Protokoll der Sitzung vom 21.02.2013

Wir, die grüne Landtagsfraktion, können den einzelnen Punkten heute zustimmen, da die Anträge in die Ausschüsse überwiesen werden. Wir freuen uns, dass beide Anträge überwiesen werden sollen.

Ich möchte, weil das in dem Antrag der LINKEN nicht aufgeführt worden ist, hinzufügen - ich zitiere aus der Bundesratsinitiative, die im letzten Jahr eingebracht wurde -:

„Öffentlich geförderte Beschäftigung in der sozialversicherungspflichtigen Form ist auf eine klar definierte Zielgruppe von Langzeitarbeitslosen zu beschränken. Jugendliche und junge Erwachsene (U25) sollten grundsätzlich nicht in sozialversicherungspflichtiger öffentlich geförderter Beschäftigung tätig werden. Für diese Zielgruppe hat der Erwerb von Schulabschlüssen und die Aufnahme einer berufsqualifizierenden Ausbildung Vorrang.

Neben der sozialversicherungspflichtigen öffentlich geförderten Beschäftigung bedarf es aufgrund der starken Differenzierung innerhalb der Gruppe der Langzeitarbeitslosen weiterhin des Angebots von Arbeitsgelegenheiten (§ 16d SGB II), bei denen die Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit arbeitsloser Menschen im Sinne einer Heranführung an den Arbeitsmarkt im Fokus steht.“

All dies zeigt: Wir brauchen sowohl mehr und bessere Qualifizierungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose als auch gute und öffentlich geförderte Beschäftigung inklusive eines sozialen Arbeitsmarktes. - Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Steppuhn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt nichts wiederholen, was der Minister richtigerweise schon gesagt hat. Lassen Sie mich an dieser Stelle dennoch eingangs feststellen, dass es eine richtige Einschätzung ist, dass sich in den letzten zehn, 15 Jahren sehr viel Positives auf dem Arbeitsmarkt getan hat, sodass wir eine völlig andere Ausgangsposition haben, als das noch vor zehn Jahren der Fall gewesen ist.

Das ist gut so, trotz aller Probleme - der Minister hat es angesprochen -, die wir noch im Bereich des Niedriglohnsektors haben. Wir haben heute schon über den Mindestlohn debattiert, wir haben oft über Bereiche wie Leiharbeit gesprochen. Natürlich gibt es dort Probleme, aber das hat etwas mit der Ordnung auf dem Arbeitsmarkt zu tun. Man kann sagen: Beschäftigungspolitisch hat sich dieses Land sehr deutlich weiterentwickelt.

Sehr geehrte Frau Kollegin Dirlich, eines wundert mich jedoch - ich möchte das gar nicht kritisieren, aber man muss es doch zur Kenntnis nehmen -: Sie stellen sich hier hin und fordern Ein-Euro-Jobs für Kaffeehäuser und Kommunen und sonst was alles. Ich kann mich an Zeiten erinnern, als DIE LINKE, damals noch PDS, eindeutig die Ein-EuroJobs verteufelte. Und Sie stellen sich jetzt hier hin und fordern diese. Ich denke, es ist schon wichtig, auf solche Dinge an dieser Stelle deutlich hinzuweisen.

(Zustimmung bei der CDU - Widerspruch bei der LINKEN)

Wir haben schon über die Menschen gesprochen, die wir meinen, wenn es um den öffentlichen Beschäftigungssektor geht. Ich glaube, wir werden uns auf den Kopf stellen können - auch wenn wir Vollbeschäftigung hätten, würden wir immer noch Menschen haben, die wir auf einem öffentlich finanzierten Arbeitsmarkt beschäftigen müssen. Das sind nämlich die Menschen, die mehrere Vermittlungshemmnisse und daher kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Deshalb bin ich dafür, dass wir dazu kommen, über einen ehrlichen sozialen Arbeitsmarkt zu reden. Natürlich muss man dann auch sagen, wie man das Ganze zu finanzieren beabsichtigt. Dazu komme ich gleich.

Zur Ehrlichkeit der Arbeitsmarktpolitik gehört auch festzustellen - keine Sorge, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich möchte jetzt nicht weiter ausholen -, dass in den letzten drei Jahren 60 % der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik seitens des Bundeshaushalts reduziert worden sind, sodass für aktive Arbeitsmarktpolitik, aber auch für Arbeitsmarktintegration viel weniger Geld zur Verfügung steht, als das vorher der Fall gewesen ist.

Frau Dirlich, wenn Sie davon sprechen, dass wir nicht mehr so viele Arbeitsgelegenheiten haben, dann mag zwar manche Begründung ausschauen, wie Sie es dargestellt haben, aber wir haben diese Maßnahmen in der Anzahl auch deshalb nicht mehr, weil die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik insgesamt weniger geworden sind. Wenn wir dann auch noch wissen, dass faktisch klar ist, dass auch das Thema Bürgerarbeit auslaufen wird, dann werden wir für die Menschen, die wir auf einem solchen Arbeitsmarkt eigentlich beschäftigen wollen, weniger Geld zur Verfügung haben.

Ich möchte drei Punkte nennen, die ich für wichtig halte und die geklärt werden müssen bzw. bei denen wir beschäftigungspolitisch ansetzen können.

Erstens. Wir brauchen - das ist keine neue Forderung, sondern eine Aussage - eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis durch Nutzung der durch Beschäftigung eingesparten passiven Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Das ist zurzeit nicht möglich. Bezüglich des sogenannten Passiv-Aktiv-Transfers - dieser bedeutet, dass wir Geld, das wir durch öffentliche Beschäftigung einsparen, anderweitig einsetzen und miteinander kombinieren können; das Land und der Minister sind schon länger mit dem Thema befasst - muss es auch auf der Bundesebene eine Klärung geben.

Meine Damen und Herren! Ich habe es bereits gesagt: Die Bürgerarbeit wird auslaufen. Vor dem Hintergrund, dass auch der Bund dafür ab dem Jahr 2014 weiterhin ESF-Mittel zur Verfügung haben wird, stellt sich jedoch die Frage, wie dieses Geld eingesetzt werden soll. Ich kann nur an den Bund, an die Bundesregierung appellieren - das müssen auch wir deutlich zum Ausdruck bringen -, dass deutlich gemacht wird, dass dieses Geld, das dann zur Verfügung stehen wird, zumindest in ein Nachfolgeprojekt für die Bürgerarbeit und somit in öffentlich geförderte Beschäftigung fließen wird.

Sicherlich brauchen wir auch seitens des Landes - das ist der dritte Punkt, und das wird ein spannender Punkt sein, den wir auch politisch beantworten müssen - öffentlich geförderte Beschäftigung, aber wir haben zugleich die Situation zu verzeichnen, dass die Unternehmen verstärkt nach Fachkräften rufen. Ich glaube, deshalb ist es lohnenswert, darüber zu diskutieren, wie wir die uns künftig zur Verfügung stehenden ESF-Mittel einsetzen wollen.

Ein wichtiger Aspekt dabei wird sein, dass wir in Weiterbildung und Qualifizierung investieren, damit die Unternehmen auch in Zukunft Beschäftigte haben, die qualifiziert sind,

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

damit sie die Fachkräfte haben, die sie brauchen, die auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden. Ich

glaube, das ist etwas, bei dem wir nicht umhinkommen, die Weichen entsprechend zu stellen. Das muss ein Kernpunkt eines arbeitsmarktpolitischen Programms dieses Landes sein.

Daneben - ich denke, auch das ist deutlich geworden - müssen wir für einen Sektor der öffentlichen Beschäftigung Sorge tragen. Wir sollten dazu kommen, dass wir über einen ehrlichen sozialen Arbeitsmarkt miteinander reden. Das kann das Land nicht allein stemmen. Dazu brauchen wir die Bundesregierung.

Ich bin davon überzeugt, dass es die richtige Antwort ist, die ESF-Mittel des Bundes genau in so einem Bereich einzusetzen. Das ist die Antwort, die wir an der Stelle brauchen.

Frau Dirlich, wir haben uns dazu entschieden, über unseren Änderungsantrag direkt abstimmen zu lassen, weil er so, wie er ist, gut ist. Wir werden sicherlich trotzdem die Gelegenheit haben, im Ausschuss über das Thema zu reden. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Dirlich, Sie können darauf jetzt erwidern.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst eines deutlich machen: Wir haben sehr große Zurückhaltung geübt und haben uns ganz ausdrücklich an die Punkte gehalten, die in der Bundesratsinitiative aufgeführt gewesen sind. Wir hätten noch sehr viel anderes zu dem Thema sagen können. Das haben wir an verschiedenen Stellen bereits getan.

Wir sind lediglich in den folgenden zwei Punkten von diesem Prinzip abgewichen - es tut mir leid, aber da können wir einfach nicht anders -: Zum einen betrifft das den Punkt, dass Arbeit mehr einbringen muss als Nichtarbeit. Zum anderen geht es darum, dass Menschen, die viele Jahre lang arbeiten - bis zu drei Jahre lang sollen sie in Zukunft in öffentlich geförderter Beschäftigung arbeiten können -, voll sozialversichert sein müssen, also auch in Bezug auf die Arbeitslosenversicherung. Das sind die beiden Punkte, bei denen wir von dem Antrag im Bundesrat abgewichen sind. Das war auch mehr als nötig.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Rotter, wenn ich gewusst hätte, dass Lob Sie so paralysiert, dass Sie nicht mehr zuhören, dann hätte ich es an das Ende meines Redebeitrages gesetzt. Denn wir haben natürlich nicht nur gelobt.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von Herrn Rotter, CDU, und von Herrn Borgwardt, CDU)

- Sie waren ja dabei.

(Herr Borgwardt, CDU: Sie wollten hier kei- ne Härte mehr reinbringen, haben Sie ge- sagt! Schluss!)

Zu dem sozialen Arbeitsmarkt. Ich denke, das ist eine Diskussion, die wir führen sollten, aber nicht an dieser Stelle; das würde zu weit führen. Ich habe das in meinem heutigen Redebeitrag ausdrücklich weggelassen.

Es gibt inzwischen zwei Gesetzentwürfe im Bundestag, in denen es um den sozialen Arbeitsmarkt geht. Ich habe Zweifel daran, dass es richtig ist, dass Unternehmen - es geht der SPD dort ausdrücklich um Unternehmen am ersten Arbeitsmarkt - langfristig, über viele Jahre hinweg, bis zu 75 % des Arbeitsentgelts aus öffentlichen Mitteln erhalten sollen. Irgendwann werden wir uns wohl auch noch fragen, warum sie überhaupt noch jemanden bezahlen sollen.

(Zuruf von der CDU - Zuruf von der LINKEN: Genau!)

Zu den Ein-Euro-Jobs. Herr Steppuhn, ich bin es gewöhnt, die Fehler zuerst bei mir selbst zu suchen.

(Herr Steppuhn, SPD: Nanu! - Herr Gallert, DIE LINKE: Na, ja! - Zuruf von der CDU: Ach so!)

- Ich werde in meiner Rede nachschauen, ob ich das wirklich gesagt habe. Ich kann mich nicht wirklich daran erinnern.

(Zuruf: Nein, tun Sie das lieber nicht!)

Ich habe nichts weiter gesagt als: Selbst die letzte Möglichkeit - der Minister hat gerade gesagt, es gebe zwei Möglichkeiten, die allerdings sehr eingeschränkt seien, eine Möglichkeit seien Ein-EuroJobs -, nämlich Ein-Euro-Jobs zu schaffen, wird noch mit fadenscheinigen Begründungen wie der Wettbewerbsverzerrung verhindert. Wenn jemand einen Kaffee eingießt?

Das war es, was ich kritisiert habe. Ich habe gesagt, dass wir Regelungen brauchen, die sinnvolle Arbeit nicht verhindern, beispielsweise Regelungen zur Wettbewerbsverzerrung oder zur Wettbewerbsverträglichkeit. Darunter fallen dann EinEuro-Jobs.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich werbe noch einmal für die Überweisung unseres Antrages in den Ausschuss. Gemäß § 38 der Geschäftsordnung des Landtages wäre der Alternativantrag dann mit überwiesen. Ich denke, es

wäre gut, noch vor einer Abstimmung darüber zu reden, welche Lücken wir zuließen, wenn wir nur dem Alternativantrag zustimmten. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Dirlich. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 6/1793 ein. Ich frage Sie, ob eine Überweisung generell gewünscht ist. Wer wünscht eine Überweisung? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist die Überweisung der beiden Anträge abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über den Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1793 ab. Wer stimmt diesem zu? - Das ist die Antragstellerin, die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind