„wirklich an einer Problemlösung interessiert sind, oder ob es Ihnen nicht eher darum geht, auf billigen Stimmenfang zu gehen. Konstruktiv ist Ihr Vorgehen jedenfalls nicht. - Leider. Sie hatten Ihre Chance, die zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide zu sichern, Sie haben sie nicht genutzt.“
Noch einmal, Herr Geisthardt. Wissen Sie, dass ich die Vermutung geäußert habe, dass die Bundeswehr für einen Bürgerkriegseinsatz trainiert wird, kann bei Ihnen die Empörung auslösen. Ich sage Ihnen einmal: Wenige Tage nach dieser Pressekonferenz gab es überall überregionale Zeitungsmeldungen, dass in der Nähe von Havelberg, meiner alten Heimatstadt, die Bundeswehr eine groß angelegte Übung für eine Bürgerkriegssituation durchgeführt hat, um Evakuierungen vorzunehmen. Ja, sie trainieren für die Situation eines Bürgerkrieges. Das sind Pressemeldungen der Bundeswehr, die das enthalten.
Dazu sage ich noch einmal ausdrücklich: Das kann bei Ihnen dann dazu führen, mir Wahnsinn zu unterstellen. Trotz alldem ist das etwas, das nicht von mir kommt, sondern von der Bundeswehr selbst argumentiert wird.
Na ja, das mag Ihre persönliche Wahrnehmung sein. Ich erkläre öffentlich: Ich halte Sie nicht für wahnsinnig.
Diese Evakuierungsübungen, wollen Sie die in Afghanistan durchführen, wollen Sie die in Frankreich durchführen? Wen wollen Sie denn nehmen? Man hat dort Leute ausgesucht, man hat Soldaten dafür genommen, um dort zivile Evakuierungen zu üben.
Es gibt durchaus Gelegenheiten, für die man so etwas üben muss. Sie kennen doch das Problem - ich brauche nur Entebbe zu nennen -, dass Botschaften besetzt werden oder dass es in einem urbanen Umfeld dazu kommt, dass Geiseln genommen werden. Um solche Dinge geht es dabei. Wo wollen Sie das üben? Das können Sie nur hier bei uns mit den Leuten, die Ihnen zur Verfügung stehen, üben. Oder wollen Sie irgendwelche Leute aus Afghanistan oder aus Tadschikistan einfliegen, die dann für sie die Spielpuppen bilden?
Die Bundeswehr trainiert keine Bürgerkriegssituation für das Inland. Das sage ich Ihnen hier noch einmal ganz eindeutig und offen, sondern es geht einfach darum, dass man sich auf Situationen vorbereiten muss, wo in einem Bürgerkriegsgebiet Leute evakuiert werden müssen.
Herr Geisthardt, noch einmal zu Ihrer Vermutung, dass unsere politische Positionierung in Friedensfragen billiger Stimmenfang sei. Nun haben Sie ausgeführt, dass nach Ihrem Befinden die Zustimmung zu den Antikriegsprotesten in der ColbitzLetzlinger Heide in der Bevölkerung nur sehr gering war. Ich selbst war in diesem Antikriegscamp und in Letzlingen. Mein Eindruck war ein anderer.
Aber wenn es Ihre Wahrnehmung ist, dass aus der Breite der Bevölkerung der Zuspruch zur Antikriegspolitik gar nicht vorhanden ist, wie ist das dann in Übereinstimmung zu bringen mit Ihrer Aussage, unsere friedenspolitische Positionierung sei lediglich billiger Stimmenfang?
Lieber Kollege Wagner, ich habe mir erlaubt, aus dem Protokoll der Bundestagsplenarsitzung zu zitieren, und zwar die Kollegin Undine Kurth. Sie ist nun offensichtlich nicht Mitglied der CDU-Fraktion, sondern der Fraktion der GRÜNEN.
- Hat sich erledigt. - Vielen Dank. Weitere Anfragen gibt es nicht. Dann fahren wir fort. Zum Schluss der Debatte hat noch einmal Herr Abgeordneter Dr. Köck das Wort.
Zuvor dürfen wir noch Schülerinnen und Schüler des Dr.-Franck-Gymnasiums in Staßfurt begrüßen. Das ist die zweite Gruppe heute bei uns im Hause. Herzlich Willkommen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Grundgesetz ist kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von überhaupt keiner Armee ausgegangen. Es wurde das erste Mal geändert, um die Bildung der Bundeswehr zu ermöglichen. Die 60 Veränderungen, die es in seiner Geschichte erfahren hat - das ist relativ wenig -, standen zu einem überwiegenden Teil im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer stärkeren militärischen Beteiligung an den verschiedensten Aufgaben, Notstandsgesetzgebung.
Herr Geisthardt, in der Antwort auf die Kleine Anfrage hat die Bundesregierung gesagt, zu den Aufgaben im Inneren könnten gehören: Verteidigungsaufgaben auf deutschem Hoheitsgebiet sowie Amtshilfe in Fällen von Naturkatastrophen und schweren Unglücksfällen, zum Schutz kritischer Infrastruktur - das ist schon die Eisenbahnlinie - und bei innerem Notstand. Also ist es vorstellbar,
Es ist eine Parlamentsarmee - jawohl, das ist richtig. Aber wir merken doch, wie hoch die Parlamentshürden am Anfang waren und wie stark die Hemmschwelle sinkt, zu einem neuen Einsatz ja zu sagen.
Man erinnere sich an Verteidigungsminister Rudolf Scharping, wie er damals dazu gekommen ist, im Bundestag zu sagen: Wir müssen im Kosovo einsteigen. Wenn später die Historiker nachprüfen, ob der Anlass das tatsächlich wert war, dann stellt sich oftmals heraus, dass es nicht so war. Ich möchte dazu jetzt keine Parallelen ziehen.
Ich kann mir schon vorstellen, dass die Welt frei von Kriegen wäre. Ich habe gelesen, dass von 3 500 Jahren menschlicher Geschichte nur 280 Jahre ohne Krieg auf dieser Erde waren.
Wir haben weiß Gott andere Aufgaben. Wir haben die Aufgabe, die Mittel, die überall auf der Welt in das Militär gesteckt werden, für den Klimaschutz oder für die Behebung des sozialen Notstands überall einzusetzen.
Wenn man dann noch weiß, dass die Verteidigung erforderlich sei soll, wenn sozial motivierte Unruhen in einer Megacity der dritten Welt ausbrechen,
dann kann ich das beim besten Willen nicht mit dem Verteidigungsbedürfnis der Bundesrepublik vereinbaren.