Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Es ist auffallend, dass der Anteil der Leute mit hohem Interesse an der Landwirtschaft zwischen 2002 und 2012 von 35 % auf 46 % gewachsen ist. Vor allem Leute ab 60 Jahren haben ein hohes Interesse an Landwirtschaft. In dieser Altersgruppe sind es 60 %. Bei den Jüngeren bis 29 Jahren sind es lediglich 23 %, die von sich behaupten, ein großes Interesse an landwirtschaftlichen Themen zu haben.

Nach einer anderen Imagestudie besitzt die Landwirtschaft für ein Drittel der Menschen ein negatives Image. Für die meisten ist das Thema nur interessant, wenn es einen konkreten lokalen Bezug hat. Trotzdem gaben fast 80 % der Befragten an, dass in den Medien mehr über die Produktion, das Leben und die Arbeit in landwirtschaftlichen Betrieben berichtet und an den Schulen mehr verpflichtend über die Landwirtschaft gelehrt werden sollte.

Wer einen Landwirt persönlich kennt, der denkt positiver. Dies zeigt, wie wichtig es ist, bereits in den Grund- und Sekundarschulen anzufangen. Es gibt ein gutes Beispiel an der Sekundarschule Völkerfreundschaft in Köthen. Kinder und Jugendliche lernen dort in dem Projekt „Der grüne Daumen“ frühzeitig, mit Pflanzen umzugehen, und erfahren, was man mit seiner Hände Arbeit und mit der Erde anfangen kann.

Dieses und andere Projekte und Initiativen wurden bei einer großen Veranstaltung, die die CDU-Fraktion im Januar in Köthen durchgeführt hat, von den 100 Teilnehmern gewürdigt. Es wurde eingeschätzt, dass mehr für die Öffentlichkeitsarbeit getan werden müsse. Dazu gehört auch, dass wir die Jugend dazu animieren, Praktika und Ferienjobs in der Landwirtschaft wahrzunehmen.

Um die Leistungen der Auszubildenden anzuerkennen, die ihre Lehre erfolgreich absolviert haben, führt das Land Bestenehrungen durch. Das ist eine gute Idee, macht es doch die Absolventen und ihre Eltern stolz auf das Erreichte. Deshalb sollte die Übergabe von Abschlusszeugnissen möglichst wohnortnah erfolgen und in den Medien gewürdigt werden, wie das bei Freisprechungen in anderen Gewerken schon schöne Tradition ist.

(Zustimmung von Herrn Borgwardt, CDU, von Herrn Daldrup, CDU, von Herrn Kurze, CDU, und von Herrn Schröder, CDU)

Auch auf der Arbeitgeberseite gibt es Wettbewerbe. So suchen die Verbände ihre besten Ausbildungsbetriebe. Auf dem Deutschen Bauerntag in Berlin wurde die Quellendorfer Landwirte GbR, die in meinem Wahlkreis beheimatet ist, in diesem

Jahr als bester Ausbildungsbetrieb geehrt. Aus diesem Betrieb und von den umliegenden Kollegen kommen immer wieder Anregungen, wie die Zusammenarbeit in der Berufsausbildung verbessert werden kann. Sie machen Landwirtschaft erlebbar.

Zum Schluss noch einmal zu der Emnid-Umfrage. Nach Ärzten und Lehrern nehmen Landwirte Platz 3 der Berufsgruppen mit der höchsten gesellschaftlichen Bedeutung in der Zukunft ein. Sie sehen, grüne Berufe haben mit gut ausgebildeten Mitarbeitern bzw. qualifiziertem Fachpersonal Zukunft. Lassen Sie uns darüber reden. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Frau Abgeordnete Take. - Für die Landesregierung spricht nun der Landwirtschaftsminister Herr Dr. Aeikens.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Regierungsfraktionen, dass sie dieses wichtige Thema der Sicherung des Berufsnachwuchses in der Land- und Forstwirtschaft hier im Hause thematisieren.

Die Land- und Forstwirtschaft ist für unser Land eine der wichtigsten Branchen. Bei uns sind mehr als 25 000 Beschäftigte in der Landwirtschaft tätig. Auf jeden Arbeitsplatz in der Landwirtschaft kommen ca. sieben Beschäftigte im vor- und nachgelagerten Bereich.

In der Forstwirtschaft zählen wir im Cluster Holz 18 000 Beschäftigte. In Sachsen-Anhalt wurden in den vergangenen 20 Jahren die höchsten Investitionen in Europa im verarbeitenden Bereich in der Forstwirtschaft getätigt. Unserer Waldfläche steigt stetig. Sie wissen, dass wir kürzlich symbolisch den 500 000. Hektar bepflanzt haben. Das bedeutet eine Steigerung um 40 000 ha.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können auf unsere Land- und Forstwirtschaft in SachsenAnhalt stolz sein, so wie sich diese Branche in den letzten 20 Jahren entwickelt hat.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Take hat völlig zu Recht gesagt, die Land- und Forstwirtschaft ist das Rückgrat des ländlichen Raums. Wir haben viele Regionen, in denen wir außer der Land- und Forstwirtschaft keine weitere Wirtschaft haben. Deshalb ist die Land- und Forstwirtschaft für unseren ländlichen Raum so bedeutsam. Darum ist es natürlich wichtig, für den ent

sprechenden Berufsnachwuchs zu sorgen. Das ist ein Anliegen, dass ich voll und ganz teile.

Unter dem Eindruck der demografischen Entwicklung hat dieses Thema natürlich an Bedeutung gewonnen. Auch deshalb ist es wichtig und richtig, dass darüber heute im Landtag gesprochen wird.

Noch vor einigen Jahren konnten sich die Unternehmen die besten Bewerber für eine Ausbildung aussuchen. Wir wissen alle, dass viele Jugendliche wegen des Mangels an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen in andere Bundesländer abgewandert sind. Die Situation für die jungen Menschen in unserem Land hat sich jetzt erfreulicherweise umgekehrt. Das ist gut so. Es ist auch ein politisches Ziel, dass die jungen Menschen ihre berufliche Zukunft in Sachsen-Anhalt und nicht in anderen Bundesländern finden. Insofern sollten wir der Situation auch etwas Gutes abgewinnen.

Die Zahl der Schulabgänger hat sich in den letzten Jahren reduziert, inzwischen aber stabilisiert. Das heißt, wir müssen davon ausgehen, dass die Zahl der Schulabgänger nicht noch weiter sinkt. Deshalb sollten wir die Situation nicht dramatisieren. Unsere Bemühungen sind durchaus erfolgreich.

Mit Stand vom 30. Juni 2013 wurden in diesem Jahr 160 neue Ausbildungsverträge in den Berufen der Land- und Forstwirtschaft abgeschlossen. Damit konnten wir in der Summe der Berufe gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar etwas zulegen. Ich führe das auch auf die vielfältigen Aktivitäten des Berufsstands, der Landesregierung und auch aus dem parlamentarischen Raum zurück. Das wirkt offensichtlich.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass Frau Take vor einiger Zeit in Köthen eine sehr gute Veranstaltung zum Thema grüne Berufe durchgeführt hat.

(Zustimmung von Herrn Czapek, CDU)

Ich bin auch der SPD sehr dankbar dafür, dass sie kürzlich ein Werkstattgespräch genau zu diesem Thema durchgeführt hat.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Das hilft. Es dient der Nachwuchssicherung in den grünen Berufen.

Sie wissen, dass wir als Landesregierung konzeptionelle Vorschläge erarbeiten und das Vorgehen einzelner Akteure koordinieren. Ich denke an die Themen Berufsorientierung, Übergang der Jugendlichen von der Schule in den Beruf und Erhöhung der Attraktivität und Qualität der dualen Ausbildung und damit Sicherung des Fachkräftenachwuchses. Ich denke auch an den Berufsbildungsausschuss, den wir in der Land- und Forstwirtschaft haben, der sich den speziellen Belangen in dieser Branche widmet, der allein schon durch seine Zusammensetzung vorbildlich ist, in dem wir

alle wichtigen Fragen der Ausbildung diskutieren und auswerten.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch erwähnen, dass wir in Sachsen-Anhalt eine sehr gut aufgestellte Ausbildungs- und Weiterbildungslandschaft in den grünen Berufen haben. Da ist die LLFG an den Standorten Iden, Ditfurt, Magdeburgerforth, und da ist Prussendorf im Bereich der Pferdeausbildung. Da sind die Berufsschulen im Zuständigkeitsbereich des Kollegen Dorgerloh. Ich denke insbesondere an die Berufsbildende Schule in Salzwedel mit ihrem speziellen Zusatzangebot zum Erwerb der Fachhochschulreife. Ich denke an die Fachschule für Landwirtschaft in Haldensleben, an die Hochschule in Bernburg und an die MartinLuther-Universität in Halle.

Meine Damen und Herren! Kaum ein Bundesland verfügt bei den grünen Berufen über so hervorragende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten wie Sachsen-Anhalt. Darauf können wir stolz sein. Das soll auch so bleiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Die Politik kann aber nur die Rahmenbedingungen setzen. Die Eigenverantwortung kann den Unternehmen niemand abnehmen. Deshalb bin ich froh, dass unsere Betriebe mehr und mehr erkennen, dass eigener Berufsnachwuchs vor allem durch eigenes Engagement gewonnen werden kann und muss. Wer über engagierte und motivierten jungen Auszubildende verfügt, der wird auch in Zukunft gute Chancen haben, mit ausgebildeten Fachkräften auf dem Markt bestehen zu können.

Das Thema demografische Entwicklung und Azubis ist kein speziell landwirtschaftliches Thema. Es betrifft alle Branchen. Deshalb stehen land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Konkurrenz zur übrigen Wirtschaft und müssen sich behaupten; denn wir stehen alle vor dieser Herausforderung.

Im Wettbewerb um die besten Azubis muss sich die Land- und Forstwirtschaft als moderner Arbeitgeber mit Perspektive präsentieren. Das heißt konkret, unsere Unternehmen müssen attraktive Ausbildung- und Arbeitsplätze bereitstellen. Dazu gehört auch die Sicherung einer hohen Qualität der Ausbildung. Der Auszubildende ist im Betrieb, um seinen Beruf zu erlernen und dabei von Anfang an in Betriebsabläufe eingebunden und in Verantwortung genommen zu werden. Er ist nicht in erster Linie als Arbeitskraft eingestellt, was wir aber leider da und dort auch erleben müssen.

Das ist der Vorzug unseres dualen Berufsausbildungssystems, das Lernen im realen Arbeitsprozess. Das ist ein Standortvorteil, den wir in Deutschland gegenüber vielen anderen Staaten haben und um den uns andere Staaten beneiden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Aber, meine Damen und Herren, wer Azubis sucht, muss auch bedenken, was schon Goethe gesagt hat: Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles. Das ist bei unseren jungen Leuten nicht anders. Damit meine ich, eine angemessene Ausbildungsvergütung bzw. Entlohnung gehört ebenso wie gute nichtmonetäre Arbeitsbedingungen zu den Faktoren, die die Entscheidung der Jugendlichen für einen Beruf und für ein Unternehmen maßgeblich beeinflussen. Ich nenne hier auch die Stichworte Betriebsklima und Arbeitszufriedenheit. Auch hier sind die Betriebe gefordert.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU, und von Herrn Rotter, CDU)

Es gibt viele Betriebe, die haben kein Problem, einen Auszubildenden zu finden, weil diese Faktoren stimmen. Andere Betriebe sind weniger gefragt.

Meine Damen und Herren! Wir wissen alle, dass die Palette der grünen Berufe breit und vielfältig ist, dass die grünen Berufe jungen Menschen unterschiedliche Möglichkeiten geben, um eine naturnahe, abwechslungsreiche und spannende Tätigkeit zu finden. Aus persönlicher Erfahrung kann ich bestätigen, die Entscheidung für einen grünen Beruf ist in der Regel eine gute Entscheidung.

Die Landesregierung wird in den Ausschüssen gern über die in Sachsen-Anhalt bestehenden Angebote und Maßnahmen und über die Planungen zur Fachkräftegewinnung und -sicherung berichten. Ich rege an, auch den Ausschuss für Arbeit und Soziales einzubeziehen, weil der Kollege Bischoff über verschiedene Möglichkeiten der Förderung von Maßnahmen in diesem Bereich verfügt, über die wir auch diskutieren sollten.

Kürzlich wurde mir ein sehr interessantes Verbundprojekt aus dem Raum Wittenberg vorgestellt, das wir gegebenenfalls mit den Möglichkeiten des Sozialministeriums fördern und unterstützen können.

Meine Damen und Herren! Ich habe schon oft betont und tue es auch heute wieder: Es ist meine feste Überzeugung, die grünen Berufe in der Land- und Forstwirtschaft gehören zu den schönsten Berufen. Sie sind vielseitig, modern und anspruchsvoll. Wenn wir uns alle ein Stück weit als Botschafter für die grünen Berufe engagieren, dann bringt das unsere Land- und Forstwirtschaft weiter. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Czeke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Castingshow „Bauer sucht Frau“ kommt ein Koalitionsantrag „Bauer sucht Fachkraft“. Keine Angst, ich weiß: Die Kuh ist nicht lila.

Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt, ebenso die Forstwirtschaft, ist von ihren leistungsfähigen Betriebsstrukturen her sowie von der technischen Ausrüstung gesehen ein moderner Wirtschaftszweig; der Minister sprach es eben an.

Wollen wir sicherstellen, dass die Landwirtschaft auch künftig als leistungsfähige Branche das Fundament für die erfolgreiche Entwicklung der Ernährungswirtschaft in Sachsen-Anhalt bildet, dann sind auf dem Gebiet des Berufsnachwuchses die Anstrengungen unbedingt zu erhöhen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Das ist nicht einfach.

Auch wenn kürzlich vom Zentrum für Sozialforschung Halle e. V., ZSH, eingeschätzt wurde, dass der Anteil der Schulabgänger, die ein Interesse an einem Ausbildungsplatz in der Landwirtschaft haben, im Moment sogar leicht gestiegen ist, so wissen die Erfahrungsträger in der Landwirtschaft dennoch, dass bei den jungen Menschen der land- und forstwirtschaftliche Beruf nicht unter den „Top Ten“ vorkommt.

Längst hat es sich herumgesprochen, dass es sich bei einem landwirtschaftlichen Beruf zwar um eine abwechslungsreiche Tätigkeit, meist an der frischen Luft, handelt, dass es dabei aber nicht ausschließlich wie in einem Streichelzoo zugeht. Gerade junge Menschen aus städtischem Gebiet, die die Landwirtschaft bisher nur aus der Goldhamsterperspektive kannten, mussten erst lernen, mit Wind und Wetter und mit einer unbequemen Arbeitszeit umzugehen sowie damit, dass die Tiere an 365 Tagen im Jahr versorgt werden wollen.