Protokoll der Sitzung vom 19.01.2012

Es gab eine große Debatte darüber, warum man Wissenschaft und Wirtschaft in einem Ministerium konzentriert. Es hieß, man hätte durchfließende Möglichkeiten, Mittel in dem einen und in dem anderen Bereich zu verwenden. Wir haben dann zum Beispiel beantragt, die KATs in der anwendungsnahen Forschung im Hochschulbereich aus dem Einzelplan 08 zu finanzieren. - Geht nicht, Einzelplangrenze, funktioniert nicht. Scheuklappe. Deshalb sage ich: Auch in diesem Fall eine falsche politische Entscheidung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will am Ende meiner Rede etwas Untypisches tun: Ich will loben.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Man macht das als Pädagoge normalerweise zwar am Anfang, aber da waren mir, ehrlich gesagt, andere Dinge wichtiger.

Wir haben in dieser Haushaltsberatung eine Reihe von Änderungsanträgen durchbekommen. Herr Scheurell, ich habe nicht gesagt, wen ich lobe, denn ich lobe jetzt nämlich uns. Wenn Sie das gewusst hätten, hätten Sie wahrscheinlich nicht geklatscht.

(Lachen bei der CDU - Zuruf von der CDU: Eigenlob stinkt!)

- Nach der Logik „Eigenlob stinkt“ hätten wir die Redezeit bei dieser Debatte heute insgesamt auf fünf Minuten verkürzen können. Glauben Sie es mir, Herr Scheurell.

Wir haben die Situation, dass wir eine Reihe von Änderungsanträgen bereits in den Fachausschüssen gestellt haben. Diese sind regelmäßig abgelehnt worden. Dann hatten wir die Situation, dass die Koalition, meistens in der Bereinigungssitzung des Finanzausschusses, in der einen oder anderen Fassung ähnliche Änderungsanträge gestellt hat. Nun ja, das ist das schwere Schicksal der Opposition. Aber es ist wichtig, was unter dem Strich herauskommt.

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

- Frau Niestädt, wir haben allein 82 Änderungsanträge zur Refinanzierung, also zur Absenkung der Ausgaben gestellt. Diese sind am allerliebsten genommen worden. Sie sind fast alle durchgekommen, jedenfalls die allermeisten von ihnen.

Es sind aber auch Dinge durchgekommen, die wir damit finanzieren wollten: die Beratungsstellen, Betreuungsvereine, Suchtprävention, Familienzentren, die wissenschaftlichen Einrichtungen in Wittenberg, das Winckelmann-Museum in Stendal. All

diese Dinge sind letztlich so durchgekommen wie beantragt, manchmal sogar noch ein bisschen besser. Deshalb war es ein Erfolg unserer Fraktion, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Scheurell, CDU)

Im Parlamentarismus ist es manchmal so, dass sich solche Dinge auch argumentativ in den Beratungen durchsetzen. Wir sind froh, dass wir Sie überzeugt haben.

(Zuruf von Herrn Scheurell, CDU - Weitere Zurufe von der CDU)

- Herr Scheurell, Blutdruck runter! Okay.

(Herr Scheurell, CDU: Ihre Fraktion hat ge- gen die Leucorea gestimmt! - Zuruf von der LINKEN: Nein! - Herr Scheurell, CDU: Ja- wohl!)

- Die Kollegen aus meiner Fraktion werden nachher noch genug Möglichkeiten haben, das richtigzustellen.

Es gab noch eine andere Diskussion, die ich auch sehr interessant fand, und zwar die Diskussion um den Wassercent. Die Situation war wie immer: Die Landesregierung plant den Wassercent in der inbrünstigen Hoffnung, die Koalition werde ihn wieder einkassieren. Tatsächlich ist es auch wieder so gelaufen. Wir kriegen eine Vorlage zum Wassercent. Die typischen Lobbyisten der chemischen Industrie, die sich immer aufregen, regen sich wieder am meisten auf. Ich habe die Reden von Herrn Schröder und vor allen Dingen von Frau Budde noch im Ohr: Man wird alles dafür tun, völlig falsches Signal, das muss wieder weg, geht nicht.

Wir haben diese Argumentation immer für falsch gehalten. Ich sage noch einmal ausdrücklich, warum. Zumindest diejenige, die am meisten klagt - ich weiß wirklich nicht, ob es diejenigen sind, die nachher am meisten zahlen -, die chemische Industrie, hat folgendes Problem:

(Herr Borgwardt, CDU: Erst seit drei Jah- ren!)

Sie bekommt in diesem Land aber und aber Subventionen aus den öffentlichen Haushalten. Sie ist inzwischen ausgesprochen profitabel. Wo versteuert sie ihre Gewinne? - Nicht in Sachsen-Anhalt, weil nämlich die Konzernzentralen nicht bei uns ansässig sind. Wenn sie einmal ein paar Millionen für den Wassercent hinblättern sollen, dann fallen sie im Heulkrampf zusammen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deshalb ist es richtig, dass der Wassercent drin bleibt. Es gibt nur ein Problem. Ganz konnten Sie dem Lobbydruck dann doch nicht standhalten. Deshalb haben Sie lieber noch einmal die Industrie entlastet und den

Bürger etwas mehr belastet, damit es unter dem Strich wieder hinkommt.

Ich finde, das ist ein sehr schlechtes Zeichen. Es lässt sich aber von uns argumentativ gut verkaufen. Schönen Dank auch an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Zum Bauhaus sage ich einmal: Wir hätten uns schon ein bisschen mehr gewünscht, was in einer konkreten Richtung der Vermarktung und der Öffentlichkeitsarbeit dieses wichtigen UnescoWeltkulturerbes dient. Wir wissen, dass wir noch viele Widerstände in der Regierung zu überwinden haben. Einige Widerstände sitzen gerade nicht hier, sei es drum. Aber wir wissen auch: Steter Tropfen höhlt den Stein. Wir sind inzwischen wenigstens so optimistisch, dass wir es noch hinkriegen werden.

Der größte Erfolg allerdings ist die Verhinderung einer Umstrukturierung, nämlich den Bau- und Liegenschaftsbereich in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umzuwandeln. Dies war ausdrücklich geplant, und zwar als Vorstufe einer Privatisierung.

Wir sagen ausdrücklich: Nein, in diesem Bereich brauchen wir die Kompetenz der öffentlichen Hand. Wir sind froh, dass wir es gemeinsam mit den Beschäftigten dort und den Gewerkschaften geschafft haben, dieses Projekt zu stoppen. Das ist ein wichtiger Erfolg, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Er wurde nur dadurch möglich, dass die Masse und der Druck der Argumente letztlich die Koalition, vor allen Dingen die Kollegen der SPD, überzeugt hat. Das finde ich gut so. Wenn man sieht, dass diese Dinge Erfolg zeigen, dann macht auch Parlamentarismus Spaß.

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

Aber gemessen an einem Haushalt von 20 Milliarden € bleiben die Probleme bestehen und sie überwiegen eindeutig die kleinen Erfolge. Deswegen wiederhole ich am Ende meiner Rede: Dieser Haushalt ist ein Haushalt der vertagten politischen Entscheidungen. Er ist ein Dokument der Unentschlossenheit dieser Koalition. Ja, er musste kein Sparhaushalt sein, aber er hätte Innovationen bringen können. Aber diese sind nicht enthalten.

(Herr Schröder, CDU: 8 Millionen € für For- schung und Innovation!)

Dieser Haushalt verwaltet, aber er gestaltet nicht. Die zweite Hälfte dieses Haushalts ist ohnehin bald Makulatur. Insofern ist der Haushalt ein realistisches Spiegelbild dieser Koalition. Wir lehnen ihn ab. - Danke.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Kollege Gallert. - Die Aussprache zu der Haushaltsberatung wird fortgeführt. Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Barthel.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich sagen, dass ich meinem Vorredner dafür dankbar bin, dass ich meine Rede fast genau so, wie ich sie ausgearbeitet habe, halten kann. Es waren nicht groß Dinge dabei, die mich überrascht haben. Ich will den Einstieg trotzdem etwas anders wählen und auf drei Sachen eingehen. Diese muss man an dieser Stelle einfach einmal klarstellen.

Verehrter Herr Gallert, dass die Kinder im Land mit der besten Betreuungsquote und dem weitestgehenden Betreuungsanspruch die Verlierer sind, das glaubt Ihnen doch inzwischen niemand mehr.

(Beifall bei der CDU)

Dass Sie hier unser gemeinsames Projekt „Familien- und kinderfreundliches Sachsen-Anhalt“ infrage stellen und versuchen, zwischen die Regierungsfraktionen einen Keil zu treiben, ist doch dermaßen durchsichtig und plump. Auch das wird auf keinen fruchtbaren Boden fallen.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Unsere Kinder werden im Übrigen nicht dadurch zu Gewinnern, dass man hier schneidige Reden für die Galerie hält.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zuruf von der LINKEN)

- Dass wir viel getan haben, ist klar, und dass wir noch viel mehr tun würden, zeigt ja auch der Haushalt.

Kommen wir noch kurz zum Wassercent, Herr Gallert. Ich bin fast stolz darauf, dass Sie unsere Variante des Wassercents jetzt plötzlich kritisieren. Neben Baden-Württemberg ist Sachsen-Anhalt das Land, das mit Abstand die wirtschaftsfreundlichste Lösung gefunden hat, die eben nicht zulasten der Bevölkerung geht. Wir sprechen hier über eine jährliche Belastung eines geringen Teils der Bevölkerung zwischen 2 und 5 €. Deshalb kann man nicht vom Untergang des Abendlandes, vom sozialen Kahlschlag und von Belastungen für Privathaushalte reden. Das ist unehrlich. Das muss man uns an dieser Stelle nicht erklären.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Mal zuhören!)

Dritter Punkt. Sie vermissen in unserem Haushaltsplanentwurf politische Großprojekte. Ich muss sagen, das hätte ich nicht erwartet. Es mag ja sein, dass aus Ihrer Sicht die Tatsache, dass das Land Sachsen-Anhalt eines von fünf Bundesländern ist,

das einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt, das im Jahr 2013 in die Schuldentilgung einsteigt und das sich zum Ziel gesetzt hat, Ordnung in den Landeshaushalt zu bringen, und das durch diesen Haushalt dokumentiert, nicht erwähnenswert ist. Das ist mir natürlich klar.

Aber nachfolgende Generationen werden es anders sehen. Das zentrale Projekt ist eine solide Haushalts- und Wirtschaftspolitik, die Schulden abbaut, statt neue Schulden zu machen. Das ist das finanzpolitische Leitbild, das diesen Doppelhaushalt bestimmt.