Protokoll der Sitzung vom 07.06.2012

(Frau Grimm-Benne, SPD: Wir sind dabei!)

Dann frage ich Sie, in welchem zeitlichen Rahmen das stattfinden wird.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Sie haben mich in Teilen richtig verstanden. Wir sind nicht dafür, das Ehegattensplitting abzuschaffen, sondern dafür, es systematisch weiterzuentwickeln, damit die Steuerprivilegien tatsächlich in erster Linie bei denen ankommen, die Kinder haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Zwischen Abschaffen und systematischer Weiterentwicklung gibt es einen himmelweiten Unterschied.

(Herr Lange, DIE LINKE: Wann wird das pas- sieren?)

- So schnell, wie man uns lässt.

(Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE)

Frau Dirlich.

Herr Kollege, Sie haben sicherlich gemerkt, dass das Interesse an dem, was Sie inhaltlich vorgestellt haben, bei uns sehr groß ist. Die Ministerin hat nun gar nicht oder nicht so viel inhaltlich argumentiert, sondern sie hat gesagt, dass es im Bundesrat dafür zurzeit keine Mehrheiten gibt. Hat denn Ihr Vorschlag bessere Chancen?

Das wird die Zeit bringen. Also, ich sage mal, man muss nicht nur Vorschläge machen in dem Wissen, dass es dafür sofort eine Mehrheit gibt.

(Frau Bull, DIE LINKE, lacht)

Manche Ideen muss man auch diskutieren und so lange bewerben, bis sie mehrheitsfähig werden.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Bull, DIE LINKE: Dann gilt das doch dafür auch, nicht? Man muss ja nicht erst dann dafür werben, wenn man den Erfolg in der Tasche hat!)

Herr Barthel, ich danke für die Beantwortung von vielerlei Fragen. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Hampel.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Um den Ball von Herrn Barthel

aufzunehmen, ein Blick in das CDU-Grundsatzprogramm. Ich habe es jedenfalls in Auszügen vor mir liegen. Darin sagt die CDU zu diesem Thema

(Zuruf von Herrn Scheurell, CDU)

- ich bin gut vorbereitet -: Wir treten aber dafür ein, das Ehegattensplitting voll zu erhalten und zu einem Familiensplitting zu erweitern.

Vielleicht - damit gebe ich den Ball wieder an Sie zurück - können Sie hier ein Stück weit eine Vorreiterrolle einnehmen. Vielleicht kommen wir nach der Diskussion in den Ausschüssen zu einer entsprechenden Beschlussempfehlung. Das wäre ja mal eine gute Sache.

(Zustimmung)

Aber jetzt zum ursprünglichen Antrag. Ich möchte ein bisschen weiter ausholen.

Eingetragene Lebenspartnerschaften bewirken in Deutschland in vielen Bereichen die gleichen Rechtsfolgen wie die Ehe, wenngleich sie rechtlich nun einmal mit der Ehe nicht identisch sind. Das liegt daran, dass sie nicht in den Schutzbereich nach Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes fallen.

Begründet wird das damit, dass die Ehe nur mit einem Partner des anderen Geschlechts eingegangen werden kann. Daraus ergibt es sich aber nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die eingetragenen Lebenspartnerschaften sich in ihren Rechtsfolgen von der Ehe unterscheiden müssen. Es ist damit nur ausgesagt, dass es kein verfassungsmäßiges Recht auf eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft gibt.

Es ist aber kein Raum mehr für Zweifel, ob das Lebenspartnerschaftsgesetz verfassungsgemäß ist. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2002 ausgeurteilt. Das Erfordernis eines verfassungsgemäßen Abstands zur Ehe - das hört man leider auch immer noch - sieht das Verfassungsgericht nicht vor.

Hingegen dürfe es, so das Bundesverfassungsgericht, zwischen der eingetragenen Lebenspartnerschaft und der Ehe keine Ungleichbehandlungen mehr geben. Der Gesetzgeber ist hierbei also in der Pflicht.

So kam es ja bereits durch den Bundesgesetzgeber Anfang des Jahres 2011 zu einer Übernahme entsprechender Änderungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht. Das wurde hier schon ausgeführt.

(Unruhe)

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP aus dem Jahr 2009 haben sich die Regierungsparteien dazu verpflichtet, gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht weiter abzubauen und dabei insbesondere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von eingetra

genen Lebenspartnerschaften mit Ehegatten umzusetzen. In der Tat, wir haben drei - -

(Unruhe)

Abgeordnete Frau Hampel, warten Sie bitte einmal. - Es ist zu unruhig im Saal. - Bitte sehr.

Wir haben in der Tat Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig, die noch nicht entschieden sind. Obwohl Vizekanzler Rösler den Vorstoß in die Angleichung beim Splitting vorgenommen hätte, gab es dann doch letzten Endes eine Ablehnung und leider noch keine Gleichstellung.

Die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Einkommensteuerrecht besteht hauptsächlich darin, dass sie am Ehegattensplitting und der Steuerklassenwahl nicht teilnehmen dürfen. Zwölf Landesfinanzgerichte haben zwischenzeitlich ausgeurteilt, dass dieser Ausschluss verfassungswidrig sei. Wir warten jetzt eigentlich auf die entsprechende Bescheidung durch das Bundesverfassungsgericht.

Richtigerweise ist es so, dass wir eine faktische Gleichstellung haben durch die Verwaltungsanweisung, die Anträge von Lebenspartnerschaften auf Steuerklassenänderung und auf Angleichung im Splittingverfahren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dann faktisch doch gleichzustellen.

Wir haben also, wie bereits gesagt, in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage von Frau Lüddemann eine sehr positive Aussage der Landesregierung, die die Angleichung im Einkommensteuerrecht begrüßen würde.

Es liegt jetzt letztlich in der Hand des Bundesgesetzgebers, die Abgabenordnung entsprechend zu ändern. Wir als SPD-Fraktion werden dem Vorhaben wie auch einer entsprechenden Bundesratsinitiative unsere volle Zustimmung erteilen.

Daher - das möchte ich hier ausdrücklich hervorheben - bin ich auf die Argumente in den Ausschussberatungen gespannt, welche gegen diese Gleichstellung sprechen. Ein paar haben Sie schon genannt. Aber wir werden sicherlich die Diskussion diesbezüglich dann noch intensiver führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Hoffnung, nach der Beratung im federführenden Finanzausschuss und nach der Mitberatung für im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung diesem Hohen Hause eine Beschlussempfehlung vorlegen zu können, die dem soeben Dargelegten möglichst nahe kommt, bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Frau Abgeordnete Hampel. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Dr. Klein.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE unterstützt den vorliegenden Antrag, auch wenn wir grundsätzlich für die Abschaffung des Ehegattensplittings sind.

(Zustimmung bei der LINKEN - Frau Lüd- demann, GRÜNE: Natürlich!)

Die Individualbesteuerung eines oder einer jeden entspricht den Lebensverhältnissen der Bürgerinnen und Bürger heute weit mehr als die Bevorzugung von Ehen und möglichst noch von EinVerdiener-Ehen und Ein-Verdiener-Ehen ohne Kinder, die nämlich mehrheitlich vom Ehegattensplitting profitieren. Das sind rund 50 % aller Ehen. Sie können die Zahlen nachlesen. Die Statistik habe ich hier. Das kann es wohl nicht gewesen sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Barthel hat es auch gesagt, die eigentlichen Gewinner sind Verheiratete ohne Kinder. Wir möchten nun aber nicht unbedingt ein Familiensplitting, sondern eine Förderung explizit für Kinder. Wir möchten, dass sie bevorzugt und berücksichtigt werden.

Aber bis zur generellen Abschaffung des Ehegattensplittings ist es scheinbar noch ein verdammt weiter Weg. Daher fordern auch wir die steuerrechtliche Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften.

Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz aus dem Jahr 2001 - Frau Lüddemann hat darauf verwiesen - hat der Gesetzgeber auf die veränderte Realität reagiert.

Durch die Umsetzung dieses Gesetzes und des entsprechenden Ergänzungsgesetzes ist in der gesamten Rechtsprechung ein Wandel eingetreten, aber gerade bei der Besteuerung haben wir nach wie vor Nachholbedarf.

Im Hinblick auf das Erbschaftsrecht und die Hinterbliebenenversorgung gibt es bereits Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Daher ist es total unverständlich, dass die Bundesregierung hinsichtlich des Ehegattensplittings auf die nächsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wartet - und das, obwohl im Koalitionsvertrag ein entsprechender Schritt vorgesehen ist. Ich wundere mich auch darüber, dass es im Bundesrat keine Mehrheit dafür gibt.