Als ich mir das Kinderförderungsgesetz angesehen habe und auch die Veränderungen, die wir vornehmen wollen, bin ich über einen Absatz in den Empfehlungen des Bildungskonventes nicht gestolpert, sondern habe gesagt, das müssen wir erfüllen. In den Empfehlungen heißt es:
Die Arbeit in den Kindertagesstätten soll auf der Grundlage von wissenschaftlich begründeten Bildungsprogrammen erfolgen. Dies gilt gleichermaßen für Einrichtungen der Tagespflege. Der Konvent sieht in dem an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entwickelten Programm „Bildung: elementar - Bildung von Anfang an“ einen grundlegenden Standard, der systematisch evaluiert, weiterentwickelt und durch individuelle Kon
Genau das machen wir in unserem neuen Gesetzentwurf zum Kinderförderungsgesetz. Wir bringen eine Verbindlichkeit hinein, wir kombinieren es mit den jeweiligen Konzeptionen der Kitas und entwickeln und evaluieren es weiter. Nach diesem Punkt Qualitätsentwicklung wollen wir auch vorgehen. Deswegen ist es wichtig, dass wir darüber immer wieder diskutieren und uns immer wieder vergewissern, dass wir alle diese Punkte „auf dem Schirm“ haben. Ich denke aber, es bedarf keiner Beschlussempfehlung des Landtages.
Wir haben eine sehr, sehr hohe Legitimation für das, was wir auch mit „Bildung elementar“ machen wollen. Ich finde, der Arbeits- und Sozialausschuss ist der richtige Ort, und bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Alternativantrag.
Danke sehr, Frau Grimm-Benne. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Lüddemann die Möglichkeit zu erwidern.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich werde es kurz machen. In der Tat eint uns, dass das Bildungsprogramm eine gute Grundlage ist. Ich meine auch gehört zu haben, dass es uns alle eint, dass dieses Bildungsprogramm weiterentwickelt werden muss.
Wir sind nach wie vor - das wird Sie jetzt nicht überraschen - der Meinung, dass eine Landtagsbeschlussfassung wichtig ist. Ich versuche noch einmal kurz zusammenzufassen, was uns wichtig ist. Wir meinen, dass der Landtag einen bestimmten Rahmen geben kann. Er kann zum Beispiel sagen, Kinderbeteiligung oder Demokratieerziehung sind uns wichtig. Dann wird auf die wissenschaftliche Grundlage zurückgegriffen und geschaut, welche detaillierten Inhalte von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dazu angeboten werden.
Man kann dazu unterschiedliche Meinungen vertreten. Das werden wir nachher abstimmen. Ich glaube immer noch, dass es gut und richtig ist, das so zu tun, wie wir das vorschlagen.
Vielleicht noch kurz zu Ihnen, Herr Minister Bischoff. Ich habe es am Mittwoch in der Debatte beim Paritätischen nicht umsonst gesagt. Ich fand es in der Tat vorbildlich, wie Sie jetzt das KiFöG vorbereitet haben, wie viele Runden Sie gedreht haben, wie viele Dialogveranstaltungen stattgefunden haben. Was auch immer am Ende dabei herauskommt, der Prozess war erst einmal ein guter.
Frau Lüddemann, ich würde gern versuchen, etwas mehr Ruhe in den Saal zu bekommen. - Sie können fortfahren.
Wenn Sie ankündigen, dass Sie das in ähnlicher Weise - so meine ich Sie verstanden zu haben - auch beim Bildungsprogramm vorhaben, dann ist das, so finde ich, eine gute Information. Das ist etwas, was mich auch freut. Ansonsten: Politik kann, wie gesagt, den Rahmen geben, auf Wissenschaft zurückzugreifen.
Kommen wir wieder zum Thema zurück. Ich glaube, es ist jetzt klar, worum es geht. Man kann eine unterschiedliche Auffassung vertreten, ob es nur im Rahmen des Ausschusses oder noch einmal im Landtag beschlossen werden muss. Es hat für den Prozess in der Debatte heute noch einmal gezeigt, dass es eine große Einigkeit gibt, wie es weiter entwickelt werden soll, wer einbezogen werden soll. Ich finde, es ist schon ein Gewinn, dass wir uns darüber Einigkeit verschafft haben.
Danke sehr, Frau Lüddemann. - Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen jetzt ab. Eine Überweisung ist nicht beantragt worden. Somit stimmen wir über den Antrag als solchen ab.
Zunächst stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1517. Wer stimmt dem zu? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.
Wir stimmen jetzt über den Ursprungsantrag in der Drs. 6/1482 ab. Wer stimmt dem zu? - Das ist Ihr Antrag.
Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die anderen drei Fraktionen. Damit der Ursprungsantrag abgelehnt worden.
Wir stimmen jetzt über den Alternativantrag in der Drs. 6/1516 ab. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Alternativantrag angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 17 erledigt.
Gemeinnützigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen - Streichung des § 51 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung (AO)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Ein kleines Wort kann in Gesetzen den großen Unterschied machen. Im vorliegenden Fall heißt das Wort „widerlegbar“.
Mit dem Jahressteuergesetz 2013, einem Artikelgesetz, das eine Vielzahl an Änderungen im Steuerrecht beinhaltet, sollte nach dem Willen von Schwarz-Gelb im Bund die Abgabenordnung novelliert werden. Dort findet sich in § 51 Abs. 3 Satz 2 seit 2009 eine Regelung, die Voraussetzungen der Steuerbegünstigungen von Körperschaften betrifft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen:
„Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind.“
Das heißt, solche Körperschaften kommen nicht in den Genuss von Steuervergünstigungen. Der Status der der Gemeinnützigkeit ist neben anderen Steuererleichterungen unter anderem Voraussetzung dafür, steuerabzugsfähige Spenden einzunehmen.
Mit der geplanten Streichung des Wortes „widerlegbar“ würden zivilgesellschaftliche Organisationen gegenüber der Tätigkeit der Inlandsgeheimdienste künftig fast rechtlos gestellt. Die Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder würden durch die Änderung den Status von steuerrechtlichen Grundlagenbescheiden erlangen, gegen die lediglich Klage im Verwaltungsgerichtsverfahren zur Streichung aus dem Bericht geführt werden könnte, ein jahrelanges Verfahren mit dem Effekt, dass bis zu einem unsicheren Erfolg die betreffende Organisation bereits insolvent sein könnte, weil sie den Status der Gemeinnützigkeit nicht nutzen und damit auch keine steuerbegünstigten Spenden annehmen konnte.
Aus meiner Sicht ist das ein unerträglicher Zustand, denn hier versucht eine Bundesregierung, ihr politisch missliebige Meinungen und Positionen zu bekämpfen - nicht mit offenem Visier und im Rahmen des politischen Wettstreits, sondern mit schmutzigen Tricks im Steuerrecht.
Das, meine Damen und Herren, ist ein Skandal, zeigt aber einmal mehr, warum diese schwarzgelbe Bundesregierung im kommenden Jahr abgewählt gehört.
Die geplante Regelung zum § 51 der Abgabenordnung ist der untaugliche Versuch, in einer offenen Gesellschaft die ideologischen Gräben des Kalten Krieges neu zu ziehen.
An dieser Stelle lohnt es, den Begriff des Extremismus, der Grundlage von Erwähnungen in Verfassungsschutzberichten sein soll, einmal einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Wer den Begriff Extremismus nutzt, der versucht, eine Gesellschaft über ihre vermeintlichen Ränder, nämlich die Extreme, zu definieren. Er vereinfacht bis zur Unkenntlichkeit, er setzt Neonazis mit Islamisten, Tierschützern, Atomkraftgegnern oder Antifas gleich, benutzt ein Instrument des politischen Meinungskampfes als vermeintliches, aber absolut unbrauchbares Analysewerkzeug.
Politikwissenschaftlich ist die Extremismustheorie ob ihrer Unterkomplexität eine Beleidigung des Intellekts.
Backes und Jesse, ihre Protagonisten, machen die Gesellschaft zum Hufeisen. Am Ende des Eisens finden sich, zwar auf unterschiedlichen Seiten, aber dennoch angeblich wesensgleich, die ablehnenswerten Extremisten. NPD und LINKE, Neonazis und Antifas, Islamisten und andere Demokratiefeinde, in der Mitte der Gesellschaft dagegen nur lupenreine Demokraten. Rassismus, Antisemitismus, Vorurteile und Ressentiments gegen Minderheiten, die gibt es dort ebenso wenig wie Demokratiefeindlichkeit.
Die Buschkowskys und Sarrazins, die Hohmanns, die ganz normalen Rassisten, sie alle sind bei Backes und Jesse nicht vorgesehen.
Die Extremismustheorie hat sich dennoch über Jahre als äußerst wirksames Instrument in der Hand derjenigen erwiesen, die den Raum des politisch Sagbaren beschneiden und begrenzen wollen.
Denn mit Extremisten - das haben wir, das haben Sie, Herr Scheurell, schon in der Schule gelernt - redet man nicht.
Die Bundesregierung möchte, dass man den von ihr oder den Innenministern der Länder wahrgenommenen vermeintlichen Extremisten nichts spendet.
Ein klar umgrenzter Rechtsbegriff ist Extremismus nicht. Selbst unter Verfassungsschützern besteht keine Einigkeit, ob eine Äußerung als extremistisch bezeichnet wird. Das ist eine Frage des politischen Meinungskampfes und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Das Verständnis von Extremismus ist dabei im Wesentlichen von sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Kontexten und subjektiven Einschätzungen abhängig.
Was für den einen Schlapphut ein Extremist ist, kann für den anderen Schlapphut der Chef sein. Die LINKE erlebt das regelmäßig.