Protokoll der Sitzung vom 29.01.2016

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Der öffentliche Umgang miteinander - auch durch die Medien, in den Parteien, zwischen den Parteien - ist kritikwürdig und häufig weder der Sache noch der Person angemessen.

Meine Damen und Herren! Die Wähler honorieren keine unnötigen, unsachlichen Beißattacken. Sie wollen Ergebnisse sehen. Das bedeutet nicht mehr, aber auch nicht weniger als: erst das Land und dann die Partei. Das Gemeinwohl muss Priorität haben.

Zwei Sätze zu meinem eigentlichen Politikfeld - Bildung und Wissenschaft -, bei dem sowieso jeder meint mitreden zu können und man es niemandem recht machen kann - in der eigenen Fraktion nicht, beim Koalitionspartner schon gar nicht und bei der Opposition mitunter -:

(Zuruf von der LINKEN: Na ja!)

Ich appelliere, meine Damen und Herren, an die zukünftigen Abgeordneten, die jetzt erreichten Kompromisse vor allen Dingen in der Bildungs- und Schulpolitik, die auch das Ergebnis des Bildungskonventes der letzten Legislaturperiode sind, nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Trotz aller Bemühungen und Verbesserungen sind die Er

gebnisse aus vielerlei Gründen nicht befriedigend. Daran ist zu arbeiten.

Liebe Kollegen von der CDU, wer das Gymnasium stärken will, der muss vor allen Dingen die anderen Schulformen stärken. Wenn Sie eine Oberschule kreieren wollen, dann sorgen Sie dafür, dass der Druck der frühen Schullaufbahnempfehlung vermindert und nicht durch Zugangsprüfungen verschärft wird. Welch ein Anachronismus! Wo leben wir eigentlich? - Ganz Europa arbeitet anders.

(Zustimmung bei der SPD - Beifall bei der LINKEN)

Reden Sie mal mit den Hirnforschern! Kognitive Fähigkeiten sind nicht statisch. Intelligenz ist nicht festgeschrieben. Sie entwickelt sich. Gerade mit der Pubertät setzen noch einmal gewaltige Veränderungen ein.

Lassen Sie die Kinder länger gemeinsam lernen!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Nach der 8. Klasse kann man viel sicherer entscheiden, wer wirklich den gymnasialen Bildungsweg schaffen kann.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Nur so erreichen Sie bessere Bedingungen für den pädagogischen Prozess sowie bessere Leistungen und Ergebnisse, und zwar für alle Schüler.

Stärken Sie die Gemeinschaftsschule - statt sie abzuschaffen - strukturell und personell!

(Zustimmung bei der LINKEN und von Herrn Striegel, GRÜNE)

Denken Sie einmal an Ursache und Wirkung, und überprüfen Sie einmal die Kausalkette der Entscheidungen! Schaffen Sie notwendige und hinreichende Voraussetzungen für eine den Kindern und den Eltern angemessene Entscheidung!

Berufen Sie sich nicht auf Mehrheiten von Leuten in nicht repräsentativen Umfragen! Wenn Sie danach gehen würden, müssten Sie auch anderen Befragungen, die auch nicht repräsentativ sind, folgen und Sachen ganz anders machen. Da würden wir bei mancher Sache Probleme mit der Political Correctness kriegen.

Liebe Rita!

Ich bin gleich fertig.

Wunderbar. Bitte.

Meine Damen und Herren, was ich Ihnen mit diesen kurzen Worten rüberbringen bringen wollte, ist, dass ich natürlich a) noch einmal meinen Schwerpunkt bedienen wollte und b) Ihnen sagen wollte, dass wir alle gemeinsam vielleicht an unserer Aufrichtigkeit, an der Ehrlichkeit und an der Augenhöhe arbeiten sollten.

Ich habe einen Vorschlag: Ich stelle Ihnen dieses Kunstwerk leihweise zur Verfügung; vielleicht schreibt man alle zwei Jahre einen Wettbewerb aus, wer gerade der Hofnarr vom Dienst ist. Oder aber viele ringen sich durch, genau die unbequemen Wahrheiten zu sagen.

Ich könnte jetzt noch viel über die aktuelle politische Lage sagen. Das wäre eine große Freude. Aber leider darf ich das nicht.

So weit der Hofnarr. Braucht man ihn noch? - Vielleicht. Aber mein Vorschlag wäre ein anderer. Wichtig ist, dass viele ehrlicher debattieren, als es jetzt der Fall zu sein scheint.

Ich wünsche allen die Freiheit der Hofnarren, aber ohne das Statusproblem.

(Zustimmung bei der CDU)

Letzter Satz, Herr Präsident: Wenn alle so reagieren, wird es besser; davon bin ich überzeugt.

Ihnen alles Gute. Danke für die Möglichkeit, das hier zu sagen. Danke an alle Mitarbeiter und Bediensteten des Raumschiffes Landtag. Danke für die vielen Jahren hier im Parlament.

Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge - weinend, weil mir die Arbeit fehlt; lachend, weil ich nicht mehr jede Entscheidung mittragen kann, die inzwischen in dieser Welt fällt.

Ich bin dankbar für diese Zeit. Meine Damen und Herren, Sie können es mir abnehmen oder nicht: Es war mir stets eine große Ehre, Abgeordnete des Landtages von Sachsen-Anhalt zu sein. - Danke schön.

(Beifall im ganzen Hause)

Liebe Rita Mittendorf, das war eine wunderbare Abschlussrede. Du hast die drei Minuten eingehalten, ganz korrekt.

(Heiterkeit)

Herzlichen Dank dafür.

(Herr Schröder, CDU: Das ist die Narrenfrei- heit!)

- Das war die Narrenfreiheit. So ist es. Wir haben ja ein weites Herz.

Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der 107. Sitzung. Ich habe Sie heute Mittag bereits zu einem kleinen Empfang eingeladen und denen gedankt, die von der ersten Stunde an dabei waren. Ich will jetzt keine langen, großen Worte mehr machen. Ich möchte nur noch einmal herzlich Ihnen allen danken. Ich danke natürlich auch der Verwaltung.

Ich danke auch der Regierung; denn Legislative und Exekutive haben - bei allem Streit, bei aller Kritik - in den fünf Jahren gut zusammenarbeitet, glaube ich. Das war eine gute gemeinsame Arbeit zum Wohle unseres Landes. Das war immer unser Ziel.

Ich betrachte den Landtag nicht als Raumschiff. Von den wichtigen Dingen, die wir hier gemacht haben, ging eine großartige Resonanz aus. 15 000 Menschen - Schülerinnen und Schüler, Ältere - hatten wir zu Gast. Am Tag der offenen Tür strömten mehr als 5 000 Menschen in den Landtag, um zu schauen, was hier eigentlich passiert.

Ich denke an die Holocaust-Gedenktage, die wir hier durchgeführt haben. Ich denke an Gabriel

Bach und - vor zwei Tagen - Sara Atzmon. Das waren Sternstunden hier im Parlament. Das möchte ich an dieser Stelle betonen.

Meine Damen und Herren! Ich wünsche denen, die ausscheiden, viel Kraft. Finden Sie neue Wege, neue Aufgaben! Das gehört einfach dazu.

Denen, die kandidieren, wünsche ich viel Kraft. Die werden Sie im Wahlkampf brauchen. Denn Wahlkampf machen heißt kämpfen - kämpfen um die besten Ideen.

Ich wünsche dem neuen, siebenten Landtag alles Gute, gute Entscheidungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Gottes Segen für das Land Sachsen-Anhalt! - Herzlichen Dank.

Die Sitzung ist geschlossen. Wir haben es vollbracht.

(Beifall im ganzen Hause)

Schluss der Sitzung: 19.15 Uhr.