Protokoll der Sitzung vom 08.06.2012

Zu den Bemühungen der Landesregierung, den Herausforderungen dieses Umstellungsprozesses gerecht zu werden, gehören unter anderem das im Mai 2009 verabschiedete Zweite Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechtes sowie der noch durch den ehemaligen Innenminister Hövelmann im März 2011 vorgelegte Leitfaden für Rats- und Kreistagsmitglieder.

Zugleich fördert das Land in erheblichem Maße die Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens in den Kommunen. Nach eigenen Angaben wurden bis Mai 2011 Mittel in Höhe von mehr als 7 Millionen € für die Förderung ausgewählter Modellkommunen sowie die Erstattung von Personalkosten für Absolventen der Hochschule Harz im Rahmen des Verwaltungshelferprogramms ausgegeben - vergleiche hierzu Drs. 6/92.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu würdigen sind aus der Sicht der LINKEN alle bisherigen Anstrengungen in den Kommunen, das Neue Haushalts- und Rechnungswesen bis zum 1. Januar 2013 anzuwenden. Klar war und ist, dass die Einführung der Doppik sich nicht ohne eigene Investitionen der Kommunen vollziehen lässt.

Doch rechtfertigen die bisherigen Erfahrungen und die zu erwartenden Ergebnisse tatsächlich die bisherigen und die noch geplanten Investitionen?

Die im Februar 2009 vorgelegte Unterrichtung des Landtages in der Drs. 5/1819 beurteilt diese Frage nach einer umfangreichen Evaluierung im Grunde optimistisch. Seitdem sind jedoch mehr als zwei Jahre vergangen. Somit erscheint es notwendig, dass sich der Gesetzgeber mit dem aktuellen Stand der Doppikeinführung in den Kommunen erneut befasst, um den gegebenenfalls neu entstandenen Handlungsbedarf zu ermitteln und nachsteuernd einzugreifen.

Das dies notwendig ist, unterstreicht beispielsweise die Antwort der Landesregierung vom 9. Mai 2012 auf eine Kleine Anfrage in der Drs. 6/1118, in der ausgeführt wird, dass für die besonderen Ergänzungszuweisungen nach § 8 FAG derzeit noch keine abschließenden Berechnungen vorgenommen werden können, da die Ergebnisse der Jahresrechnungsstatistik 2010 für die noch kameral buchenden und die bereits doppisch buchenden Kommunen nicht kompatibel sind. Ferner heißt es darin, dass an einer Lösung derzeit noch gearbeitet wird.

In den kommunalen Zweckverbänden darf angesichts fehlender Vergleichbarkeit zurzeit bezweifelt werden, dass sich die Qualität öffentlicher Dienstleistungen durch die Anwendung der Doppik verbessern wird. Auch die Fragen meiner Kollegin Hunger in den Fragestunden des Landtages im Oktober 2011 sowie im April 2012 zur Rücklagenbildung bei Kreisen mit doppischer Haushaltsführung und die Antworten des Innenministeriums veranschaulichen die Notwendigkeit der erneuten Befassung im Landtag mit dem Thema; denn vielerorts bleiben derzeit noch Fragen offen.

Kann durch die Einführung der Doppik tatsächlich mehr Transparenz im kommunalen Haushalt erreicht, die Steuerung der Prozesse verbessert, die

Ressourcenverbrauchsorientierung gestärkt und eine höhere Flexibilität im Verwaltungshandeln erreicht werden? Können die strategischen Weichenstellungen in Kommunen hinreichend den zukünftigen Aufgaben gerecht werden? Kann insbesondere die Entscheidungskompetenz der Gemeinde- und Stadträte sowie der Mitglieder der Kreistage gestärkt werden?

Auf das Problem der Vergleichbarkeit habe ich im Zusammenhang mit der Arbeit der kommunalen Zweckverbände sowie im Zusammenhang mit meiner Kleinen Anfrage zum Finanzausgleichsgesetz bereits hingewiesen. In Bezug auf das Finanzausgleichsgesetz und die zukünftigen Bedarfsberechnungen sind längst nicht alle Fragen geklärt. So bleibt zum Beispiel hinsichtlich der Bedarfsermittlung zu fragen, ob Kommunen mit gleicher Steuerkraft bei einem großen Vermögen höhere FAGZuweisungen bekommen sollen als Kommunen, die über ein deutlich kleineres Vermögen verfügen.

Bei der Beantwortung dieser Frage sollten aus der Sicht der LINKEN sowohl die Erhaltung des Vermögens als auch die Frage der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse eine Rolle spielen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! DIE LINKE war in den letzten Wochen wieder einmal auf Kommunaltour. Wir machen das übrigens seit dem Jahr 1991. Wir haben uns im Rahmen der Gespräche auch zu der Frage der Einführung und Umsetzung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens sachkundig gemacht. Festzustellen ist, dass sich einerseits die Doppikeinführung zu einer der größten Herausforderungen für die kommunale Ebene entwickelt hat und dass andererseits der landesseitig erwartete Nutzen vor Ort nicht selten kritisch betrachtet wird. Mancherorts fühlen sich Verantwortungsträger allein gelassen.

Vor dem Hintergrund, dass alle kommunalen Haushalte bis zum 1. Januar 2013 auf die sogenannte Doppik umstellen müssen, hält es DIE LINKE daher für notwendig, dass die Landesregierung den Landtag bis zum 31. August 2012 über den Stand der Einführung dieses Rechnungswesens in den Kommunen unterrichtet. Fragen der Vergleichbarkeit, der Transparenz und der Steuerung sollten ebenso berücksichtigt werden wie die Bewertung des Anlagevermögens, die Probleme der Haushaltskonsolidierung und die Ermittlung der kommunalen Finanzausstattung.

Neben einer vorläufigen Kosten-Nutzen-Bewertung sowie einer Aufstellung der bisherigen Haushaltsumstellungskosten und der von jeder einzelnen Kommune erhaltenen Zuschüsse sollen der gegebenenfalls nötige Handlungsbedarf sowie die möglichen Handlungsstrategien des Landes gegenüber den Kommunen bei der Bewältigung noch vorhandener Probleme und der Klärung noch offener Fragen dargestellt werden.

Im zuständigen Ausschuss für Inneres sollte die oben genannte Unterrichtung bis zum 30. September 2012 vorgestellt und erörtert werden.

Ich habe im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt heute vernommen, dass die anderen Fraktionen bereit wären, die Überweisung dieses Antrags in den Ausschuss zu unterstützen. Wir als einbringende Fraktion sprechen uns ebenfalls dafür aus. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Grünert. - Bevor wir fortfahren, darf ich ganz herzlich eine Besuchergruppe begrüßen, nämlich Damen und Herren der Landsenioren des Altkreises Querfurt. Herzlich Willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Damit jetzt niemand denkt, dass der Oberbürgermeister von Magdeburg zurückgetreten sei,

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

begrüße ich auch explizit den Oberbürgermeister unserer Landeshauptstadt.

(Beifall im ganzen Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt könnte die Landesregierung sprechen. Sie verzichtet darauf. - Oder nicht? - Dann habe ich ein falsches Signal bekommen.

(Minister Herr Bullerjahn: Ich soll das zu Pro- tokoll geben! - Zurufe: Ja!)

- Sie sollen das für Herrn Minister Stahlknecht zu Protokoll geben. So war das wohl abgesprochen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Er hätte das Recht, jetzt das Pult zu stürmen, aber das tut er nicht. Die Landesregierung gibt ihre Rede zu Protokoll.

(Zu Protokoll:)

Mit dem vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE soll die Landesregierung beauftragt werden, zum einen über die Kosten-Nutzen-Bewertung der Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens einschließlich der erhaltenen Zuschüsse jeder einzelnen Kommune sowie zum anderen über den gegebenenfalls nötigen Handlungsbedarf und mögliche Handlungsstrategien des Landes zur Bewältigung noch vorhandener Probleme im Rahmen der Einführung zu unterrichten.

Hiermit übernimmt die Fraktion DIE LINKE erneut einen Vorstoß, die Kosten der Einführung des

Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens zu diskutieren. Bereits in den Kleinen Anfragen 5/6738 vom 21. Januar 2009 und 6/7005 vom 21. April 2011 wurde die Frage nach den Kosten für die jeweiligen Kommunen und nach den finanziellen Förderungen durch das Land gestellt.

Die Unterstützung der Kommunen durch finanzielle Mittel des Landes erfolgte durch die Übernahme eines Teils der Kosten für ausgewählte Modellkommunen in Höhe von ca. 293 000 € sowie durch das sogenannte Verwaltungshelferprogramm, bei dem 70 v. H. der Personalausgaben einer Vollzeitstelle für jeweils einen Absolventen der Hochschule Harz befristet gewährt worden ist. Hierfür sind zum jetzigen Zeitpunkt Erstattungen in Höhe von ca. 7,5 Millionen € zu verzeichnen.

Welche konkreten Ausgaben hingegen in den einzelnen Kommunen bereits entstanden sind oder noch entstehen werden, ist - wie in den Antworten auf die Kleinen Anfragen bereits dargelegt - nicht quantifizierbar. Weder heute noch in der Zukunft lassen sich aus den statistischen Erhebungen derartige von Kommune zu Kommune aufgrund nicht vergleichbarer Gegebenheiten vor Ort sehr unterschiedliche Daten herleiten.

Um eine aussagefähige Kosten-Nutzen-Bewertung vornehmen zu können, wäre es darüber hinaus auch erforderlich, den Nutzen in ein messbares System zu überführen. Die Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens ist jedoch nicht mit dem Umstellungszeitpunkt 2013 abgeschlossen. Bis sich der Nutzen in zahlenmäßig erfassbaren Daten widerspiegelt, werden die Kommunen einen noch viele Jahre andauernden Prozess durchleben und entsprechende Erfahrungen im Umgang mit dem neuen System sammeln müssen.

Ein weiterer Grund dafür, dass derzeit keine aussagefähigen Daten erhoben werden können, ist die Tatsache, dass bis jetzt erst 33 Kommunen das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen eingeführt haben.

Ich komme nun zur Frage nach den möglichen Handlungsstrategien. Die Landesregierung unternimmt bereits jetzt schon alle erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten liegen. Neben der finanziellen Förderung und dem im Antrag bereits erwähnten Leitfaden für Rats- und Kreistagsmitglieder erfahren die Kommunen eine umfassende Betreuung durch die Fachebene, sei es durch die permanente Weiterentwicklung und Anpassung der untergesetzlichen Vorschriften oder durch die Herausgabe von Informationsschreiben und die Beantwortung von Einzelanfragen.

Eine besondere Rolle spielen derzeit die Fragen zur Bewertung. Hier werden viele Erleichterungen für die Kommunen geschaffen, wie jüngst das Beispiel der Einführung der Rückindizierung und der

Ein-Euro-Bewertung im Rahmen der Gebäudebewertung zeigen. Im Ausnahmefall wird Kommunen, für die die Einhaltung des Stichtags zu großen Problemen führt, bereits eine Verlängerung der Einführungszeit gewährt.

Aus den vorgenannten Argumenten heraus sehe ich derzeit keinen Anlass, dem Ausschuss für Inneres in dieser Angelegenheit zu berichten.

Die Fünfminutendebatte beginnt jetzt mit dem Redebeitrag der Kollegin Schindler. Bitte schön, Kollegin Schindler.

Ich habe keinen Redebeitrag in dem Sinne. Es ist schon angekündigt worden, dass sich die Redner zu diesem Tagesordnungspunkt darauf verständigt haben, dass sie gemeinsam eine Überweisung des Antrages in den Innenausschuss befürworten, um die Argumente im Innenausschuss auszutauschen. Damit verzichten wir heute auf unsere Redebeiträge.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Vielen Dank, Kollegin Schindler. - Ich sehe und höre niemanden, der mit Vehemenz das Wort ergreifen möchte. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag auf Überweisung in den Innenausschuss vor. Wer ist dafür, dass der Antrag in den Innenausschuss überwiesen wird? - Das ist das ganze Haus. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Damit ist der Antrag überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 20 ist abgeschlossen worden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns noch einen Moment aufmerksam sein. Sie alle haben den

Programmablauf der in Stendal stattfindenden Veranstaltung bekommen. Versammlungsleiter ist unser Kollege Herr Wunschinski. In seinem Namen soll ich allen, die mitfahren, Folgendes ausrichten: Der Bus fährt um 16.30 Uhr, also halb fünf Uhr, vor dem Landtag ab. Wir haben, da wir ein Stück weit in die Stadt Stendal hineinfahren, auf einem großen Parkplatz, wo die Pkw-Fahrer umsteigen können, ein Stück zeitliche Verhandlungsmasse, wie schnell wir dann weiterfahren. Ich glaube, wir sind ganz gut beraten, an einem Freitagnachmittag pünktlich loszufahren.

(Herr Tögel, SPD: Bleibt es bei 18 Uhr?)

- Um 18 Uhr ist der Zwischenhalt, so steht es hier. Wir belassen es dabei. Jeder ist gut beraten, wenn er ein paar Minuten vorher dort ist. Die Busse bleiben so lange vor Ort.

Herr Wunschinski hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Wir sollten ihm noch einmal zuhören.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Ein kurzer Hinweis für die Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Auto fahren: Es wird Polizei präsent sein und unter Umständen müssen die, die mit dem eigenen Pkw fahren, den Pkw öffnen. Planen Sie wirklich ein bisschen mehr Zeit ein. - Danke.