Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man Zeit klonieren könnte, dann würde ich es jetzt tun; denn fünf Minuten Redezeit sind für dieses Thema einfach viel zu wenig.
Ich habe nachgeschaut: Es ist erst das dritte Mal, dass wir in diesem Kreis, im Parlament überhaupt über diese Thematik reden.
Lassen Sie mich, ehe wir zu dem inhaltlichen Aspekt kommen, noch kurz auf die Geschäftsordnung des Landtages zu sprechen kommen. Ich finde, es zeigt sich wieder einmal, dass das Instrument des Alternativantrages an seine Grenzen stößt. Wenn ich also den Alternativantrag wörtlich nehmen würde, dann hätten die Anliegen der GRÜNEN auch in der Ausschussdebatte keine Chance, behandelt zu werden.
Für einen normalen Änderungsantrag ist das Auswechseln des Gegenstandes laut Geschäftsordnung unzulässig. Dies sollte auch für einen Alter
Man kann natürlich mit einem solchen Alternativantrag heikle Themen von der Tagesordnung schubsen oder frühzeitig in die Ausschüsse überweisen, aber man kann diesem Problem natürlich nicht ausweichen.
Es wäre klug, sich mit den einzelnen Punkten des Antrages der GRÜNEN sehr intensiv auseinanderzusetzen.
Möglicherweise müssen wir als Land demnächst über die Zulassung des Anbaus transgener Pflanzen selbst entscheiden. Entsprechende Vorstellungen gibt es auf der Ebene der Europäischen Union.
Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kreist derzeit mehr oder weniger modifiziert durch die Landesparlamente. Auf Thüringen ist bereits hingewiesen worden. Es gibt ihn auch in Brandenburg, in Sachsen und jetzt auch bei uns. Der Landtag von Sachsen-Anhalt kann sich nicht so einfach seitwärts in die Büsche schlagen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die erste Debatte im Landtag zur Gentechnik fand im Jahr 1993 auf Antrag der PDS statt. Sie war noch am gleichen Tag sofort wieder beendet, weil der Antrag nicht einmal in die Ausschüsse überwiesen wurde. Der erste von den drei damaligen Antragspunkten ist inhaltlich vollkommen mit dem uns heute vorliegenden Antrag identisch; er war natürlich nicht so ausführlich, aber der Inhalt ist gleich.
Daran lässt sich erkennen, dass Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft bei der gesellschaftlichen Bewertung zumindest bezüglich der grünen Gentechnik in 20 Jahren keinen Schritt vorwärts gekommen sind.
Ihr Antrag, liebe GRÜNE, ist jedoch nicht widerspruchsfrei. Er läuft im Grunde darauf hinaus, große Reservate zu bilden, in denen das Thema Agro-Gentechnik für erledigt erklärt wird. Und was passiert mit dem Rest der Welt? Wären Sie als Antragsteller denn auch zu einer vorbehaltlosen Debatte über alle Seiten der genetischen Forschung bereit? - Die Art der Fragestellung deutet eher in eine andere Richtung. Fehlende Langzeituntersuchungen anzumahnen, ohne sie zuzulassen und finanziell abzusichern, ist auch nicht gerade seriös.
Sachsen-Anhalt soll bis zur abschließenden Klärung der mit dem Anbau genetisch veränderter Pflanzen einhergehenden Risiken bis zum Sankt Nimmerleinstag warten, ohne einen eigenen Beitrag dazu beizusteuern?
Abschließend werden wir die Fragen sowieso nie klären können, denn die Evolution treibt uns vor sich her. Das merken wir zum Beispiel daran, dass schon jetzt Resistenzen gegen GVO auftreten. Das, was prophezeit worden war, tritt ein.
Der Politik ist zumindest in Sachsen-Anhalt jeglicher Gestaltungswille abhanden gekommen. Wir hecheln den Entwicklungen lediglich hinterher, anstatt über eine Werte- und Zieldiskussion Klärungsprozesse voranzutreiben und unsere politischen Forderungen zu formulieren.
Sachsen-Anhalt hat die Forschungsförderung im Bereich Agro-Gentechnik de facto eingestellt, so war es in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Frau Frederking zu lesen. Ist das nicht eigentlich grundverkehrt? Müssten wir nicht stattdessen Geld in die Hand nehmen, um Forschung im Sinne des öffentlichen Interesses anregen zu können? Doch wir sind dabei, freiwillig das Feld zu räumen und es endgültig und total den Konzernen zu überlassen.
Die zweite parlamentarische Diskussionsrunde in den Jahren 2003 und 2004 umfasste immerhin ein ganzes Jahr. Eine öffentliche Wertediskussion kam aber wiederum nicht zustande; denn diese Diskussion sollte nur dazu dienen, die BiotechnologieOffensive zu pushen, die dann im Jahr 2008 doch ziemlich sang- und klanglos zu Ende gegangen ist. Sie gilt unter den Kritikern als ein Paradebeispiel für die Verfilzung von Wissenschaft, Forschung und Politik.
Zur inhaltlichen Positionierung der Fraktion DIE LINKE möchte ich auf unsere damaligen Diskussionsbeiträge verweisen. Sie sind nach knapp zehn Jahren noch immer aktuell. Das mag für die Referenten sprechen, stellt aber der Politik kein gutes Zeugnis aus.
Ich beantrage deshalb im Namen meiner Fraktion die Überweisung der Anträge in die Ausschüsse für Wissenschaft und Wirtschaft, für Umwelt, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Federführung soll dem Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft übertragen werden. Wenn es möglich wäre, würde ich auch gern eine Überweisung in den seit Langem überfälligen Nachhaltigkeitsbeirat sehen; denn spätestens jetzt wird deutlich, wie dringend wir diesen nötig haben. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muss sich schon wundern, dass wir uns mit einem abgeschriebenen Antrag aus Thüringen auseinandersetzen, der mit einer mehr reißerischen als seriösen Begründung aufgeplustert wurde. Simples Themenrecycling, wie es vorhin schon Frau Ministerin Wolff beschrieben hat, ist in Anbetracht der über 20-jährigen Diskussion in Sachsen-Anhalt und in Anbetracht der Wissens- und Qualitätskonzentration in unserem Bundesland zumindest unzumutbar. Noch nie habe ich auf vergleichbarer populistischer Argumentationsebene
Gentechnik-Interessenten in Sachsen-Anhalt oder Kompetenzträger argumentieren hören, so wie es DIE GRÜNEN hier tun.
Der Satz „Gene sind keine Bauklötze, man darf nicht damit spielen“ ist eigentlich in Anbetracht der wissenschaftlichen Qualifikation, gerade in Sachsen-Anhalt, fast unverschämt.
Die Situation in Sachsen-Anhalt verdient deshalb richtigerweise eine sorgfältige und seriöse Auseinandersetzung mit diesem Thema. Im Gegensatz zu dem mit Übertreibungen, Pauschalierungen und Unterstellungen gespickten Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten wir für eine stärkere Wissenschaftsorientierung, für eine stärkere und gleich bleibende Qualität in der Diskussion ein.
Wir glauben übrigens nicht wie Sie, dass die Zulassungsverfahren von gentechnisch veränderten Organismen, also von GVO, auf der EU-Ebene derartige Mängel aufweisen, dass sie die Unterstellungen verdienen, die Sie in der Begründung zu Ihrem Antrag vorbringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU verschließt sich der gesellschaftlichen Diskussion zur grünen Gentechnik nicht - sie heißt übrigens bei den GRÜNEN nur deswegen AgroGentechnik, damit das Wort „grün“ nicht auftaucht -,
genauso wenig wie der öffentlichen Meinung, die wir natürlich wahrnehmen. Wir sehen in Deutschland und auch in Sachsen-Anhalt genauso verantwortbare Chancen und einen Nutzen der Biotechnologie. Wir wollen die Sorgen und die Ängste der Menschen in unserem Land ernst nehmen und
Eines finde ich schon wieder bemerkenswert: In dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist nicht mehr von Koexistenz und Wahlfreiheit die Rede, das was eigentlich das Ergebnis einer kritischen Diskussion in Deutschland gewesen ist. Vielmehr werden ganz unverhohlen diese Ergebnisse langjähriger Diskussionen ideologisch über Bord geworfen. Eine Koexistenz ohne gegenseitige Beeinflussung zu fordern, bedeutet die vollkommene Dominanz der Interessen der einen Gruppe über die der anderen. Damit hat die Wahlfreiheit ein Ende.
Sie beschreiben grüne Gentechnik als Risikotechnologie. Das tun Sie in Anbetracht des weltweiten Anbaus und des wirklich außergewöhnlich großen Imports dieser Erzeugnisse nach Deutschland; der Minister hat die Zahlen genannt. Das ist schon bemerkenswert.
Bemerkenswert ist auch, mit welcher Leichtigkeit - man könnte fast Leichtfüßigkeit sagen - Sie die Ergebnisse der Forschung in den letzten Jahrzehnten ignorieren. In den letzten 15 Jahren hat allein die Europäische Union - denken Sie sich doch bitte mindestens dieselbe Summe als nationale Eigeninitiativen dazu - Mittel in Höhe von 300 Millionen € in die Sicherheitsforschung investiert.