Dieser Vorschlag verfolgt nach eigenen Angaben der EU-Kommission das Ziel, eine Direktvergabe von Dienstleistungskonzessionen zu unterbinden. Vielmehr sollen PPP-Modelle gestärkt werden.
Bereits die Definition „Konzession“ in der Richtlinie macht dies deutlich. Demnach setzt eine Konzession die Übertragung des wesentlichen Betriebsrisikos auf den Konzessionsnehmer voraus. Ein wesentliches Risiko liege vor, wenn nicht garantiert sei, dass sich die Investitionen des Konzessionsnehmers amortisierten bzw. er seine Kosten decken könne - Artikel 2 Nummer II. Zudem ist die Laufzeit einer Konzession auf den Zeitraum zu beschränken, der voraussichtlich zur Amortisation der Investitionen oder der Deckung der Kosten notwendig ist - Artikel 16.
Der derzeit geltende Schwellenwert für Baukonzessionen von 5 Millionen € soll auch auf die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen angewandt wer
den. Dienstleistungskonzessionen zwischen 2,5 Millionen € und 5 Millionen € unterliegen den Vorgaben zur Bekanntmachung - geregelt in Artikel 5.
Die Vergabe von Konzessionen ist oft umfangreich und aufwendig, sodass eine zusätzliche formale Ausschreibung erhebliche Beraterkosten bedingt und strenge Verfahren besonders kleine und mittlere Kommunen unangemessen belasten. Energie, Wasserver- und Abwasserentsorgung unterliegen als Aufgaben der Daseinsvorsorge jedoch bereits kommunalrechtlichen wettbewerbs- und wasserrechtlichen Anforderungen, wobei Versorgungssicherheit, soziale Preisgestaltung, Qualität und Nachhaltigkeit anstatt Marktorientierung im Vordergrund stehen. Die Wahlfreiheit, welche Dienstleistung in welcher Form erbracht wird, muss weiterhin den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften obliegen. Sie darf nicht über EU-Wettbewerbsregeln ausgehebelt werden.
Das Abgeordnetenhaus Berlin hat gestern in seiner Sitzung dem Senat eine einstimmige dringliche Beschlussempfehlung für eine Rüge im Bundesrat am 2. März mitgegeben. Dieser fraktionsübergreifende Beschluss ist - ich formuliere es einmal so - stark an den Ursprungsantrag der LINKEN angelehnt.
Die Koalitionsfraktionen hier im Haus trauen sich dies nicht zu. In Ihrem Alternativantrag - die Betonung soll wohl auf „alternativ“ liegen - zielen Sie zwar ebenso auf die Rüge ab, fallen aber in der politischen Bewertung zu den Konzessionen noch hinter die SPD-CDU-Landesregierung Thüringen zurück. In einer Stellungnahme zur geplanten Konzessionsrichtlinie teilt die Landesregierung in Thüringen dem dortigen Europaausschuss mit - ich zitiere -:
„Speziell im Bereich der Wasserversorgung droht … die Gefahr, dass durch … vergaberechtliche Wettbewerbsregeln eine Liberalisierung eintritt.“
Genau darum geht es. Deshalb müssen wir Ihren Alternativantrag, der aus meiner Sicht keine Alternative ist, samt blumigen Formulierungen ablehnen. Ich bin einmal gespannt auf Ihre Erläuterungen, dass die Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt gerade für sozial Schwächere ein enormer Zugewinn an Chancen sei, wie CDU und SPD geschrieben haben.
Vielleicht ist der Ältestenrat so freundlich und würde einmal in diesem speziellen Fall tatsächlich kritisch prüfen, ob dies ein Alternativantrag ist. - Vielen Dank.
Danke sehr für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Professor Dr. Wolff.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es hier mit einem weiteren Thema zu tun, das den Mitgliedern der LINKEN offensichtlich ein echtes Herzensanliegen ist.
So haben Sie den gleichen Antrag auch im Berliner Abgeordnetenhaus und sicherlich auch noch in dem einen oder anderen Landtag gestellt!
In Berlin ist er übrigens gleich, ohne Plenarbehandlung, in den Ausschuss überwiesen worden. Es kann aber natürlich auch sein, dass Ihnen so am Freitagnachmittag einfach die Themen ausgehen und Sie deshalb dazu übergehen, Anträge aus anderen Landesparlamenten zu recyceln.
(Zustimmung bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Frau Wolff, wir sind die Einzi- gen, die überhaupt noch Themen haben!)
In der Wissenschaft hieße das übrigens „Plagiat“, weil keine Fußnote daran steht; aber es geht hier ja nicht um Doktortitel.
Zum Inhalt: Sie haben einen Sachverhalt herangezogen, der zwischen den Fraktionen inhaltlich ziemlich unstrittig sein dürfte. Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats hat mit der Unterstützung Sachsen-Anhalts in der Sitzung am 16. Februar 2012 beschlossen, den Richtlinienentwurf zu rügen. Aus der Sicht der Länder steht der Vorschlag eindeutig nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang. Bekanntermaßen darf die EU in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig werden, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen in Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können.
Dienstleistungskonzessionen sind gegenwärtig gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2004/18/EG - das ist die Vergabekoordinierungsrichtlinie - und Artikel 18 der Richtlinie 2004/17EG - das ist die Sektorenrichtlinie - nach einer bewussten Entscheidung des EU-Gesetzgebers vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen.
Dies geschah insbesondere, um den Besonderheiten der Dienstleistungskonzessionen in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen und den öffentlichen Auftraggebern und Auftragnehmern eine gewisse Flexibilität zu ermöglichen.
Die Kommission legt nun nicht ausreichend dar, dass eine sekundärrechtliche Regelung der Dienstleistungskonzession auf europäischer Ebene erforderlich sei. Schwerwiegende Wettbewerbsverzerrungen oder eine Marktabschottung, mit denen die
Die Kommission legt keinen Beleg dafür vor, dass sich der Anteil von Dienstleistungskonzessionen an öffentlich-privaten-Partnerschaften in den letzten Jahren negativ entwickelt hätte und eine solche Entwicklung kausal auf die von ihr behaupteten Mängel zurückzuführen wäre.
Auch das Europäische Parlament hat in seinen Entschließungen, zuletzt vom 25. Oktober 2011, ausdrücklich festgestellt, dass eine schwerwiegende Wettbewerbsverzerrung oder eine Marktabschottung bislang nicht erkennbar seien. Infolgedessen hielt es einen Rechtsakt über Dienstleistungskonzessionen nicht für notwendig.
Dienstleistungskonzessionen werden auch heute nicht in einem rechtsfreien Raum vergeben, sondern ihre Vergabe ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie eine Mitteilung der Europäischen Kommission näher konkretisiert worden.
Für die öffentlichen Auftraggeber sind somit die wesentlichen Grundsätze für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen vorgegeben. Danach müssen Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz gewährleistet sein.
Eine Regulierung auf europäischer Ebene stünde zudem im Widerspruch zu den Bestrebungen der Europäischen Union, die europäischen Vergabevorschriften zu vereinfachen, Bürokratie abzubauen und Verwaltungslasten zu reduzieren.
Wie eingangs erläutert, setzt sich die Landesregierung über den Bundesrat für eine Ablehnung der EU-Konzessionsrichtlinie ein. Die Bundesregierung hat bisher dargelegt, dass sie einer Subsidiaritätsrüge wenig Aussicht auf Erfolg einräume.
In einer Ratsarbeitsgruppe der Mitgliedstaaten und der Kommission wird derzeit intensiv über den Richtlinienvorschlag verhandelt. Dabei zeichnen sich durchaus umfangreiche Änderungen ab.
Bei diesen Verhandlungen wird eine bestimmte Taktik der Kommission deutlich, die durchaus Anlass zur Sorge gibt. Es entsteht der Eindruck, dass einige Positionen nur deshalb in die Richtlinie aufgenommen wurden, um gegenüber den Mitgliedstaaten eine größere Verhandlungsmasse anbieten zu können, etwa nach dem Motto: Ich muss das Doppelte fordern, um meine Ziele durchsetzen zu können. Dadurch besteht die Gefahr, dass wir nicht wirklich die beste Kompromisslösung mit einer hohen Akzeptanz in den Mitgliedstaaten erreichen, sondern dass der ohnehin verbreiteten Skepsis gegenüber den ausufernden EU-Regelungen erneut Nahrung gegeben wird.
Zu den Punkten 3 und 4 des Antrags möchte ich anmerken, dass diese Feststellungen des Landtags auch ein politisches Bekenntnis enthalten. Sie
unterstellen eine einseitige Überlegenheit der kommunalen Organisation der Wasserver- und -entsorgung sowie der Energieversorgung. Es gibt sehr wohl positive Beispiele für gut funktionierende kommunale Lösungen als auch für viele gute private Lösungen. Ebenso können wir aber auch über eine Reihe problematischer Episoden aus beiden Lagern berichten.
Kurz und gut: Ich empfehle dem Landtag, den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen anzunehmen. Er nimmt die gerade dargelegten Problempunkte auf und betont zugleich die Bedeutung des europäischen Binnenmarkts für unser Land. - Vielen Dank.
Danke sehr, Frau Ministerin. - Wir treten in eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ein. Als erster Debattenredner spricht für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Tögel.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wirtschaftsministerin hat eben schon dargelegt, wie die Landesregierung die Kommissionsvorlage beurteilt, auf welchem Stand die Verhandlungen im Bundesrat sind und wie die Aussichten für eine Subsidiaritätsrüge auf europäischer Ebene sind.
Herr Czeke, wir haben auch in Absprache mit dem Wirtschaftsministerium einen Alternativantrag vorgelegt. Die Koalitionsfraktionen haben sich darauf geeinigt. Wir können Ihren Bedenken vom Grundsatz her natürlich folgen und haben auch schon in der Vergangenheit gesagt, dass genau beobachtet werden muss, was die Kommission an dieser Stelle macht.
Was Ihren Vorschlag angeht, dass der Ältestenrat prüfen sollte, ob der Alternativantrag gerechtfertigt sei, will ich darauf hinweisen, dass er sich in einem Punkt zentral von Ihrem Antrag unterscheidet. Sie haben das in Ihrem Redebeitrag zu dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt selbst angesprochen, nämlich dass es einen Unterschied zwischen einer Subsidiaritätsrüge und Subsidiaritätsbedenken gibt.
Das ist genau der Unterschied zwischen unseren beiden Anträgen: Sie fordern in Punkt 1 Ihres Antrags einen Antrag zur Erhebung einer Subsidiaritätsrüge. Wir möchten in Punkt 4 unseres Alternativantrags auch aus den Gründen, die die Ministerin eben erläutert hat, dass der Bundesrat in seinem Beschluss darauf hinweist, dass wir Subsidiaritätsbedenken haben. Insofern gibt es einen qualitativen Unterschied.
rin genannt hat, davon ab, eine Subsidiaritätsrüge zu fordern. Deshalb bitte ich auch Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Schönen Dank.
Danke sehr, Herr Tögel. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Weihrich.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Würde die Richtlinie über die Konzessionsvergabe, wie sie im Entwurf vorliegt, in Kraft treten, bedeutete dies eine verpflichtende EU-weite Ausschreibungspflicht für Dienstleistungskonzessionen öffentlicher Auftraggeber. Die Fraktion DIE LINKE hat die Frage aufgeworfen, über die hier diskutiert wird, ob dies mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 des EU-Vertrags vereinbar sei. Ich verzichte darauf, noch einmal im Detail auf das Subsidiaritätsprinzip einzugehen. Frau Wolff hat das schon ausreichend getan.
Ich kann das Ergebnis vorwegnehmen: Auch wir sind vor dem Hintergrund der Formulierung des Subsidiaritätsprinzips der Auffassung, dass der Richtlinienentwurf mit diesem Prinzip nicht vereinbar ist.
Dienstleistungskonzessionen wurden bisher bewusst von den Vergaberichtlinien ausgenommen, um öffentlichen Auftraggebern mehr Flexibilität bei der Vergabe von Dienstleistungen zu ermöglichen. Ich finde, daran sollte nicht gerüttelt werden.
Des Weiteren teile ich die Auffassung, dass die von der Kommission als Begründung für die Richtlinie genannten schwerwiegenden Verzerrungen des Binnenmarkts und die Marktabschottung nicht belegt sind. Deswegen - das sage ich ganz deutlich - ist eine EU-Richtlinie für diesen Bereich aus der Sicht meiner Fraktion nicht erforderlich.
Wir reihen uns in eine breite Front der Ablehnung ein, die sich über alle Ebenen zieht. Die Ablehnung durch den Bundesrat wurde schon genannt. Auch das Europäische Parlament hat in der Entschließung vom 18. Mai 2010 unter Federführung der grünen Europaabgeordneten Heide Rühle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Verzerrungen beim Funktionieren des Binnenmarkts bisher noch nicht festgestellt worden sind.
Im Übrigen hat das Europäische Parlament die Kommission ausdrücklich aufgefordert nachzuweisen, dass europäisches Handeln aufgrund des behaupteten Marktversagens erforderlich sei. Die Kommission hat bis heute keine Belege vorlegen können.