Herr Minister, Sie haben wiederholt gesagt, auch schon im Oktober: Wir müssen uns um den Hunger in der Welt kümmern. - Es gibt keinerlei Belege dafür, dass die Gentechnik in irgendeiner Weise zur Lösung des Hungerproblems beigetragen hätte.
Wir wissen, dass die gentechnisch veränderten Pflanzen, die heute angebaut werden, Soja, Mais und Raps, als Futtermittel genutzt werden. Das sind nicht die Nahrungsmittel, nicht die Produkte, die für die Bevölkerung zur Verfügung stehen, die heute hungert. Das wissen Sie auch.
Die Baumwolle trägt auch nichts zur Lösung des Hungerproblems bei. Hunger ist eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Die Gentechnik hat nicht dazu beigetragen, dass das Hungerproblem gelöst worden wäre.
Herr Leimbach, Sie haben uns den Vorwurf gemacht, wir würden uns nicht mit der Wissenschaft auseinandersetzen. Bei der Reflexion auf mein Alter habe ich noch auf eine andere Tatsache reflek
tiert, nämlich darauf, dass ich mich schon sehr früh mit Gentechnik auseinandergesetzt habe. Denn ich habe dieses Fach studiert. Ich habe auch Biotechnologie studiert.
Ich möchte hier noch einmal Folgendes sagen: Die Gentechnik hat in Deutschland keine Akzeptanz. Landwirtinnen und Landwirte wollen die Gentechnik nicht auf dem Acker, Verbraucherinnen und Verbraucher wollen die Gentechnik nicht auf dem Teller haben.
Sie, liebe Abgeordnete von CDU und SPD, wissen das auch. Denn sonst würden Sie sich nicht hinter dem Begriff der Biotechnologie verstecken, sondern Sie würden die Sache, um die es geht, nämlich die Agro-Gentechnik, beim Namen nennen.
Ihnen ist sehr wohl bewusst, dass die Agro-Gentechnik nicht gut ankommt. Deshalb benutzen Sie lieber den positiv besetzten Oberbegriff der Biotechnologie, zu der auch solche schönen biotechnologischen Anwendungen wie die Herstellung von Brot, Wein oder Bier zählen. Im Verbraucherschutz nennt man so etwas Etikettenschwindel.
Herr Minister Aeikens, Sie fordern Ehrlichkeit ein. Diesen Ball möchte ich an dieser Stelle zurückspielen. Eine risikobehaftete Sache muss endlich auch in Sachsen-Anhalt beim Namen genannt werden.
Die Menschen müssen wissen, worum es geht und woran sie sind. Auch der Terminus der Pflanzenzüchtung im Alternativantrag scheint an die häufig genannte Behauptung anzuknüpfen, dass Gentechnik eine Art Züchtung sei. Gentechnik ist keine beschleunigte Züchtung. Denn bei einer herkömmlichen Züchtung werden Artengrenzen nicht übersprungen.
Eine Maus und eine Erbse lassen sich eben nicht miteinander kreuzen. Wir hatten das Thema hier schon einmal. Anders ist es bei der Gentechnik. Mit beschleunigten Metallpartikeln werden artfremde Gene in die Pflanze eingeschleust. Die Artenschranke wird überwunden und damit werden fundamentale Grenzen der Natur überschritten. Ich frage auch die CDU, wie das mit ihrem christlichen Selbstverständnis zusammenpasst.
(Herr Borgwardt, CDU: Das ist aber eine abenteuerliche Theorie! Das glaubt ihr doch selber nicht! - Zuruf von Frau Feußner, CDU)
BASF hat verstanden, dass es für diese Technik keine Akzeptanz gibt. Es liegt nicht daran, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen so ungünstig sind. Nein, die Menschen wollen die Agro-Gentechnik nicht.
Das sollten auch die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen begreifen und daraus alle erforderlichen Konsequenzen ziehen. Welche sind das?
An der Stelle muss ich erst einmal ein Lob aussprechen, wenn auch ein kleines. Bei dem, was zu tun ist, sind Sie schon einen Schritt gegangen. Für die Agro-Gentechnik sind in diesem Doppelhaushalt keine Gelder eingestellt. Das ist gut und richtig. Denn nachdem seit dem Beginn der Biotechnologieoffensive im Jahr 2002 insgesamt 7,2 Millionen € an Fördermitteln ausgereicht wurden und dies keinerlei Nutzen gebracht hat, sollte nicht noch mehr Geld in ein zukunftsloses Projekt gesteckt werden.
Die Tatsache, dass CDU und SPD davon Abstand genommen haben, zeigt doch, dass sie selber nicht mehr an die Agro-Gentechnik glauben. Also, trauen Sie sich und bekennen Sie sich zur Gentechnikfreiheit.
Selbstverständlich können wir uns im Ausschuss darlegen lassen, welche Forschungen laufen oder geplant sind und inwieweit sich das Land dabei einbringen kann. Aber wir sollten uns auch im Ausschuss darüber unterhalten, welche Maßnahmen jetzt ergriffen werden müssen.
Aus den vorliegenden Erkenntnissen müssen wirklich Taten folgen. Was die große Koalition in Thüringen geschafft hat, das sollte doch bei CDU und SPD in Sachsen-Anhalt auch möglich sein. Viele andere Bundesländer wie Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bremen und das Saarland haben es vorgemacht. SachsenAnhalt darf kein Schlusslicht sein und muss sich deshalb ganz konsequent für die Gentechnikfreiheit einsetzen. - Vielen Dank.
Frau Abgeordnete Frederking, es gibt zwei Nachfragen. Möchte Sie sie die beantworten? - Zunächst der Abgeordnete Herr Lange und dann der Kollege Gürth.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sie haben die Artengrenzen angesprochen. Das kann ich zu einem gewissen Teil nachvollziehen, auch die Befürchtungen, die es diesbezüglich gibt.
Unabhängig davon, dass der Artenbegriff auch in der Biologie nicht unbedingt ein stehender Begriff ist, sondern sich Arten natürlich auch auseinander herausentwickelt haben und es auch immer wieder Kreuzungen zwischen unterschiedlichen Arten gibt, frage ich Sie, wie Sie zu cis-genveränderten Pflanzen stehen, also zu Pflanzen, in denen Gene gezielt innerhalb einer Art an- und ausgeschaltet werden, bei denen keine Artengrenzen überschritten werden, sondern lediglich ein gezieltes An- und Ausschalten von Genen in Pflanzen der gleichen Art erfolgt. Bewerten Sie diese Risiken genauso scharf wie das Risiko von transgenen Pflanzen?
Herr Lange, ich habe mich mit dem wissenschaftlichen Feld des gezielten Ein- und Ausschaltens von Genen nicht beschäftigt und kann mich dazu auch nicht äußern.
Frau Kollegin, Sie sprachen am Beispiel des Unternehmens BASF davon, dass die grüne Gentechnik ein wirtschaftlicher Misserfolg sei, dass BASF dies erkannt habe und deshalb aus unserem Land abziehe. Sehen Sie dann nicht mit Sorge, dass die Frage des Misserfolgs, wenn wir in diesem Zusammenhang von wirtschaftlichem Misserfolg sprechen, eher zulasten des Landes Sachsen-Anhalt geht und dass im Gegenzug Unternehmen wie BASF in gleich großem Umfang ihre wissenschaftlichen und ökonomischen Aktivitäten fortsetzen, nur leider außerhalb Sachsen-Anhalts und Deutschlands? Ist das nicht ein Prozess, der ausnahmslos zulasten unseres Landes geht?
Meine zweite Frage lautet: Wie beurteilen Sie die Auswirkungen genau dieses Prozesses der undifferenzierten, zum Teil leider polemisch geführten Debatte zu solchen Technologiefragen auch in Bezug auf die Wissenschaftslandschaft? Konkret haben wir mindestens an einem Standort, in Gatersleben, der zu einem der führenden Biotechnologie
standorte gehört, den Verlust von 60 hoch qualifizierten Arbeitsplätzen durch die Schließung der Firma Sungene GmbH zu beklagen. Des Weiteren droht noch weiterer Schaden, wenn weitere wissenschaftliche Kapazitäten aus diesem Bereich der Biotechnologie aus Sachsen-Anhalt ins Ausland verlagert werden.
Sie fragen danach, ob es ein Misserfolg für Sachsen-Anhalt sei. Ich antworte: Nein, auf keinen Fall. Wir haben hier diese Forschung gehabt. Wenn BASF in einem anderen Bundesland gewesen wäre, dann wäre das Unternehmen auch dort weggegangen, weil es eben in Deutschland und in Europa die Akzeptanz für die Gentechnik nicht gibt, weder für die Agro-Gentechnik noch für die Gentechnik in Lebensmitteln.
BASF hat selber geäußert, dass man weggegangen sei, weil man keine Chance für die Kommerzialisierung sehe. Von daher ist es kein Misserfolg für Sachsen-Anhalt, sondern es wäre überall so gewesen.
Ihre zweite Frage zielt auf den Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt. Wir schätzen ein, dass diese Technologie keine Zukunftstechnologie ist. Deshalb ist die Frage obsolet, ob es sinnvoll sei, weitere Forschungskapazitäten darauf zu fokussieren.
Danke sehr, Frau Kollegin Frederking. - Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Es ist beantragt worden, beide Drucksachen in die Ausschüsse zu überweisen.
Wir stimmen zunächst darüber ab, ob eine Überweisung erfolgen soll. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist einer Überweisung nicht zugestimmt worden.
Wir stimmen jetzt über den Ursprungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab. Wer stimmt dem zu? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Ursprungsantrag abgelehnt worden.
Wir stimmen nunmehr über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/834 ab. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der
Wir sind am Ende der 11. Sitzungsperiode des Landtages angekommen. Gestern hat der Ältestenrat beschlossen, dass wir am 1. März um 9.30 Uhr eine zusätzliche Sitzung durchführen werden, um die Mitglieder der Bundesversamm