Protokoll der Sitzung vom 20.09.2012

Zu der Investitionspauschale muss man noch ein paar Sätze mehr sagen. Wenn wir sie so beibehal

ten, was eine wahnsinnige Kraftanstrengung für das Land und den Landeshaushalt ist - darüber sind wir uns im Klaren -, dann muss man auch dafür sorgen, dass mit der Investitionspauschale Investitionen in den Landkreisen erfolgen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Jetzt will ich nicht unbedingt über eine harte Zweckbindung reden. Aber ich finde es schon bemerkenswert, dass es Kommunen gibt, die die Investitionspauschale über Jahre bunkern, ohne dass Anlass hierfür ein Großprojekt wäre, das man durchführen will, sondern weil man möglicherweise an anderer Front für Entlastung sorgen möchte. Dass der eigentlich geplante konjunkturelle Investitionsimpuls an dem regionalen Handwerk vorbeigeht, ich meine, diesen Luxus können wir uns nicht leisten.

Wir geben ihnen die 125 Millionen €, damit sie das Geld möglichst schnell an den Markt bringen, wie es auch beim Konjunkturpaket der Fall war, damit ein Cashflow entsteht, die Umsätze bei den Handwerksunternehmen stimmen und damit die Steuern auch weiterhin so sprudeln und das Land am Erfolg privaten Wirtschaftens partizipiert. Wenn wir zulassen, dass Investitionspauschalen aus anderen Erwägungen zurückgehalten werden, dann machen wir etwas falsch.

(Zustimmung bei der CDU)

Unser Vorschlag wäre - wir haben das diskutiert -, dass man entweder die Kommunalaufsichtsbehörden stärker einbindet und sagt: „Ihr müsst darauf achten, dass die Investitionsmittel zeitnah verausgabt werden“, oder dass man sogar das scharfe Schwert nimmt und sagt: Es gibt eine Ausgabefrist. Wenn ihr das nicht innerhalb von soundso vielen Jahren ausgegeben habt und hierfür nicht einen wichtigen Grund hattet, dann fließt das zurück in den Landeshaushalt und dann geben wir das anderen.

Ich meine, hier müssen wir ein bisschen stringenter agieren. Das wäre unser Wunsch zur Investitionspauschale.

(Zustimmung bei der CDU)

Alles in allem bin ich der Auffassung, dass wir in den Ausschüssen sehr spannende Beratungen erleben werden, dass es viele Probleme gibt, über die man sachlich und vernünftig reden kann und muss. Die wesentlichen Eckpunkte und Ziellinien, die wir als CDU dort definiert haben, habe ich angesprochen. Ich glaube auch nicht, dass es da große Unterschiede zur Sichtweise unseres Koalitionspartners gibt.

Am Ende wird ein Ergebnis vorliegen, das die gemeinsame Handschrift der Regierungskoalition trägt und das zu Recht als systematische, zeitgemäße und dauerhaft stabile Weiterentwicklung

des kommunalen Finanzausgleichs bezeichnet werden darf.

Ich werbe dafür, dass wir diesen Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres überweisen.

In der CDU ist auch das noch ein Thema, was innerhalb der Arbeitsgruppe FAG mit den Landesentwicklern besprochen wird, weil wir natürlich die strukturpolitische Komponente stärker im Blick haben. Eine Ausschussberatung ist da nicht erforderlich.

Vor diesem Hintergrund wünsche ich uns allen gute und konstruktive Beratungen und bedanke mich für Ihre Geduld.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Barthel. Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Gallert.

Herr Barthel, mich verwundert Ihre Verwunderung, der Sie am Anfang Ihrer Rede mehrfach Ausdruck verliehen haben. Vielleicht wissen Sie es einfach nicht. Beim letzten Mal müssten Sie es eigentlich mitbekommen haben.

Wir haben diese Sonderzahlungen für Kreisstraßen und Schülerbeförderung seit Jahren beantragt und sie sind von der Koalition Jahr für Jahr abgelehnt worden. Deswegen sagen wir: Wir freuen uns, dass Sie uns gefolgt sind. Darüber können Sie jetzt verwundert sein oder nicht. Es wird so bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war eine Erläuterung. - Danke, Herr Abgeordneter Barthel.

Wir kommen nunmehr zum nächsten Redner entsprechend der vereinbarten Reihenfolge. Für die Fraktion der GRÜNEN wird jetzt Herr Abgeordneter Weihrich das Wort nehmen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Knöchel hat seine Rede damit begonnen, dass er der Landesregierung Anerkennung und Respekt für diesen Gesetzentwurf gezollt hat. Auch ich möchte vorausschicken, dass wir durchaus viele positive Aspekte anerkennen. Einiges ist schon genannt worden, wie zum Beispiel die Nichtanrechnung der Zuführung vom Investitionshaushalt zum Verwaltungshaushalt. Das ist ein wesentlicher positiver Punkt.

Positiv ist aus unserer Sicht auch zu bewerten, dass der Dünnbesiedlungszuschlag wegfallen soll. Ich bin diesbezüglich mit der Fraktion DIE LINKE nicht einer Meinung. Ich denke, das Deubel-Gutachten hat eindeutig gezeigt, dass Fläche allein nicht zu einem höheren Bedarf führt. Deswegen war dieser Dünnbesiedlungszuschlag nicht gerechtfertigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte mich hier aber vor allem auf die Punkte konzentrieren, die wir kritisch bewerten. Der Finanzausgleich muss zuallererst an dem gemessen werden, was unsere Verfassung vorgibt. Nach unserer Verfassung hat das Land nämlich den Kommunen Mittel bereitzustellen, die für eine angemessene Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind. Sie hat die unterschiedliche Finanzkraft der Kommunen angemessen auszugleichen.

Das spricht einerseits gegen eine Verbundquote; die scheidet damit aus. Ich denke, das muss man hier deutlich festhalten. Andererseits muss man sagen, dass diese beiden Vorgaben der Verfassung in den letzten Jahren nicht wirklich erfüllt wurden. Das ist angesichts der hohen Altschulden, die in den Kommunen aufgelaufen sind, absolut evident.

Zwar erzielten die Kommunen nach der Kassenstatistik des Landesrechnungshofs im Jahr 2011 einen Überschuss in Höhe von rund 260 Millionen €. Aber gleichzeitig konnten 63 % der Kommunen ihren Haushalt nicht ausgleichen.

An dieser Stelle ist mir folgender Hinweis wichtig: Die Schulden und die Kassenkredite in den Kommunen sind nur ein Teil der Wahrheit, was die Verschuldung im kommunalen Bereich angeht.

Der Landesrechnungshof hat diese Zahlen in seinem Jahresbericht zum ersten Mal deutlich gemacht und hat dargestellt, wie viele Schulden noch in kommunalen Eigenbetrieben, kommunalen Unternehmen schlummern, die uns in der Zukunft möglicherweise noch Probleme machen könnten.

Zu bedenken ist aber auch, dass der Überschuss, der erwirtschaftet wurde, vor allem durch eine Senkung der Ausgaben im Vermögenshaushalt von ungefähr 100 Millionen € erreicht wurde, also dadurch, dass Investitionen nicht geleistet wurden, Investitionen, die oftmals dringend notwendig wären. Ich glaube, jeder, der in den Kommunen Verantwortung trägt, weiß, wovon ich rede. Diese Mittel konnten nicht ausgegeben werden; das muss man berücksichtigen.

Wenn man nun noch in Betracht zieht, dass auch die Ausgaben im sozialen Bereich um mehr als 100 Millionen € gestiegen sind, dann wird deutlich, wie stark die Konsolidierungsanstrengungen in den Kommunen waren, um diesen Überschuss erzielen zu können.

Im Übrigen weisen die kommunalen Spitzenverbände zu Recht darauf hin, dass die Kassenstatistik mit einigen Mängeln behaftet ist. Allein infolge der Berücksichtigung des Bildungs- und Teilhabepakets, also von Mitteln, die nicht ausgegeben werden konnten, und infolge der Buchung der KiFöG-Pauschale für das Jahr 2012 bereits im Jahr 2011 ergäbe sich ein Korrekturbedarf von 65 Millionen €.

Ein deutliches Warnsignal ist auch, dass die Kassenkredite im kreisangehörigen Raum um 60 Millionen € angestiegen sind.

Meine Damen und Herren! Wir sehen daher keinen Anpassungsbedarf bei der Höhe der Ausgleichsmasse insgesamt. Ein differenzierter Blick auf die Kommunen zeigt aber, dass noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nach wie vor ist die Einnahmesituation der Kommunen insbesondere bei der Gewerbesteuer sehr unterschiedlich. Die Schere ist im Jahr 2011 mit dem erhöhten Einnahmeniveau sogar noch weiter aufgegangen. Aber gerade bei diesem entscheidenden Punkt des horizontalen Finanzausgleichs versagt das FAG völlig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erkenne zwar an, dass Sie die Finanzausgleichsumlage eingeführt haben; vor dem Hintergrund der ungleichen Mittelverteilung ist es für mich jedoch vollkommen unverständlich, dass die Quote nur 10 % betragen soll. Bei einem Umverteilungsvolumen in Höhe von ca. 15 Millionen € kann sie ihren Zweck absolut nicht erfüllen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann jetzt schon ankündigen, dass wir Änderungsbedarf sehen. Der Prozentsatz der Umlage muss deutlich erhöht werden. Auch steuerschwache Kommunen müssen wieder handlungsfähig werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch die Investitionspauschale wirkt sich übrigens sehr negativ aus. Herr Barthel hat das sehr umfangreich ausgeführt. Wenn Sie vermeiden wollen, dass in den Kommunen Investitionsmittel gebunkert werden, dann gibt es dafür eine einfache Lösung: Stellen Sie die Verteilung der Investitionspauschale wieder auf die Steuerkraft um. Dann sind diese Probleme weg.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Herrn Knöchel, DIE LINKE, und von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Wir haben das schon bei der letzten Diskussion über das FAG beantragt. Wir werden es wieder tun. Ich appelliere an Sie gerade vor dem Hintergrund Ihrer Äußerungen, unserem Änderungsantrag diesmal zuzustimmen.

Ein weiterer Punkt ist die Altschuldenproblematik. Ziel aller Bemühungen muss es sein - das ist hier auch festzuhalten -, dass die Kommunen, die sich in der Haushaltskonsolidierung befinden, wieder handlungsfähig werden und damit die kommunale Selbstverwaltung und die lokale Demokratie wiederhergestellt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gemessen an diesem Ziel sind die Regelungen im FAG zu den Altschulden absolut unzureichend. Auch das im Finanzausschuss vorgestellte Grobkonzept für ein Stark-IV-Programm ist, wie es umrissen wurde, für eine wirksame Entschuldung der Kommunen nicht geeignet. So wie die Bedingungen im Moment beschrieben sind, handelt es sich eher um ein Knebelungsprogramm für die Kommunen. Das werden wir so nicht mittragen können. Das kann ich hier ankündigen.

(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Laut dem Grobkonzept wird bei den Kommunen alles ins Auge gefasst: Abbau der Infrastruktur, Eingemeindungen und Umwandlungen von Verbands- zu Einheitsgemeinden usw. usf. Auf der anderen Seite bietet das Land jedoch nur recht bescheidene Mittel an.

Wir sind der Auffassung, dass der Betrag, den das Land für das kommunale Entschuldungsprogramm bereitstellen wird, im FAG festgeschrieben und die Entscheidungshoheit über diese Mittel einem Ausschuss des Landtags übertragen werden muss. Im Übrigen gilt das auch für die Verwendung der Mittel aus dem Ausgleichsstock.