicht sein. Ich bin mir ganz sicher: Dann wird sie erreicht sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, wie gesagt: Der Fahrplan steht, die Weichen sind richtig gestellt und der Zug ist in Bewegung.