Protokoll der Sitzung vom 27.04.2012

Dazu gibt es Untersuchungen. 80 % der Bürger unseres Landes stehen positiv zur Binnenschifffahrt. Leider vermisse ich das manchmal hier im Raum.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Elbe ist ganz bestimmt nicht Europas letzter frei fließender Fluss, wie von interessierter Seite immer wieder behauptet wird. Es gibt so gut wie keinen Flussabschnitt, der im Laufe der vergangenen Jahrhunderte nicht von Menschenhand verändert worden wäre.

Da erinnere ich mich jetzt ganz gern an die Veranstaltung, die wir mit den Bündnisgrünen am vorigen - ich komme gleich zum Schluss - Montag in Magdeburg hatten. Da sprach der Leiter der Wasserstraßen- und Schifffahrtsdirektion Ost, der sehr geehrte Herr Thomas Menzel, darüber, dass die Elbe auch schon einmal in Genthin angeklopft hat. Wer sich einmal die Flussläufe aus den vergangenen Jahrhunderten zu Gemüte führt, weiß das. Wenn wir all die Leitwerke und Buhnenbauwerke

nicht hätten, dann wäre die Planbarkeit für die Verkehrswege in unserem Bundesland auch für die LINKEN viel schwieriger; denn sie hätten irgendwo nach jedem Hochwasser neue Brücken zu bauen. Die habe ich jetzt gebaut - auch zu Ihnen.

Jetzt wird das Ende der Redezeit angezeigt. Ich darf aber noch zusammenfassen: Der Antrag wertet ein Papier aus, welches es streng genommen gar nicht gibt. Er politisiert zur Unzeit, denn es findet gerade ein absolut begrüßenswerter Dialogprozess unter Fachleuten statt. Er unterstellt Positionierungen von Regierungsstellen, ohne hierfür Ross und Reiter zu nennen. Er unterschlägt Belege, die ihre Thesen unschwer widerlegen dürften. Das Thema ist wichtig und hätte eine ernsthafte Herangehensweise verdient. - Vielen Dank, meine Damen und Herren. Ich mache das sehr ernsthaft und trotzdem locker.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Scheurell, es gibt zwei Anfragen.

Zunächst Herr Abgeordneter Gallert.

Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender, wenn überhaupt.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich habe nie bezweifelt, dass Sie lernfähig seien. Ich habe bezweifelt, dass Sie lernwillig seien. Nun gut.

Sie wissen doch: Und bin ich nicht willig, brauchst du Gewalt.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das trifft bei mir nicht zu, denn meine Daumen sind ja noch heile.

(Frau Bull, DIE LINKE: Die ja!)

Passen Sie auf, dass keine Missverständnisse entstehen. Dann müsste ich in Ihre Selbsthilfegruppe mit dem Innenminister gehen.

Nein. Ich dachte eher so an Fraktionsdisziplin in der eigenen Fraktion.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Ich habe eine Frage, und zwar meinten Sie ausdrücklich, dass durch die erwähnte Staustufe bei Děčín, die hier politisch diskutiert wird und die der Ministerpräsident ausdrücklich befürwortet hat, keinerlei ökologische Nachteile entwickelt würden.

Können Sie mir vielleicht einmal sagen, warum Ihr Parteikollege und Umweltminister aus Sachsen - genau wie der dortige Ministerpräsident - bezüglich dieser Frage zu einer dezidiert anderen Position kommt, das nämlich ausdrücklich bestreitet und sie für ökonomisch sinnlos sowie ökologisch außerordentlich gefährlich hält?

Sehr geehrter Herr Gallert, natürlich ist der sächsische Umweltminister grundsätzlich in einer anderen Position, nämlich viel näher an dem zu bauenden Bauwerk. Aber wir haben - -

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

- Ach, sehr geehrter Herr Hendrik Lange, lassen Sie mich doch bitte ausreden. Ich höre doch Ihrem Fraktionsvorsitzenden auch gern zu. - Also, es ist so - -

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

- Bitte. - Es ist so, dass sich die sächsische Seite natürlich in der Prüfung befindet, ob die Wasserqualität dadurch Schaden nimmt. Das ist richtig. Aber es handelt sich hierbei nun einmal um ein Projekt einer anderen Nation in einem anderen Staatsgebiet. Da haben wir als Sachsen-Anhalter, die wir noch das Gebiet des sächsischen Elbeverlaufs dazwischen haben, nun einmal nicht hineinzugrätschen. So sehe ich das - sehr deutlich.

Die Sachsen können sich natürlich mit der tschechischen Seite ins Benehmen setzen, um Irritationen und Nachfragen auszuräumen. Ich denke, das wird auch ganz partnerschaftlich geschehen.

Es gibt eine zweite Wortmeldung. Herr Abgeordneter Lüderitz.

Herr Scheurell, aus der Antwort ergibt sich noch eine zweite Nachfrage. Ich fange einmal mit dem Letztgesagten an. Sie haben eben gesagt, Sie haben nicht das Recht, dort hineinzugrätschen. Dann frage ich mich, warum der Ministerpräsident mit seinem Kollegen Tillich dahin gehend reden will, dass er seine Auffassung revidiert. Das kann ich auch nur als Hineingrätschen verstehen.

Unter Unionsfreunden ist es doch durchaus möglich, dass man sich öfter mal trifft,

(Zuruf von der LINKEN)

auf gegenseitige wirtschaftliche Interessen abzielt und in einen Diskussionsprozess einsteigt. Das ist etwas ganz Normales. Das machen Sie mit all den vielen Linken, die es in unserem Land gibt, ja auch.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Ja, wenn sie dieser Auffassung sind. - Sie haben jetzt sehr viel gesagt, ohne eigentlich konkret zu werden. Ich denke, über die Schiffbarkeit der Elbe diskutiert hier niemand. Die oberste Prämisse ist die Erhaltung der Elbe als frei fließender Fluss. Trotz vieler menschlicher Veränderungen - die Sie auch immer wieder angesprochen haben - im Laufe der Geschichte unseres Landes und auch der anderen Elb-Anrainer ist die Elbe die einzige oder eine der wenigen mitteleuropäischen Wasserstraßen,

(Herr Schwenke, CDU: Die einzige!)

die noch als frei fließender Fluss von der EU anerkannt werden. Das ist auch Aufgabe der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe mit Sitz hier in Magdeburg; das habe ich bereits erwähnt. Sie haben nicht davon gesprochen, dass Sie diese Prämisse als obere Messlatte anlegen, sondern Sie haben immer wieder davon gesprochen, dass die Elbe der Schiffbarkeit angepasst werden muss.

(Herr Borgwardt, CDU: Zuhören! Zuhören!)

Ich frage noch einmal: Was haben Sie vor, um den frei fließenden Fluss Elbe dauerhaft für Binnenschiffe mit 1,60 m Fahrtiefe auch im Niedrigwasserbereich zu erhalten? Wollen Sie den Ausbau über das jetzige Maß hinaus?

Wir kommen unter dem nächsten Antrag zu dem Thema „Kein Ausbau an der Elbe“. Da werden Sie unsere Meinung dazu noch einmal ganz neu und ganz toll erfahren. Natürlich brauchen wir Unterhaltungsmaßnahmen, gerade in dem Bereich, wo es jetzt noch Defizite gibt; das wissen Sie auch.

Gerade in dem Bereich der ehemaligen Zonengrenze gibt es noch einiges zu tun. Das wissen Sie doch auch. Es muss noch einiges gebaut werden. Die Mittel für ganz Deutschland sind jetzt leider auf 500 Millionen € begrenzt worden. Mit diesen Mitteln müssen wir die ganzen naturschutzrechtlichen Dinge mit bestreiten. Das wird sehr schwierig.

Wir halten daran fest, dass wir die Ausbaumaßnahmen, die einmal besprochen wurden, nicht verfolgen. Wir verfolgen die Unterhaltungsmaßnah

men. Dazu gehört natürlich auch, dass die Buhnen weiterhin so erhalten werden, wie sie einmal gebaut wurden und wie wir sie für die Regulierung des Flussverlaufs benötigen. Sowohl die Leitwerke als auch die Buhnen müssen so erhalten bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Nachfragen gibt es nicht. Danke schön, Herr Abgeordneter Scheurell. - Als Nächster in der Debatte spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Weihrich.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Fraktion der LINKEN außerordentlich dankbar dafür, dass sie die heutige aktuelle Debatte beantragt hat. Das gibt auch mir die Gelegenheit, die Äußerungen von Ministerpräsident Haseloff zum Bau der Staustufe an der Elbe in Děčín zu kommentieren. Diese sind, mit Verlaub, Herr Ministerpräsident, in einem Wort zusammengefasst schlicht als absurd zu bezeichnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Herr Ministerpräsident, mit Ihren Aussagen zur Staustufe bei Děčín haben Sie die Partikularinteressen derjenigen vertreten, die aus reinem Selbsterhaltungstrieb die Zerstörung des größten Naturschatzes in Sachsen-Anhalt in Kauf nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN - Oh! bei der CDU)

Ihre Aussagen sind Wasser auf die Mühlen derjenigen, die die Elbe auch in Deutschland ausbauen wollen. Damit haben Sie nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Sachsen-Anhalts gehandelt.