Ronald Brachmann

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau von Angern, vielen Dank für das Kompliment, dass wir hellwach sind.
Wir werden, Frau von Angern, wie die Beschlussempfehlung lautet, den Gesetzentwurf und den Entschließungsantrag ablehnen. Aber ich sage ausdrücklich, das hat keine inhaltlichen Gründe.
Wir sind am Ende der Legislaturperiode und, Frau von Angern, Sie wissen - das wird im nächsten Tagesordnungspunkt eine Rolle spielen -, wir hatten im Rechtsausschuss eine Menge Holz. Das alles abzuarbeiten und noch eine gesetzliche Regelung für den Jugendarrestvollzug zu schaffen, das war auch für uns zeitlich schwierig.
Wir wissen, dass die Organisation des Jugendarrestes in Halle nicht die Ideallösung ist. Wir wissen natürlich auch, dass der Jugendarrest auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden muss.
Frau von Angern, wir würden auch mit uns darüber reden lassen. Unter Punkt 9 Ihres Entschließungsantrages steht unter anderem: „Der Jugendarrest gehört letztlich auf Dauer abgeschafft.“ - Aber all das haben wir nicht in Sachsen-Anhalt zu entscheiden. Das ist Bundesrecht. Ob eine Bundesratsinitiative erfolgversprechend ist, daran habe ich meine Zweifel.
Wir sind uns einig, es besteht Handlungsbedarf. Wir gehen nun auf eine Landtagswahl zu. Insoweit sei es mir erlaubt, zu dieser Frage das vorzutragen, was in unserem Wahlprogramm steht. Dort heißt es nämlich:
„Mit einem Jugendarrestgesetz wollen wir erreichen, dass der Vollzug dieser Maßnahme dazu beiträgt, Jugendliche von erneutem Fehlverhalten abzuhalten. Dazu wollen wir eine Arrestanstalt außerhalb des Justizvollzuges schaffen.“
Das werden wir auch in Koalitionsverhandlungen einbringen.
Meine Damen und Herren! Was die Schulpflichtverletzungen anbelangt, das haben Sie richtig erkannt, Frau von Angern, dass wir Rechtspolitiker, auch wir in der SPD-Fraktion, kein Problem damit hätten, den Ordnungswidrigkeitstatbestand aus dem Schulgesetz zu streichen.
Aber der Herr Vorsitzende hat ausführlich über die Anhörung referiert und deutlich gemacht, dass es dazu kontroverse Auffassungen gibt. Ich respektiere, dass Schulleiter, die entsprechenden Fachverbände und unsere Bildungspolitiker sagen, dass sie als Ultima Ratio im Kanon der Maßnahmen, mit denen man auf Schulpflichtverletzungen reagieren muss, dann auch diese Ordnungswidrigkeit haben wollen. Ein Blick in andere Länder - das haben wir auch gemacht - zeigt, dass sie dort auch einen solchen Ordnungswidrigkeitstatbestand kennen.
Ich bin dankbar, dass die Landesregierung durch Regierungshandeln ein Moratorium auf den Weg gebracht hat. Wenn es dazu geführt hat, dass in der Folge im Jugendarrest keine Arrestanten wegen Schulpflichtverletzungen ankommen, dann haben wir Einiges erreicht. In der Frage, ob wir das in der nächsten Legislaturperiode noch einmal gesetzgeberisch angehen, bin ich offen und danke für meine - Entschuldigung - für Ihre Aufmerksamkeit. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Justizvollzugs bringen wir das letzte große Projekt der Rechts- und Justizpolitik in dieser Legislaturperiode zu Ende.
Gesetzgeberisch haben wir den Justizvollzug auf ein neues Fundament gestellt. Ich will daran erinnern: Jugendstrafvollzugsgesetz, Untersuchungshaftvollzugsgesetz, Gesetz zum Vollzug der Sicherungsverwahrung. Was fehlte, war die gesetzliche Regelung für den Erwachsenenvollzug. Diese liegt Ihnen nunmehr vor. Dass das Ministerium diese Gelegenheit genutzt hat, mit dem Entwurf gewissermaßen - es ist gesagt worden - eine Kodifikation vorzulegen, die alle Bereiche umfasst, ist, denke ich, ein guter Weg.
Mit Blick in die Koalitionsvereinbarung können wir sagen, wir haben geliefert. Die Koalitionsvereinbarung ist an dieser Stelle abgearbeitet und erfüllt worden. Es ist mir wichtig, mich beim Ministerium, bei unserer Ministerin für die über die Jahre kontinuierliche Arbeit auf diesem Feld zu bedanken.
Ich werde heute nicht noch einmal die Grundzüge aufzeigen - das habe ich bei der Einbringung des
Gesetzentwurfes getan -, wie ein konsequent auf Resozialisierung ausgerichteter Justizvollzug auszusehen hat. Ich möchte nur noch einmal auf das Grundproblem aufmerksam machen, nämlich darauf, dass der Justizvollzug jedenfalls bislang nicht die Ergebnisse erreicht, was die Rückfallquote anbelangt, wie wir es aus anderen europäischen Ländern, insbesondere den skandinavischen, kennen. Auch innerhalb der Länder der Bundesrepublik gibt es dabei schon Unterschiede.
Es muss uns künftig besser gelingen, die Gefangenen während der Haftzeit so zu fördern, dass diese nach der Haftentlassung wirklich in der Lage sind, durch soziale Eingliederung ein Leben ohne weitere Straftaten zu führen.
Ein konsequent auf eine straffreie Zukunft des Betroffenen ausgerichteter Justizvollzug ist zugleich - auch darin kann ich meiner Ministerin beipflichten - ein konsequenter Opferschutz. Der Staat erfüllt damit in wirksamer Weise seine Schutzpflicht gegenüber den Bürgern.
Das Gesetz schafft, wie gesagt, die rechtliche Grundlage, um zu einer neuen Vollzugsphilosophie zu gelangen. Das allein genügt aber nicht. Wir müssen auch die sachlichen und personellen Voraussetzungen dafür vorhalten, damit dieses Gesetz mit Leben erfüllt werden kann.
Das sind zum einen die Haftanstalten. Haftanstalten, in denen das Licht nur durch eine Lichtzeile oben in den Haftraum hineingelangt, passen nicht mehr in unsere heutige Zeit.
Zum anderen ist der Justizvollzug auch personell - ich wiederhole mich an dieser Stelle gegenüber früheren Debatten - auf Kante genäht. Wenn es bei den Zielzahlen des PEK bleibt, wird es nicht besser gelingen, das Vollzugsziel - ich habe es bereits zitiert - zu erfüllen.
Noch einige Gedanken zur Arbeitspflicht, Frau von Angern. Es ist gesagt worden, der Mustergesetzentwurf, der auch Grundlage für das Gesetzgebungsverfahren in Sachsen-Anhalt war, sah das zunächst nicht vor. Die Länder haben es aber unterschiedlich umgesetzt. Es gibt eine ganze Reihe von Ländern, die aus guten Gründen bei der Arbeitspflicht geblieben sind.
Ich kann der Ministerin beitreten - Sie haben noch einmal nachgefragt -: Es sind in der Tat zwei unterschiedliche Paar Schuhe, zum einen die Arbeitsquote im Vollzug und zum anderen die Frage, ob wir die Arbeit auch im Sinne der sozialen Integration als Pflicht im Justizvollzug normieren.
Als ich dazu noch einmal nachgelesen habe, bin ich auf Michael Hinrichsen gestoßen. Das ist der Vorsitzende des Bundes des Strafvollzugsbediensteten in Schleswig Holstein. Er hat zu dieser Frage einmal Folgendes formuliert:
„Der Strafvollzug koste in etwa die Lohnsteuer von 700 000 Arbeitnehmern.“
Er fragt:
„Wie kann der Strafvollzug auf Akzeptanz hoffen, wenn sich so viele Menschen dafür krumm machen - und Gefangene nicht zur Arbeit verpflichtet werden?“
Auch diese Sichtweise gilt es zu respektieren. Insoweit, Frau von Angern, werden wir auch heute Ihren Änderungsantrag ablehnen und der Beschlussempfehlung zustimmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist die Zeit der Jubiläen. Der Präsident hat heute Morgen schon darauf hingewiesen: Es ist 25 Jahre her, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt gewählt worden ist. Es dauerte dann zwar noch einige Zeit, bis eine Landesverfassung hier im Hohen Haus verabschiedet worden ist, aber auch dieses Jubiläum werden wir in absehbarer Zeit feiern.
In dieser Landesverfassung ist die Norm des Artikels 86 Abs. 2 von Anbeginn verankert. Insoweit ist heute eine historische Stunde: Nach 23 Jahren erfüllen wir diesen Verfassungsauftrag. Ich selbst habe zwei dicke Ordner mit etlichen Entwürfen zu einem Landesorganisationsgesetz. Warum hat das so lange gedauert?
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich hier gern ein Zitat aus einem Aufsatz von mir aus dem Jahr 1999 vortragen:
„Der Aufbau der Verwaltung in Sachsen-Anhalt verlief relativ ungeordnet. Welche Ge
stalt die Verwaltung in den einzelnen Bereichen konkret angenommen hat, hing maßgeblich davon ab, welches Land Verwaltungshilfe leistete und woher sich die Führungskräfte rekrutierten. Darauf ist einerseits zurückzuführen, dass bei den in SachsenAnhalt geschaffenen Verwaltungsstrukturen häufig niedersächsische Vorbilder Pate
standen, andererseits erklärt dies aber auch, weshalb die Verwaltung nicht aus einem Guss ist und jedenfalls in Teilbereichen von Anbeginn besondere Wege eingeschlagen worden sind. Alles in allem ist so beim Aufbau der Landesverwaltung in Sachsen-Anhalt ein ziemlich bunter Teppich entstanden, der durch das Nebeneinander von allgemeiner Verwaltung und einer Vielzahl von Sonderbehörden und Einrichtungen gekennzeichnet ist.“
Es kommt hinzu, dass die Errichtungsakte sehr unterschiedlicher Natur waren. Die einen wurden durch Gesetz errichtet, die anderen durch Organisationsakt.
Das bedurfte deshalb erst einmal einer Begradigung der Landesverwaltung. Und das zog sich hin.
Wenn man eine Landesverwaltung effektiv und effizient organisieren will, dann ist auch klar, dass es begleitend und im Vorfeld dazu Gebietsreformen bedarf, damit insbesondere die Landkreisebene jedenfalls die Leistungsstärke erreicht, die notwendig ist, um als unmittelbare Landesverwaltung agieren zu können.
Dass es sich auch mit der Kreisgebietsreform hingezogen hat, wissen Sie alle selbst. Dass dann eine Funktionalreform realisiert worden ist, bei der noch das eine oder andere denkbar gewesen wäre, ebenso.
Alles in allem ist aus heutiger Sicht der Aufbau der Verwaltung in Sachsen-Anhalt im Wesentlichen, was die Aufbauorganisation anbelangt, abgeschlossen. Insoweit war es mir ein Anliegen, dass der Auftrag, ein Landesorganisationsgesetz endgültig auf den Weg zu bringen, in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen worden ist. Diesem Auftrag, diesem politischen Anliegen kommen wir mit diesem Gesetz nach. Es ist das Fundament unserer Landesverwaltung und enthält wichtige Prinzipien, die für die Fortentwicklung der Verwaltung in Sachsen-Anhalt hilfreich sind.
Insoweit stimmt meine Fraktion diesem Gesetzentwurf zu. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Gesetzentwurf an sich ist, denke ich, alles durch Herrn Borgwardt gesagt.
Ich will ein paar politische Erwägungen, die mich hier umtreiben, thematisieren. Momentan sind wir bei dem Thema Flüchtlinge. Die dramatischen Bilder, die uns dazu täglich erreichen, fordern uns als Politik und Gesellschaft, die Flüchtlinge vernünftig unterzubringen. Darauf richtet sich derzeit das Hauptaugenmerk.
Dann beginnt das Asylverfahren. Dabei haben wir als erste Baustelle das BAMF. Die Nachricht hat uns gerade erreicht: Der Chef des Bundesamtes ist zurückgetreten. In der Tat liegt dort ein Verfahrensstau, weshalb da derzeit die Säge klemmt und wir in Größenordnungen den Aufenthalt über längere Zeiträume zu organisieren haben, und das auch bei denjenigen, die keine Bleibeperspektive haben. Aber dennoch werden sie, solange über das Asylverfahren nicht entschieden ist, in
Deutschland bleiben.
Sollte das BAMF - es war einmal die Rede davon, 2 000 Stellen zu schaffen und entsprechende Einstellungen vorzunehmen - in der Lage sein, die Anträge zeitnah zu bearbeiten, ist die Justiz an der Reihe. Man darf davon ausgehen - die Zahlen sind ja schon gestiegen -, dass diejenigen, die einen ablehnenden Bescheid bzw. die Abschiebeverfügung, von der Frau Ministerin gesprochen hat, bekommen haben, dann dagegen rechtlich vorgehen werden.
Ich möchte nicht - dazu trägt der Gesetzentwurf bei -, dass der schwarze Peter, weil es länger dauert, dann bei der Justiz liegt. Wir müssen die Verwaltungsgerichtsbarkeit darauf vorbereiten,
dass dann, wenn diese Welle auch bei der Justiz ankommt, die Verwaltungsgerichte diese Dinge zeitnah bearbeiten können. Dazu ist die Aufhebung der Zuständigkeitskonzentration ein Weg.
Ob wir mit vier Stellen, die die Justiz bekommen hat, mehr Richterstellen, gewissermaßen personell hinreichend - -
- Die sind vorgezogen, gut. Aber mithin: Ob die Justiz damit personell das Problem bewältigen kann, werden wir sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren müssen.
Die Aufhebung der Zuständigkeitskonzentration ist ein wichtiger und richtiger Schritt, was nicht sagt - das ist im Vorfeld an mich herangetragen worden -, dass das VG Magdeburg schlechte Arbeit leistet. Die Eilverfahren laufen dort wohl im Bundesdurchschnitt vorbildlich. Aber: Wir müssen die Arbeit auf mehreren Schultern verteilen.
Insoweit bitte ich auch im Namen meiner Fraktion um Überweisung des Gesetzentwurfes in den Rechtsausschuss. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau von Angern, die Koalition hat es sich mit dem Gesetzentwurf nicht leicht gemacht. Schließungen sind nicht populär. Das trifft für viele Strukturveränderungen zu, auch im Bereich des Justizvollzugs, wenn wir in diesem Hohen Hause über die Schließung von Haftanstalten reden müssen.
Dass betroffene Abgeordnete dazu eine andere Meinung haben, ist nachvollziehbar. Dass diejenigen, die von den Veränderungen unmittelbar vor Ort betroffen sind, die Schließung kritischer sehen und zunächst gewissermaßen ihre eigene Situation vor Augen haben, ist keine neue Erfahrung. Dennoch - das will ich sagen -, diese Schließung ist unabdingbar - die Ministerin hat es ausgeführt -, weil die personelle Situation so ist, wie sie ist.
Das bedeutet nicht - ich wiederhole das, was ich in der ersten Lesung gesagt habe -, dass in Dessau keine sehr gute Arbeit im Vollzugsdienst geleistet worden sei, gerade was die Nutzung örtlicher und regionaler Verbindungen anbelangt, um die Resozialisierung voranzutreiben.
Frau von Angern, ich will noch auf eine Sache eingehen, die Sie in Ihrem Redebeitrag etwas zugespitzt haben. Wir haben in der Tat zu Beginn der Legislaturperiode - das ist in diesem Hause niemandem verborgen geblieben - innerhalb der Koalition unterschiedliche Auffassungen dazu gehabt, wie man dieses Paket angehen sollte. Aber wir haben in gemeinsamen Bemühungen ja erreicht, dass wir nicht nur über Strukturen, sondern auch über die inhaltliche Gestaltung des Justizvollzuges reden.
Wir haben parallel dazu den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Justizvollzuges in den Beratungen.
Wir entscheiden nicht mehr in dieser Legislaturperiode, wie wir den Justizvollzug insgesamt in diesem Lande aufstellen. Jetzt geht es um eine Entwicklung, die sich bereits über mehrere Jahre vollzieht, nämlich dass die Gefangenenzahlen zurückgehen; in den letzten zehn Jahren um rund 1 000.
Wir haben den Standort Halberstadt geschlossen, wir haben den Standort Stendal geschlossen, wir haben den Standort Magdeburg geschlossen und zu guter Letzt Naumburg, und das nicht, weil wir
irgendwelche Justizvollzugsstrukturen vor Augen hatten, sondern lediglich um die bestehende Struktur an diese Entwicklung anzupassen und das vorhandene Personal effektiv einzusetzen.
Insoweit gewinnen wir auch jetzt in der Tat Freiräume, um die personellen Engpässe in diesem Bereich zu schließen. Darüber, ob das aber auf Dauer ausreichend ist, um den Justizvollzug in Umsetzung der neuen qualitativen Anforderungen zukunftsfähig zu gestalten, kann man in der Tat trefflich streiten.
Ich habe immer wieder betont: Jawohl, wir müssen die sachlichen und personellen Voraussetzungen dafür schaffen und das PEK darf auch für den Justizvollzug nicht in Stein gemeißelt sein.
Dass in Dessau nicht gänzlich das Licht ausgeht, ist ebenfalls bereits gesagt worden. Wir haben in der Beschlussempfehlung, wenn man so will, sehr kleinteilig vorgegeben, was es künftig in Dessau geben soll; ich muss das jetzt nicht wiederholen.
Einen Aspekt möchte ich aber gleichwohl herausgreifen, nämlich eine Abteilung des offenen Vollzuges. Wenn es uns gelingt, künftig den Justizvollzug insgesamt mehr auf Resozialisierung auszurichten und den offenen Vollzug noch mehr als Brückenfunktion zu nutzen, dann hat die Anstalt in Dessau noch eine besondere Zukunft, um die regionalen Netzwerke, die dort vorhanden sind, besser nutzen zu können.
Insofern wird, wie gesagt, in Dessau im Justizvollzug das Licht nicht ausgehen. Wenn es uns gemeinsam gelingt, mehr für den Justizvollzug zu leisten, was die sachlichen und personellen Voraussetzungen betrifft, dann ist mit dem offenen Vollzug auch diesbezüglich für Dessau eine Zukunft gegeben.
Ich bitte im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. - Vielen Dank.
Das mache ich gern. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Tiedge, es trifft zu, wir reden hier im Hohen Hause häufig über den Datenschutz, unlängst in der letzten Sitzung, in der wir den Elften Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten erörtert und dazu im Landtag einmütig eine Entschließung beschlossen haben, in der im Grunde genommen die Grundzüge der Entwicklung des Datenschutzes aufgezeigt werden und das, was wir bei der Umsetzung des Datenschutzrechts im Land bewerkstelligen können.
Dass der Datenschutz längst eine Dimension erreicht hat, die nicht mehr mit dem Landesrecht Sachsen-Anhalts einzufangen ist, ist allen Beteiligten klar. Das klang eben auch bei Herrn Striegel an. Aufgrund der Datenvielfalt in einer digitalen Welt und deren Kommerzialisierung brauchen wir europaweit und darüber hinaus Regeln, die datenschutzrechtliche Barrieren aufbauen. Das ist auf dem Weg. Eine EU-Datenschutzverordnung ist im Entstehen.
Was wir hier im Land tun können, ist mit dieser dritten Novelle geschehen. Hierbei trifft das zu, was häufig so ist, dass ein Gesetzentwurf den Landtag nicht so verlässt, wie er in den Landtag hineingekommen ist. Das, was in dem Gesetzentwurf im Ergebnis der Anhörung zu verändern war - der Minister hat vier Punkte genannt -, ist auch geändert worden. Ich will nur noch einmal auf zwei Punkte eingehen.
Der erste Punkt sind die Fotofallen. Dabei stehen auf der einen Seite die Jäger, die diese Apparate gerne im Wald aufstellen wollen, um, wie sie sagen, zur Pflege des Wildbestandes beizutragen - der Fachbegriff lautet „Hege“. Das ging den Wald- und Gebirgsvereinen, die es in Sachsen-Anhalt auch gibt, deutlich zu weit. Sie sagten, wir wollen nicht auch noch im Wald geblitzt werden, und haben darauf gedrungen, dass es hierbei deutliche Restriktionen gibt. Insoweit haben wir eine Regelung gefunden, die im Hinblick auf die Frage, wann es zulässig ist, solche Fotofallen aufzustellen, deutlich eingrenzend wirkt und im Übrigen eine Abwägungsklausel enthält, wonach die Aufstellung von Kameras zu unterbleiben hat, wenn Belange der Persönlichkeitsrechte überwiegen.
Der zweite Punkt, den ich hier noch einmal erwähnen möchte: Frau Tiedge, darin sind wir unterschiedlicher Auffassung, was eine EU-konforme Ausgestaltung der Stellung des Landesbeauftragten für den Datenschutz anbelangt. Ich weiß, die Wunschliste des Herrn Dr. von Bose war länger. Das hat er in der Anhörung auch vorgetragen und dazu Stellung genommen. Dem vermochte die SPD-Fraktion nicht zu folgen.
Wir haben eine Klarstellung vorgenommen, was das Disziplinarverfahren anbelangt. Aber darüber hinaus vertreten wir die Auffassung, dass das EUrechtskonform ist, was die Ausgestaltung seiner Stellung betrifft.
Insoweit darf ich im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zum Gesetzentwurf bitten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in einer Dreiminutendebatte. Das macht die Regie immer bei solchen Themen, zu denen hier im Haus große Einigkeit besteht und bei denen mit politischen Auseinandersetzungen nicht zu rechnen ist.
In der Situation befinde ich mich jetzt. Ich könnte jetzt mit anderen Worten das Gleiche sagen, was meine Vorredner hier bereits vorgetragen haben. Inhaltlich beschäftigen wir uns mit den gleichen Problemen und Fragen und haben - das zeigt die einstimmige Beschlussempfehlung - hier auch gleiche Handlungsansätze verabredet.
Daher kann ich nur das wiederholen, was ich vorhin gesagt habe: Ich bitte um Unterstützung dieser Beschlussempfehlung und möchte mir eine Wiederholung inhaltlicher Ausführungen ersparen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hatte ich heute nicht vor, über die JVAStrukturreform zu reden. Ich habe aber geahnt, dass es mir aufgrund der Debatte nicht erspart bleibt, und der Entschließungsantrag zwingt mich regelrecht dazu.
Worum geht es heute? - Es geht nicht darum, dass wir uns darüber verständigen, wie die Vollzugslandschaft in zehn Jahren aussieht. Es geht darum, die derzeitige Struktur an die sich stellenden Handlungserfordernisse anzupassen. Frau Ministerin hat es dargelegt. Wir haben einen Rückgang der Gefangenenzahlen zu verzeichnen. Wir haben 400 Haftplätze zu viel.
Darauf muss man reagieren, wie wir es früher gemacht haben, völlig unabhängig von irgendwelchen Überlegungen, was die Strukturen im Justizvollzug insgesamt anbelangt. Es ist zur Sprache gekommen: Halberstadt, Stendal, Naumburg und
Magdeburg - das waren notwendige Anpassungen, weil sich die Zahl der Häftlinge verringert hat.
Insoweit besteht Handlungsbedarf - dazu werde ich beim nächsten Thema noch ausführlicher etwas sagen -, weil wir in der Tat eine enge Personaldecke im Justizvollzug haben.
Sie zwingt uns dazu zu reagieren. Ich sage es aber noch einmal: Die Frage, ob wir in Halle bauen und in welcher Größenordnung, hängt nicht mit dem Anpassungsbedarf innerhalb der jetzigen Struktur zusammen.
Man kann sich sicher darüber unterhalten, ob wir Dessau, Volkstedt oder den „Roten Ochsen“ schließen. Die Debatte kann man führen. Das Ministerium hat sich - ich nenne es einmal so - aufgrund harter Standortfaktoren für Dessau entschieden - das ist in der Begründung zu dem Gesetzentwurf nachzulesen -: Mehrfachbelegung, Innenstadtlage - das sind solche Kriterien.
- Das habe ich damit doch nicht gesagt. - Es steht nicht im Gesetzentwurf, das möchte ich hier aber ausdrücklich feststellen: Die JVA Dessau ist eine gut funktionierende Justizvollzugsanstalt hier im Land. Von den Bediensteten ist dort eine gute Arbeit geleistet worden. Sie haben regional funktionierende Netzwerke aufgebaut. Insoweit ist das, was dort inhaltlich geleistet worden ist, durchaus nachahmenswert.
Wir wissen auch, dass Reformvorhaben, die gegen den Willen der Beschäftigten und Bediensteten gemacht werden - das gilt im Übrigen nicht nur für den Justizvollzug -, zu einem Problem werden können. Ich kann nur wärmstens empfehlen, die Betroffenen auf dieser Reise mitzunehmen.
Dann will ich doch noch etwas zu dem Entschließungsantrag und zur JVA-Strukturreform sagen. Der Kern dieses Entschließungsantrages ist es, einen kleineren Neubau in Halle zu realisieren und dafür Dessau zu erhalten.
- Ja, oder erst einmal eine Berechnung dahin gehend anzustellen. - Wer sich erinnert - Sie haben das Zitat aus dem Koalitionsvertrag vorgetragen -: Zu Beginn der Legislaturperiode war ich mit meiner
Ministerin, was die ersten Vorstellungen zur JVAStrukturreform anbelangt, nicht unbedingt ein Herz und eine Seele, weil in der Tat - ich weiß natürlich, woher es auch kam - Vorstellungen entwickelt worden sind, in Halle eine Haftanstalt mit 900 Haftplätzen zu bauen und im Gegenzug alle Altanstalten zu schließen, und das bis zum Jahr 2018. Das war nicht das, was im Koalitionsvertrag stand. Darin war von „Schließung weiterer“, nicht aller Altanstalten die Rede. Deshalb ist es im Landtag, in meiner Fraktion damals zu keiner Beschlussfassung gekommen. Es gab damals einen Dissens zwischen dem, was die Landesregierung beschlossen hatte, und der Stimmungslage hier im Landtag.
Ich habe damals einen anderen Vorschlag eingebracht, der dann - ich sage einmal - in konstruktivem Miteinander in das Regierungshandeln eingeflossen ist. Ich zitiere daraus:
„Erstens. Der Justizvollzug in Sachsen-Anhalt ist bis 2025 nur noch an drei Standorten, Halle, Burg und Raßnitz, zu konzentrieren.
Zweitens. Unter Zugrundelegung des prognostizierten Haftplatzbedarfes ist in Halle am Standort der JVA ‚Frohe Zukunft’ ein Ergänzungsbau von ca. 240 Haftplätzen zu errichten, sodass an diesem Standort unter Einbeziehung der bereits vorhandenen Haftplätze dauerhaft eine Einrichtung mit bis zu 600 Haftplätzen entsteht. Nach dessen Fertigstellung wird die JVA Halle, Am Kirchtor, geschlossen.
Drittens. Die JVA Dessau-Roßlau und die JVA Volkstedt werden geschlossen, sobald sie aufgrund des prognostizierten Rückgangs der Gefangenenzahlen ersatzlos wegfallen können.
Viertens. Im Rahmen der Neuorganisation des Justizvollzugs ist angesichts der bereits jetzt erheblichen und weiter zunehmenden Unterbelegung der JVA Raßnitz eine Vollauslastung dieser Anstalt anzustreben.“
Davon war heute noch nicht die Rede. Es ist aber auch ein Problem.
„Fünftens. Vorher oder zumindest einhergehend mit diesen strukturellen Veränderungen sind auf der Grundlage des bereits vorliegenden Musterentwurfs für ein Landesstrafvollzugsgesetz die Vollzugsgestaltung und -inhalte stärker am Ziel der Resozialisierung auszurichten und die sachlichen und personellen Voraussetzungen für deren Umsetzung zu schaffen.“
Von dem ursprünglichen Ansinnen, Dessau und Volkstedt zu schließen, weil dafür in Halle erweitert wird, wurde Abstand genommen.
Die Frage, wie wir den Justizvollzug inhaltlich gestalten, wird uns in der nächsten Debatte beschäftigen. Der Gesetzentwurf dazu liegt vor.
Worum es heute geht - ich wiederhole mich -, ist eine Anpassung innerhalb einer bestehenden Struktur - um nicht mehr und nicht weniger. Insoweit tragen wir den Regierungsentwurf mit, und den Entschließungsantrag werden wir ablehnen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man hat hier im Hohen Hause nicht allzu häufig die Gelegenheit, zu Grundzügen des Justizvollzuges zu reden. Ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Justizvollzuges verschafft mir diese Möglichkeit.
Bereits in dem seit 1976 geltenden und in Zeiten der sozialliberalen Koalition entstandenen Strafvollzugsgesetz ist in § 2 als Vollzugsziel formuliert:
„Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.“
Diesem Anspruch ist die Vollzugspraxis bislang nicht durchweg gerecht geworden.
Auf der Grundlage einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen kommt „Die Zeit“ im Jahr 2012 in einem sehr umfänglichen, journalistisch sicherlich zugespitzten Beitrag mit dem Titel „Die Schlechterungsanstalt“ zu dem nüchternen Befund, dass der Staat sein Ziel der Resozialisierung aufgegeben habe. Der deutsche Strafvollzug hat ein gewaltiges Problem: Er macht Menschen nicht besser, sondern schlechter.
Fakt ist, dass ein Großteil derer, die in deutschen Justizvollzugsanstalten eingesessen haben, wegen erneuter Straffälligkeit in diese zurückkehrt. Die Rückfallquote ist deutlich höher als in anderen europäischen Staaten. Der Rechtsausschuss - das spielte heute bereits eine Rolle - hat sich das in anderen Ländern ansehen können.
Der Frage, warum das so ist, und was zu tun ist, um an dieser Stelle zu besseren Ergebnissen zu kommen, muss sich verantwortliche Justizpolitik fortwährend zuwenden.
Die politische Geschichte des Strafvollzuges ist eine zweischneidige. Ich habe bereits das Strafvollzugsgesetz des Bundes mit seinen positiven Regelungen erwähnt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich in mehreren grundlegenden Entscheidungen darum bemüht, dem Vollzugsziel der sozialen Integration Verfassungsrang zu geben.
Dem steht aber die Entwicklung gegenüber, dass Landesvollzugsbehörden angesichts knapper Kassen den Wesenskern der verfassungsrechtlichen Vorgaben zugunsten administrativer Interessen immer wieder relativiert und die Personalausstattung im Vollzug reduziert haben - mit spürbaren Folgen für den Umfang und die Qualität der Betreuung der Gefangenen.
Durch die Föderalismusreform im Jahr 2006 sind die Länder nun nicht mehr für den Justizvollzug allein zuständig, sondern sie haben - das ist mehrmals gesagt worden - nun auch die Gesetzgebungskompetenz. Manche haben darin auch ein vergiftetes Geschenk der Föderalismusreform gesehen. Nicht alle Länder wollten das, weil die Sorge bestand, dass dann ein gewisser Schäbigkeitswettbewerb voranschreitet.
Sozialdemokratische Rechtspolitik will das nicht, sondern sie will dazu beitragen, auch gesetzgeberisch bessere Voraussetzungen für eine wirksame Resozialisierung zu schaffen. Deswegen möchte ich einige grundlegende Zielstellungen benennen.
Erstens. Das Vollzugsziel muss es sein - das ist in § 2 des Gesetzentwurfes ausgeführt -, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Das ist richtig.
Zweitens. Der Strafgefangene soll befähigt werden, künftig ein Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu führen. Das ist nicht neu. Das stand auch schon bisher im Gesetz. Wenn wir diese Regelung aber ernster nehmen als bislang, dann ergibt sich daraus der Auftrag, die neuen gesetzlichen Regelungen so verbindlich zu formulieren, dass ihre Grundsätze nicht durch sogenannte Belange der Vollzugsorganisation auf der Ebene der praktischen Ermessensentscheidung konterkariert werden können.
Es muss besser als bislang gelingen, den Gefangenen während der Haftzeit individuell so zu fördern, dass er durch die soziale Eingliederung nach seiner Haftentlassung in der Lage ist, ein Leben ohne weitere Straftaten zu führen. Ein konsequent auf eine straffreie Zukunft des Betroffenen ausgerichteter Justizvollzug ist zugleich auch konsequenter Opferschutz. Der Staat erfüllt damit in wirksamer Weise seine Schutzpflicht für die Sicherheit der Bürger.
Drittens. Obwohl der offene Vollzug sogar als Regelvollzugsform im bisher geltenden Strafvollzugsgesetz vorgesehen war, wenn der Gefangene den besonderen Anforderungen dieser Vollzugsform genügt, spielte er in der Vollzugspraxis eine eher nachgeordnete Rolle. Die Anzahl der dafür vorgehaltenen Haftplätze ist deutlich geringer als die Anzahl der Haftplätze im geschlossenen Vollzug.
Ziel muss es sein, auch gesetzgeberisch bessere Voraussetzungen für den offenen Vollzug zu schaffen. Der Gefangene muss einen Anspruch darauf haben, im offenen Vollzug untergebracht zu werden, soweit er die gesetzlich möglichst präzise zu formulierenden Voraussetzungen dafür erfüllt. Gerade im Vorfeld einer anstehenden Entlassung ist der offene Vollzug die geeignetere Vollzugsform, um den Betroffenen auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten.
Viertens. Der Strafvollzug muss so weit wie möglich individualisieren. Dies erfordert einen hinlänglich differenzierten Vollzug, der nicht nur grob nach Vollzug von Freiheits- und Jugendstrafen und nach Männern und Frauen unterteilt, sondern der auf ein abgestuftes Sicherheitskonzept nach Straflänge, Behandlungs-, Ausbildungs- und Überleitungsbedarf ausgerichtet ist. Individualisierung gelingt letztlich nur in überschaubaren Vollzugseinheiten.
Fünftens. Die Gestaltung der Haftbedingungen muss mit den sich inhaltlich verändernden Anforderungen an die Vollzugsgestaltung einhergehen. Dabei geht es nicht nur um vollzugstechnische Standards wie angemessene Mindestgröße von Hafträumen, die grundsätzliche Einzelunterbringung zu Ruhezeiten, das Tragen eigener Kleidung und anderes mehr, sondern auch um qualitativ bessere Haftbedingungen.
Ebenso wenig, wie die heutige Vollzugsgestaltung mit der aus Kaisers Zeiten gleichgesetzt werden kann, sind die damals gebauten Gefängnisse geeignet, moderne und menschenwürdige Haftbedingungen zu schaffen. Kleine Zellen, auch wenn sie die Einzelunterbringung ermöglichen, in denen die Toilette mitten im Raum, unweit vom Bett steht und Tageslicht nur durch kleine Fenster eindringt, gehören nicht mehr in unsere Zeit.
Sechstens. Eine wirksame Resozialisierungsarbeit innerhalb des Justizvollzuges kann ihre Wirkung verlieren, wenn der Betroffene nach der Entlassung nicht weiter beraten und unterstützt wird. Die Abläufe nach seiner Entlassung sind entscheidend für sein weiteres Schicksal. Das Ziel sollte eine möglichst nahtlose Betreuung und Begleitung der Gefangenen unmittelbar vor und nach ihrer Entlassung sein.
Dazu ist ein abgestimmtes Vorgehen der sozialen Dienste, der freien Träger der Straffälligen- und Bewährungshilfe und der für Maßnahmen der Wiedereingliederung zuständigen Behörden anzustreben. Es muss sichergestellt sein, dass Wiedereingliederungsmaßnahmen vor der Haftentlassung beginnen und danach nicht abreißen. Der gesamte Übergang von der Haft in die Freiheit sollte koordiniert in einer Hand liegen.
Meine Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden: Aufgrund der Länderzuständigkeit für die Justizvollzugsgesetze haben sich mehrere Bundesländer zusammengetan. Es liegt ein Musterentwurf für ein Landesstrafvollzugsgesetz vor. Dieser trägt den von mir eben vorgetragenen Anforderungen an einen konsequent auf die Resozialisierung ausgerichteten Strafvollzug weitgehend Rechnung und berücksichtigt auch die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten rechts- und sozialstaatlichen Forderungen.
Wir haben im Landtag bereits ein Jugendstrafvollzugsgesetz beschlossen. Ein Untersuchungshaft
vollzugsgesetz wurde ebenso beschlossen. Heute liegt der Entwurf eines Justizvollzugsgesetzbuches vor, das als Kodifikation diese Bereiche mit erfassen und die Lücke im Erwachsenenvollzug entsprechend schließen soll. Der Gesetzentwurf enthält einige Abweichungen vom Musterentwurf. Davon war hier auch schon die Rede. Ich könnte jetzt noch einige Beispiele nennen, aber hier leuchtet schon die rote Lampe. Deswegen werden wir die Punkte im Ausschuss erörtern müssen, bei denen auch ich noch Änderungsbedarf sehe.
Aber auf eine Sache muss ich noch hinweisen. Es sei mir gestattet, dies zum Abschluss noch vorzutragen. Allen sollte klar sein, dass der vorliegende Gesetzentwurf gegenüber der bisherigen Vollzugspraxis ein Mehr für einen auf Behandlung ausgerichteten und freiheitsorientierten Strafvollzug formuliert. Dieses Gesetz mit Leben zu erfüllen wird nur gelingen, wenn wir die dafür notwendigen sachlichen und personellen Voraussetzungen
schaffen.
Daraus ergeben sich zwei Folgerungen. Das Erste - damit kommen wir auf den vorherigen Tagesordnungspunkt zurück - hat etwas mit der JVA-Strukturreform zu tun. Um es einmal konkret zu machen: Wenn ich einen Wohngruppenvollzug haben möchte, dann brauche ich Haftanstalten, die das auch hergeben.
Zweitens müssen wir - das ist offensichtlich das politisch Schwierige - auch das für diese Aufgaben erforderliche Personal bereitstellen. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf findet sich der schöne Satz: Der Mehraufwand für das Personal wird mit dem vorhandenen Personalbestand insbesondere im Fachbereich der Fachdienste durch weitere Strukturkonzentrationen und Optimierungen innerhalb des Justizvollzuges des Landes umgesetzt werden. Da könnte auch stehen, dass am PEK nicht gerüttelt werden soll. Das hat das Justizministerium bislang auch nicht getan.
Ja, okay. Dann sei mir aber abschließend der Gedanke gestattet, dass wir, wenn wir dieses Gesetz ernst nehmen, auch über Nachbesserungen am PEK diskutieren müssen. Das ist bislang nur für die Polizei und für die Lehrer öffentlich geschehen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um deutlich zu machen, dass wir, wenn wir eine neue Qualität im Justizvollzug erreichen wollen, das dafür notwendige Personal bereitstellen müssen. Auch wenn man wegen der Personalkosten tief in die Tasche greifen muss, ist das mittel- und langfristig die trag
fähigere Lösung, weil eine wirksame Resozialisierung die Rückfallquote senkt und zu erwarten ist, dass die Zahl der Gefangenen künftig weiter - nicht nur wegen der demografischen Entwicklung - sinken wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschichte des Rechtsanwaltsversorgungswerkes in Sachsen-Anhalt ist eine längere und auch eine besondere. Das hat etwas mit der Zusammensetzung der Rechtsanwaltschaft zu tun, die sich über die vielen Jahre hinweg auch verändert hat.
Ein berufsständisches Versorgungswerk kann nur funktionieren, wenn die Mitglieder - das ist in den vorhergehenden Redebeiträgen auch gesagt worden - Pflichtmitglieder sind. Genau das war der Punkt, mit dem sich die Rechtsanwaltschaft in Sachsen-Anhalt sehr schwer getan hat.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt - der eine oder andere wird sich daran vielleicht noch erinnern können - hat bereits im Dezember 1993 ein Gesetz zur Errichtung eines Rechtsanwaltsversorgungswerkes verabschiedet, das sich im Ergebnis allerdings als ein Gesetz zur Verhinderung des Rechtsanwaltsversorgungswerkes erwies. Dieses Gesetz sah nämlich vor, dass eine Zustimmung von zwei Dritteln aller Mitglieder der Rechtsanwaltschaft, also der potenziellen Mitglieder des Versorgungswerkes, notwendig ist, damit dieses Versorgungswerk überhaupt gegründet werden kann.
Zu dieser Zweidrittelmehrheit kam es nie. In der Folge führte dies dazu, dass im Jahr 2005 ein neues Gesetz, das diese Hürden nicht mehr vorsah, im Landtag verabschiedet wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch einiges bewegt. In
sofern hat Sachsen-Anhalt als eines der letzten neuen Bundesländer ein solches Rechtsanwaltsversorgungswerk errichtet.
Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zeigt, dass wir nach mehr als 20 Jahren gewissermaßen in der Normalität angekommen sind. Anpassungen sind notwendig, um die Arbeit des Versorgungswerkes in die Zukunft zu führen. Die Details hat die Frau Ministerin ausgeführt; ich muss das nicht wiederholen.
Der Anregung meines Kollegen Borgwardt, ein Fachgespräch im Ausschuss durchzuführen, da die Betroffenen bereits im Vorfeld einbezogen wurden, kann ich folgen. Mir ist außerdem signalisiert worden, dass die Betroffenen den Gesetzentwurf mittragen. An der einen oder anderen Stelle mag es noch Nachfragebedarf geben. Dem können wir im Ausschuss gern nachkommen. Insofern beantrage ich ebenfalls die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich brauche keine drei Minuten. Ich bin bei den sachlichen Problemen sehr bei meiner Ministerin. Sie hat das vorgetragen.
Es geht um zwei Punkte. Erstens wollen wir die Regelzahl für die Schiedsstellen auf 35 000 Einwohner erhöhen. Dazu möchte ich die vorgesehene Formulierung im Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetz vorlesen. Sie lautet:
„Der Bezirk einer Schiedsstelle soll in der Regel nicht mehr als 35 000 Einwohner haben.“
In dem geltenden Gesetz ist die Zahl 20 000 enthalten. Die Formulierung „nicht mehr“ besagt, dass es weniger Einwohner sein können. Wenn es Gemeinden gibt, die es wollen und es sich leisten
können, für kleinere Bezirke Schiedsstellen einzurichten, dann können sie das auch weiterhin tun.
Die zweite Geschichte betrifft die Verlängerung der Geltungsdauer des Ausführungsgesetzes zum Therapieunterbringungsgesetz. Es ist gesagt worden, dass es rechtlich umstritten ist, ob dieses Gesetz seine verfassungsrechtliche Wirkung überhaupt noch entfalten kann. Entscheidend ist, dass wir in Sachsen-Anhalt bislang keinen einzigen Anwendungsfall hatten. Für die sogenannten Altfälle, die unter diese Regelung hätten fallen können, müsste es inzwischen längst eine andere Lösung geben.
Ich gehe davon aus, dass es auch künftig keine Fälle geben wird. Das sehe ich ganz pragmatisch. Daher kann ich einer Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes auch zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen. Lieber Herr Grünert, es gibt die Redewendung, Beharrlichkeit führt zum Ziel. An Beharrlichkeit zum Thema interkommunale Funktionalreform fehlt es, was Ihre Person und Ihre Fraktion betrifft, nicht. Darüber, ob das Agieren allerdings zielführend ist, müssen wir uns noch einmal verständigen.
Als wir uns im November 2013 hier zu dem gleichen Thema verständigt haben, habe ich spaßeshalber gesagt: Funktionalreform - Klappe, die vierte. Heute müsste man sagen: Klappe, die fünfte. Sie, Herr Grünert, haben in Ihrer Rede aufgezeigt, wie viele Bemühungen es schon gegeben hat, diese interkommunale Funktionalreform auf den Weg zu bringen.
Es ist - damit haben Sie völlig Recht - ein - ich möchte nicht sagen, wunder Punkt - offener Punkt in der Koalitionsvereinbarung dieser Regierungskoalition. Es ist richtig, dass es diesen Katalog, den die kommunalen Spitzenverbände gemeinsam der Landesregierung vorgelegt haben, gibt. Es ist auch richtig, dass es einen Gesetzentwurf gibt, der über das Mitzeichnungsverfahren noch nicht hinausgekommen ist.
Aber warum ist das so, Herr Grünert? - Die Erörterung dieser Frage war auch ein Hintergrund der Besprechung, die der Minister eben schon erwähnt hat. Wir haben das Thema aufgrund Ihrer Anträge im Innenausschuss auf der Warteliste. Wenn wir es dort zielführend weiter voranbringen wollen, bedarf es politischer Klärungsprozesse, damit das Bemühen der Innenpolitiker auch deckungsgleich mit den Bemühungen der Fachpolitiker ist. Wir haben es oft genug erlebt, dass derartige Vorstellungen eingebracht wurden und dann im Landtag keine Mehrheiten zu diesen Vorstellungen zustande kamen.
In der letzten Legislaturperiode hat es auch einen Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher
Vorschriften gegeben, von dem sehr wenig übrig geblieben ist.
Ich denke, wir kommen mit diesem Gesetzentwurf nur dann weiter, wenn klar ist, dass es hierfür politische Mehrheiten gibt, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Fraktionen, sondern auch dahin gehend, dass die einzelnen Bestimmungen von den Fachausschüssen mitgetragen werden. Erst dann sollte ein solcher Gesetzentwurf auch eingebracht werden.
Insofern muss ein solches Vorhaben zur Chefsache erklärt werden, und zwar sowohl innerhalb der Landesregierung als auch innerhalb der Fraktionen. Auch die Fraktionen sind aufgefordert, an ihrer Spitze zu klären, ob ein solcher Gesetzentwurf im Landtag eine Mehrheit findet und nicht der Diskontinuität unterfällt, weil er in den Ausschüssen zerredet wird.
Das möchte ich nicht. Insoweit kann ich nur dafür werben, dass wir die politischen Möglichkeiten nutzen, um abzuklären, ob ein solcher Gesetzentwurf im Haus Erfolg versprechend behandelt werden kann. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt etwa sieben Jahre her, dass wir in diesem Hohen Hause eine Debatte zum Informationsfreiheitsgesetz geführt haben. Ich habe damals
gesagt, es ist ein entscheidender Schritt zu mehr Transparenz von Verwaltungshandeln. Inzwischen gibt es auch auf der politischen Bühne Parteien, die das Stichwort „Transparenz“ gewissermaßen zum Parteiprogramm machen.
Aber auch ohne das Zutun der Piraten ist das Recht des Einzelnen auf freien Zugang zu Informationen inzwischen ein wichtiger Bestandteil der Rechtsstellung der Bürger. Das ist insoweit auch nachvollziehbar. Frau Tiedge hat darauf hingewiesen.
Es gibt inzwischen auch die Anregung der Informationsfreiheitsbeauftragten zu prüfen, ob es die Rechtsstellung der Bürgerinnen und Bürger nicht so gravierend betrifft, dass man es in die Verfassung aufnehmen sollte. Ich denke, diesem Gedanken sollte man sich nicht von vornherein verschließen.
Auch der inzwischen vorliegende zweite Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit zeigt in überzeugender Weise, dass dieses Recht der Bürgerinnen und Bürger an Bedeutung gewinnt. Er zeigt aber auch, dass sie verantwortungsbewusst damit umgehen. Befürchtungen, die Verwaltungen könnten unter der Flut von Informationsverlangen zusammenbrechen,
haben sich nicht bewahrheitet.
Der Informationsfreiheitsbeauftragte Herr Dr. von Bose kommt in seiner Schlussbemerkung zu der Feststellung - Herr Striegel hat das eben auch schon zitiert -, dass das Informationszugangsgesetz den Praxistest endgütig und erfolgreich bestanden habe. Dem kann ich für meine Fraktion nur zustimmen.
Wenn etwas gut ist, heißt das nicht, dass es nicht noch besser werden kann. Das gilt auch für das Informationsfreiheitsrecht, zumal sich - das ist das Entscheidende - die technischen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung und des -zugangs fortwährend und entscheidend verändern.
§ 15 des geltenden Gesetzes enthält bereits die Verpflichtung, die Auswirkungen dieses Gesetzes nach fünf Jahren durch die Landesregierung unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände und gegebenenfalls weiterer Sachverständiger zu evaluieren. Diese Zeit ist um. Ich habe vernommen, Herr Minister, dass dieser Bericht zeitnah in Aussicht gestellt worden ist.
Die Frage, die auch in der Debatte noch einmal kontrovers diskutiert worden ist, ob wir gewissermaßen nach der Vorlage dieses Berichts durch die Landesregierung der Landesregierung noch einiges ins Hausaufgabenheft schreiben sollten, wie
das Informationszugangsgesetz fortentwickelt werden soll, war strittig.
Es hat den Entwurf eines gemeinsamen Antrages gegeben. Ich will mir Näheres aus Zeitgründen ersparen. Meine Fraktion hat das, was im Entwurf aufgeschrieben worden ist, Herr Striegel, zum überwiegenden Teil mittragen können.
- Lassen Sie mich doch erst einmal ausreden. - Wir haben überhaupt nichts dagegen, eine Reihe dieser Dinge politisch zu unterstützen. Das ist auch bekannt. Aber wenn es heute darum geht, Ihren Änderungsantrag, Herr Striegel, zu unterstützen, dann muss ich Ihnen sagen, das werden wir nicht tun.
Wir tun dies nicht, weil darin steht, die Landesregierung wird aufgefordert, und man könnte auch „bitte, bitte“ sagen. Das ist nicht das Thema.
Sie haben eine Schippe draufgelegt. Ich zitiere nur einmal den Punkt 4 - das war vorher nicht enthalten -:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, den Informationszugang bereits vor Abschluss der Evaluierung durch Halbierung der bislang gültigen Gebührengrenze deutlich zu verbessern.“
- Die Halbierung nicht. Na okay. - Jedenfalls machen Sie es uns durch solche und andere Formulierungen schwer, dem Änderungsantrag zuzustimmen.
Daher bitte ich im Namen meiner Fraktion, der vorliegenden Beschlussempfehlung zuzustimmen.
Den Dank an Herrn Dr. von Bose für seine Tätigkeit habe ich in meiner Berichterstattung schon ausgesprochen. Das möchte ich namens der Fraktion gern noch einmal wiederholen.
Ansonsten hoffe ich, einen Großteil der Kolleginnen und Kollegen in ein paar Stunden beim Sachsen-Anhalt-Tag in Wernigerode wiederzusehen. - Vielen Dank.
Aber bitte.
Herr Striegel, zur Rechtsmedizin äußere ich mich jetzt nicht. Das ist Ihr Vergleich.
Was die Kosten für den Informationszugang anbelangt, ist es richtig, dass wir im Zusammenhang mit der Beratung zum ersten Tätigkeitsbericht schon festgestellt haben, dass das ein bisschen preiswerter sein könnte.
Okay. - Das ist nach wie vor ein Problem. Ich gehe einmal davon aus, dass in dem Bericht, der uns dann von der Landesregierung zur Verfügung gestellt werden wird, auch entsprechende Ausführungen seitens der Landesregierung gemacht werden. Dann können wir gemeinsam darüber nachdenken, an welcher Stellschraube wir etwas bewegen können. Aber jetzt eine Halbierung der Gebühren zu fordern, das ist über das Ziel hinausgeschossen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Minister hat es schon gesagt: Heute wird das umgesetzt, was der Landtag bereits im Jahr 2011 mit einem Entschließungsantrag beschlossen hatte.
Wir haben damals gesagt: Jawohl, es soll ein Jedermann-Anrufungsrecht geben, es soll Verbesserungen bei der Auftragsdatenverarbeitung, eine Stärkung der behördlichen Datenschutzbeauftragten, eine Informationspflicht bei Datenpannen und eine verbesserte Einbindung des Landtages in datenschutzrechtliche Fragen geben. Diese Hausaufgaben hat die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf im Wesentlichen erfüllt.
Der letzte von mir genannte Punkt, die verbesserte Einbindung des Landtages in datenschutzrechtliche Belange, ist nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs. Dazu wird in der Begründung zu dem Gesetzentwurf ausgeführt, dass das bisherige Verfahren ausreiche. Sollten sich dazu im parlamentarischen Verfahren andere Auffassungen bilden, kann das ja noch Berücksichtigung finden.
Auf Einzelheiten des Gesetzentwurfs möchte ich in einer Dreiminutendebatte ansonsten nicht eingehen. Ich möchte stattdessen auf etwas Grundlegendes hinweisen. Frau Tiedge hat es schon angesprochen. Es geht mir jetzt nicht um die Pilzsucher, sondern um die neuen Dimensionen, die der Datenschutz erlangt, eben nicht nur im Verhältnis zwischen Staat und Bürger, sondern zunehmend auch im privaten Bereich.
Es geht konkret um das Verhältnis zwischen dem Verbraucher oder dem Internetnutzer und mächtigen Unternehmen. Sie alle kennen Datenkraken wie Google, Ebay oder Facebook. Der Einzelne kann noch beeinflussen, welche Daten er im Netz hinterlässt; was dann mit seinen Daten geschieht, entzieht sich seinem Einfluss.
Deshalb stehen wir hier vor einem Grundproblem. Solche weltweit agierenden Internetkonzerne, die Milliardenumsätze machen, lassen sich längst nicht mehr mit nationalen und schon gar nicht mit landesrechtlichen Datenschutzregelungen einfangen.
Es greift zu kurz, hierbei auf Selbstregulierung und Selbstverpflichtung zu setzen. Auch dass der EuGH Google verpflichtet, auf Antrag Daten zu löschen, kann nicht die Lösung sein. Wir brauchen also einen europäischen Rechtsrahmen, der das regelt. Eine EU-Datenschutzverordnung ist auch im Entstehen. Auch im Datenaustausch mit den USA kann eine solche europäische einheitliche Regelung eine Stärkung des Datenschutzes zur Folge haben.
Doch es wird noch eine Weile dauern, bis wir diese EU-weite Regelung haben. Darauf wollen und sollen wir hier im Land nicht warten. Das, was wir landesrechtlich zur Verbesserung des Datenschutzes beitragen können, ist zum Gegenstand dieses Gesetzentwurfes geworden. Deshalb bitte auch ich um die Überweisung in die genannten Ausschüsse und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von der Verfassung und von ihrer Entstehung war bereits heute Morgen die Rede, allerdings in einem traurigen Zusammenhang. Das Ganze ist mehr als 22 Jahre her. Insoweit ist es etwas Besonderes, dass heute nach so langer Zeit mit diesem Gesetzentwurf ein Verfassungsauftrag erfüllt wird. In Artikel 86 Abs. 2 der Landesverfassung heißt es schlicht:
„Der allgemeine Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung werden durch Gesetz geregelt.“
Dass das auch schon immer einmal Thema im Hohen Haus war, darf ich durch ein Zitat belegen. Ich zitiere aus einem Antrag, der mit „Landesorganisationsgesetz ist Verfassungsauftrag“ überschrieben ist.
Vakuum, so heißt es darin, herrsche auch in der Frage des Landesorganisationsgesetzes. Trotz der verfassungsmäßigen Pflicht, aus Artikel 86 Abs. 2 der Landesverfassung, den allgemeinen Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung durch Gesetz zu regeln, seien gesetzgeberische Aktivitäten der Landesregierung nicht erkennbar. Offensichtlich sei das Kabinett nicht fähig oder willens, sich zu den grundlegenden Fragen, die in einem solchen Gesetz zu regeln wären, zu äußern. Die Fraktion fordere deshalb die Landesregierung auf, dem Verfassungsgebot zur Vorlage eines Landesorganisationsgesetzes unverzüglich nachzukommen.
Nun könnte man meinen, hierbei handelt es sich um eine aktuelle Formulierung aus einem Antrag der Fraktion DIE LINKE. Aber weit gefehlt! Das Zitat stammt aus einem Antrag der Fraktion der CDU aus dem Jahr 2000, die zu dem Zeitpunkt - mancher mag sich daran erinnern - allerdings Oppositionsfraktion war. In der Tat gibt es keinen mir bekannten Gesetzentwurf, der länger in den Schubladen der Ministerialbürokratie verweilte, immer wieder einmal herausgeholt wurde, dann aber auch dort wieder verschwand.
Der erste Referentenentwurf, der mir bekannt ist, stammt aus dem Jahr 1997. Seitdem beschäftigen wir uns mit diesem Thema. Natürlich gibt es Gründe, weshalb dies so ist. Herr Minister hat das auch zutreffend zusammengefasst. Das hängt mit der Entwicklung der Verwaltungsorganisation in diesem Land zusammen. Wir hatten gewissermaßen einen Wildwuchs, der sowohl daraus resultierte, dass DDR-Einrichtungen in veränderter Form wei
tergeführt wurden, als auch daraus, dass neue Einrichtungen geschaffen wurden. Die Form der neuen Einrichtungen hing sehr davon ab, woher die Verwaltungshelfer kamen. Im Ergebnis entstand ein Nebeneinander von allgemeiner Verwaltung und Sonderbehörden.
Es hat eine Weile gedauert, bis dieser Wildwuchs begradigt wurde. Auf diesem Weg gab es auch so manche Zickzack-Kurve, weil die politischen Prioritäten häufig nicht nach verwaltungsorganisatorischen, sondern oft auch nach rein fachpolitischen Vorstellungen gesetzt wurden.
Die Schulaufsichtsverwaltung beispielsweise war einmal selbständig, wurde dann in die allgemeine Verwaltung eingegliedert und in dieser Legislaturperiode haben wir wieder ein Landesschulamt geschaffen.
Natürlich kann man darüber diskutieren, ob es nicht besser gewesen wäre, gleich zu Beginn ein Landesorganisationsgesetz zu schaffen, um dann auf dessen Grundlage die Verwaltung auszurichten. Andere Länder, wie Brandenburg beispielsweise, haben das getan.
Aber diese Debatte ist müßig. Die Politik hat sich aus den schon genannten Gründen dafür entschieden, das Grundgerüst der Landesverwaltung erst einmal so zu organisieren, dass es auch zukunftsfähig ist, um jetzt, nachdem diese Prozesse im Wesentlichen abgeschlossen sind, ein solches Landesorganisationsgesetz auf den Weg zu bringen.
Festgeschrieben wird in dem Gesetzentwurf lediglich das Landesverwaltungsamt. Auf die Nennung von Sonderbehörden wird verzichtet. Verwaltungsstrukturen - das hat die Debatte zur Neuordnung der Landesfinanzverwaltung gezeigt - sind nicht in Stein gemeißelt und es wird künftig auch Änderungen geben müssen. Insoweit wird mit dem Landesorganisationsgesetz auch kein „Verwaltungsorganisationsabschlussgesetz“, sondern durchaus ein in die Zukunft gerichtetes Gesetz geschaffen, und zwar im Wesentlichen aus zwei Gründen.
Zum Ersten dürfen neue obere Behörden sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts nur durch Gesetz errichtet werden, bestehende und durch Gesetz errichtete dürfen nur durch Gesetz wieder aufgelöst oder mit anderen zusammengeführt werden. Das war meiner Fraktion wichtig.
Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah vor, eine Verordnungsermächtigung zu schaffen, die für alle Behördenschließungen der Landesregierung gewissermaßen das Heft des Handels in die Hand gelegt hätte. Wir haben aber gesagt: In den Bereichen, in denen der Gesetzgeber das bislang geregelt hat, sollte das auch künftig Sache des Gesetzgebers sein.
Zum Zweiten - das ist nichts Neues -: Die Verwaltungsmodernisierung ist eine fortwährende Aufgabe. Darauf ist insbesondere Frau Edler eingegangen. Der Gesetzentwurf enthält auch die Ziele und Grundsätze der Verwaltungsmodernisierung, wie sie bereits im Verwaltungsmodernisierungsgesetz enthalten sind. Die Stichworte lauten Kommunalisierungsvorrang, Einräumigkeit Aufgabenkritik und Deregulierung.
Liebe Frau Edler, insoweit kann man davon ausgehen, dass sich die Verantwortlichen auch weiterhin mit ganzer Kraft an die Umsetzung dieser verwaltungspolitischen Ziele machen werden. Mit dieser Zuversicht danke ich für die Aufmerksamkeit und beantrage eine Überweisung des Gesetzentwurfs in den Innenausschuss. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Interkommunale Funktionalreform - man ist versucht zu sagen: Klappe, die vierte. Um im Bild zu bleiben: Zu welchem Genre könnte dieser Film gehören? - Ein Thriller ist es aus meiner Sicht nicht mehr, weil die Spannung aus dem Streifen längst raus ist. Wir haben aber eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass daraus nicht eine Tragikomödie wird. Insoweit ist die heutige Debatte wichtig.