Protokoll der Sitzung vom 21.02.2013

Ich will mit den waffenrechtlichen Aspekten anfangen und diesbezüglich vielleicht etwas zur Entwirrung beitragen. Es gab tatsächlich einmal eine Debatte über eine zentrale Lagerung von Munition und Waffen in den Schützenheimen. Das haben in den Jahren 2009 und 2010 insbesondere die ostdeutschen Flächenländer strikt abgelehnt, weil es für uns natürlich eine Horrorvorstellung war, dass in schlecht gesicherten Schützenheimen, die irgendwo im Wald stehen, zentral Munition und Waffen gelagert werden und jedermann davon weiß. Es gibt niemanden mehr in der Bundesrepublik, der das ernsthaft fordert. Also diese Gefahr ist nicht da.

Zweitens zu dem Thema der Amoklagen in den Schulen. Die Amokläufe, die in Deutschland an Schulen stattgefunden haben, haben sicherlich vielfältigste Ursachen. Aber sie haben in keinem Fall einen Bezug gehabt zu dem Thema, ob an Schulen geschossen wurde und ob die Schule dazu einen Beitrag geleistet hat. Wir hatten aber fast immer einen unberechtigten Zugriff auf Waffen zu verzeichnen,

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

dass also dem Schützen oder in dem Fall dem Amokläufer der Zugriff gewährt worden ist, weil entweder Vorschriften nicht eingehalten worden sind oder die Vorschriften im Gesetz zu lasch waren. Es hat auch mehrfach Verschärfungen gegeben. Ich persönlich bin der Auffassung, dass diesbezüglich noch deutlich mehr geht. Aber mit der Schule als solches, also dem Schulgebäude, hat es in keinem der Fälle etwas zu tun gehabt.

Ich will meine Skepsis gegenüber dem Antrag heute hier nicht verbergen; denn wir haben drei Situationen oder drei Dinge festzustellen.

Erstens. Weder bei der Errichtung noch beim Betrieb dieser Schießstände wurde gegen geltendes Recht verstoßen. Nun verfügte ich während meiner Vorbereitung möglicherweise über teilweise umfangreichere Informationen als die Antragstellerin. Aber es sind offensichtlich auch in den letzten Jahren während der verstärkten Kontrollen keine Verstöße festgestellt worden.

Zweitens. Weder die Schulen noch die Schulträger oder die Schützenvereine haben nach dem Appell der Landesregierung in irgendeiner Weise Anzeichen gegeben, dass man die Schießstände verlegen wolle.

Drittens geht es um die Problematik der Abstandsgebote. Hierbei besteht natürlich die Problematik, dass es weder in der Hand der Landesregierung noch des Landtages liegt, solche verbindlich festzusetzen.

Nach meinen eigenen Erfahrungen kann ich es mir nur sehr schwer vorstellen, wie die Umsetzung passieren soll, wenn wir den bildungspolitischen und friedenspädagogischen Abgesandten der Landesregierung in die Kommune schicken. Der hat kein Geld und sagt, jetzt überzeuge ich euch einmal, wie wir den Schießstand verlegen. Ich stelle mir das in Dessau, Gräfenhainichen und Kroppenstedt eher schwierig vor.

Doch damit bin ich wieder am Ausgangspunkt meiner Rede. Was machen wir mit dem Antrag? Was macht man mit einem solchen Antrag?

Man überweist ihn in den Ausschuss. Ich hoffe und wünsche mir, dass uns im federführenden Ausschuss, nämlich im Innenausschuss, und in den mitberatenden Ausschüssen für Bildung und Kultur sowie für Landesentwicklung und Verkehr noch ein bisschen mehr dazu einfällt, als mir bei der Vorbereitung meines Redebeitrags eingefallen ist. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, und von Herrn Schröder, CDU)

Frau Kollegin Dalbert, Sie können erwidern.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst freue ich mich darüber, dass der Antrag hier doch eine sehr differenzierte Debatte angestoßen hat, die dann vor allen Dingen im Innenausschuss Grundlage sein kann, weiter darüber zu debattieren. Ich halte die Zuordnung zum Innenausschuss für völlig korrekt.

Es gibt einen Unterschied zwischen der Motivation zur Stellung eines Antrags und der Lösung. Ich glaube, über die Lösung ist in der Tat im Innenausschuss zu debattieren, auch wenn die Motivation für den Antrag aus der Schule und dem friedenspädagogischen Impetus kommt. Aber das ist nicht der Lösungsweg. Wie schwierig es ist, hierfür eine gute Lösung zu finden, hat die Debatte gezeigt.

Herr Erben, wenn es Verstöße gäbe, hätte ich den Antrag doch nicht einbringen müssen. Wenn wir das auf der Ebene geltender Gesetze und Verordnungen regeln könnten, dann brauchten wir uns heute gar nicht damit zu beschäftigen, sondern dann würden wir einfach über eine Selbstbefassung bei der Exekutive nachfragen, ob ordentlich darauf geschaut wird, dass Gesetze und Verordnungen befolgt werden.

Noch ein letztes Wort zu der Einlagerung von Waffen und Munition. Sie haben die Debatte darüber angesprochen, die es vor allen Dingen nach Winnenden gegeben hat; denn dort hatte der Jugend

liche Zugriff auf die Waffen seines Vaters, die zu Hause schlecht gesichert lagen. So ist man auf die Idee gekommen, dass die Waffen und die Munition gar nicht mit nach Hause genommen werden dürfen, sondern in den Schießständen gelagert werden müssen. Sie haben auf das Problem dieser Lösung auch wieder hingewiesen.

Zumindest für Sachsen-Anhalt trifft zu - von hinten kam ja der Zwischenruf, dass wir in Sachen-Anhalt sind -, dass die Schulen keine Kenntnisse darüber haben, was in den Schießständen gelagert wird. Zumindest das kann man an der Stelle schon einmal festhalten. Das finde ich schon wieder eine etwas bedrohliche Vision.

Ich vertraue darauf, dass wir gute Debatten führen werden. Wir begrüßen die Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport; das halten wir für das richtige Vorgehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr. - Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen über die Überweisung des Antrags in der Drs. 6/1787 ab. Es gab allgemeine Zustimmung zu der Überweisung zur federführenden Beratung in den Innenausschuss. Die Mitberatung soll in den Ausschüssen für Bildung und Kultur sowie für Landesentwicklung und Verkehr erfolgen. Wenn niemand etwas dagegen hat, würde ich darüber insgesamt abstimmen lassen. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Wer damit einverstanden ist, die Überweisung so vorzunehmen, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Antrag in die genannten Ausschüsse überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 22 ist beendet.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich, um es nachher nicht zu vergessen, ansagen, dass sich die parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigt haben, dass morgen keine Mittagspause stattfinden wird. Es müsste sich jeder zeitlich darauf einrichten, falls Sie sich anders orientiert haben.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 23:

Erste Beratung

Zukunft der rechtsmedizinischen Institute in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1789

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau von Angern. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Hermann Kesten sagte einst:

„Die Fortschritte der Medizin sind ungeheuer - man ist sich seines Todes nicht mehr sicher.“

Aber ganz so einfach ist es eben leider nicht. Wie wir wissen, ist selbst der Tod nicht für umsonst zu haben.

Doch wer denkt, dass es in den hiesigen rechtsmedizinischen Instituten nur allein um das Obduzieren von Leichen geht, der geht fehl. Dies macht nur etwa ein Viertel der Tätigkeit dort aus. Die Aufgaben der Rechtsmedizin sind weitaus umfangreicher, als wir es etwa aus dem Fernsehen kennen. Zu einem großen Teil gehören auch Lehre und Praktika zur Arbeit der Rechtsmedizin; sie sind ein wesentlicher Bestandteil.

Außerdem führen die Rechtsmediziner auch Untersuchungen von Lebenden durch. So gehört die Erstellung von Gutachten zur Vaterschaft oder bezüglich der Zurechnungsfähigkeit zu ihren Aufgaben. Rechtsmediziner werten medizinische Spuren aller Art aus, um der Staatsanwaltschaft einen Bezug auf eine Straftat liefern zu können. Auch die Bestimmung des Blutalkoholwertes zur Unterstützung der Arbeit der Polizei - das ist wahrscheinlich eines der häufigsten Produkte - gehört mit zum Leistungsspektrum.

In meiner Fraktion haben wir ganz bewusst entschieden, das Thema Zukunft der Rechtsmedizin in Sachsen-Anhalt aus rechtspolitischer Sicht mit Blick auf einen ressortübergreifenden finanziellen Lösungsansatz zu beleuchten. Gerade das Gerangel um Zuständigkeiten - besser gesagt: das Wegschieben von Verantwortlichkeiten; das ist in den letzten Wochen noch einmal deutlich geworden - war Grund für uns, den vorliegenden Antrag heute dem Landtag zur Abstimmung vorzulegen und damit die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in die Verantwortung zu nehmen.

Meine Damen und Herren! Seitens der Parlamentarier bestand in allen Ausschüssen, die das Thema behandelt hatten, Einigkeit darüber, dass es einer langfristigen konzeptionellen bzw. finanziellen Lösung für beide Standorte in Sachsen-Anhalt, nämlich in Halle und in Magdeburg, bedarf.

Doch seit mehreren Jahren führt genau zu dieser sehr klaren Entscheidung kein Weg. Lachender Dritter ist nicht etwa der Finanzminister, der sich noch der Hoffnung hingibt, dass die Zeit die Entscheidung treffen wird. Nein, Gewinner wird bei diesem Thema mit Sicherheit niemand sein.

Wer ernsthaft meint, die Leistungen der Rechtsmedizin zuallererst und vor allem hinsichtlich des Kostenfaktors zu bewerten, der geht ebenso völlig

fehl. Genau wie die Demokratie kostet eben auch der Rechtsstaat Geld.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen den politischen Willen aller Fraktionen hier im Hause, um letztlich mehr finanzielle Mittel für mehr Rechtssicherheit bereitzustellen. Sogenannte Alternativen dazu kennen wir, lehnen diese aber ausdrücklich ab, und das ist auch gut so.

Meine Damen und Herren! Ganz deutlich und klar feststellbar ist: Die rechtsmedizinischen Institute sind unverzichtbar für eine funktionierende und zügige Strafverfolgung in unserem Land. Nun können wir gern trefflich darüber streiten, ob es dafür tatsächlich zweier Standorte bedarf.

(Herr Borgwardt, CDU: Das ist wahr!)

Wenn man sich aber Fragen nach den Folgen der Schließung für die Arbeit der Staatsanwaltschaft, die Arbeit der Polizei, die Arbeit der Frauenschutzhäuser, aber auch nach den Folgen für Opfer von Straftaten stellt, muss man ehrlich antworten: Es geht um den Erhalt beider Standorte.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Landesregierung positionierte sich mit dem Verweis auf die Leitenden Oberstaatsanwälte des Landes im Jahr 2011 im Rahmen einer Kleinen Anfrage deutlich. Ich zitiere:

„Es muss daher ein wesentliches Anliegen sein, dass die hiesige Rechtsmedizin die erforderlichen Leistungen auch künftig in der notwendigen Qualität und Quantität sowie in dem gebotenen zeitlichen Rahmen erbringen kann.“

Zutreffend haben die Behördenleiter der hiesigen Staatsanwaltschaften darauf hingewiesen, dass Todesermittlungs- und Kapitalsachen Sofortsachen seien, bei denen Zeitverzögerungen zu erheblichen Ermittlungslücken und Schwierigkeiten in der Beweislage führen könnten. Gerade bei Obduktionen seien Verzögerungen zwangsläufig mit Informationsverlusten verbunden, da der körperliche Zersetzungsvorgang unmittelbar nach dem Todeseintritt einsetze und sich vielfach auf die Qualität der zu erlangenden Befunde auswirke.

In diesem Zusammenhang haben die Behördenleiter darüber hinaus die Besorgnis geäußert, dass der Wegfall eines rechtsmedizinischen Instituts in Sachsen-Anhalt eine signifikante Senkung auch der Qualität staatsanwaltschaftlicher Arbeit befürchten lasse.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Landesregierung selbst hat dies nicht gesagt, sondern sie hat es die Leitenden Oberstaatsanwälte sagen lassen. Sie sprachen sich ausdrücklich für die Beibehaltung beider Standorte aus. Ich den