Protokoll der Sitzung vom 20.02.2013

Zweitens. Für den Krankenhausunterricht stehen stabil 1 050 Lehrerwochenstunden zur Verfügung, die insgesamt als angemessen bewertet werden. Das ist jedenfalls die Aussage, die wir immer wieder in diesem Kontext erhalten. Wir haben hier ein System, in dem Lehrer verlässlich im Krankenhaus arbeiten, aber auch an einer Stammschule, um eben den Kontakt nicht zu verlieren.

Drittens. Die zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunden werden im Rahmen der Lehrkräfteplanung für das jeweilige Schuljahr ausgeschöpft. Wir haben ungefähr - um eine Größenordnung zu nennen - 1 000 Schülerinnen und Schüler pro Schuljahr, die davon betroffen sind.

Viertens. Wir haben einen Krankenhausunterricht, der sich vor allem auf die Kernfächer, also Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie und Physik, konzentriert.

Fünftens. Der Krankenhausunterricht unterstützt den Behandlungsplan während des stationären Aufenthalts und soll ebenso das Weiterlernen nach dem Klinikaufenthalt ermöglichen.

Sechstens. Der Krankenhausunterricht hat sich dahin gehend verändert, dass er vor allem in den Kinder- und Jugendpsychiatrien vorgehalten wird, ebenso für onkologisch erkrankte Kinder oder Jugendliche, also Krebskranke.

Siebentens. Haus- und Einzelunterricht als weitere Formen des Sonderunterrichts können den Übergang von der stationären Behandlung in den regulären Schulalltag nach einem langen Klinikaufenthalt sinnvoll ergänzen oder unterstützen.

Achtens. Für die Organisation des Krankenhausunterrichts gibt es seit dem Jahr 2010 Regelungen über einen Erlass.

Neuntens. Für das Schuljahr 2010/2011 wurde der Krankenhausunterricht den Basisförderschulen - wir haben das eben schon gehört - von den regionalen Förderzentren übertragen. Natürlich werden wir bei der Schulnetzplanung darauf achten, dass das bestandssicher bleibt, um für die klinischen Einrichtungen feste Ansprechpartner zu haben.

Zehntens. Für die im Krankenhausunterricht tätigen Lehrkräfte bestehen Fortbildungsangebote, deren Nachfrage unterschiedlich ist. Sie gehören auch weiterhin zum Angebot des Lisa. Darüber hinaus binden die klinischen Einrichtungen die dort tätigen Lehrkräfte in die Fortbildungsangebote der Kliniken ein. Wir haben also gute Verschränkungen verschiedener Angebote, sich fortzubilden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sobald ein Kind länger als vier Wochen stationär behandelt wird, erhält es nach ärztlicher Zustimmung ein Unterrichtsangebot. In den Kinder- und Jugendpsychiatrien sind es zumeist Unterrichtsangebote in Lerngruppen, weniger im Einzelunterricht.

Krankenhausunterricht wird in den Bundesländern unterschiedlich organisiert und geregelt. Einige Bundesländer halten ihn, wie Sachsen-Anhalt gegenwärtig, als Sonderunterricht vor. Andere haben ihn als Schule für Kranke eingerichtet und einige Bundesländer halten sowohl Sonderunterricht als auch Schulen für Kranke vor.

Es wird bei Fachgesprächen zwischen den Landesverantwortlichen für Krankenhausunterricht immer wieder deutlich, dass beide Formen, sowohl der Sonderunterricht als auch die Schulen für Kranke, zur Sicherung eines Unterrichtsangebotes für langwierig kranke Kinder und Jugendliche im Schulpflichtalter geeignet sind. Beide Formen haben aber auch Problemstellen, auf die es angemessene Antworten geben muss.

Probleme sind zum Beispiel die Sicherstellung und Sicherung eines Stammpersonals und die Sicherung der notwendigen Ausstattung; denn bei einer Schule für Kranke müssten zum Beispiel die Kliniken eine Art Schulträgerschaft übernehmen. Bei einer Stammlehrerschaft müsste die Frage der Schulform geklärt werden. Sie sehen schon an diesen beiden Beispielen, dass wir in diesem Zusammenhang eine Reihe von grundsätzlichen Dingen zu klären haben.

Ich sagte bereits, dass wir gegenwärtig an einem Konzept arbeiten, das den Krankenhausunterricht nachhaltig qualifizieren soll. Der in dem Antrag avisierte Zeithorizont ist aus meiner Sicht realistisch.

Teil des Konzeptes ist die Fortschreibung des seit dem Schuljahr 2010/2011 aufgelegten Maßnahmenplans. Sie haben daran erinnert und haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir gut beraten sind, wenn wir das fortschreiben und weiterentwickeln.

Letztlich geht es um eine verlässliche personelle und sächliche Ausstattung des Krankenunterrichts, um eine Stammlehrerschaft und eine flexiblere Organisation der Unterrichtsangebote.

Ein entsprechendes Expertengespräch, wie in dem Antrag auch vorgeschlagen, kann bei der Lösungsfindung sicherlich nützlich sein. Der eingebrachte Antrag knüpft also damit bereits an die eingeleiteten Prozesse an und nimmt diese auf.

Ich bin gern bereit, in den Ausschüssen für Bildung und Kultur sowie für Arbeit und Soziales über unsere Erfahrungen und Einschätzungen, aber auch über Regelungen und Erfahrungen in anderen Bundesländern zu berichten und dann zu gegebe

ner Zeit unsere neuen konzeptionellen Überlegungen vorzustellen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Für die CDUFraktion spricht die Kollegin Frau Koch-Kupfer. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während der Beschäftigung mit diesem Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Krankenhausunterricht für Kinder mit psychischen Erkrankungen habe ich mich immer wieder gefragt, wie oft ich in 26 Jahren als Lehrerin Schülerinnen und Schüler unterrichtet habe, die über längere und sehr lange Zeiträume aus gesundheitlichen Gründen dem regulären Unterricht fernbleiben mussten.

Aus dieser Erinnerung heraus kann ich sagen, dass sich gerade in den letzten Jahren deren Anzahl deutlich erhöht hat. Ich kann zwar keine genauen Zahlen nennen, aber Erhebungen des Robert-Koch-Instituts in Berlin stützen meinen Eindruck.

Seelische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen, unter denen Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden. Knapp 20 % der unter 18-Jährigen weisen psychische Auffälligkeiten auf - das sind vier Millionen Kinder und Jugendliche. Selbstverständlich und zum Glück befinden sich nicht alle in stationärer Behandlung.

Dennoch - wir haben es eben gehört - befinden sich in unserem Bundesland jährlich 1 000 Schüler in einer solchen Behandlung. Das zeigt das Ausmaß und die Dimension des Problems. Denn wenn diese Kinder nicht am regulären Schulleben teilnehmen können, benötigen sie individuelle Unterstützung und individuellen Unterricht, der auch und im Besonderen ihrer ganz individuellen Problematik gerecht wird, um nach erfolgter Behandlung an ihr Leben vor der Diagnose und der Behandlung anknüpfen zu können und so ihre psychische Stabilität weiter zu stärken.

Der Landtag und die Landesregierung setzen sich seit dem Jahr 2010 bereits kritisch mit dem Thema auseinander. Wir müssen aber auch feststellen, dass es zwischen der Situationsbeschreibung als Ergebnis einer Kleinen Anfrage, die meine verehrte Kollegin Corinna Reinecke im Juni 2010 an die damalige Landesregierung richtete, und der Situation, die wir heute wahrnehmen, nur marginale Veränderungen gibt. Deshalb sind der erneute Antrag der Fraktion DIE LINKE einerseits und die Bemühungen des Kultusministeriums, ein förderliches Konzept zu entwickeln, andererseits zu begrüßen.

Die Ausführungen des Kultusministers über die Arbeit an einem solchen nachhaltigen Konzept und die vielfältigen Anforderungen daran machen auch deutlich, dass passgenaue Lösungen, individuelle Lösungen nicht einfach zu organisieren sind. Wahrnehmung, Situationsbeschreibung und Bemühen reichen eben nicht aus, um betroffenen Schülerinnen und Schülern eine veritable Unterstützung anzubieten.

Stärken stärken, die gesunden Teile des Kindes fördern, Perspektiven aufzeigen und Begleitung über den Klinikaufenthalt hinaus gewährleisten - dies sind Herausforderungen, an deren Lösung wir im Ausschuss gemeinsam mit den Experten, wie vorhin vorgeschlagen, und zeitnah arbeiten sollten. Deshalb freuen wir uns auf eine konstruktive lösungs- und ergebnisorientierte Ausschussarbeit. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Koch-Kupfer. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Professor Dr. Dalbert. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Krankenhausunterricht ist wichtig. Er ist wichtig, weil er eine Brücke für die Kinder und Jugendlichen hin zur Schulzeit schlagen will, sodass sie, obwohl sie langwierig erkrankt sind, wieder Anschluss an den schulischen Alltag finden können.

Krankenhausunterricht ist auch wichtig, weil er eine psychische Botschaft enthält. Er enthält für die Kinder und Jugendlichen die Botschaft: Es gibt ein Leben nach deiner langwierigen Krankheit und danach geht es auch für dich wieder normal weiter. Deswegen ist der Krankenhausunterricht Teil eines therapeutischen Prozesses.

Krankenhausunterricht ist wichtig und deswegen sind wir der Fraktion DIE LINKE sehr dankbar für den Antrag, mit dem sie das Thema Krankenhausunterricht wieder auf die Tagesordnung setzt, nachdem es im Januar 2011 sozusagen in die nächste Legislaturperiode verschoben wurde.

Es ist sinnvoll, sich ausführlich damit zu beschäftigen, weil einige Fragen in der Tat offen sind oder einer erneuten Diskussion bedürfen. Gleichwohl verkennen wir nicht, dass sich einiges schon in die richtige Richtung zum Positiven bewegt hat.

In der Diskussion müssen beispielsweise folgende Fragen eine Rolle spielen: Wie viel Krankenhausunterricht wollen wir für langwierig erkrankte Kinder? Wann soll er beginnen? Liegt bei vier Wochen der goldene Schnitt? Kann man sich anderes

vorstellen? An welche Kinder richtet sich das Angebot?

Die heutige Debatte, die Sichtung der Unterlagen und der Vergleich mit den Ausführungen des Ministers lassen erkennen, dass in Ihrem Antrag eine gewisse Unschärfe liegt. § 39 Abs. 3 des Schulgesetzes sieht Krankenhausunterricht für langwierig erkrankte Kinder vor. Im Antrag der LINKEN ist nur von langwierig psychisch erkrankten Kindern die Rede.

Ich würde mir wünschen, dass wir die Gesamtheit der langwierig erkrankten Kinder in den Blick nehmen. Es geht - der Herr Minister hat es ausgeführt - beispielsweise auch um onkologische Erkrankungen in der Kindheit und im Jugendalter. In diesem Bereich gibt es eben auch Kinder, die langwierig erkrankt sind. Diese können dem Unterricht aber nach ärztlichem Ermessen durchaus ein Stück weit folgen. Gerade für sie ist die Botschaft „Es gibt ein Leben nach deiner Krankheit“ eine wichtige Botschaft. Diesen Fragen sollten wir uns widmen.

Ebenso sollten wir uns den folgenden Fragen widmen: Wie können wir an dieser Stelle eine kompetente Stammlehrerschaft entwickeln? Wie können wir eine Stammlehrerschaft organisieren? Ist die Anbindung an die Förderschulzentren die beste Variante? Welche Brücken können zwischen der Stammlehrerschaft und den Schulen, an denen die Kinder eingeschult sind, bauen? Wie können wir gewährleisten, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die den Krankenhausunterricht abhalten, vollwertiger Teil des therapeutischen Teams sind?

Auch dies betrifft wieder beide Arten von Kindern, nämlich die Kinder mit langwierigen Erkrankungen, die nicht psychiatrischen Ursprungs sind, und die anderen Kinder.

Insofern haben wir, so denke ich, diesbezüglich viel zu debattieren. Ich glaube, in diesem Hohen Hause herrscht große Einigkeit darüber, dass das ein wichtiges Thema ist.

Wir müssen daher vor allem sehen, ob der Arbeitsplan, der in dem Antrag vorgeschlagen wird, ein sinnvoller ist, um sich dem Problem zu nähern. Sie schlagen zum einen vor, dass im zweiten Quartal dieses Jahres ein Expertengespräch stattfinden soll. Zum anderen soll die Landesregierung über Lösungsmöglichkeiten und Modelle, die in anderen Bundesländern gefahren werden, berichten. Zudem soll dann auf dieser Grundlage bis zum Ende des Jahres ein Konzept erarbeitet werden.

Ich persönlich kann sagen: Das halte ich für einen sehr guten Arbeitsplan. Deswegen stimmen wir diesem Antrag sehr gern zu. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Professor Dalbert. - Für die Fraktion der SPD spricht jetzt der Kollege Wanzek. Bitte schön, Herr Wanzek.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schon meine Vorrednerinnen festgestellt haben, ist dieses Thema nicht neu und auch die Problemlagen sind nicht neu.

Wie Frau Hohmann bereits festgestellt hat, hat sie einen beinahe gleichen Antrag wie im September 2010 eingebracht. Positiv stellt die SPD-Fraktion fest, dass Sie den Vorschlag der Kolleginnen Mittendorf und Reinecke aus dem damals damit befassten Ausschuss aufgenommen haben, ein Expertengespräch durchzuführen. Diesem Anliegen kommen wir sehr gern nach; denn es ist wirklich nötig, über diese Problemlagen mit Experten in der Breite und intensiv zu diskutieren.

Leider muss auch ich feststellen, dass die Diskussionen damals recht fruchtlos waren, dass über die Problemlagen weder fachlich intensiv noch problemorientiert diskutiert wurde und auch keine Lösungen gefunden worden sind. Folgerichtig stellen Sie diesen Antrag noch einmal und wir sind Ihnen dankbar dafür. Denn die Probleme sind bekannt und wir müssen sie endlich lösen.

Mit Wohlgefallen habe ich festgestellt, dass das Kultusministerium dabei ist, ein Konzept zu erarbeiten. Wir sind gespannt auf den Inhalt dieses Konzept und auf die Diskussion dazu.

Ich möchte es kurz machen, weil meine Vorrednerinnen bereits die wichtigen inhaltlichen Punkte benannt haben. Lassen Sie uns im Ausschuss über die Punkte Ihres Antrages diskutieren, aber auch darüber, wie wir den Balanceakt hinbekommen, den unterschiedlichen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen Rechnung zu tragen, um sie einerseits zu fördern, damit sie den Anschluss nicht verlieren, sie aber andererseits gleichzeitig nicht zu überfordern, um den therapeutischen Maßnahmen nicht entgegenzuwirken. Außerdem müssen wir schauen, wie wir den Übergang von der Klinik zur Heimatschule besser hinbekommen.

Lassen Sie uns auch über neue Wege, über neue Idee diskutieren. In Bochum gibt es beispielsweise ein Projekt Web-Individualschule und in Niedersachen gibt es die Internetschule, bei dem speziell für chronisch und auch psychisch kranke Kinder Internetunterricht angeboten wird. Man sollte schauen, wie das dort funktioniert und wie man es vielleicht bei uns einbinden kann.

Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung dieses Antrages zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung und Kultur und