Hoch verehrter Kollege Steppuhn, die Differenzen oder Meinungsverschiedenheiten sehe ich zumindest weniger in meiner Partei. Ich glaube, da gibt es eine relativ große Einigkeit über alle hinweg.
Ich komme auf Ihre zweite Frage zurück. Ich habe in meinem Redebeitrag ganz klar die Position der zu bildenden Kommission hervorgehoben. Der sollten wir dann auch die Beantwortung dieser Fragen überlassen.
Ich habe noch einen letzten Fragesteller gesehen. Das ist der Abgeordnete Herr Gallert. Wollen Sie die Frage beantworten?
Herr Rotter, ich dachte schon, ich müsste nicht fragen. Aber Sie haben eben eine hervorragende Vorlage geliefert. Sie sagten ausdrücklich, es muss
eine einheitliche Lösung sein. Es soll sozusagen keine Insel- oder spezifischen regionalen Lösungen geben. Deswegen sind Sie gegen ein Gesetz in Sachsen-Anhalt. So habe ich Sie verstanden. Ist das so?
Wir haben folgendes Problem: Es war Ihre Wirtschaftsministerin, die im Bundesrat mitgeteilt hat, sie wolle einen regionalspezifischen Mindestlohn haben. Sie sagen, es gebe in Ihrer Partei keine Differenz. Aber Sie lehnen eine regionale Lösung ab. Darin sehe ich eine Differenz, Herr Rotter.
- es wird nicht kompliziert - wenn Sie genau zugehört hätten, dann hätten Sie es eigentlich schon verstanden.
(Lachen bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Herr Schröder, CDU: Sie wollen doch gar nichts hören!)
Vielen Dank. - Wir können heute lernen, dass selbst dann, wenn dasselbe Thema mindestens einmal im Quartal aufgerufen wird, die Diskutierfreudigkeit darunter nicht leidet.
Wir fahren in der Debatte fort. Wir können über das Thema noch weiter debattieren. Als Nächstes spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Thiel-Rogée.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Wir haben in Sachsen-Anhalt mehr als 250 000 Menschen, die nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Nach meiner Kenntnis aus der letzten Zeit befinden sich etwa 15 % davon im Niedriglohnbereich. Ich denke, diesbezüglich haben wir eine große Verantwortung. DIE LINKE will - genauso wie die GRÜNEN -, dass Menschen von ihren Einkommen würdevoll leben können.
Dumpinglöhne dürfen kein Wettbewerbsvorteil sein. Darin eingeschlossen ist auch die Lösung des Fachkräfteproblems; denn gute Arbeits- und Einkommensbedingungen werden dazu führen, dass junge Leute, die gut qualifiziert sind, auch in Sachsen-Anhalt bleiben.
Unsere Bundestagsfraktion hat eine Antwort von der Bundesregierung auf eine Anfrage bekommen. Ich will nur zwei Zahlen nennen: Von den insgesamt befristet Beschäftigten sind 40 % zwischen 20 und 29 Jahre alt. Das sind unsere jungen Leute. Im Bereich der Leiharbeitnehmer beträgt diese Quote 32 %.
Ich finde, wenn wir nicht dafür sorgen, dass diese Beschäftigten in ordentliche Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen kommen, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn sie nach wie vor weggehen.
Deswegen nutzen wir jede Gelegenheit, um bei diesem Thema voranzukommen, und unterstützen auch den Gesetzentwurf der GRÜNEN. Wir werden der Überweisung dieses Gesetzentwurfes in den Ausschuss zustimmen, obwohl ich der Meinung bin, dass wir noch eine Menge Diskussionsbedarf im Hinblick auf die inhaltlichen Fragen haben.
Ich möchte noch einiges zum Tarifvertrag sagen, weil in der Diskussion immer wieder darauf abgehoben wird. Sie haben es schon recht gut gesagt, Herr Rotter. Es ist so: An erster Stelle steht auch für uns der Tarifvertrag. Dann folgen die Allgemeinverbindlichkeit und das Entsendegesetz. Ich weiß nicht, ob ich die richtige Reihenfolge eingehalten habe, aber ich glaube, ja. Die übrigen Beschäftigten, die nicht unter Tarifverträge und sonstige Regelungen fallen, sollen einen geregelten Mindestlohn erhalten, von dem sie tatsächlich leben können.
Hinsichtlich der Lohnfindung, Herr Schröder, bin ich natürlich bei Ihnen. Ich will auch, dass der gesetzliche Mindestlohn von den Tarifpartnern und der Wissenschaft erarbeitet wird. Die Wissenschaft soll einbezogen sein, damit Leute mitwirken, die Erfahrung haben und sehen, wie sich die Entwick
lung vollzieht. Ich hoffe, dass nicht immer nur die künftige, sondern auch die gelaufene Entwicklung betrachtet wird; denn ich finde, es ist immer ein großes Problem, wenn man in die Kugel schaut.
Ich möchte auch, dass diese Findungskommission für den Mindestlohn eingesetzt wird. Wenn man ein Gesetz macht, dann ist nur die Frage, ob man vorher eine Summe festlegt. Dazu muss die Lohnfindungskommission auch vorher arbeiten. Das kann man machen. Das muss man eben organisieren. Ich denke, dass das alles möglich ist.
Der Kollege Haseloff ist hier, unser Ministerpräsident. Er hat uns öfter aufgeklärt, dass 8,50 € eigentlich nicht ausreichen, um die Existenz zu sichern. Wenn ich mich richtig erinnere - das ist schon ein bisschen länger her -, dann waren es 10,44 €, so in dem Dreh. Also, es waren 10 €. Deshalb ist das keine politische Zahl.
- Ja, soziale Gerechtigkeit ist auch immer ungerecht, in diesem Fall auch abhängig von der Familiengröße.
(Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff: Sie können froh sein, dass wir den Sozialstaat Gott sei Dank haben! Deshalb haben wir die DDR abgeschafft!)
- Darüber will ich mit Ihnen gar nicht diskutieren. Wir könnten das gern machen, aber ich habe nur fünf Minuten Redezeit.