Vielen Dank. - Frau Kollegin Hunger, eine Anfrage? - Herr Ministerpräsident, möchten Sie die Anfrage beantworten?
Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie fragen: Wie werden Sie sich denn nun in Berlin positionieren? Im Sinne des Antrages, wie wir ihn formuliert haben, dass das Moratorium zu einer dauerhaften Stilllegung führt, oder nicht?
Sie wissen genau, welche Entscheidungen auf der Bundesebene in der Zuständigkeit der Bundesregierung getroffen worden sind. Das heißt, die Ethikkommission arbeitet. Die Ethikkommission wird am 28. Mai 2011 einen entsprechenden Vorschlag machen. Die Ethikkommission ist sehr, sehr breit besetzt und wird zum 30. Mai 2011 einen entsprechenden Bericht vorlegen.
Dieser Bericht wird von der Bundesregierung und von der Bundeskanzlerin abgewartet werden. Es gibt keine präjudizierenden Vorarbeiten entsprechend den Dingen, die in diesem Meinungsbildungsprozess laufen, sodass in einer Kabinettsbefassung Anfang Juni 2011 auf der Basis dieses Berichts der Ethikkommission ein entsprechender Bericht vorgelegt wird und eine entsprechende Kabinettsvorlage vorbereitet wird.
Unsere Gespräche, die wir mit den Fachressortministern und den Bundesministern auf dem Weg dahin führen, sind ganz klar durch das geprägt, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben; das ist der frühestmögliche Ausstieg.
Darin gibt es sogar eine Formulierung, die ich hineingebracht habe, nämlich dass der frühestmögliche Ausstieg nicht nur eine Rückkehr zu der bisher zugrunde gelegten rechtlichen Zeitachse bedeutet, die von der alten rot-grünen Regierung festgelegt wurde, sondern dass es darüber hinaus durchaus auch Beschleunigungseffekte geben kann, wenn sie denn technisch und volkswirtschaftlich umzusetzen sind. Das ist auch für mich eine ganz klare Marschrichtung für die weitere Verhandlung und Meinungsbildung mit der Bundesregierung.
vom Netz genommenen Kraftwerke in die Energieversorgung der deutschen Volkswirtschaft nicht. Ich halte das technisch für nicht möglich, weil ich nach der Auswertung der Szenarien in Japan die finanziellen Aufwendungen für die Nachrüstung einfach für zu hoch halte. Diese Mittel können günstiger eingesetzt werden in den anderen Brückentechnologien bzw. für Alternativen wie die erneuerbaren Energien. Das ist aber meine persönliche Meinung.
Ich bin nicht die Bundeskanzlerin, sondern ich bin hier von Ihnen nach meiner persönlichen Meinung gefragt worden. Ansonsten können Sie alles andere im Koalitionsvertrag nachlesen.
Ich empfehle einen Blick auf die Uhr und würde eine letzte Frage zulassen, wenn Sie darauf bestehen.
Es ist eigentlich nur eine kurze Ergänzungsfrage. Es gibt bisher den Entwurf der Ethikkommission, in dem eigentlich schon empfohlen wird, das Moratorium sozusagen in die dauerhafte Stilllegung zu überführen. Wenn das so bleiben sollte und auch wirklich im Bericht so enthalten ist, würden Sie dem dann folgen können?
Sie können ganz klar davon ausgehen - das ist übrigens eine ganz aktuelle Information, die erst am vorgestrigen Abend während eines Termins mit der Kanzlerin abgeglichen wurde -, dass das Votum der Ethikkommission für das weitere Handeln der Bundesregierung sehr entscheidend sein wird und dass sie bewusst wartet, bis dieser Bericht am 30. Mai 2011 vorgelegt wird, um darauf aufbauend einen Kabinettsbeschluss vorzubereiten.
Dass es gegebenenfalls technische Modifikationen geben muss - wir alle wissen, dass wir uns in dieser Volkswirtschaft nicht das Wünschenswerte, sondern nur das technisch Umsetzbare zumuten können -,
ist eine ganz klare Sache. Aber die Stringenz der Aussagen im Koalitionsvertrag dieser Landesregierung zum frühestmöglichen Ausstieg lassen sich sozusagen in alle weiteren Entscheidungsschritte projizieren. Sie können davon ausgehen, dass ich das konsequent vertreten werde.
Wir schließen den Tagesordnungspunkt somit ab. Uns liegt der Antrag vor. Dazu liegen ein Änderungsantrag und verschiedene Vorschläge in Bezug auf den Umgang mit diesen beiden Drucksachen vor. Nach unserer Geschäftsordnung haben wir zunächst über den Antrag auf Überweisung des Ursprungsantrages der Fraktion DIE LINKE abzustimmen. Wenn dieses Ansinnen eine Mehrheit bekommt, würde der Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE automatisch mit überwiesen werden.
Ich stelle somit die Überweisung des Antrags der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/28 zur Abstimmung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist eine Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen beschlossen worden. Der Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE in der Drs. 6/54 ist damit ebenfalls überwiesen worden. Wir beenden diesen Tagesordnungspunkt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fragen der Wirtschaftspolitik und der Wirtschaftsförderpolitik haben immer wieder in diesem Hohen Hause spannende Debatten hervorgerufen, geht es doch um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage, wie viel Geld die Politik in die Hand nehmen will oder muss, um die Marktbedingungen der Unternehmen direkt oder indirekt zu beeinflussen.
Gestern hat Ministerpräsident Herr Haseloff in seiner Regierungserklärung bekanntgegeben, er wolle die Wirtschaftsförderpolitik in einigen markanten Punkten revidieren. Es geht um solche Punkte wie mehr Qualität statt Masse, Berücksichtigung bestimmter Jahreseinkommen bei Dauerarbeitsplätzen oder Ausschluss von Unternehmen, die zu viele Leiharbeiter beschäftigen. Es sei notwendig, so die Aussage, das Instrument Förderpolitik zu schärfen. - Nun, dann wollen wir mit unserem Antrag den Schleifstein einmal in Bewegung setzen.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion vom März 2011 wird deutlich, dass in den letzten Jahren staatliche Fördermittel der Europäischen Union sowie des Bundes und des Landes in Höhe von 1,27 Milliarden € in mehr als 1 500 Projekte geflossen sind. Damit wurden Gesamtinvestitionen in Höhe von 7,4 Milliarden € bewirkt.
Der Anteil von Neuansiedlungen beträgt dabei nur durchschnittlich 20 % und weniger. Projekte mit beantragten Lohnkostenzuschüssen hatten daran einen Anteil von 1 % bis maximal 2 %. Das Land hat aus seinem Haushalt in den letzten fünf Jahren insgesamt Mittel in Höhe von ca. 400 Millionen € bereitgestellt. - So weit die Fakten in Kürze.
Betrachtet man die Zahlen in der Kleinen Anfrage jedoch genauer, so stellt man fest, dass gerade bei den Erweiterungsinvestitionen in bestehende Unternehmen stets ein Anteil von mehr als 50 % auf die vier Kategorien Errichtung, Erweiterung, Diversifizierung oder Lohnkosten entfiel. Es wäre interessant zu erfahren, wie hoch eigentlich der Anteil von Mehrfachförderungen in diesen Bereichen war.
Am meisten hat mich die letzte Antwort auf die Fragen unserer Kleinen Anfrage verblüfft. Der Sinn der Frage bestand nämlich darin, herauszufinden, ob in Sachsen-Anhalt überhaupt Investitionen stattfinden, ohne dass Fördermittel fließen. Die Landesregierung erklärte dazu, dass ihr dazu keine Erkenntnisse vorliegen. Wie viele Investoren gibt es eigentlich in Sachsen-Anhalt, die investieren, ohne die Hand nach einer öffentlichen Finanzierung auszustrecken? Das wäre doch einmal eine spannende Frage.
Meine Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag haben die die Regierung tragenden Fraktionen vereinbart, zeitnah ein Fördermittelkonzept für die Vergabe zu entwickeln, welches auch die Einhaltung von sozialen und tariflichen Standards beinhaltet.
Minister Haseloff verkündete bereits Anfang Februar, dass nach der Landtagswahl im zweiten Quartal 2011 nach einer Anhörung der betroffenen Verbände eine neue GA-Richtlinie erarbeitet werden solle. Unsere Fraktion ist der Auffassung, dass nicht nur die Geldempfänger, sondern auch der Geldgeber, nämlich der Landtag, angehört werden müssen, bevor eine solche Entscheidung gefällt wird.
Wir können davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren die Zuführung von Mitteln aus der Europäischen Union zurückgehen wird. In der mittelfristigen Finanzplanung des Landes ist bisher stets davon ausgegangen worden, dass die Kofinanzierung der Bundes- und der EU-Mittel gesichert sei. Die Frage wird deshalb sein, ob künftig die Finanzkraft vorhanden sein wird, um gegebenenfalls
dem Ausfall von Bundes- und EU-Mitteln entgegensteuern zu können. Die Debatte dazu ist gerade im Zusammenhang mit der Frage, welche Steuereinnahmen wir in den nächsten Jahren zu erwarten haben, angestoßen worden.
Erstens. Vor der Änderung der Verordnung zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ist eine Analyse des Investitionsgeschehens in den letzten Jahren und dessen Auswirkungen auf die Stärkung der Wirtschaftskraft und die Beschäftigungssituation des Landes im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft vorzulegen.
Wir sind eben der Auffassung, dass eine gründliche Analyse des in den letzten Jahren erfolgten Investitionsgeschehens erforderlich ist. In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage zur Investitionsentwicklung im Zeitraum von 2005 bis 2010 - das Papier ist als Drs. 5/3149 in den Landtagsdokumenten zu finden - wurden viele Fakten genannt, aber es wurde keine Bewertung vorgenommen bzw. keine Schlussfolgerung für die Zukunft gezogen.
Nun wird mancher meinen, dass allein schon die Erstellung eines solchen Berichts unter Umständen bis zur nächsten Landtagswahl dauern wird. Ich bin mir sicher, dass es so lange nicht dauern wird. Denn bereits im Februar 2011 wurde dem damaligen Kabinett über das Ansiedlungs- und Investitionsgeschehen in den letzten Jahren berichtet. Meine Damen und Herren! Darüber hinaus fertigt die Investitionsbank in jedem Jahr gründliche Berichte zu den unterschiedlichen Kategorien der Wirtschaftsförderung an.
Es ist an der Zeit, öffentlich darüber zu informieren und vor allem Vorschläge zur Bewertung und für künftige Anforderungen an das Fördergeschehen zu unterbreiten; denn wenn eine neue Verordnung in Kraft gesetzt werden soll, dann muss man doch zumindest die Wirksamkeit der alten einer kritischen Analyse unterziehen. Deshalb sollte es kein Problem sein, bereits in der Ausschusssitzung im Juni 2011 darüber zu berichten.
Zweitens. Wir möchten, dass die Gestaltung der künftigen Förderpolitik konsequent mit einer Arbeitsplatzbindung versehen wird und dass bei den Kriterien für die Zahlung von Zuschüssen existenzsichernde, subventionsfreie Arbeitsverhältnisse mit tariflicher Entlohnung bzw. einem Mindestlohn von 8,50 € sowie weitere soziale und ökologische Faktoren berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren! Das stellt für die Koalition sicherlich eine hohe Hürde hinsichtlich der Zustimmung dar. Aber war es in der Vergangenheit nicht häufig so, dass vielfach nach dem unterneh
merischen Konzept und seiner bankenmäßigen Absicherung gefragt wurde, während die Qualität der geförderten Arbeitsplätze kaum eine Rolle spielte - außer in der Frage der gezielten Förderung von Lohnkosten bei einem Mindestbruttogehalt von 25 000 €, also von etwas mehr als 2 000 € im Monat? Solche Förderfälle haben einen Anteil an der Gesamtförderung von 1 bis 2 %. Es war offenbar nicht lukrativ, Arbeitsplätze direkt gefördert zu bekommen. In Sachsen liegt die Grenze übrigens bei 31 100 €.
Nunmehr soll nach dem Willen der Koalition die Fördermittelvergabe an tarifliche und soziale Standards gebunden werden. Uns würde schon interessieren, wie die konkreten Vorschläge dafür aussehen.
Herr Fraktionsvorsitzender Schröder sagte gestern bei seiner Erwiderung zur Regierungserklärung: Ja zu sozialen Standards, aber nein zu einem Einheitslohn per Gesetz.