Protokoll der Sitzung vom 20.02.2013

(Herr Striegel, GRÜNE: Den kenne ich!)

Ich möchte diesen kurz zitieren, damit alle mitreden können.

(Herr Striegel, GRÜNE: Sie kennen ihn auch schon! Sie haben es ja oft genug gesagt!)

Ich zitiere:

„Der Polizeivollzugsdienst ist neben den Gesundheitsämtern zuständig für die Anordnung von Maßnahmen nach § 25 Abs. 1 sowie § 26 Abs. 1 und 2 des Infektionsschutzgesetzes,“

(Minister Herr Stahlknecht: Hört, hört!)

„wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen,“

(Herr Schröder, CDU: Was?)

„dass eine Übertragung besonders gefährlicher Krankheitserreger,“

- hören Sie jetzt besonders gut zu! -

„wie insbesondere Hepatitis B-Virus, Hepatitis C-Virus oder... HIV, auf eine andere Person stattgefunden hat, für diese daher eine Gefahr für Leib oder Leben bestehen könnte und die Kenntnis des Untersuchungsergebnisses für die Abwehr der Gefahr erforderlich ist.“

Damit wird doch allen Ernstes der Polizist dem Amtsarzt gleichgestellt.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau!)

Von Richtervorbehalt steht ebenfalls nichts darin.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE - Herr Bommersbach, CDU: Herr Striegel!)

Sie müssen zugeben, dass das, was Sie hier als Ausverkauf der Bürgerrechte darstellen, eine harmlose Vorschrift ist im Vergleich zu dem, was jüngst Ihre Kollegen in Baden-Württemberg in das Gesetz geschrieben haben.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Die nächste Frage lautet: Was tun eigentlich die GRÜNEN in Baden-Württemberg oder die Linken in Brandenburg gegen den dortigen Einsatz von sogenannten automatischen Kennzeichenlesesystemen, eine Befugnis, die für uns in SachsenAnhalt überhaupt nicht infrage kommt? - Nichts, wie wir nach zwei Jahren Regierungsbeteiligung in Baden-Württemberg und vier Jahren Rot-Rot in Brandenburg feststellen können.

Das waren nur Beispiele. Ich könnte die Liste noch weiter fortsetzen.

Ich möchte Ihnen, liebe Kollegen von der Opposition, und der Öffentlichkeit nur zeigen, wie sich GRÜNE und LINKE in Sachen Polizeibefugnisse verhalten, wenn sie selbst Regierungsverantwortung tragen.

(Minister Herr Stahlknecht: Genau!)

Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das SOG nach 22 Jahren an moderne Erfordernisse anpasst, der zugleich maßvoll vorgeht und dem Grundrechtsschutz einen hohen Stellenwert einräumt.

(Minister Herr Stahlknecht: So ist es!)

Ich möchte dies am Beispiel der in der Öffentlichkeit besonders umstrittenen Änderungen deutlich machen.

Erstens der sogenannte Infektionsschutzparagraf; Sie sagen Zwangstest dazu. Unser Ziel als SPDFraktion war es, eine Regelung zu finden, die einerseits den Schutzbedürfnissen von Polizeibeamten, Rettungsdienstkräften und Feuerwehrleuten gerecht wird und die andererseits verhindert, dass

bestimmte Bevölkerungsgruppen im Gesetz diskriminiert werden.

Deswegen haben wir eine andere Norm formuliert als das, was ich eben aus Baden-Württemberg zitiert habe. Wir wollen nämlich nicht, dass Risikogruppen im Gesetz genannt werden. Dem trägt die heute vorliegende Fassung der Beschlussempfehlung Rechnung.

Zu den sogenannten Mobilfunkabschaltungen. Herr Minister hat vorhin bereits darauf hingewiesen - das ist richtig -, dass Handys vor 22 Jahren so groß wie ein Aktenkoffer waren. Gewöhnlich kamen Bombenleger an solche Geräte überhaupt nicht heran. Damals hat man noch Wecker an Sprengladungen gebaut, um diese auszulösen.

(Minister Herr Stahlknecht: So ist es!)

Nach 22 Jahren müssen wir die technische Entwicklung nunmehr auch mit einer entsprechenden Rechtsgrundlage nachvollziehen. Ich möchte an dieser Stelle auf eines hinweisen - darüber ist im Ausschuss mehrmals beraten worden -: Wir heben die Eingriffsschwelle mit dieser neuen Standardmaßnahme in § 33 an; wir senken sie nicht ab. Denn die polizeiliche Generalklausel in § 13 ließe es nach herrschender Auffassung schon heute zu, eine solche Anordnung zu treffen. Das heißt, mit der gegenwärtigen erheblichen Gefahr für Leib und Leben, die heute Eingriffsvoraussetzung ist, heben wir die Schwelle an. Wir schützen die Grundrechte und höhlen sie nicht aus.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Schließlich zu den Alkoholverboten. Wie sieht denn die Situation in unserem Lande aus? - Bestimmte Orte werden immer wieder für hemmungslose Saufgelage missbraucht.

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Nein!)

Damit verbunden ist blinde Zerstörungswut. Anschließend müssen mit großem Aufwand Sachbeschädigungen, Müll, Unrat, Glasscherben etc. beseitigt werden. Zudem leiden unsere Kommunen in besonderem Maße darunter.

Sie kennen die Vorgeschichte: Insbesondere die Stadt Magdeburg hat sich bemüht, eine solche Regelung zu treffen, und zwar auf der Grundlage von § 94 der Gefahrenabwehrverordnungsvorschrift des SOG. Das hat vor den Gerichten dieses Landes keinen Bestand gehabt.

Deswegen waren wir als SPD - das steht übrigens auch in unserem Wahlprogramm und im Koalitionsvertrag - bemüht, eine Regelung zu finden, um kommunale Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Wir verhängen heute mit diesem Gesetzesbeschluss kein Alkoholverbot für öffentliche Straßen, Wege und Plätze in Sachsen-Anhalt, sondern wir eröffnen Kommunen in Sachsen-Anhalt neue Handlungsmöglichkeiten.

Herr Kollege Erben, würden Sie eine Zwischenfrage beantworten?

Wenn ich fertig bin.

Am Ende der Rede.

Mir ist natürlich auch klar, dass das Verbannen des Problems Alkoholkonsum aus der Öffentlichkeit allein das Problem nicht löst. Deswegen sagen wir: Es ist ein Baustein der Sozialdemokraten; wir sind aber auch der Auffassung, dass weitere folgen müssen.

Meine Kollegin Petra Grimm-Benne und ich haben bereits Vorschläge unterbreitet. Dazu gehören beispielsweise die Aufnahme eines sogenannten Flatrate-Verbotes in das Landesgaststättengesetz oder auch die Verschärfung von Sanktionen nach dem Jugendschutzgesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun höre ich von den Oppositionsfraktionen, dass das, was wir in der SOG-Novelle tun, verfassungswidrig sei und man deswegen vor das Landesverfassungsgericht ziehen wolle. Das kenne ich. Das ist auch Ihr gutes Recht. Ich kenne das Ritual aber auch aus der letzten Wahlperiode, damals vorzugsweise von den Kollegen der FDP. Doch auch durch ständiges Wiederholen der Behauptung von der Verfassungswidrigkeit werden die Aussichten in Dessau nicht besser.

Das Gesetz ist solide vorbereitet. Bei keiner der Neuregelungen hat der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst dieses Hauses verfassungsrechtliche Zweifel angemeldet. Ich sehe den Klagen der Oppositionsfraktionen folglich gelassen entgegen. Allein weil Sie etwas politisch nicht wollen, ist es nicht gleich verfassungswidrig.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Schließen möchte ich mit einer Erklärung zum Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion zu dem Gesetzentwurf der GRÜNEN bzw. dem Antrag der LINKEN zur Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. In beiden Fällen werden wir mit Nein votieren. Wir tun das nicht aus Überzeugung,

(Herr Lange, DIE LINKE, lacht)

sondern aus Koalitionsräson.

(Herr Lange, DIE LINKE: Aha!)

Es gibt viele gute Gründe für eine Kennzeichnungspflicht in geschlossenen Einsätzen, wie sie der Gesetzentwurf der GRÜNEN vorsieht, und es

sprechen nur wenige Gründe dagegen. Die Mitglieder der SPD Sachsen-Anhalts haben das in einem Mitgliederentscheid im letzten Jahr mehrheitlich genauso gesehen. Gerade dieser Umstand wiegt sehr schwer für meine Fraktion.

Die Kollegen der CDU-Fraktion sehen das anders und berufen sich bei ihrer Ablehnung auf die Tatsache, dass eine solche Regelung eben nicht Gegenstand des Koalitionsvertrages für diese Wahlperiode ist. Das stimmt und hindert uns daran, dem Gesetzentwurf heute hier zuzustimmen.

Aber bevor der eine oder andere jetzt in Häme verfallen sollte: Liebe Kollegen von der LINKEN und den GRÜNEN, Sie kennen sicherlich vergleichbare Situationen aus Koalitionsregierungen, an denen sie beteiligt sind.