Protokoll der Sitzung vom 20.02.2013

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste des Hauses! Hiermit eröffne ich die 38. Sitzung des Landtags von Sachsen-Anhalt der sechsten Wahlperiode und heiße alle Anwesenden auf das Herzlichste willkommen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Uns hat eine traurige Nachricht erreicht. Am 10. Februar 2013 ist das ehemalige Mitglied des Landtages Herr Dr. Gerd-Eckhardt Schuster - die Abgeordneten, die schon in der ersten Wahlperiode Mitglieder des Landtags waren, werden sich an ihn erinnern - im Alter von 75 Jahren verstorben.

Herr Dr. Schuster war Mitglied des Landtages der ersten und der zweiten Wahlperiode. Er gehörte somit zu den Abgeordneten, die in den ersten Jahren nach der friedlichen Revolution an einer verantwortlichen Stelle mitgewirkt haben. Ich bitte Sie, sich zum Gedenken an unseren ehemaligen Kollegen für eine Schweigeminute von den Plätzen zu erheben. - Ich danke Ihnen.

Uns liegen Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung vor. Mit Schreiben vom 13. Februar 2013 bat die Landesregierung, die Abwesenheit von Herrn Minister Dr. Aeikens am heutigen Tag bis 17 Uhr aufgrund der Teilnahme an Gesprächen mit der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin zu entschuldigen.

Herr Minister Bischoff bittet darum, seine Abwesenheit bei der heutigen Sitzung aufgrund einer Erkrankung zu entschuldigen. Ich denke, ich darf ihm im Namen des Hohen Hauses die besten Genesungswünsche übermitteln.

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

Die Tagesordnung für die 21. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Die Fraktion DIE LINKE hat fristgemäß eine Aktuelle Debatte beantragt. Der Antrag liegt Ihnen in der Drs. 6/1812 vor und wurde als Punkt 32 auf die Tagesordnung genommen. Nach einer Vereinbarung der parlamentarischen Geschäftsführer soll die Beratung an erster Stelle am Freitag erfolgen. Der ursprünglich als erster Beratungsgegenstand vorgesehene Tagesordnungspunkt 9 wird somit als zweiter Punkt am Freitag behandelt. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.

Gibt es weitere Anmerkungen oder Wünsche zur Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Zweite Beratung

Einführung einer allgemeinen Kennzeichnungspflicht für Polizisten und Polizistinnen des Landes Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/334

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/329

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/1253

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 6/1808

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1818

Änderungsantrag Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/1819

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/1820

Zunächst erteile ich für die Berichterstattung aus dem Ausschuss dem Kollegen Herrn Dr. Brachmann das Wort. Für die Debatte wurde eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion und die Reihenfolge GRÜNE, SPD, DIE LINKE und CDU vereinbart.

Sehr geehrte Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition in diesem Hause war ziemlich von Anbeginn der Legislaturperiode darum bemüht, im Rahmen parlamentarischer Initiativen eine Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten einzufordern.

Die Fraktion DIE LINKE hatte in der SeptemberSitzung des Jahres 2011 dazu einen Antrag in der Drs. 6/344 mit dem Titel „Einführung einer allgemeinen Kennzeichnungspflicht für Polizisten und Polizistinnen des Landes Sachsen-Anhalt“ eingebracht.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN brachte in der gleichen Sitzung in der Drs. 6/329 bereits einen Gesetzentwurf ein, mit dem beabsichtigt war, eine grundsätzliche Legitimations- und Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten vorzusehen. Beide Beratungsgegenstände wurden damals in den Ausschuss für Inneres überwiesen.

Der Innenausschuss befasste sich erstmals in der 7. Sitzung am 22. September 2011 mit beiden Drucksachen und beschloss, die Beratung über die vorliegenden Beratungsgegenstände so lange zu

rückzustellen, bis der von der Landesregierung angekündigte Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt vorliegen werde.

Im Juli 2012 brachte die Landesregierung den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt ein. Dieser Gesetzentwurf wurde vom Landtag in der 29. Sitzung am 13. Juli 2012 zur Beratung in den Innenausschuss überwiesen.

Die Landesregierung verfolgt mit diesem Gesetzentwurf das Ziel, den Interessen der Bürgerinnen und Bürger an einer wirksamen und zeitgemäßen Gefahrenabwehr sowie den entsprechenden Erfordernissen der polizeilichen und der sicherheitsbehördlichen Praxis Rechnung zu tragen. Anliegen des Gesetzentwurfs war es weiterhin, die detaillierten Vorgaben der Koalitionsvereinbarung zwischen der CDU und der SPD umzusetzen.

Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in der 21. Sitzung am 19. Juli 2012 erstmals mit diesem Gesetzentwurf. Es wurde vereinbart, am 12. Dezember 2012 eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung, zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE durchzuführen. Zu dieser Anhörung, die in öffentlicher Sitzung stattfand, wurden Gewerkschaftsvertreter, Vertreter von Hochschulen, Vereinen, Verbänden und zahlreichen Institutionen eingeladen.

In einer Sondersitzung am 13. Februar 2013 befasste sich der Ausschuss für Inneres und Sport mit allen drei Drucksachen. Zur Beratung lagen die Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sowie mehrere Änderungsanträge vor, erstens ein gemeinsamer Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zweitens ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE und drittens ein umfänglicher Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD.

Mit dem gemeinsamen Änderungsantrag verfolgen die Oppositionsfraktionen das Ziel, § 2a des Gesetzentwurfs zu streichen, weil nach ihrer Auffassung im Gesetz der Begriff „Gefahrenvorsorge“ nicht näher bestimmt sei.

Außerdem soll § 16 Abs. 3 des Gesetzentwurfs gestrichen werden, weil die vorgesehene Regelung zur Ermächtigung der Polizei zu Videoaufnahmen bei Personen- und Fahrzeugkontrollen nach Auffassung der Oppositionsfraktionen aufgrund von Einschüchterungseffekten zu Beeinträchtigungen bei der Ausübung von Grundrechten führen könne.

(Unruhe)

Die beabsichtigte Änderung des § 17 stellt nach Auffassung beider Fraktionen einen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich privater Lebensgestal

tung dar und sollte aus diesem Grund geändert werden.

Die in § 17a des Gesetzentwurfs vorgesehene Regelung, mit der die Polizei zur Erhebung von Telekommunikationsinhalten und -umständen im Bereich der Gefahrenabwehr ermächtigt wird, sei nicht erforderlich und damit wegen ihrer Eingriffstiefe in den grundrechtlich geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung unverhältnismäßig, sodass die Streichung dieses Paragrafen beantragt wurde.

Entschuldigung, Herr Dr. Brachmann. - Weil die Akustik in diesem Haus etwas schwierig ist, glaube ich, dass aufgrund des hohen Geräuschpegels nicht jeder Ihre Rede verfolgen kann.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Darüber hinaus wurde beantragt, § 17b ersatzlos zu streichen, weil die Befugnis zur Erhebung von Telekommunikationsinhalten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur als Ultima Ratio und insoweit als zulässig erachtet werde, wenn durch technische Maßnahmen sichergestellt sei, dass ausschließlich die laufende Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werde. Nach der Auffassung der Oppositionsfraktionen sei dies nicht gesichert.

Schließlich wurde beantragt, die vorgesehene Ergänzung in § 41 Abs. 6, nämlich die Ermächtigung zur Zwangstestung von Personen wegen vermeintlicher Gefahren der Übertragung besonders gefährlicher Krankheitserreger, zu streichen, weil diese Regelung nach der Auffassung der Oppositionsfraktionen einen unzulässigen Eingriff in die Grundrechte auf allgemeine Handlungsfreiheit, auf körperliche Unversehrtheit sowie auf informationelle Selbstbestimmung darstellt.

All diese Änderungsempfehlungen wurden mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD abgelehnt.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE sah eine Änderung in § 18 des Gesetzentwurfs - Datenerhebung durch Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist, und durch Einsatz verdeckter Ermittler - vor, weil die Fraktion künftig im Polizeigesetz die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit V-Personen ausschließen wollte. Weiterhin strebte die Fraktion DIE LINKE an, § 31 - Rasterfahndung - zu streichen. Auch diese beiden Änderungsvorschläge fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

Der umfängliche Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD, der auf der Grundlage der Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungs

dienstes erarbeitet wurde, beinhaltete zum einen Änderungen aus rechtsförmlicher und rechtssystematischer Sicht. Zum anderen enthielt er Änderungen, die auf Anregungen aus der Anhörung zurückgehen. Dieser Änderungsantrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Inneres und Sport erarbeitete auf der Grundlage des Gesetzentwurfs der Landesregierung in der Drs. 6/1253 die Ihnen in der Drs. 6/1808 vorliegende Beschlussempfehlung. Er empfiehlt mit 8 : 5 : 0 Stimmen, also mit den Stimmen der Regierungskoalition, den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung der Beschlussempfehlung anzunehmen.

Dem Anliegen der Opposition, eine Kennzeichnungspflicht - -

Entschuldigung, Herr Kollege Dr. Brachmann. Würden Sie eine Anfrage beantworten wollen?

Ich bin gleich mit meinem Bericht fertig und werde danach antworten.

Im Anschluss.

Das Anliegen der Opposition, eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten und Polizistinnen einzuführen, fand im Ausschuss keine Mehrheit. Die Vertreter der SPD-Fraktion hatten in der Ausschusssitzung erklärt, dass auch sie eine gesetzliche Regelung zur Kennzeichnungspflicht von Polizisten erreichen wollten, sich mit dem Koalitionspartner CDU aber darüber nicht einigen konnten und dass man deshalb aus Gründen der Koalitionsdisziplin dem Gesetzentwurf der GRÜNEN und dem Antrag der LINKEN nicht zustimmen könnte.

Der Ausschuss für Inneres und Sport beschloss dann bei dem gleichen Stimmenverhältnis - mit 8 : 5 : 0 Stimmen -, den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den in die gleiche Richtung gehenden Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen.