Richtig ist, Herr Minister, dass man über das FAG nicht alle Probleme der Landesentwicklung heilen kann. Den Anspruch haben wir auch gar nicht. Richtig ist aber auch, dass bei der Verteilung strukturelle Unterschiede auf Landkreisebene, auf kommunaler Ebene beachtet werden müssen, da es ohne eine solche Differenzierung kein gerechtes System geben kann.
Ich bin auch der Auffassung, dass diesem Grundanspruch mit dem Entwurf schon Rechnung getragen worden ist, ob es die Kreisstraßen sind, ob es die Schülerbeförderung ist oder die Frage, wie wir
mit Demografie und kinderreichen Kommunen umgehen. Da wächst ein zartes Pflänzchen, bei dem man genau das als Anspruch definiert hat.
Wir sind der festen Überzeugung, dass nur über diesen Weg - über die Frage, ob man das noch ausbaut, kann man sicherlich trefflich streiten - eine bedarfgerechte Verteilungssymmetrie erzielt werden kann. Vor diesem Hintergrund können die Folgen der Demografie gerade in Sachsen-Anhalt aufgrund der überdurchschnittlichen Betroffenheit im FAG nicht unberücksichtigt bleiben. Sie haben zu Recht Eingang in das Gesetz gefunden. Die Frage ist, wie man dies am besten tut und welche Wirkung der Bedarfsindikator Demografie am Ende haben sollte.
Verehrte Abgeordnete! Zunächst muss man sich die Frage stellen, was Demografie bewirkt. Demografie führt zu Leerstand. Demografie schwächt die Tragfähigkeit der Infrastruktur, unabhängig davon, ob es sich um Schulen, Kitas, Rathäuser oder kostenrechnende Einrichtungen handelt.
Demografie macht Anpassungsprozesse notwendig, die zunächst Folgekosten verursachen, bevor signifikante Einsparungen sichtbar werden. Dass diese Einsparungen linear mit dem Bevölkerungsverlust realisiert werden können, ist gerade im öffentlichen Sektor aufgrund erheblicher Remanenzkosteneffekte unwahrscheinlich.
Im aktuellen Entwurf versucht man, dieser Entwicklung innerhalb der einzelnen kommunalen Gruppen auf der Ebene des vertikalen Finanzausgleichs durch die Anrechnung der höchsten Einwohnerzahl in den letzten fünf Jahren zu begegnen. Der Minister hat es bereits ausgeführt.
Da innerhalb der einzelnen Gruppen vor allem der kreisangehörige Raum von den Fragen der Demografie stark betroffen ist, marginalisiert sich natürlich der Verteilungseffekt innerhalb dieser Gruppe deutlich.
Vor diesem Hintergrund möchten wir gern darüber sprechen, ob man den Faktor Demografie nicht an anderer Stelle zu einer größeren Wirkung führen kann und dementsprechend dann die Dämpfungseffekte erzielt, die für die Anpassungsprozesse notwendig und sinnvoll sind. Um nichts anderes geht es. Es geht um die Frage, wie wir diesen Faktor nutzen, um die Balance zu verbessern.
Ich halte es auch für sehr misslich, dass im Zusammenhang mit dieser Diskussion gleich eine Neiddebatte angestoßen wird, dass der kreisangehörige Raum gegen kreisfreie Städte agiert. Ich habe auch die Pressekonferenz der Oberbürgermeisterin und der beiden Oberbürgermeister sehr aufmerksam verfolgt. Ich glaube, es ist einer Lösung eher abträglich, wenn man versucht, auf diese Art und Weise die Gefechte auszutragen.
Mir muss auch niemand erklären, welche besondere Stellung die Oberzentren für das Land SachsenAnhalt haben. Ich bin gebürtiger Magdeburger und wohne im Umland. Ich weiß, dass diese für die Tragfähigkeit der gesamten Region von enormer Bedeutung sind.
Das war im Übrigen auch der Grund, warum wir uns gerade in den Fragen der Hauptansatzstaffel relativ schnell einig waren. Dass die Mittelzentren und die Siedlungskerne für die Versorgung, für die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum eine besondere Stellung haben, dass wir diese nicht zusätzlich schwächen, sondern dass wir sie stärken müssen, das haben wir gemeinsam hinbekommen.
Wir werden auch in der Frage - darin bin ich mir sicher -, wie das Verhältnis von kreisfreien Städten und kreisangehörigem Raum künftig ausgestaltet werden soll, einvernehmlich Lösungen finden, an denen sich die Geister überhaupt nicht scheiden werden.
Ich sehe auch keinen potenziellen Dissens; denn ich habe noch niemanden gehört, der sich aktiv von der Idee der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in Sachsen-Anhalt verabschiedet hat. Das kann man hier gern sagen. Aber wenn wir diesen Anspruch definieren, dann müssen wir auch unser ganzes Handeln, unsere ganzen Aktivitäten darauf ausrichten, die Chancengleichheit in unserem Land im Wesentlichen zu erhalten.
Die Abhängigkeit der Gruppen voneinander - um dieses Thema abzuschließen - ist nach unserem Verständnis groß genug, sodass es gerechtfertigt ist zu sagen, dass einer ohne den anderen dauerhaft nicht stabil existieren kann. Das wird man nur mit Solidarität untereinander hinbekommen.
Daher finden wir auch den Begriff der kommunalen Familie sehr zutreffend. In einer gut funktionierenden Familie hilft man sich gegenseitig und zeigt sich solidarisch. Zumindest ist das ein Familienbild, das meiner Fraktion eigen ist.
Nur so werden wir die vor uns liegenden Aufgaben gemeinsam bewältigen können. Allein von diesem Gedanken lassen wir uns bei unseren Vorschlägen leiten. Wir lassen uns nicht einreden, dass wir in irgendeiner Weise auf der Suche nach vermuteten Mehrheiten die eine oder andere Seite stärken und bevorteilen wollten.
Gerade die Frage der systematischen Integrität des Gesetzes ist für uns das Credo, das alle diese Debatten begleitet: die Frage der Rechtssicherheit, der systematischen Integrität. Anders kann es nicht sein. Denn wir wissen heute schon, dass das FAG mit Sicherheit wieder Anlass für Klagen und Widersprüche, für Rechtsstreitigkeit sein wird.
Wir sind gut beraten, wenn wir in diese ganze Systematik möglichst wenig politisch reingrätschen und stattdessen versuchen, die Mittel über nach
vollziehbare Kriterien so zu verteilen, dass das FAG auf dem Klageweg nicht zu Fall gebracht werden kann.
Im Anschluss, bitte. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man über zusätzliche Bedarfsindikatoren und Demografie spricht, muss man auch einige Sätze zum neuen Faktor U 6 sagen. Die Kinderkomponente im FAG ist ebenfalls neu und bei genauer Betrachtung korrelieren Demografiefaktor und U-6-Faktor miteinander. Beide Indikatoren lassen sich unter die Überschrift „Bevölkerungsentwicklung“ subsumieren.
In Bezug auf die Abgrenzung dieses Faktors zum KiFöG und die Frage, wie dieser Faktor ermittelt wurde und ob die angestrebte Wirkung in Kombination mit dem Faktor Demografie erzielt wird, haben wir noch eine Reihe von Fragen und Verständnisproblemen.
Die Grundausrichtung teilen wir auf jeden Fall. Bemerkenswert ist für uns, dass im Ergebnis einer Regressionsanalyse - - Ich habe die Begründung interessiert gelesen. Dennoch kann ich nicht nachvollziehen, woher die Differenzierung zwischen 6,7 im kreisangehörigen Raum und 2,8 im kreisfreien Raum kommt.
Ich verstehe das momentan so, dass die Demografie, im speziellen Fall der unter Sechsjährigen, zu einem höheren Pro-Kopf-Bedarf führt und nicht zu einem geringeren. Das wäre eher ein Anhaltspunkt für die These, dass Demografie Folgekosten verursacht, die an dieser Stelle bedarfssteigernd wirken.
Ich gebe aber zu, dass mir die Begründung da nicht wirklich weitergeholfen hat und ich mich schon auf die Erklärungen in den Ausschussberatungen freue. Das wird uns sicherlich noch im Detail erklärt werden.
Eine weitere erwähnenswerte Neuerung unter der Überschrift „mehr Solidarität“ - der Minister hat es angesprochen - ist die Finanzausgleichsumlage. Hierzu können wir als Fraktion ganz klar sagen: Wir teilen diesen Ansatz. Wir halten es für längst überfällig, dass wir gerade das Prinzip der Gesamtsolidarität innerhalb des Systems stärken.
Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass es dafür von den Geberkommunen wenig Applaus geben wird und dass die jetzt schon mit Sorge die ersten Entwürfe, auch was das Zahlenwerk angeht, lesen. Aber diejenigen, die sich Solidarität leisten können, müssen bei der Finanzierung des Gesamtsystems und bei der Lösung der vor uns
Ich mache keinen Hehl daraus, Herr Minister, dass meine Fraktion eine gewisse Sympathie für das gezielte Abschöpfen hegt, wie es in Sachsen notwendig ist. Wenn aber am Ende die Idee der allgemeinen Finanzausgleichsumlage dazu führt, dass das rechtssicherer ist und nicht wieder zu Fall gebracht wird, dann unterstützen wir Sie auch dabei. Am Ende ist wichtig, dass wir den Solidaritätsgedanken stärken und nicht aufgrund besonderer Betroffenheiten einknicken.
Ich werde diesbezüglich mit gutem Beispiel vorangehen. Bei mir im Bördekreis gibt es eine Reihe von Kommunen - ich glaube, es ist der überwiegende Teil der Kommunen -, die massiv von der Finanzausgleichsumlage betroffen sind. Das darf aber für einen Landespolitiker kein Grund sein, Wahlkreisinteressen über das große Ganze zu stellen. Das werden wir auch nicht tun.
Man muss sicherlich noch einige Sätze zu den besonderen Ergänzungszuweisungen sagen. Herr Knöchel hat mir dazu schon eine Vorlage geliefert.
Richtig ist, dass wir von Anfang an davon überzeugt waren, dass ein aufgabenangemessenes FAG transparenter und nachvollziehbar wird, wenn man versucht, die Kostenblöcke herauszulösen, die tatsächlich nicht an der Einwohnerzahl, sondern an der Aufgabengröße zu bemessen sind und die man explizit auch definieren kann.
Es war für uns selbstverständlich, dass man die Unterhaltung der Kreisstraßen nicht an der Einwohnerzahl festmacht, sondern an der Länge des Streckennetzes. Das ist eine Kausalität, die auf der Hand liegt; denn die Frage des Straßenverschleißes hat nicht in erster Linie damit zu tun, wie viele Personen entlang der Straße wohnen, sondern damit, wie viele darauf fahren.
Das ist überregionaler Verkehr. Daher bin ich froh, dass darüber nie Dissens bestand, sondern dass wir das sofort gemacht haben.
Man muss sich diese Position natürlich noch ansehen. Ich habe heute gehört, dass die Zahlen noch am Floaten sind. Es gibt dazu regelmäßig neue Berechnungen und Modelle.
Wir hatten erwartet, dass dieser Kompensationseffekt - - Wir haben quasi die besonderen Ergänzungszuweisungen gegen den Dünnbesiedelungsfaktor eingetauscht. Das halte ich von der Systematik her auch für wesentlich besser, weil es stärker der Idee der Aufgabenangemessenheit folgt. Allerdings ist es in den flächengroßen Altmarkkreisen, was den Dämpfungseffekt angeht, durch den Tausch seltsamerweise fast ein Nullsummenspiel
Ich komme aber noch zu einer anderen These. Ich habe eine gewisse Leidenschaft für Verkehrs- und Infrastrukturpolitik. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass dadurch, dass wir die 10 Millionen € aus den Schlüsselzuweisungen herausgelöst haben und die einfach durch 4 300 km geteilt haben, die 2 300 € pro Kilometer Kreisstraße den Zuschussbedarf nicht - ich sage einmal - in voller Höhe decken, sodass die Kompensation nicht hoch genug ausfällt.
Ich will auch sagen, woher ich das nehme. Ich habe im Vorfeld eine Reihe von Recherchen dazu angestellt, wie andere mit der Unterhaltung der Kreisstraßen umgehen. Es gibt momentan einen Referentenentwurf in Sachsen. Dort hat die Straßenbauverwaltung untersucht, wie hoch nach Abzug eigener Einnahmen - Kreisumlage usw. - der tatsächliche Zuschussbedarf ist. Dabei ist man auf den stattlichen Wert von 5 400 € pro Kilometer Kreisstraße gekommen.
Jetzt spekuliere ich einfach einmal und sage: Wenn wir im letzten Jahr 15 Millionen € mehr für ein Schlaglochprogramm brauchten, was im Wesentlichen in Kreisstraßen geflossen ist, und dazu die 9 Millionen € addieren, die drin waren, dann kommen wir auf den Betrag, den die Sachsen momentan dafür vorhalten. Das würde natürlich ein völlig anderes Gesamtbild ergeben.
Aber da müssen wir uns die Zahlen, die - wie ich eben gehört habe - dynamisch sind, genau ansehen und müssen schauen, dass die Balance am Ende passt und dass wir tatsächlich Aufgabengröße und Mittelbereitstellung in Einklang bringen. Aber das ist, glaube ich, Feintuning, was man gemeinsam auch hinbekommt. Die Richtung stimmt auf jeden Fall; die finden wir gut.
Abschließend noch eine Anmerkung zur Investitionspauschale, bevor da andere wieder „hier“ rufen und sagen, dass es ihre Idee war. Investitionspauschale und Verstetigung von kommunalen Investitionen war für uns schon ein Thema in dem Reparaturgesetz 2012.
Nicht nur für uns, man muss fairerweise sagen: auch für unseren Koalitionspartner. Insofern fühlen wir uns durch das Gutachten von Professor Deubel in der Linie bestätigt. Er hat gesagt, dass kommunale Investitionen dauerhaft notwendig seien und dass die geplante Abschmelzung im Zusammenhang mit den rückläufigen Mitteln des Solidarpakts kein guter Plan sei.