Risse. Zudem sollen die eingesetzten Biozide verhindern, dass sich ein mikrobieller Bewuchs in den Rissen bildet und die Risse damit verstopft. Ein Teil der Fracflüssigkeit einschließlich der Chemikalien verbleibt in der Lagerstätte, ein anderer Teil wird an die Oberfläche gepumpt.
Meine Damen und Herren! Die Liste der in dem Cocktail enthaltenen Chemikalien ist erschreckend lang. Die Eplan in den USA hat eine Liste von 600 Chemikalien veröffentlicht, die in den USA eingesetzt wurden.
Wir wissen nicht genau, was tatsächlich verwendet wird, weil die Firmen die genaue Zusammensetzung nicht veröffentlichen müssen. Wir haben keine Ahnung davon, was diese Chemikalien langfristig anrichten können und welche Auswirkungen sie direkt oder indirekt auf die Lebensgrundlage Grundwasser haben können. Schon allein durch das Versagen einer Bohrlochzementierung könnte Grundwasser großflächig kontaminiert werden.
Meine Damen und Herren! In der „Volksstimme“ vom 2. Mai 2012 wird der Kollege Ralf Bergmann mit einer Äußerung im Namen der SPD-Landtagsfraktion wie folgt zitiert: „Kein Gasfracking, giftige Chemikalien gehören nicht in den Boden."
Meine Damen und Herren! Ich kann dem nur zustimmen. Deswegen brauchen wir ein FrackingMoratorium. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung zu dem Antrag.
Sehr problematisch ist auch der sogenannte Flowback, also die Fracflüssigkeit, die wieder an die Oberfläche gelangt. Er besteht aus dem geförderten Fracfluid, angereichert mit verschiedenen anderen Schadstoffen wie Toluol, Benzol und verschiedenen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie zahlreichen Schwermetallen wie Quecksilber, Chrom und Blei.
Die Konzentrationen des Quecksilbers können dabei um den Faktor 100 000 und die der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, der PAK, sogar um den Faktor eine Million über den Beurteilungswerten bzw. Prüfwerten für das Grundwasser liegen. Außerdem - darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen - kann der Flowback auch radioaktive Substanzen enthalten. Zudem fallen beim Fracking riesige Mengen verschmutzten Wassers an.
Eine Bohrung benötigt in der Regel zehn Fracs und für jedes Frac werden 1 600 m³ Wasser, 32 m³ Stützmittel und 5 t Chemikalien benötigt. Derzeit ist vollkommen ungeklärt, wie man mit diesen Mengen umgehen kann; denn das Verpressen in den Untergrund kann keine Alternative sein, jedenfalls keine verantwortbare Alternative.
Außerdem führt die Gewinnung von unkonventionellem Erdgas zu einem enormen Flächenverbrauch. Denn es müssen sehr viele Förderstellen
eingerichtet werden. Hinzu kommen infrastrukturelle Maßnahmen wie Wegeerschließung und Leitungsbau zum An- und Abtransport von Frac- und Lagerstättenwasser. Dadurch wird das Landschaftsbild nachhaltig beeinträchtigt.
Auch das Bohren an sich birgt Risiken. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Erfahrungen mit verschiedenen Geothermieprojekten in Staufen, wo die Bohrungen eine Verbindung zwischen Grundwasser und Kalkformationen geschaffen haben. Seither dehnen sich diese Kalkformationen aus und führen zu enormen Schäden an Gebäuden. In Landau wird die Bohrung für zahlreiche Erdbeben verantwortlich gemacht.
Im Übrigen - das sollte für uns alle ganz wichtig sein - ist auch die Klimabilanz beim Fracking im Vergleich zur konventionellen Förderung von Erdgas deutlich schlechter. Durch Leckagen, die während der Förderung kaum zu vermeiden sind, tritt Methan aus. Wir wissen, dass Methan 21-mal so klimaschädlich ist wie CO2. Das führt dazu, dass durch Fracking gefördertes Erdgas fast so klimaschädlich ist wie Steinkohle.
Doch alles in allem sind dies nur einige Schlaglichter. Es wären noch viele weitere Details aufzuführen, die in dem kürzlich veröffentlichten Gutachten des Umweltbundesamtes, UBA, enthalten sind. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ursula Heinen-Esser von der CDU findet, dass die Gutachten die Defizite gut aufzeigten und die offenen Fragen im Zusammenhang mit Fracking klar benennen würden. Das finde ich auch.
Deswegen kann als vorläufiges Fazit festgehalten werden: Fracking ist intransparent und mit hohen Risiken für die Umwelt verbunden. Niemand kann derzeit die langfristigen Auswirkungen abschätzen. Niemand weiß, welchen Preis wir später dafür zahlen müssen. Ich bin mir aber sicher, dass der Preis für die Beseitigung der Schäden höher sein wird als die kurzfristigen positiven ökonomischen Effekte.
Eines ist auch sicher: Die Beseitigung der Schäden wird später der Allgemeinheit angelastet werden. Deswegen ist ein Fracking-Moratorium unverzichtbar.
Wie ist die Situation in Sachsen-Anhalt? - Weitgehend unbemerkt von Politik und Öffentlichkeit wurde schon vor längerer Zeit ein großflächiger Claim zur Exploration der vermuteten Gasvorkommen ausgewiesen. Das Erlaubnisfeld für BNK Petroleum umfasst eine Fläche von 3 400 km² und
reicht von Oebisfelde über Magdeburg nach Köthen bis Ilsenburg, betrifft also fast das gesamte nördliche Sachsen-Anhalt.
Wirtschaftsministerin Professor Dr. Wolff hat während der Plenarsitzung am 12. Mai 2011 zu Protokoll gegeben, dass nach dem beim LAGB vorhandenen Kenntnisstand für die Gewinnung von Erdgas nur äußerst geringe Erfolgsaussichten bestünden. Ich bin sehr gespannt, ob diese Einschätzung tatsächlich zutrifft.
BNK Petroleum bekundet derzeit, dass man die Methode Fracking nicht anwenden wolle. Aber, meine Damen und Herren, welchen Wert solche Aussagen haben, zeigt eine Äußerung eines Mitarbeiters der Wintershall GmbH, einer Firma, die sich ebenfalls mit Fracking beschäftigt, in einem Artikel der „Volksstimme“ vom 28. Juli 2012. Der Mitarbeiter Herr Seele sagte immerhin offen und ehrlich, dass es ohne Fracking keine Zukunft bei der Gasförderung in Niedersachsen gebe.
Wir alle wissen, dass sich die geologischen Bedingungen Niedersachsens und Sachsen-Anhalts zumindest in den betroffenen Bereichen ähneln. Deswegen brauchen wir ein Fracking-Moratorium.
Wir brauchen außerdem eine grundlegende Reform des deutschen Bergrechts. Denn die im Bundesberggesetz vorgesehenen Verfahren zur Einbeziehung der Öffentlichkeit passen vielleicht ins Mittelalter, nicht aber ins 21. Jahrhundert.
Denn im Moment sind lediglich Vorhaben zur Gewinnung von Erdgas ab einer Grenze von 500 000 m³ Erdgas pro Tag UVP-pflichtig. Das trifft für kein Vorhaben zur Aufsuchung und zur Förderung im Zusammenhang mit Fracking zu. Am Rande sei angemerkt, dass diese Verfahrensweise auch ganz klar der UVP-Richtlinie der EU widerspricht und deshalb dringend verändert werden muss.
Zentral ist auch das Verbot von Fracking in Wasser- und Heilquellenschutzgebieten. Weil die mit Fracking verbundenen Risiken bislang nicht fachlich fundiert beurteilt werden können, sind genaue Analysen der geologischen und hydrogeologischen Situation des Tiefenuntergrunds erforderlich.
Monitoring-Programme für das Grundwasser müssen entwickelt werden. Außerdem müssen die Betreiber ein praktikables Gesamtkonzept zur Entsorgung der Abwässer vorlegen.
Das UBA hat in dem jüngst veröffentlichten Gutachten ein schlüssiges Handlungskonzept entwickelt. Zur Umsetzung benötigen wir jedoch ein FrackingMoratorium.
Es gibt derzeit solche Moratorien in Bulgarien, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, Schweden, der Schweiz und mittlerweile sogar im US Bundesstaat New York. Auch in Deutschland haben sich die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg für ein Fracking-Moratorium ausgesprochen. Last, but not least, auch der Hauptausschuss des Deutschen Städtetages spricht sich nachdrücklich für ein Moratorium aus. Wir befänden uns mit einem Fracking-Moratorium also in sehr guter Gesellschaft.
Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Ich habe gezeigt, dass die mit der Aufsuchung und Förderung von unkonventionellem Erdgas verbundenen Risiken nicht ausreichend untersucht sind und dass mehr Transparenz erforderlich ist. Wir brauchen Zeit, um nachvollziehbare und klare Entscheidungskriterien zu erstellen sowie für die Forschung und Entwicklung von ungefährlichen Fracflüssigkeiten und zur Verbesserung der Bohrtechnik.
Wir brauchen eine Pflicht zur Offenlegung sämtlicher verwendeten Chemikalien. Wir brauchen Regelungen, die eine Gefährdung des Grund- und Trinkwasser durch die eingesetzten Chemikalien verhindern. Wir brauchen eine generelle Umweltverträglichkeitsprüfung. Schließlich - um es kurz auf den Punkt zu bringen - brauchen wir ein Fracking-Moratorium. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank, Herr Kollege Weihrich. Der Kollege Stadelmann würde Ihnen gern eine Frage stellen. Möchten Sie diese beantworten?
Sehr geehrter Herr Kollege Weihrich, unabhängig von inhaltlichen Fragen oder Bewertungen würde ich gern von Ihnen wissen, auf welcher Rechtsgrundlage die Landesregierung ein bestandskräftiges Moratorium erlassen könnte, wenn ein Fracking-Antrag gestellt wird.
Herr Stadelmann, ich bin fast geneigt zu sagen: Sagen Sie es mir doch; Sie waren schließlich einmal Staatssekretär in dem zuständigen Ministerium.
Ich meine es ganz ernst. Natürlich haben wir diesen Aspekt in unserem Antrag offengelassen. Das ist ein wunder Punkt bei dieser Angelegenheit. Wir hoffen darauf, dass auf Bundes- und Landesebene kreative Lösungen dafür gefunden werden. Wir hoffen auch, dass die Diskussion zu diesem Thema ein Ergebnis hervorbringt und dass für dieses Problem - es ist in der Tat ein Problem, darin stimme ich mit Ihnen überein - eine Lösung gefunden wird, die praktikabel ist, sodass ein FrackingMoratorium auch rechtssicher umgesetzt werden kann.
Ich weise allerdings noch einmal darauf hin, dass ähnliche Moratorien in anderen Ländern bereits umgesetzt wurden. Ich denke, man kann von diesen Ländern durchaus lernen; denn die Rechtsbedingungen beispielsweise in Frankreich unterscheiden sich nicht wesentlich von den rechtlichen Voraussetzungen in Deutschland.
Ich kann es nur wiederholen: Wir müssen dafür kreative Lösungen finden. Das ist ein Anliegen dieses Antrags. Es geht nicht darum, von vornherein konkrete Lösungen vorzuschreiben.
Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht nun Frau Professor Wolff. Bitte schön, Frau Ministerin.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst eine kurze begriffliche Präzisierung. Unkonventionell beim diskutierten Fracking ist nicht die Methode, sondern es sind die Lagerstätten, bei denen es neuerdings auch angewandt wird.
Unkonventionelle Lagerstätten sind gasdichtes Muttergestein, zum Beispiel Tonstein oder Tonschiefer, das Erdgas am Ort seiner Entstehung beinhaltet. Die Bildung und die Zusammensetzung des Erdgases sind wie bei konventionellem Erdgas. Im Gegensatz zu konventionellen Erdgaslagerstätten, bei denen sich das Erdgas punktuell in porösem Gestein wie etwa Sandstein angereichert hat, sind die unkonventionellen Vorkommen im dichten Lagerstättengestein flächig verbreitet.
Fracking ist nun die Bezeichnung für ein Verfahren der hydraulischen Rissbildung, bei dem große Mengen Wasser, Sand und Chemikalien in eine