Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Vielen Dank für die Frage. Das ist in der Tat ein fachlich sehr komplexes Thema, aber eines, das

geregelt werden muss. Wir laufen nämlich Gefahr, auf dem Markt für Pharmaka ein Nachfrageoligopol zu bekommen. Wenn die Krankenkassen sich so bündeln, dass per saldo viele Wirkstoffe nur noch in fünf Regionen ausgeschrieben werden, dann kann es sein, weil die Ausschreibungsmengen so groß sind, dass viele kleine Pharmahersteller herausfallen und dass auch die großen Firmen, die zu selten zum Zuge kommen, irgendwann einmal keine Anreize mehr haben, die teuren FuE-Investitionen für neue Präparate auf sich zu nehmen. Man sagt als Faustregel, dass die FuE-Kosten für ein neues Medikament bis zu einer halben Milliarde Euro betragen. Das ist ein ganz besonders kapitalintensiver Markt, weil man enorme Kostenvorläufe hat, bis man überhaupt Geld verdient.

Wenn wir die Nachfrageseite über diese Krankenkassenausschreibungen so regeln, dass immer nur noch große Spieler mit großen Mengen zum Zuge kommen, dann verlieren wir ganz viele mittelständische Pharmaanbieter. Das ist die Sorge der Branche.

Insofern ist die Überlegung, Ausschreibungsregeln zu finden, die die Gefahr verringern, dass diese nicht erwünschten Effekte eintreten, gerechtfertigt. Es stellt sich aber die Frage, ob man dafür tatsächlich kartellrechtliche Möglichkeiten braucht oder ob es vielleicht aus der Sicht des Sozialrechts bereits Möglichkeiten gibt, dem entgegenzutreten. Darüber wird gerade politisch diskutiert. Wir haben es auch im Kabinett besprochen. Wir legen Wert darauf, dass es eine angemessene Regelung gibt. Es muss aber nicht unbedingt eine kartellrechtliche Regelung sein.

Danke sehr, Frau Ministerin.

Die drei letzten Fragen in der zweiten Runde werden an Minister Herrn Webel gestellt. Zunächst geht es um die freihändige Vergabe des E-Netzes Nord. Der Fragesteller ist der Abgeordnete Herr Scheurell von der CDU.

Sehr geehrter Herr Minister! Das Oberlandesgericht Naumburg hat in der Sache der freihändigen Vergabe für das Elektronetz Nord an die Deutsche Bahn Regional AG am 6. Dezember 2012 die sofortige Beschwerde der Gegenseite zurückgewiesen.

Frage 1: Was bedeutet diese Entscheidung für das Verfahren und für unsere Bürgerschaft?

Frage 2: Wird es künftig in unserem Bundesland, ähnlich wie in Baden-Württemberg durch den grünen Verkehrsminister Winfried Hermann angekündigt, vorwiegend oder ausschließlich freihändige Vergaben geben? - Diese günstige Gelegenheit, die sich für uns ergeben hat durch die freihändige

Vergabe, sollten wir dann vielleicht für den Landeshaushalt und für ansässige Unternehmen gleichermaßen verstetigen.

Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Scheurell, diese Entscheidung des Oberlandesgerichtes Naumburg ist nicht anfechtbar; sie ist endgültig. Deshalb kann der Vertrag auch im Dezember 2013 in Kraft treten, den wir mit der Bahn über die Vergabe dieses Netzes, „Enorm“ genannt, geschlossen haben.

Das bedeutet insbesondere, dass diese modernen Züge hier in Sachsen-Anhalt bleiben, dass wir bis zum Jahr 2017 allein 42 Millionen € weniger an die DB entrichten müssen, als die Länge des anderen Vertrags gekostet hätte. Das bedeutet, dass wir Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer haben, dass wir in den Zügen Fahrscheine verkaufen können, was insbesondere unseren älteren Reisenden zugute kommt, weil insbesondere ältere Reisende mit den Automaten auf den Bahnhöfen Probleme haben.

Wenn Sie auf die Zukunft schauen: Wir haben unlängst die Ausschreibung des Saale-ThüringenSüdharz-Netzes gehabt. Das haben mehrere Länder ausgeschrieben. Wir waren da federführend. Der Zuschlag ist an Abellio gegangen, nicht an die Deutsche Bahn AG.

Wir müssen aber auch sagen: Damit bekommen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Probleme. Jeder weiß: Ein Betreiberwechsel bringt für die Menschen, die auf der Strecke fahren, Probleme mit sich. Ich bekomme in letzter Zeit viele Briefe, in denen sich Mitarbeiter beschweren, dass die DB nicht weiter fährt.

Ausschreibungen bringen für die Betroffenen also nicht nur Vorteile - und manchmal preislich für das Land auch nicht. Nichtsdestotrotz - ich kann das bestätigen -: In Baden-Württemberg - ich könnte scherzhaft sagen: von Sachsen-Anhalt lernen, heißt siegen lernen -

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

plant man jetzt zwei freihändige Vergaben. Der Verkehrsminister wollte erst Direktvergaben tätigen. Die sind aber in Deutschland, obwohl sie EUrechtskonform sind, nicht in nationales Recht überführt worden. Deshalb hat er sich entschieden, für zwei Aufträge eine freie Vergabe vorzunehmen.

Im Übrigen kann ich hier sagen, dass in den letzten zehn Jahren in Sachsen-Anhalt 13 Aufträge im schienengebundenen Personennahverkehr ver

geben wurden, davon sieben durch freihändige Vergabe und sechs durch Ausschreibung. Wir werden auch in Zukunft freihändige Vergaben nicht ausschließen können, wenn es eine besondere Gelegenheit gibt oder eine Ausschreibung europaweit wegen der wenigen Kilometer unproduktiv wäre. - In diesem Sinne hoffe ich, Ihre Fragen beantwortet zu haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt eine Nachfrage vom Kollegen Erdmenger. Bitte sehr.

Ich danke dem Kollegen Scheurell für seine Frage. Ich möchte darauf hinweisen, dass es, anders als Sie es dargestellt haben, keine Entscheidung in der Sache gegeben hat, sondern nur aus formalen Gründen die Beschwerde zurückgewiesen wurde, wir also immer noch nicht wissen, ob die Vergabe legal war, so wie sie abgelaufen ist.

Herr Minister, meine erste Frage an Sie lautet: Sind Sie nunmehr, da das Verfahren abgeschlossen ist, bereit, die Antworten auf die Fragen, die Sie mit Hinweis auf das bisherige Verfahren verweigert haben, jetzt zu geben, sprich: die ökonomischen Daten, die angeblich an diesem Vertrag so vorteilhaft sind, offenzulegen und mit anderen Verträgen vergleichbar zu machen?

Meine zweite Frage lautet: Welche freihändigen Vergaben plant das Land in den nächsten beiden Jahren? Werden Sie damit in Zukunft genauso transparent umgehen, wie das offenbar andere Verkehrsminister anderer Bundesländer tun?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zur letzten Frage, Herr Erdmenger: Ich denke, die freihändige Vergabe dieses Elektronetzes Nord ist den Abgeordneten sehr transparent mitgeteilt worden. Es ist Ihnen schon mehrmals gesagt worden: Sie waren noch nicht im Landtag, als den Abgeordneten des Verkehrsausschusses mitgeteilt worden ist, dass das Land diese freihändige Vergabe plant. Es müssen auch die Verkehrsunternehmen informiert werden. Das ist veröffentlicht worden, ist also damals sehr transparent getätigt worden.

Bezüglich der Frage des Einsehens kann ich Ihnen sagen: Das Anwaltsbüro hat den entscheidenden Fehler begangen, nicht alle an diesem Verfahren Beteiligten in dieses Klageverfahren einzubeziehen. Da haben sie einen ganz entscheidenden Fehler gemacht. Deshalb hat das Gericht in der Sache nicht zu entscheiden brauchen, denn Gerichte prüfen erst die Rechtmäßigkeit einer Klage,

bevor sie sich mit der Sache befassen. Sie wissen selbst, dass das Anwaltsbüro da einen entscheidenden Fehler gemacht hat.

Das Anwaltsbüro hatte noch einen schwerwiegenden Fehler gemacht: Das Anwaltsbüro hatte ein Schreiben, das wir dem Ausschuss gegeben hatten, im Original an die Klage angehängt. Deshalb haben wir, insbesondere um das Verfahren nicht zu beeinflussen, die Akten geschlossen gehalten. Natürlich haben wir jetzt die Bahn gebeten zuzustimmen, dass die Abgeordneten - wer das möchte - in die Unterlagen einsehen dürfen.

(Herr Scheurell, CDU: Das ist ja ein Vertrau- ensbruch, was Sie jetzt hier berichten!)

Danke sehr, für die - - Herr Scheurell.

Herr Minister, für mich sind das jetzt ganz neue Erkenntnisse. Es sind also Schreiben, die vertraulich an den Ausschuss gegangen sind, dort angeheftet gewesen?

Die waren angeheftet, ja.

(Herr Kolze, CDU: Das ist ein Skandal!)

Das ist ein Skandal an sich. Da sollten sich all jene, die da Akteure sind, noch einmal an die eigene Nase fassen.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Gut.

Darauf kann der Minister jetzt schlecht antworten. - Bevor ich die beiden letzten Fragen an Herrn Minister Webel aufrufe, können wir Damen und Herren des Demokratiestammtisches Weißenfels/Hohenmölsen bei uns begrüßen. Seien Sie recht herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Der Abgeordnete Herr Hoffmann von der Fraktion DIE LINKE hat Fragen zum Haltepunkt Jütrichau und zur Zugtaufe in Dessau-Roßlau. Bitte sehr.

Vielen Dank, Frau Präsidenten. - Herr Minister, ich werde die Fragen gleich hintereinander stellen, weil sie nicht so kompliziert sind.

Zur ersten Frage, dem Haltepunkt Jütrichau. Da knüpfe ich an die Fragestellung aus der letzten Sitzung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr an. Ich hatte damals danach gefragt, ob eine alternative Versorgung mit Bustransfer möglich wäre, nachdem der Haltepunkt geschlossen ist. Jetzt ist der Fahrplan umgestellt. Das heißt, spätestens jetzt wäre der Haltepunkt sowieso raus. Die Antwort lautete damals, Landrat Uwe Schulze habe gesagt, die Alternative steht. Aber die Erfahrung der Bürger war eine andere. Meine erste Frage lautet: Gibt es dazu jetzt neue Erkenntnisse?

Zweitens: Vergangene Woche fand eine Zugtaufe im Hauptbahnhof der Stadt Dessau-Roßlau statt. Der Express heißt jetzt, nach dem Fahrplanwechsel, „Dessau-Roßlau“. Es ist zwar schön, dass wir jetzt eine Verbindung haben, die in das Zentrum der Hauptstadt führt, jedoch lautet meine Frage an die Stadtverwaltung: Mit wem ist denn das abgesprochen gewesen? Wer hat sich denn an der Entscheidung beteiligen dürfen? Wie ist das denn zustande gekommen - erstens vom Termin und zweitens vom Namen her? - Niemand kann dazu eine Auskunft geben. Es ist niemand beteiligt gewesen. Von denen, die an der Zugtaufe teilnahmen, habe ich gehört, dass Herr Malter wohl geantwortet habe, dass er den Vorgang so auch nicht kenne.

Wissen Sie, wer an dieser Geschichte entscheidend mitgewirkt hat? Irgendjemand muss da Entscheidungen getroffen haben. Ich halte diesen Namen zwar sicherlich für prägend, aber marketingstrategisch für völlig verfehlt. Deswegen wollte ich wissen, wer das gemacht hat. Wissen Sie da mehr?

Bezüglich der letzten Frage kann ich sagen: Da muss ich mit der Antwort von Herrn Malter antworten: Das ist eine Entscheidung desjenigen gewesen, der diese Lok fährt, also der DB. Die haben uns über den Termin der Zugtaufe informiert. Sie wissen, dass ich selbst nicht anwesend sein konnte. Auch der Staatssekretär konnte nicht anwesend sein, weil der Termin sehr kurzfristig angesetzt war. Gott sei Dank war der Ministerpräsident gerade in Köthen und konnte bei der Zugtaufe dabei sein.

(Zuruf von der LINKEN: Was für ein Zufall!)

Ich denke, das ist manchmal auch ein Problem, wenn es um den Winterfahrplan und Zugtaufen geht.

Zu Jütrichau: Ich habe unlängst mit Uwe Schulze gesprochen. Er hat mir gesagt, dass das Problem geklärt ist und sie hätten das Problem gelöst.

(Zuruf von der LINKEN: Also gab es das?)

Es gibt noch eine dritte Frage. Insofern können Sie gleich vorn bleiben. Der Abgeordnete Herr Hövelmann von der Fraktion der SPD möchte eine Frage zum Lang-Lkw stellen.