Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Frau Abgeordnete Weiß und alle anderen Kolleginnen und Kollegen des Parlaments und eröffne hiermit die 48. Sitzung des Landtags von Sachsen-Anhalt der sechsten Wahlperiode. Herzlich willkommen!
Wir setzen nunmehr die 25. Sitzungsperiode fort und beginnen heute mit dem Tagesordnungspunkt 6. Danach folgen die Tagesordnungspunkte 7, 8 und 9.
Ich erinnere daran, dass sich für heute ab 10 Uhr Herr Minister Möllring wegen Teilnahme an der Wissenschaftsministerkonferenz entschuldigt hat.
Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass die Baukommission in der heutigen Mittagsunterbrechung auf der Südtribüne des Plenarsaals zu einer Sitzung zusammenkommen wird. Ich bitte also die Kolleginnen und Kollegen, die Mitglied der Baukommission sind, in der Mittagspause den Termin auf der Südtribühne im Auge zu behalten.
Für heute Abend erinnere ich schon jetzt daran, dass wir einen parlamentarischen Abend vorgesehen haben, der traditionsgemäß im Innenhof des Landtagsgebäudes stattfinden wird. Ich würde mich freuen, viele von Ihnen begrüßen zu können.
Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, für die CDU-Fraktion und für die Koalitionsfraktionen heute einen Antrag zur Nachwuchsgewinnung in der Land- und Forstwirtschaft einbringen zu dürfen. Damit möchte ich auf eine Problematik aufmerksam machen, die nicht unbedingt im Fokus der breiten Öffentlichkeit steht, aber einen gerade der CDU ganz wichtigen Berufsstand betrifft.
Land- oder Forstwirt zu sein, hat heutzutage nur wenig mit alten Vorstellungen von vor 50 Jahren zu tun und schon gar nichts mit den Vorstellungen, die wir aus manchen privaten Sendern bekommen, die Partnervermittlungen versuchen.
Wir verwenden nur noch selten den Begriff Bauer, obwohl ich das schade finde, denn auch heute sind Landwirte stolz, Bauer auf eigener Scholle zu sein.
Ursprünglich verwies der Begriff Buer in Norddeutschland auf jemanden, der sich einen festen Wohnsitz geschaffen hat. Bur oder Gebure verweisen auf die Eigenschaft eines Nachbarn bzw. beziehen sich auf den Wohnsitz eines Siedlers. Erst im Nachmittelalter gab es die Landbebauer. Später wurde der Begriff als Bezeichnung eines ganzen sozialen Standes, des Bauernstandes, verwendet.
Das Wort Bauer impliziert aber auch eine Lebensweise, als Ackerbauer und Viehzüchter; das heißt, eine Arbeit an der frischen Luft, aber auch eine Arbeit mit vielen zusätzlichen Stunden bei der Aussaat und der Ernte.
Den Begriff des Landwirts gibt es so noch nicht lange. Die Verordnung über die Berufsausbildung zum Landwirt, zur Landwirtin hat den Landwirt 1995 als Ausbildungsberuf staatlich anerkannt und den Inhalt der Berufsausbildung beschrieben. Damit reiht sich der Landwirt in die Reihe Betriebswirt, Fachwirt, Gastwirt usw. ein und verweist auf jemanden, der sich um den Landbau kümmert.
Warum ist uns der Berufsstand der Land- und Forstwirte so wichtig, meine Damen und Herren? Weil die Land- und Forstwirtschaft das Rückgrat unseres ländlichen Raumes bildet. Wie Sie wissen, umfasst der ländliche Raum ganz Sachsen-Anhalt mit Ausnahme der drei großen Städte Magdeburg, Halle und Dessau; wobei Dessau auch ländlich geprägt ist.
In der Landwirtschaft arbeiten 25 000 Beschäftigte. Nimmt man noch die 18 000 Beschäftigten der Forstwirtschaft dazu, erkennt man die wirtschaftliche Bedeutung für unser Land. Darüber hinaus liefern Landwirte die Grundlage für unsere Ernährungsindustrie im Land, in der noch einmal etwa 22 000 Menschen arbeiten.
Um die Wettbewerbsfähigkeit aller dieser Unternehmen zu sichern, ist es von herausragender Bedeutung, über geeignetes Fachpersonal zu verfügen. Personalmanagement hat in allen Wirtschaftszweigen zunehmende Beachtung gefunden - aus gutem Grund; denn essenziell für den Unternehmenserfolg ist die Personalausstattung. Jeder
verantwortungsvolle Unternehmer kümmert sich deshalb in erster Linie selbst um gute Fachkräfte, die den Erfolg des Unternehmens schließlich ausmachen.
Nun ist es für die Landwirtschaft nicht leicht, im Wettbewerb um die besten Köpfe zu punkten. Die zur Ausbildung befähigten jungen Leute haben die Wahl: Sie können sich ihren Traumberuf heute leichter verwirklichen als noch vor fünf Jahren. Und: Ist eine Ausbildung in einem grünen Beruf wirklich attraktiv? - Dazu bedarf es der Vermittlung und Begleitung.
Sachsen-Anhalt bietet für die Gewinnung von Berufsnachwuchs in der Landwirtschaft eigentlich optimale Grundvoraussetzungen. Wir haben zahlreiche, auch große Ausbildungsbetriebe, die mit ihren modernen Anlagen die jungen Leute ansprechen müssten. Es ist uns gelungen, an der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg eine der ältesten Agrarfakultäten Deutschlands zu erhalten. Dieses Agrarinstitut feierte gerade sein 150-jähriges Jubiläum und erfreut sich bei den Studierenden wachsender Beliebtheit.
Mit der Fachhochschule Anhalt am Standort Bernburg-Strenzfeld haben wir eine Bildungseinrichtung, die in enger Zusammenarbeit mit ihren Partnern auch im dualen System Fachleute für die Landwirtschaft ausbildet. An diesem Standort finden nicht nur die DLG-Feldtage der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft statt, sondern er ist auch Sitz des internationalen Pflanzenbauzentrums. Berufsschulen sowie Fachschulen in Haldensleben und Magdeburgerforth für die Forstleute komplettieren die Ausbildungslandschaft.
Trotzdem sehen wir generell im Lande eine immer weiter sinkende Zahl an Auszubildenden. Betrachtet man die Zahl der Teilnehmer an Abschlussprüfungen im grünen Bereich, in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Hauswirtschaft, so ist die Zahl von 873 im Jahr 2008 auf 695 im Jahr 2011 gesunken. Das ist ein Rückgang um 20 %.
Auch die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse sinkt jährlich. Schlossen 2010 noch 521 Schüler Ausbildungsverträge, so waren es 2011 nur noch 450 junge Menschen, die sich für eine Ausbildung in der Land- und Hauswirtschaft entschieden haben. Der beliebteste Ausbildungsberuf hierbei ist mit Abstand der Landwirt, gefolgt vom Tierwirt und vom Gärtner. - So weit einige nackte Zahlen.
Aber was ist die Ursache hierfür? Als eine Ursache gilt die demografische Lage. Noch nie gab es so wenige Schulabgänger im Lande. Viele der angebotenen Stellen bleiben unbesetzt. Da steht die sprichwörtliche Kuh auf dem Eis.
Die demografische Entwicklung in den Betrieben selbst ist ähnlich gravierend einzuschätzen. Hierzu liegen bereits Studien vor, die zeigen, dass mittlerweile auf zwei Arbeitskräfte im Alter von über 55 Jahren nur noch ein Mitarbeiter unter 35 Jahren kommt.
Gegen die demografischen Gegebenheiten anzukommen, liebe Kollegen, ist ein schwieriges Unterfangen. Wie wir lernen mussten, fällt es dem Staat schwer, die Menschen zu animieren, mehr Kinder in die Welt zu setzen. Selbst beste Bedingungen bei der Betreuung der Kinder haben die gut ausgebildeten Leute nicht von der Abwanderung in andere Bundesländer abgehalten, worin ich auch einen Grund für die prekäre demografische Entwicklung sehe. - So sieht es bei der Demografie aus.
Bei der Berufsausbildung ist das Land in der Lage, die Rahmenbedingungen darzustellen, und diese lohnt es sich anzusehen. So soll im zuständigen Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie Bildung und Kultur geklärt werden, welcher betriebliche Ausbildungs- und Weiterbildungsbedarf existiert und welche Möglichkeiten es gibt, die Deckung dieses Bedarfes durch geeignete Maßnahmen im Land zu unterstützen.
Wichtig ist, hierbei auch zu klären, welche Rolle die überbetriebliche Ausbildung in den Ausbildungsstätten in Iden für die Landwirte und in Magdeburgerforth für die Forstwirte einnehmen kann und soll und wie diese Ausbildungsstätten ihren künftigen Auftrag optimal erfüllen können.
Darüber hinaus wollen wir uns berichten lassen, welche Maßnahmen, Veranstaltungen und Projekte zur Fachkräftesicherung, zur Berufsorientierung und zur beruflichen Bildung in der Land- und Forstwirtschaft in den letzten Jahren durchgeführt wurden und welche noch geplant sind.
Die Landesregierung engagiert sich schon seit Jahren auf diesem Gebiet, veranstaltet Konferenzen, Projekttage und Messen. Es gibt bereits eine Vielzahl von Gremien und Akteuren, die sich mit beruflicher Bildung im Lande beschäftigen. Hierbei sollten wir die ausgetretenen Pfade verlassen und ergebnisorientiert denken und an die Sache herangehen.
Schön, aber manchmal auch nur zum Schlagwort verkommen sind da die Begriffe wie Synergieeffekte und Effizienzsteigerung. Über deren Bedeutung sollten wir neu nachdenken, bevor wir sie unbedacht und zu selbstverständlich immer wieder zitieren.
Wir wollen uns ansehen, wie die Ausbildungsqualität gesteigert werden kann; dies auch im Hinblick auf die Abbrecher- und Durchfallquote. Insgesamt gab es zwischen 2008 und 2011 bereits einen
Aufwärtstrend bei der Quote der bestandenen Abschlussprüfungen. Sie stieg von knapp 82 % auf rund 86 %. Besser sind zum Beispiel die Auszubildenden in der Metallbranche, die einen Stand von 93 % der geschafften Ausbildungsabschlüsse erreicht haben. Daran sollten wir uns vielleicht auch orientieren.
Bei den Abbrecherquoten gibt es keinen eindeutigen Trend. Vorzeitig und ohne Abschluss endeten im Jahr 2010 160 und im Jahr 2011 225 Ausbildungsverhältnisse. Das sind 8 % bzw. 13 % der abgeschlossenen Verträge in landwirtschaftlichen Berufen. Da frage ich mich dann immer: Warum treten junge Leute eine Lehre an und schmeißen diese dann hin? War ihnen nicht klar, was dieses Berufsbild mit sich bringt? Haben sie die Belastungen falsch eingeschätzt? Waren romantische Verklärungen oder andere Gründe für die Enttäuschung verantwortlich? - Auch hieran müssen wir ansetzen mit Betriebsbesuchen, Aufklärungsarbeit in der Schule und Praxistagen vor Ort und in der Wirklichkeit des Arbeitsalltags.
Voraussetzung, um den stetig steigenden Anforderungen auch bei den grünen Berufen gerecht zu werden, ist eine hohe Qualität der Ausbildung. Für den einzelnen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb ist das allein nicht immer realisierbar. Daher muss auch über die Verbundausbildung bzw. die Schulung von Betrieben in einer Region nachgedacht werden.
Auch die Ausbildungsinhalte und die Qualität der Lehre sollte man sich noch einmal anschauen. Wichtig sind die ständige praxisnahe Fort- und Weiterbildung der Berufsschullehrer sowie die Vernetzung der Ausbilder und Lehrer an den Berufsschulen und in den Betrieben.
Wie man Quereinsteigern den Berufseintritt ermöglicht, als Lehrling oder möglicherweise auch als Berufsschullehrer, wäre ein weiterer Ansatzpunkt.
Wichtig wird sein zu kommunizieren, dass die Land- und Forstwirtschaft attraktive Arbeits- und Ausbildungsplätze bietet;
denn trotz der vielen positiven Effekte gibt es ein Imageproblem. Hierzu kann man eine Umfrage von Emnid zum Image der deutschen Landwirtschaft, an der 1 000 Befragte teilnahmen, zurate ziehen. Es ist erstaunlich oder eigentlich auch nicht, dass sich alle Befragten anmaßen, Landwirtschaft gerade bei Fragen der Tierhaltung einschätzen zu können. Eigentlich hält sich jeder für einen Landwirtschaftsexperten. Das ist übrigens auch im Fußball und in der Politik so; aber das nur nebenbei.
Woher kommt das Wissen? - Hauptsächlich natürlich aus Fernsehen und Zeitung und zunehmend aus dem Internet, dem Medium der Zukunft. Die Bauern sollten sich das zunutze machen.
Es ist auffallend, dass der Anteil der Leute mit hohem Interesse an der Landwirtschaft zwischen 2002 und 2012 von 35 % auf 46 % gewachsen ist. Vor allem Leute ab 60 Jahren haben ein hohes Interesse an Landwirtschaft. In dieser Altersgruppe sind es 60 %. Bei den Jüngeren bis 29 Jahren sind es lediglich 23 %, die von sich behaupten, ein großes Interesse an landwirtschaftlichen Themen zu haben.