Protokoll der Sitzung vom 08.06.2012

Hamburg war dann das erste Land, welches im Februar aktiv wurde. Denn man brauchte noch eine Lösung, wie es strukturell anzugehen ist. Sie haben gesagt: Dann wollen wir Leute, die tatsächlich ihre WLANs freigeben wollen, denen, die nach § 8 TMG Inhalte anbieten, gleichstellen.

Was diese Lösung anbetrifft, bin ich ein bisschen emotionslos. Das kann auch im Bundesrat noch diskutiert werden. Das sollte es auch, wenn es der Bundestag nicht will. Aber, okay, die Initiative ist jetzt da, und die Initiative aus Hamburg und auch die Folgeinitiative aus Berlin finden wir prinzipiell unterstützenswert. Insofern müssen wir der SPD und der CDU in Berlin sogar danken.

Allerdings gehen diese Initiativen von der Grundannahme aus, man müsse eine wie auch immer geartete Authentisierung von Nutzern, das heißt ein Identifikationsmerkmal von Personen, nach wie vor aufrechterhalten, damit eine Differenzierung in befugte und unbefugte Nutzer solcher Netze nach wie vor möglich ist.

Das ist nicht mein Verständnis von libertärer Netzpolitik. Ich halte es im Zuge der ganzen Cybercrime-Debatte, von der wir jetzt immer mehr hören, eher für ein falsches Verständnis.

Das ist natürlich auch der zentrale Unterschied zwischen unserem Antrag und dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. Ich weiß, dass Sie sich damit schwertun, dass Sie Netzversorgung prinzipiell so verstehen, dass der Zugang zum Netz immer nur mittels Identifizierungssystemen vonstatten gehen soll. Ich persönlich halte das für eher problematisch. Aber auch Ihr Antrag geht, auch wenn er diesbezüglich unsere Forderung

nicht übernimmt, prinzipiell in die richtige Richtung. Deswegen werden wir den Änderungsantrag auch nicht ablehnen.

Liebe Kolleginnen! liebe Kollegen! Was in Hamburg und in Berlin passieren kann, das muss eigentlich auch in einem ländlich geprägten Flächenland sukzessive gedeihen können. Deshalb fordern wir heute eine wesentliche Grundlage dafür. Das ist die Rechtssicherheit für freie WLAN-Netze. - Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Kollege Wagner. - Für die Landesregierung spricht die Justizministerin Frau Dr. Kolb. Bitte schön, Frau Dr. Kolb.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich gestehe, am Anfang war ich etwas unsicher, ob ich heute hier die richtige Rednerin bin, weil ich den Antrag so verstanden habe, dass es letztlich eher um die Möglichkeit geht, lokale WLAN-Netzwerke zu fördern, indem man im Sinne eines Hotspots einen freien Zugang gewährleistet und Sie quasi nur als Voraussetzung die Rechtssicherheit fordern, damit in Zukunft noch mehr von diesen frei zugänglichen Netzen vorhanden sind.

Ich unterstütze grundsätzlich das Anliegen, dass die Bürger einen freien Zugang zum Internet haben und dass wir auch im öffentlichen Raum, in den Kommunen, bei den Hochschulen, aber auch an öffentlichen Plätzen entsprechende Möglichkeiten haben. Ich glaube, es hat jeder schon erlebt, dass man, wenn man am Bahnhof steht und der Zug nicht kommt, froh ist, wenn man eine Möglichkeit zum Recherchieren hat, um festzustellen, mit welchem Zug man vielleicht weiterkommt. Da hilft einem manchmal die Information nicht so schnell weiter wie das Internet.

Sie haben auch insoweit Recht, als es im Zusammenhang mit dem Internet viele ungeklärte rechtliche Fragen gibt. Das ist nicht nur mit der Frage der Störerhaftung zu beantworten. Man muss sich vielmehr bei bestimmten Fragen generell sämtliche Regelungen anschauen, die manchmal auch über das Telekommunikationsgesetz oder das Telemediengesetz hinausgehen und bestimmte Regelungen im Strafrecht oder im Zivilrecht betreffen. Deshalb bin ich froh, dass auch die Hamburger dieses Thema aufgegriffen haben. Wir werden es nicht nur auf der Grundlage des Antrages im Bundesrat behandeln, sondern wir werden uns auch bei der Justizministerkonferenz in der nächsten Woche mit diesem Thema zu beschäftigen haben.

Dass wir alle die Fallkonstellationen, die Sie hier eben vorgetragen haben, tatsächlich werden lösen können, bezweifle ich. Ich glaube, man muss schon unterscheiden, ob eine Kommune im Rahmen eines Bürgerbüros ein solches Angebot vorhält, meinetwegen auch ein Café als Serviceleistung für die Gäste, oder ob der einzelne Bürger es nutzt.

Sie haben von der älteren Dame, der Oma, gesprochen, die mit den technischen Voraussetzungen einfach überfordert war. Ich glaube, wir werden in Zukunft, auch was die rechtlichen Rahmenbedingungen betrifft, bestimmte Dinge im Hinblick auf die Eigenverantwortlichkeit der Nutzer immer wieder einfordern müssen.

Insoweit ist es stets eine Gratwanderung bezüglich der Verantwortung bei der Nutzung der Technik, was einschließt, dass man bestimmte Sicherheitsvorkehrungen ergreifen muss, damit Dritte nicht Zugriff auf das persönlich eingerichtete WLAN haben.

Das geht so weit, dass, wenn ein iPhone nicht gesichert ist - ich weiß nicht, wer hier ein iPhone nutzt; man sieht ja, wer hier im Raum ein iPhone nutzt -, jemand die Möglichkeit hat, sich über diesen Anschluss einzuwählen und dann Dinge zu tun, die das Strafrecht als strafbar ansieht.

Ich bin der Meinung - das habe ich an dieser Stelle schon verschiedentlich betont -: Wir müssen auch im Internet Recht gewährleisten. Wir müssen die Rechtsdurchsetzung gewährleisten. Das heißt, wenn Straftaten begangen werden, ist es im Interesse der Gesellschaft, dass die dafür Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden.

Dabei geht es eben nicht nur um Urheberrechtsverletzungen und diese Abmahnungen, die Sie angesprochen haben; vielmehr geht es tatsächlich auch um Straftaten. Ich denke nur an die Verbreitung von Kinderpornografie. Aber auch für andere strafbare Angelegenheiten wird das Internet genutzt. Insoweit bewegen wir uns hierbei in einem sehr komplexen Rahmen.

Deshalb bin ich persönlich auf die Diskussionen in der Justizministerkonferenz in der nächsten Woche gespannt. Wir werden dabei auch eng mit den anderen Ländern zusammenarbeiten. Wir werden die Bundesratsinitiative positiv begleiten.

Ich bin mir darin sicher, dass wir über das Thema auch nicht in diesem Hohen Haus bzw. im Rechtsausschuss diskutiert haben. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir treten jetzt in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Für die CDU spricht Herr Kurze. Bitte schön, Herr Kurze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wichtig, dass wir uns im Parlament auch mit diesem Thema beschäftigen. Wir haben eben von unserer Ministerin gehört, dass sich unsere Landesregierung bereits der Sache angenommen hat. Es ist ein klarer Fahrplan aufgezeigt worden.

Ich möchte für unsere Fraktion erklären, dass wir es gut finden, dass wir diesen Fahrplan haben. Wir werden ihn auch unterstützen.

In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit möchte ich sagen, dass ich denke, damit unseren Standpunkt ausführlich deutlich gemacht zu haben.

Ich danke recht herzlich für die Aufmerksamkeit und bitte darum, dass unser Änderungsantrag eine entsprechende Mehrheit erhält. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kurze. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Herbst. Bitte schön, Herr Herbst.

(Herr Kolze, CDU: Sören, mach‘s auch kurz! - Heiterkeit bei der CDU)

Herr Kurze fordert mich zur Kürze auf.

(Heiterkeit - Herr Kolze, CDU: Nein, das war ich!)

- Ach, das war Herr Kolze.

(Heiterkeit)

Ja, ich werde mich auch kurz fassen können. Vom Einbringer des Antrags wurde sehr viel zu den technischen Details gesagt und dazu, worauf es ankommt.

Ich möchte mich aber noch kurz auf Frau Professor Kolb beziehen, weil ich glaube, Frau Kolb, dass Sie vielleicht nicht ganz richtig verstanden haben - das ist nicht böse gemeint -, wie das eine oder andere in dem Antrag gemeint ist.

Sie haben mehr Eigenverantwortung eingefordert, also Verantwortung für diejenigen, die selbst im Internet surfen, die auf die Webseiten gehen, Inhalte verbreiten usw. Genau darum geht es uns. Wir wollen die Haftung eben auf diese übertragen. Darum geht es auch in dieser Bundesratsinitiative.

Im Moment ist es so: Wenn man einen WLANHotspot anbietet - ich zum Beispiel in meinem Wahlkreisbüro biete einen an; der soll möglichst offen sein -, könnte jeder, der sich dort einloggt und im Internet eine Straftat begehen würde, nicht richtig zur Verantwortung gezogen werden; viel

mehr würde etwa ich zur Verantwortung gezogen werden. Das ist das Unding. Das ist genau das, was mit Störerhaftung gemeint ist und was in anderen Ländern anders geregelt ist.

Um nichts anderes geht es in dieser Bundesratsinitiative. Wir wollen Rechtsklarheit schaffen. Ich glaube, das ist ein Ziel, hinter das sich alle Fraktionen in diesem Hause stellen können.

Sie haben den Grundsatz eingefordert, dass Straftaten im Internet verfolgt werden müssen. Ja, das Internet ist kein rechtsfreier Raum, selbstverständlich nicht. Straftäter werden verfolgt, jeden Tag. Nur sie müssen eben verfolgt werden können, mit genauer Zuordnung des Verursachers und nicht durch Pauschalmaßnahmen wie Netzsperren und andere Anachronismen. Dahin müssen wir kommen.

Ich glaube, dass mit dem Antrag ein guter Weg aufgezeigt wurde, wie unser Bundesland hierbei aktiv werden kann: durch Unterstützung der Bundesratsinitiative.

Sie, Frau Kolb, und die anderen Redner, haben das, was ich Ihnen gerade gesagt habe, hoffentlich positiv aufgenommen und werden es hoffentlich in den entsprechenden Gremien und in der Justizministerkonferenz weiter verfolgen.

In dem Sinne habe auch ich mich kurz gefasst und bedanke mich.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der LINKEN)

Wie ein Boot auf hoher See, wo der Wind in die Segel fährt: Wir nehmen Fahrt auf und Herr Kollege Graner erhält das Wort. Er hat einen weiten Weg. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz so kurz werde ich mich nicht fassen;

(Oh! bei der CDU)

denn ich glaube, dass im Hinblick auf die Materie noch einige Unterschiede bestehen. Rechtssicherheit herzustellen - völlig klar -, das ist nicht unser Problem.

Aber Sie, Herr Wagner, bringen mit Ihrem Antrag zwei weitere Punkte ein, denen wir uns nicht ohne Weiteres anschließen können. Diesbezüglich ist mir auch nicht ganz klar geworden, wie Ihre Position, Herr Herbst, dazu eigentlich ist.

(Herr Herbst, GRÜNE: Ich hatte vier Seiten!)

- Okay. Mir war es jedenfalls zu kurz.