Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen erst einmal zweierlei unterscheiden. Herr Harms ist bereits darauf eingegangen. Herr Borgwardt, wenn es darum geht - vielleicht hören Sie einmal zu -, die elektronische Fußfessel als Ersatz für Freiheitsvollzug bzw. Hausarrest einzusetzen, so ist das in Hessen jahrelang erprobt und positiv evaluiert worden. Aber darum geht es in dem Gesetzentwurf nicht.
Als das EuGH-Urteil, wie wir mit Sicherungsverwahrten umgehen, bekannt wurde und klar war, dass für die sogenannten Altfälle - ich will das jetzt nicht weiter erläutern -, wenn sie nach außen gelangen, gewissermaßen die elektronische Fußfessel als Hilfskrücke zu schaffen ist, waren wir uns einig, dass das doch eher eine Maßnahme ist, bei der es Für und Wider gibt.
und die Hoffnung geäußert, dass in Sachsen-Anhalt kein Richter von der Möglichkeit Gebrauch macht. Ich habe darauf im Ausschuss erwidert: Die Hoffnung habe ich auch. Aber wir gehören der Regierungskoalition an. Wir haben in Berlin zwar nicht A gesagt, sind aber als Land gehalten, wenn der Bund eine solche Vorgabe gemacht hat, auch B zu sagen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ein solches Instrument angewendet werden könnte. Ob es angewandt wird, bleibt abzuwarten.
Die Zweifel, die in der Anhörung deutlich gemacht worden sind, dass dieses Instrument nicht geeignet ist, all die Probleme, die im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung des entsprechenden Personenkreises zu lösen sind, sehe ich auch.
Doch wir kommen nicht umhin, etwas zu machen. Diesbezüglich ist es immer noch besser - wie alle anderen Länder im Übrigen auch -, sich den technischen Voraussetzungen, die dafür in Hessen geschaffen worden sind, anzuschließen, als irgendetwas Eigenständiges auf den Weg zu bringen. Insoweit sind wir ganz pragmatisch und werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
Klar ist aber auch - damit wiederhole ich mich -: Für die Frage, wie wir mit ehemaligen Strafgefangenen und mit den von ihnen vermeintlich ausgehenden Gefahren umgehen, kann die Fußfessel nicht die Lösung sein. Dazu befinden wir uns in einer Debatte - das hat auch Herr Herbst hier ganz grundsätzlich deutlich gemacht -, die uns noch längere Zeit begleiten muss und auch begleiten wird; Stichwort „Insel“. Ich denke, wir als Landtag werden uns zur Resozialisierung ehemaliger Strafgefangener noch einen Standpunkt erarbeiten müssen, der abseits der elektronischen Fußfessel liegt. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Dr. Brachmann. - Für die Landesregierung hat Ministerin Frau Professor Dr. Kolb um das Wort gebeten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung werben. Ich möchte auch klarstellen, dass wir tatsächlich nicht mehr über die Fußfessel als solche reden, sondern über das konkrete Umsetzungskonzept.
Ich persönlich bin froh, dass es uns gelungen ist, in diesem Fall eine bundesweit einheitliche Lösung mit einer einheitlichen Überwachungszentrale zu finden. Es gibt, glaube ich, nur wenige politische
Bereiche, in denen es tatsächlich gelingt, dass sich alle Bundesländer hinter einer einheitlichen Lösung versammeln können.
Ich kann die Diskussion, die heute an dieser Stelle erneut geführt worden ist, nachvollziehen, möchte aber auch klarstellen: Wir haben nie den Eindruck erweckt, dass mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung eine 100-prozentige Sicherheit geschaffen wird. Die elektronische Fußfessel ist ein weiteres Instrument im Rahmen der Führungsaufsicht. Dieses wird wahrscheinlich nur im Rahmen eines Bündels von unterschiedlichen Instrumenten genutzt werden.
Und ja, wir betreten hierbei Neuland. Im Hinblick auf die konkreten Verfahrensabläufe und auf die praktische Anwendung sind sicherlich noch einige Fragen offen geblieben, die man erst dann, wenn es praktisch umgesetzt wird, klären kann. Wir werden deshalb möglicherweise in einem Jahr oder in eineinhalb Jahren darüber nachdenken müssen, ob und inwiefern wir in dem Verfahren an der einen oder anderen Stelle nachsteuern müssen. Das hängt damit zusammen, dass es hierbei um technische Prozesse, aber eben auch um Prozesse der Abstimmung zwischen der zentralen Überwachungsstelle und der Polizei bzw. den sozialen Diensten in den einzelnen Ländern geht.
Ich habe nicht das Gefühl, dass die elektronische Fußfessel in Sachsen-Anhalt oder in anderen Bundesländern inflationär zur Anwendung kommen wird. Es ist ein Instrument im Rahmen der Führungsaufsicht. Wir sprechen also nicht allgemein von einem Instrument für die Resozialisierung, beispielsweise wenn jemand vorzeitig aus der Haft entlassen wird oder zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist. Es ist es wirklich nur ein Instrument im Rahmen der Führungsaufsicht.
Zur Frage der Stigmatisierung der Betroffenen. Im Vorfeld sind im Rahmen von Pilotverfahren Evaluierungen durchgeführt worden. Außerdem haben Betroffene selbst eingeschätzt, dass es aus ihrer Sicht durchaus ein wirksames Instrument war, das ihnen geholfen hat, den Tagesablauf zu strukturieren, und dass es ein Stück weit auch eine psychologische Erinnerung, eine Hilfestellung dafür war, bestimmte Gebote oder Verbote einzuhalten. Insoweit ist die elektronische Aufenthaltsüberwachung im Verhältnis zur 24-stündigen Überwachung durch die Polizei das mildere Mittel.
Richtig ist auch, dass Resozialisierung menschlichen Kontakt, Zuwendung, Unterstützung braucht. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen: Die elektronische Aufenthaltsüberwachung soll nicht die Führungsaufsicht durch den Bewährungshelfer ersetzen.
Wir haben für 900 Personen, die gegenwärtig in Sachsen-Anhalt unter Führungsaufsicht stehen, insgesamt 130 Sozialarbeiter, die nicht nur für die Führungsaufsicht, sondern für die Bewährungshilfe
insgesamt zuständig sind. Es kann sich sicherlich jeder vorstellen, dass sie eben nicht in der Lage sind, sich 24 Stunden am Tag um die Betreffenden zu kümmern. Deshalb kann auch unter diesem Gesichtspunkt die elektronische Aufenthaltsüberwachung eine Unterstützung sein, ohne dass dadurch der menschliche Kontakt ersetzt werden soll.
Zur praktischen Anwendung und zu der Frage, dass, wenn wir das Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag jetzt nicht auf den Weg bringen, die Richter das zwar anordnen können, wir das aber nicht umsetzen müssen, möchte ich sagen: Herr Herbst, dazu teile ich Ihre Auffassung nicht.
Mir ist ein Fall aus Mecklenburg-Vorpommern aus dem letzten Jahr bekannt, als es noch keinen Staatsvertrag gab, in dem dennoch ein Gericht die elektronische Aufenthaltsüberwachung angeordnet hat. Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern musste das dann schon im Vorfeld dieses bundesweiten Verbundes umsetzen. Wir haben also keine Alternative. Wir brauchen die Möglichkeit der Umsetzung des Bundesgesetzes. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.
Danke sehr. - Ich vermute, dass kein weiterer Redebedarf besteht. - Dann treten wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/796 ein. Wünscht jemand Einzelabstimmung an irgendeiner Stelle? - Das sehe ich nicht. Dann stimmen wir über den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit ab. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist der Gesetzentwurf so beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 5 ist beendet. Ich schlage vor, wir treffen uns um 14.30 Uhr wieder.
Der Anteil an Glücksspielern scheint in diesem Hohen Hause gering zu sein oder sie sind alle schon am Lottostand. Wir werden aber jetzt die Rechtslage prüfen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf. - Ich sehe gerade, dass der einbringende Minister nicht präsent ist. - Herr Innenminister, bringen Sie den Gesetzentwurf ein?
punkt ohne Debatte behandelt wird und nur der Minister den Gesetzentwurf einbringen kann, haben wir jetzt ganz schlechte Karten.
- Wir überweisen den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss. Das steht jedenfalls auf meiner Vorlage.
(Minister Herr Stahlknecht: Wollen wir nicht mal improvisieren? Ich bringe das ein und sage: Die Unterlagen sind verteilt, ich bitte um Zustimmung - dann ist die Sache er- ledigt!)
Moment, Herr Minister, jetzt sind wir zu schnell. Erst waren wir zu langsam, jetzt sind wir zu schnell. Sie bleiben aber bitte stehen, schon wegen der ansonsten unnötigen Vergeudung von Energie.
Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder
Der Innenminister ist freundlicherweise bereit, den Gesetzentwurf einzubringen. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, Sie helfen mir jetzt etwas. Meine Damen und Herren! Ich bringe den Gesetzentwurf ein. Sie kennen den Inhalt, er ist Ihnen vorgelegt worden. Ich glaube, wir wollen darüber ohne Debatte abstimmen, weil unter uns kein Dissens besteht. Es ist also kein aufregendes Thema. - Das war die kürzeste Einbringungsrede, die ich je gehalten habe; sie stößt hoffentlich auf Ihre Zustimmung. Vielen Dank.
Herr Präsident, bevor Sie zügig zum Abstimmungsprozedere kommen, möchte ich, dass die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses festgestellt wird.
Das tun wir. Meine beiden Schriftführer zählen jetzt die anwesenden Abgeordneten. - Wir sind noch nicht beschlussfähig, weil dazu 53 Abgeordnete anwesend sein müssten. Wir bringen es gerade einmal auf 40 Abgeordnete.
Es ist auch eine Aufgabe der Opposition, das Parlament zu disziplinieren. Ich hoffe, dass alle in ihren Büros mitbekommen haben, dass wir versuchen, die Beschlussfähigkeit herzustellen.
Herr Geschäftsführer, nach erneuter Auszählung der anwesenden Abgeordneten sind wir jetzt beschlussfähig.