Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

Die Ausführungen des Herrn Ministers sind nicht von der Hand zu weisen. Deshalb stellt die Fraktion der SPD den Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft.

Bei der Behandlung im Ausschuss - das möchte ich an dieser Stelle anregen - können dann auch Punkte diskutiert werden, die anscheinend in den Überlegungen der LINKEN keine Rolle gespielt haben.

So wäre, wenn man das Gesetz anfasst, beispielsweise auch zu überlegen, ob gesetzliche Änderungen vorzunehmen sind, um den Anteil von Frauen in den Führungsgremien der Hochschulen zu erhöhen. Der neueste Bericht des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung weist aus, dass Sachsen-Anhalt hinsichtlich der Frauenbeteiligung in den Hochschulen bundesweit immer noch im hinteren Bereich platziert ist.

(Zustimmung von Frau Hampel, SPD, und von Frau Reinecke, SPD)

Vor dem Hintergrund anderer Regelungen in anderen Bundesländern sollten wir im Ausschuss auch darüber diskutieren, was dort zu verändern wäre, wenn man denn das Gesetz anfasst.

Herr Lange hat in seiner Rede zur Einbringung des Gesetzentwurfes viele wichtige und richtige Dinge angesprochen. Aber - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen - viele Regelungen sind nicht im Land zu treffen. In diesem Zusammenhang müssen wir Änderungen auf Bundesebene bewirken.

Lassen Sie uns daher gemeinsam im Ausschuss darüber diskutieren, welche anderen Initiativen wir über den Gesetzentwurf hinaus im Land ergreifen können, damit wir die Situation für die Studierenden im Land verbessern können. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Pähle. - Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Professor Dr. Dalbert.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen wir uns Punkt für Punkt an, was in Bezug auf die Änderung des Hochschulgesetzes vorgeschlagen wird. Ich fange mit Absatz 2 an.

Hierbei geht es - das haben wir gehört - um den Übergang vom Bachelor- zum Masterstudiengang und hier gibt es in der Tat Regelungsbedarf, genau in der Weise, wie Herr Lange das dargestellt hat. Man kann feststellen - das kann ich aus eigener beruflicher Praxis berichten -, dass so, wie es vorgeschlagen wird, zurzeit in den Hochschulen verfahren wird, aber als ein Übergangsverfahren mit Behelfskonstrukt. Wir hätten die Chance, dieses Behelfskonstrukt durch eine ordentliche gesetzliche Regelung abzulösen. Ich denke, dass ist ganz im Sinne der Hochschulen und der Studierenden und das begrüßen wir.

Im nächsten Absatz geht es um die Frage des Zuganges zu Masterstudiengängen. Ich finde, es ist ein interessanter Vorschlag, der die berechtigten Interessen der Studierenden aufgreift, die immer wieder fordern, dass sie nach dem Bachelor auch den freien Zugang zum Master haben, wenn sie erfolgreich den Bachelor abgeschlossen haben. Ich finde, der Vorschlag, den Sie wählen, ist ein liberal formulierter Vorschlag, indem Sie sagen: im Lande und nach Maßgabe der Hochschule usw. Damit könnten wir diese enorme Verunsicherung bei den Studierenden, die das ganze Studium überschattet - bekomme ich nach dem Bachelor-, selbst wenn ich den erfolgreich abgeschlossen habe, einen Masterstudienplatz? -, beseitigen.

Das, finde ich, ist ein sehr überlegenswerter Vorschlag, zumal wir feststellen müssen, dass es nicht

in allen Studienfächern gleichermaßen gut gelungen ist, dass der Bachelor tatsächlich eine Abnahme auf dem Arbeitsmarkt findet, dass die Studierenden nach dem Bachelor also wirklich einen Job finden. Das ist sehr unterschiedlich. Auch dieser Sorge tragen wir hiermit Rechnung. Insofern halte ich das für einen guten Vorschlag.

Sie haben erwähnt, das würde das Studium in diesem Lande noch einmal attraktiver machen. Ich denke, das ist eine Sorge, die wir uns machen müssen. Wir leben im Augenblick in einer Blase der Zuwanderung aus dem Westen. Wir wissen, dass diese Blase zeitlich sehr begrenzt ist. Wir müssen uns darüber Gedanken machen, was wir für Möglichkeiten haben, unsere Hochschulen attraktiv zu machen, wenn wir in drei, vier, fünf Jahren sehr viel weniger Nachfrage und weniger Studierende haben werden. In dieser Richtung ist das, so finde ich, ein sehr bedenkenswerter Vorschlag.

Dann kommen wir zu dem Abschnitt mit den Studiengebühren. Hierbei geht es in Ihrem Vorschlag, der sich auf Absatz 1 Satz 1 bezieht, um die Langzeitstudiengebühren. Es geht in Absatz 5 auch um die Gebühren für Lernmittel und Studienmaterialen, die Sie abschaffen wollen.

Ich kann nur begrüßen, dass wir das abschaffen. Wenn man sich das im Haushalt ansieht, merkt man, dass falsche Anreizsysteme gesetzt worden sind. Bei den Langzeitstudiengebühren müsste es so sein, dass diese absinken. Es ist die Logik der Bologna-Reform, dass immer mehr Studierende ihr Studium in der Regelstudienzeit beenden. Insofern sollen gar keine Langzeitstudiengebühren mehr anfallen. Was die Gebühren für die Lernmittel und Studienmaterialien betrifft, ist das nicht so gedacht, dass wir hiermit eine Einnahmequelle für Hochschulen schaffen. Vielmehr sollen anfallende Unkosten ersetzt werden.

Wenn man sich das im Haushalt unter den Ansätzen für die Studiengebühren ansieht, stellt man fest, dass sich die im Haushaltstitel zusammengefassten Studiengebühren von gut 1 Million € im Jahr 2011 auf knapp 2 Millionen € im Haushaltsplan 2012/2013 quasi verdoppeln. Dann fragt man sich, was denn da in den Hochschulen passiert. Generieren die immer mehr Langzeitstudierende, um Gebühren zu bekommen, oder geben sie immer mehr Lernmittel zu immer teureren Preisen aus?

Ich glaube, dabei läuft etwas falsch, was wir als Gesetzgeber so gar nicht angedacht haben. Insofern ist es richtig, diese Gebühren zu streichen. Allerdings würde ich die Fraktion DIE LINKE bitten, wenn sie einen Vorschlag einbringt, wo sie im Haushalt Einnahmen streichen will, dass sie auch einen Vorschlag macht, wo sie das an anderer Stelle im Haushalt auch wieder gegenfinanzieren will.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Letzter Punkt zum Schluss, weil ich es für den schwierigsten Punkt halte: Teilzeitstudium. Wir haben schon gehört - das will ich nicht alles wiederholen -, dass dieser Vorschlag noch andere gesetzliche Probleme nach sich zieht. Ich will auf den Aspekt eingehen, Herr Lange, den Sie so ein wenig salopp gestreift haben. Sie haben gesagt: Ich habe mit den Hochschulen gesprochen; das finden die auch Klasse. Damit bricht man so ein bisschen die Starrheit des Bachelor-Master-Systems auf.

Ich befürchte, dass das nicht ganz so einfach ist. Ich will sehr klar sagen: Das Ziel können wir nur unterstützen, dass wir das Teilzeitstudium ermöglichen. Ich sage auch deutlich, von der Studienorganisation her, von der Definition des Studienablaufs, der Module, der Möglichkeit zum Besuch der einzelnen Veranstaltungen ist es sehr viel schwieriger, ein Teilzeitstudium parallel zum normalen Studium zu organisieren, als zum Beispiel zu sagen, ich mache ein Abendstudium. Das ist ein getrennter Studiengang. Das ist eine ganz andere Organisationsform.

Insofern freue ich mich an dieser Stelle auf eine spannende Debatte. Ich würde vorschlagen, im Ausschuss eine Anhörung durchzuführen, damit wir das Thema vertiefen können. Insofern begrüßen wir Ihren Gesetzentwurf und die Überweisung in den Ausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Danke schön, Frau Kollegin Dalbert. - Für die Fraktion der CDU spricht nun der Abgeordnete Thomas.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die LINKE hat uns heute einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich mit der Änderung des Hochschulgesetzes in Sachsen-Anhalt befasst. Das Hochschulgesetz - deswegen debattieren wir das heute - ist ein Landesgesetz. Das Landesgesetz ist dazu da, dass die Länder im Zuge des deutschlandweiten Föderalismus ihre Bildungshoheit entsprechend auszuüben können. Daher ist es nicht verwunderlich, dass diese Gesetze mit Wünschen begleitet werden, die teilweise realistisch erscheinen, teilweise auch ins Reich der Utopie zu verdammen sind. Dazu komme ich später.

Ich möchte mir an dieser Stelle erlauben zu sagen, dass es sich gerade im Bildungsbereich immer lohnt, über die besten Wegen zu streiten, um die besten Ergebnisse für die Betroffenen, für die Studenten zu erreichen. Wir müssen bei allen Diskussionen, die wir seit Jahren führen - das gilt im Übrigen nicht nur für den Hochschulbereich -, immer auch bedenken, dass wir schon mit kleinen Ände

rungen an den sogenannten Stellschrauben das System ganz schnell an seine Grenzen bringen können.

Meine Damen und Herren! Die CDU steht und stand immer für eine verlässliche und langfristig angelegte Bildungspolitik. Ich denke, das ist bekannt und wird daher in diesem Hause auch niemanden verwundern. Denn Kontinuität in der Bildungspolitik ist die Voraussetzung für richtig gute Qualität. Wer der Meinung ist, er könne den umgekehrten Weg beschreiten, wird schnell feststellen, dass sich das Bildungssystem schwer tut, kurzfristigen Änderungen Folge zu leisten. Das gilt für die schulische Bildung ebenso wie für die universitäre Bildung. In diesem Kontext sehen wir auch den Gesetzentwurf der LINKEN.

Meine Damen und Herren! Das Hochschulgesetz in Sachsen-Anhalt hat sich bewährt. Die Studentenzahlen an Sachsen-Anhalts Universitäten, Hoch- und Fachschulen zeigen seit Jahren steil nach oben.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Schwerpunkt ist Bildung!)

Das hat nicht allein etwas mit günstigen Lebenshaltungskosten und der Nichterhebung von Studiengebühren zu tun. Nein, es sind auch die Qualität und das Umfeld der Universitäten in SachsenAnhalt, weswegen die Studierenden aus allen Teilen Deutschlands, aber inzwischen erfreulicherweise auch verstärkt aus dem Ausland in unser schönes Bundesland ziehen. Der universitäre Ruf unserer Universitäten darf daher als gefestigt betrachtet werden.

Meine Damen und Herren! Die LINKE hat uns nun einen Gesetzentwurf vorgelegt mit drei Schwerpunktbereichen, die ich kurz noch einmal ansprechen möchte, auch schon etwas im Vorgriff auf die Diskussion im Ausschuss.

Ziel eins ist es, eine Aufforderung zur Einrichtung von Teilzeitstudiengängen im Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt zu verankern. Ziel zwei ist es, den Zugang zum Masterstudiengang zu erleichtern, indem trotz Nichtvorliegens des Bachelorzeugnisses die Immatrikulation im Masterstudium bereits erfolgt, wenn die bisherige Durchschnittsnote ein erfolgreiches Masterstudium erwarten lässt. Ziel drei hat die Abschaffung von Studiengebühren jeder Art zum Ziel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den LINKEN, wenn ich nun Ihren Antrag im Lichte meiner Ausführungen zur Kontinuität der Bildung Revue passieren lasse, kann ich Ihnen nur bescheinigen, dass er übereilt ist. Der Minister - dankenswerterweise hat unser Minister für Landwirtschaft und Umwelt das in Vertretung unserer Wissenschaftsministerin sehr bravourös eingebracht - hat darüber schon sehr detailliert berichtet, sodass ich mir das sparen kann.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Teilzeitstudiengänge - das ist mir wichtig - bereits heute möglich sind und dass das vor allen Dingen Sache der jeweiligen Hochschule ist. Landeskinder zu präferieren ist ein hehres Ziel, das sich aber europarechtlich kaum umsetzen lässt.

Meine Damen und Herren! Zur Abschaffung jeglicher Studiengebühren. Ich habe einmal auf die Uhr geschaut, wie lange es gedauert hat von Ihrer Aufforderung, das Land Sachsen-Anhalt möge stärker sparen, bis zur ersten Versprechung. Das fängt bei den Studiengebühren an, die die Langzeitstudenten nicht mehr zu bezahlen brauchen, nein, ganz im Gegenteil, die sollte das Land übernehmen.

Meine Damen und Herren! Von Ihrem angekündigten Sparwillen bis zur Verkonsumierung hat es gerade mal eine Stunde gedauert.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Präferieren - das ist es nicht!)

Ich gratuliere Ihnen zu dieser Meisterstunde, das in einer Stunde zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist also ein typischer LINKEN-Antrag, der den sozialistischen Gedanken von der kostenlosen Rundumversorgung präferiert und verspricht.

(Zurufe von der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das ist nicht - das wird Sie nicht verwundern - der Standpunkt der CDU. Für uns als CDU ist es weiterhin wichtig, auch in die Universitäten den Leistungsgedanken hineinzutragen. Deswegen, meine Damen und Herren, können Sie davon ausgehen, dass wir die Regelstudienzeit weiterhin studiengebührenfrei belassen werden, aber Langzeitstudenten müssen schon ihren Teil dazu beitragen, von persönlichen Einzelfällen abgesehen. Aber eine generelle Freistellung ist mit uns nicht zu machen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Nichtsdestotrotz halten wir das Thema für wichtig. Wir werden diesen Gesetzentwurf in den Ausschuss überweisen. Ich freue mich auf die Diskussion zu den Dingen, die wir heute besprochen haben. Ich bitte um Überweisung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Thomas. - Zum Schluss der Debatte spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Lange.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Der Redebeitrag von Herrn Thomas hat

mich ein wenig ratlos zurückgelassen. Ich weiß nicht, woran er sieht, dass wir keine Kontinuität walten lassen. Wir behalten doch das System bei. Wir wollen es doch nur verbessern. Stillstand kann doch auch nicht die Lösung sein, Herr Thomas. Wir stehen doch früher auf in Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei der LINKEN)