Protokoll der Sitzung vom 21.02.2013

Ich bitte um die Überweisung Ihres Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung und Kultur, weil das auch Schulen betrifft, und last, but not least auch in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr, weil man gegebenenfalls auch unter baurechtlichen Gesichtspunkten darüber reden könnte und müsste. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht der Herr Abgeordnete Krause.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einer

grundsätzlichen Bemerkung zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beginnen.

Wer den Antrag als unvoreingenommener Bürger liest, der kommt nicht umhin, seiner vordergründigen Intention zuzustimmen. Auch ich will mich der Einschätzung, dass es sich um ein ehrenhaftes Anliegen handelt, nicht verschließen.

Auf den zweiten Blick, der eine tiefere Betrachtung erfordert, muss ich allerdings Abstriche von meiner zustimmenden Haltung machen. Ich will im Folgenden ausführen, warum ich zu dieser Einschätzung gelange.

Wir sollten hier nicht den Eindruck erwecken, dass es die Regel ist, dass ein Schießstand auf einem Schulgelände eingerichtet wird. Im ganzen Land Sachsen-Anhalt gibt es gerade einmal drei Schulen, die unter den von Ihnen beschriebenen Sachverhalt fallen.

Frau Professor Dalbert hat die Schulen genannt. Der Minister hat sie auch benannt. Deshalb muss ich das jetzt nicht wiederholen. Ich komme aber noch einmal auf Kroppenstedt zu sprechen. In Kroppenstedt befindet sich der Schießstand im Kellerraum. Der Schießstand ist durch mehrere Türen gesichert. Das ist eine Tatsache, die sicherlich nicht vollständige Sicherheit gewährleisten kann. Beruhigend ist jedoch, dass keine Munition in den Kellerräumen gelagert wird.

Allerdings will ich zugestehen, dass mich gerade der Fall in Kroppenstedt zum Nachdenken veranlasst. Hier wünsche ich mir im Interesse aller Beteiligten eine Lösung, die eine klare Trennung von Schulgebäude und Schießstätte vorsieht, wie Sie es, Frau Professor Dalbert, vorhin formuliert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die antragstellende Fraktion weist völlig zu Recht darauf hin, dass der Umgang mit Waffen und Munition für sich betrachtet zwar noch keine Gefahr darstellt, Waffen aber allein aufgrund ihrer physischen Existenz in den Händen von Menschen zu einer potenziellen Gefahr werden können.

Sie schlussfolgern, dass allein die Nähe von Schießstätten zu Schulen bzw. Schulgebäuden eine potenzielle Gefahr sei. Das ist eine Bewertung, der ich mich nicht anschließen kann.

Auf die Verfassungsbeschwerde der Hinterbliebenen der Opfer des Amoklaufs von Winnenden hat erst vor Kurzem das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass der Staat seiner Pflicht zum Schutz der Bevölkerung vor den vom Umgang mit Schusswaffen ausgehenden Gefahren durch geeignete Schutzvorkehrungen nachkommen muss.

Alle drei Schießstätten wurden nach dem hier maßgeblichen Waffengesetz mit Genehmigung der zuständigen Behörden in Betrieb genommen. Die

materiellen Anforderungen an den ordnungsgemäßen und sicheren Betrieb der Schießstätten vor Ort sind erfüllt. In allen drei Fällen besteht kein Grund, vorschnell und überhastet zu reagieren.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu bitten, weniger dramatisch und pathetisch eine Gefahr für Leib und Leben der Schülerinnen und Schüler wie auch der Lehrkräfte heraufzubeschwören. Dies ist nicht angebracht.

Angebracht ist aber sehr wohl ein genauer und verantwortungsbewusster Umgang mit diesem Thema. Leider hat es in unserer jüngsten Geschichte in Erfurt und Winnenden schreckliche Ereignisse gegeben. Einen Zusammenhang zwischen der Nähe einer Schießstätte zu einer Schule und einer daraus resultierenden unmittelbaren Gefahr vermag ich nicht zu erkennen. Wenn man diesen Zusammenhang sehen wollte, dann wäre dies wohl so, als wollte man Spielcasinos nur noch auf dem flachen Land weit entfernt von der Ortschaft ansiedeln, um so Suchtgefahren auszuschließen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir teilen die grundsätzliche Einschätzung der Landesregierung, dass aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit für eine Änderung des Waffengesetzes bzw. der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung gesehen wird.

Ich bitte Sie gleichwohl um Ihre Zustimmung zur Überweisung des Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport. Wir müssen uns im Ausschuss mit den örtlichen - das will ich gern zugeben - Gegebenheiten der drei Schießstätten genauer beschäftigen. Ich habe auch mit meinen Kolleginnen vor Ort schon besprochen, da ich mir das natürlich vor Ort detailliert ansehen möchte.

Die Landesregierung und alle Fraktionen dieses Hohen Hauses eint die oberste Priorität, dass ein Risiko für Leib und Leben vor Ort ausgeschlossen sein muss. Im Übrigen teile ich die Einschätzung des Kultusministeriums, dass Schulen für die Lagerung von Waffen und Munition ungeeignet sind.

Ich bitte also um die Überweisung des Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr und natürlich in den Ausschuss für Bildung und Kultur. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Krause. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Hohmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines kann ich vorwegnehmen: DIE LINKE wird dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen; denn es ist schon sehr verwunderlich, dass sich fast zwei Jahre lang, also von der Kleinen Anfrage zu den Schießständen bis heute, in der Sache nichts getan hat, und dies, obwohl Minister Dorgerloh bereits im September 2011 ankündigte, auf die jeweiligen Schulträger zuzugehen und Gespräche vor Ort zu führen.

Ziel war es - so konnte man es der Presse entnehmen -, andere Unterbringungsmöglichkeiten für die Schießstände zu finden. Nach wie vor können wir konstatieren, dass sich an der damaligen Situation bis heute nichts geändert hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher ist es für uns nachvollziehbar, dass nun dieser Antrag folgt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir sind der Auffassung, dass der Betrieb von Schießständen in oder an Schulen nicht hinnehmbar ist. Minister Dorgerloh muss sich heute fragen lassen, warum dieser Zustand unverändert blieb. Wir erwarten, dass schnellstmöglich Kontakt zu den drei Schulträgern der betroffenen Schulen aufgenommen wird und man sich ernsthaft mit der Situation auseinandersetzt.

Wir halten es auch für zwingend notwendig, dass die Schulleiter über die entsprechenden Anlagen und möglicherweise über die Lagerung von Munition umfänglich informiert werden.

Natürlich müssen die Verantwortlichen im Innenministerium hierbei unterstützend wirken. Es besteht dringender Handlungsbedarf dahin gehend, dass die Schießstätten verlegt werden. Hierbei gilt es, jedes eventuelle Restrisiko auszuschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Punkt 3 des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN tragen wir vollumfänglich mit. Das Ansinnen, ein Abstandsgebot zwischen den Vereinsgebäuden von Schützenvereinen einerseits und Schulen und Kindertageseinrichtungen andererseits zu schaffen, halten wir für sinnvoll.

Es wäre ebenfalls zu überprüfen, inwieweit sich die vorhandenen Schießstände an die Richtlinien für die Errichtung, die Abnahme und das Betreiben von Schießständen, also die Schießstandsrichtlinie, halten, die im Oktober 2012 novelliert wurde.

Sind regelmäßige Überprüfungen der bestehenden Schießstände von anerkannten Schießstandsachverständigen durchgeführt worden? Wo wurden die Ergebnisse der Überprüfung dokumentiert? - Aus unserer Sicht besteht dazu noch Klärungsbedarf.

(Frau Weiß, CDU: Das machen die Land- kreise!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der im Antrag genannten Problematik hat sich der Landtag Nordrhein-Westfalen bereits im Jahr 2009 auf Antrag der dortigen Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befasst.

Ein weiteres Argument gegen Schießanlagen in Schulen war damals eine bundespolitische Debatte. Diese wurde verstärkt nach den bekannten Amokläufen an Schulen geführt. Dort wurde häufig gefordert, Waffen und Munition aus Sicherheitsgründen nicht mehr zu Hause, sondern in den Vereinen unterzubringen. Damit - so die vergangene Diskussion - könnte man der unsachgemäßen Lagerung entgegenwirken.

Die Umsetzung einer solchen Lösung hieße, dass wieder mehr Waffen in den Schießständen eingelagert würden, auch an in Schulen befindlichen.

Im Ergebnis der betreffenden Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen ließ das zuständige Ministerium Überprüfungen von Schießanlagen an Schulen vornehmen. Es wurde 122 Schießanlagen in und 29 an Schulen gezählt.

(Frau Weiß, CDU: Wir sind aber in Sachsen- Anhalt!)

Allerdings sind die Kollegen dort nicht den Weg der Schließung gegangen, sondern haben Gespräche mit allen Beteiligten geführt. Dabei wurde die Thematik erörtert und ein Konsens in der Frage hergestellt, ob Veränderungen vorzunehmen seien. Mit welchem Ergebnis das geschah und wie der aktuelle Stand derzeit ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber das soll auch nicht der Gegend dieses Antrags sein.

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzustellen: Erstens sollte der Kultusminister seine Zusage aus dem Jahr 2011 einlösen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Das Innenministerium ist in der Pflicht, die offenen Fragen bezüglich der Schießstandsrichtlinien zu beantworten.

Drittens sind schnellstmöglich Gespräche mit allen Beteiligten vor Ort mit dem Ziel zu führen, Alternativen zu finden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Erben.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Was machen wir mit dem Antrag? Das haben wir uns in der Fraktion gefragt, weil das Anliegen sehr wohl löblich ist. Dann ist man zu der Erkenntnis gekommen, dass es wohl

eher ein Innen- als ein Kultusthema ist. Deswegen stehe ich heute hier und durfte mir Gedanken darüber machen.

Ich will mit den waffenrechtlichen Aspekten anfangen und diesbezüglich vielleicht etwas zur Entwirrung beitragen. Es gab tatsächlich einmal eine Debatte über eine zentrale Lagerung von Munition und Waffen in den Schützenheimen. Das haben in den Jahren 2009 und 2010 insbesondere die ostdeutschen Flächenländer strikt abgelehnt, weil es für uns natürlich eine Horrorvorstellung war, dass in schlecht gesicherten Schützenheimen, die irgendwo im Wald stehen, zentral Munition und Waffen gelagert werden und jedermann davon weiß. Es gibt niemanden mehr in der Bundesrepublik, der das ernsthaft fordert. Also diese Gefahr ist nicht da.