Protokoll der Sitzung vom 27.04.2012

Auch zu Punkt 4 bitten wir Sie, meine Damen und Herren, um Ihre Zustimmung.

Es gibt bereits jetzt - ich möchte fast sagen: wie immer - Stimmen, die die Beschlussempfehlung als nicht weitreichend genug bezeichnen, und genau gegenteilige Stimmen, die die Beschlussempfehlung als nicht realisierbar und überzogen bezeichnen.

Wir halten diese Beschlussempfehlung für organisatorisch realisierbar. Das Ministerium und die entsprechenden Ausschüsse werden dazu in einem engen Kontakt stehen, und das nicht nur mit dem Parlament und der Verwaltung, sondern vor allen Dingen mit den Praktikern vor Ort. Mit ihnen muss weiterhin und umfänglicher kommuniziert werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir haben die Direktoren der Schulen für Schüler mit geistiger Behinderung eingeladen, um über positive Erfahrungen, aber auch über Problemlagen zu sprechen und um den Erfahrungsaustausch zu befördern. Denn - ich erwähnte es bereits - an den meisten Schulen funktioniert das und an einigen eben nicht.

Meine Damen und Herren! Im Interesse der Kinder und ihrer Eltern, die im alltäglichen Leben ungleich mehr Einsatz und Kreativität an den Tag legen müssen und die jetzt auf eine handhabbare Lö

sung warten, bitte ich Sie um Zustimmung zu unserer Beschlussempfehlung.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. Würden Sie eine Frage von Frau Hohmann beantworten?

Wenn ich kann.

Wir hören uns erst einmal die Frage an.

Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. Ich weiß, dass Sie in Bezug auf diese Problematik sehr engagiert sind. Dennoch habe ich etwas verwundert zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie dem Minister die Unterstützung unseres Hauses bezüglich der pädagogischen Mitarbeiter anbieten, obwohl diese gegebenenfalls nicht in ausreichender Zahl vorhanden sind. Meine Frage ganz konkret: Haben Sie dazu schon Vorstellungen?

Können Sie die Frage beantworten? - Dann tun sie es.

Ich denke, dass wir, wie wir es in der Vergangenheit des Öfteren gesagt haben, konkret diskutieren müssen, Bedarfe erfassen müssen, genau analysieren müssen, wo die Schwachstellen liegen. Wenn das genau auf den Punkt gebracht worden ist - das ist es im Moment eben noch nicht; wir haben zumindest jetzt noch keine konkreten Fakten in der Hand -, dann müssen wir noch einmal in eine parlamentarische Diskussion eintreten. Davon bin ich fest überzeugt.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD, von Frau Grimm-Benne, SPD, und von Frau Nie- städt, SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Kollegin Bull. Bitte schön.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dank meiner Vorredner und Vorrednerinnen muss ich jetzt nichts mehr zu dem Problem an sich sagen; das erleichtert mir die Sache enorm. Ich möchte auch nichts mehr zu dem Spiel „Schraps hat den Hut verloren“ sagen. Dieses Spiel konnten Sie alle be

obachten - geschenkt, das tut jetzt auch nichts mehr zur Sache.

Die Koalitionsfraktionen haben eine Beschlussempfehlung vorgelegt, die uns eine vermeintliche Lösung präsentiert. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn die vergangenen Monate nicht gewesen wären und wenn der gestrige Tag nicht gewesen wäre, hätte ich gesagt: Das geht in Ordnung, ich traue Ihnen. Aber es gibt diese Erfahrungen und diese Erfahrungen sind real. Sie sind bei einigen meiner Vorredner auch schon angeklungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu den Punkten im Einzelnen. Dem ersten Punkt kann man ohne Weiteres zustimmen: Wir brauchen eine Lösung für die nächsten Ferientermine, einschließlich der Sommerferien. Das geht in Ordnung, das würde auch unsere Zustimmung finden.

Unter Punkt 2 sollen die Angebote jetzt bedarfsgerecht geregelt werden und der Runderlass soll verändert werden. Damit bin ich beim Kernpunkt des Ganzen. Meine Damen und Herren! Bisher hat das Kultusministerium i m m e r dafür gesorgt, dass die Bedarfsermittlung nicht bei den Betroffenen ankam. Diesbezüglich kann ich auf die Schilderungen von Frau Lüddemann verweisen. Es ist immer wieder, sogar noch im Februar, nach den lerntherapeutischen Angeboten gefragt worden, und das zu einem Zeitpunkt, obwohl wir seit Monaten darüber diskutiert haben, dass das am Problem vorbeigeht.

(Beifall bei der LINKEN)

Der letzte Brief, der dazu an die Eltern gegangen ist, in dem nach den Bedarfen gefragt wurde, ist, wie gesagt - hier sei auch auf die Kollegin Lüddemann verwiesen -, Freitagabend mit der Bitte an die Schulen gegangen, am Montag solle Vollzug gemeldet werden.

Meine Damen und Herren! Was soll das anderes nach sich ziehen als einen riesigen Vertrauensverlust?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Immer wieder versehen mit zwiespältigen Botschaften hinsichtlich der Nichtzuständigkeit. Der Verweis auf das KiFöG ist dort besonders gern genommen worden, wohl wissend, dass er für die Kinder über 14 Jahren nicht mehr zutrifft.

Die Förderschulen werden mit dieser Frage - diesbezüglich gehe ich jede Wette ein - wiederum alleingelassen, und zwar mit dem Personal, das sie haben. Ich glaube - ehrlich gesagt - nicht, dass wir sie auf diesem Weg zu unseren Verbündeten - mit „unseren“ meine ich jetzt nicht die meiner Fraktion, sondern die der Eltern - machen können.

Ich will auf die gestrige Fragestunde zurückkommen. Gestern war in der Antwort auf die Fragen von Jan Wagner und Hans-Joachim Mewes von

seiten des Kultusministers von 9,5 Stunden die Rede. Bis dato kannte ich eigentlich immer die Angabe zehn Stunden. Er hat mich dann gefragt, woher ich das denn wüsste. Das will ich gleich aufhellen.

Wenn Sie in das Protokoll des Bildungsausschusses vom 1. Februar sehen, dann finden Sie genau diese Ankündigung des Sozialministers - damals war es noch eine 8+2-Lösung - niedergeschrieben.

Ich erinnere die Beteiligten an die letzte Sozialausschusssitzung, in der Frau Hohmann gefragt hat - weil es nicht in der Beschlussempfehlung steht -, an welchen zeitlichen Umfang gedacht wird. Frau Verena Späthe hat uns auch den Gefallen getan, noch einmal klar zu sagen, dass es um zehn Stunden geht.

Worum geht es eigentlich, meine Damen und Herren? - Genau das sind die problematischen Strategien, denen wir in den letzten Monaten begegnet sind. Da weiß ich an einem Tag nicht mehr, was am nächsten Tag gehauen und gestochen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Um mich geht es dabei nicht, sondern dabei geht es um viele Eltern. Für die ist das eine existenzielle Frage.

Die Angebote in den Ferienzeiten sollen vor Ort unter Verwendung der lerntherapeutischen Angebote, der Maßnahmen der örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe unter Federführung des Kultusministeriums auf der verlässlichen Grundlage einer Kooperationsvereinbarung geregelt werden.

Hier ist meine Kritik in der Sache, dass wir auf diese Art und Weise aus dem Problem einer fragmentierten Lösung nicht herauskommen. Es werden Kosten auf die Eltern zukommen. Rechnen Sie sich einmal aus, was der FeD, der Familienentlastende Dienst, oder der FuD, der Familienunterstützende Dienst, in Ferienzeiten kostet.

Die Frage nach den Umständen des Schülerverkehrs werden Ihnen all Ihre verantwortlichen Behörden in den Kreisen auch mit auf den Weg geben. Es wird ungünstige Ortswechsel geben.

Die Konzentration auf die Förderschulen sehe ich als nicht ganz so harmlos an. Zwar sind die Eltern im Moment in einer Lage, jeden Zipfel, den sie kriegen können, zu nehmen. Jedoch ist es für autistische Kinder zum Beispiel hochproblematisch, wenn sie permanent eine andere Ansprechpartnerin oder einen anderen Ansprechpartner haben.

Darüber hinaus denke ich mit Blick auf die Erfahrungen, dass es eine verlässliche, transparente und vor allen Dingen kontrollierbare Regelung über die Ermittlung des Bedarfs braucht, und zwar des Bedarfs, den die Eltern von Kindern mit geistiger Behinderung brauchen.

Wir schlagen deshalb eine andere Lösung vor, und zwar die, die Frau Lüddemann eingangs ihres Wortbeitrags eingefordert hat. Wir haben nämlich schon eine; sie steht im Schulgesetz.

Ich will an dieser Stelle mit zwei gern genommenen Legenden aufräumen. Zum einen ist immer gesagt worden, dass dies eine Kann-Bestimmung sei.

(Zuruf von der CDU: Nein, nein!)

- Selbstverständlich ist das gesagt worden. - Es ist aber keine Kann-Bestimmung. Mittlerweile hat auch Frau Dr. Späthe gesagt: Wir alle kennen den Satz auswendig. Ich würde mir wünschen, dass Sie ihn alle auswendig kennen und richtig zitieren können.

Zum anderen wird behauptet - auch das ist schon gesagt worden; ich will es verstärken -, der Gesetzgeber habe diesen Paragrafen einfach so im Schulgesetz vergessen. Na gut, wir Abgeordneten können uns einen solchen Vorwurf gefallen lassen, aber dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, meine Damen und Herren, traue ich so etwas eigentlich nicht zu.

Im Jahr 1993 ist das Hortgesetz verabschiedet worden. Die Horte an Förderschulen waren zu keinem Zeitpunkt Bestandteil dieses Gesetzes; denn damals hat die Mehrheit der CDU und der FDP diese Horte wieder ins Schulgesetz zurückplatziert. Ich nehme einmal an, dass Sie das bewusst und aus guten Gründen gemacht haben. Damit haben Sie diese auch an die Förderschulen zurückplatziert.

Das war also ein ganz bewusster Akt. In der Tat hatte die Landesregierung damals vor, das Ganze in das Hortgesetz zu überführen. Das hat aber der Gesetzgeber rückgängig gemacht.

All das sind problematische Strategien, die mich in der Summe den Satz sagen lassen, den die Kollegin Lüddemann auch schon gesagt hat: Diesbezüglich fehlt mir der Glaube.

Deswegen schlagen wir Ihnen im Interesse der Kinder und ihrer Familien vor, den vorhandenen Rechtsanspruch in § 8 Abs. 6 des Schulgesetzes verlässlich auszugestalten und klare Kriterien zu verankern.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es geht wirklich um Verlässlichkeit, meine Damen und Herren. Wir brauchen jetzt endlich, mindestens ein Dreivierteljahr, nachdem die Leute von Pontius zu Pilatus gelaufen sind, in dem es Enttäuschungen gab, in dem es Resignation gegeben hat, eine klare, verlässliche Lösung. Wir brauchen Ruhe im System. Das wäre mit der Ausgestaltung dieses Rechtsanspruchs gegeben.