Protokoll der Sitzung vom 21.02.2013

Vor allem gebietet es aber auch der Respekt gegenüber dem Votum des Wissenschaftsrates, dass wir erwarten, dass man es erst liest und bedenkt, bevor man Schlüsse daraus zieht. Eine bis zum Sommer ausformulierte fertige Fassung der Zielvereinbarungen ist damit kaum vereinbar. Wenn der Wissenschaftsrat seine Empfehlungen wie vorgesehen Mitte Juli beschließt, kann darüber vernünftigerweise erst danach in aller Tiefe diskutiert werden.

Meine Damen und Herren! Wir wollen in drei inhaltlichen Schritten vorgehen. Erstens. Auf der Basis der Empfehlungen des Wissenschaftsrates wollen wir gemeinsam mit den Hochschulen ein Leitbild 2025 bzw. 2030 für unsere Hochschullandschaft entwickeln, das beschreibt, wie unsere Hochschullandschaft zukünftig aussehen soll.

Zweitens. Wenn wir das Leitbild haben, können wir einen Maßnahmenplan für die einzelnen Jahre auf dem Weg zum Leitbild entwickeln. Dazu müssen wir uns anschauen, wann welche Professuren, falls dies strukturell notwendig erscheinen sollte, gegebenenfalls umgewidmet werden können. Hochschulen kann man nicht von jetzt auf gleich umsteuern wie ein Schlauchboot; sie gleichen eher Tankern.

Drittens. Auf der Basis des Maßnahmenplans können wir dann auch für jedes Jahr den Budgetbedarf berechnen. Über diesen muss dann mit dem Finanzministerium, mit dem Kabinett und natürlich mit dem Parlament Einvernehmen hergestellt werden.

All diese Inhalte müssen dann gemeinsam in die Rahmenvereinbarungen mit allen Hochschulen und in die Zielvereinbarungen mit jeder einzelnen Hochschule gegossen werden.

Es gibt aber auch den Vorschlag, eventuell ein Hochschulstrukturgesetz vorzuschalten, um die geltenden Rahmen- und Zielvereinbarungen zunächst für ein Jahr fortzuschreiben. Ich schlage vor, die Entscheidung darüber von der Tiefe der Vorschläge des Wissenschaftsrates und dem Fortgang der Entscheidungsprozesse in den Hochschulen abhängig zu machen.

Wir sollten nicht durch künstlichen Zeitdruck die Qualität des Prozesses und seiner Ergebnisse gefährden. Wir sollten aber auch nicht durch unnötiges Trödeln den Veränderungsdruck verschleppen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das, was vor uns liegt, ist weiß Gott ein dickes Brett. Ich freue mich dennoch darauf, diesen Prozess gemeinsam mit Ihnen zu gestalten. Ich appelliere inständig an Sie, den Prozess nicht mit Verlustängsten anzugehen, sondern ihn als große Chance zu begreifen, unsere Hochschullandschaft gut und zukunftsfähig zu gestalten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir treten in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Professor Dalbert. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Aufgabe, zu zwei Dingen zu spre

chen, nämlich zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses und zu den Einlassungen der zuständigen Ministerin.

Zu der Beschlussempfehlung hat der Ausschussvorsitzende bereits das Notwendige gesagt.

(Herr Tögel, SPD: Er hat sich bemüht, alles zu sagen!)

- Genau. Das ist Ihnen in meinen Augen auch ganz perfekt gelungen, Herr Tögel. - Wir werden dieser Beschlussempfehlung auch zustimmen, weil sie die zentralen Elemente enthält, nämlich einen Prozess vereinbart, bei dem sehr klar gesagt wird: Es muss einen Zeitplan für die Verhandlungen zu den Zielvereinbarungen geben und es muss darauf aufbauend einen Prozess der Profildiskussion geben. Die regionalen Akteure sind hierbei notwendige Diskussionspartner, ebenso wie die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. - So weit, so gut.

Das Kernelement dieser Beschlussempfehlung ist - darüber haben wir im Landtag bereits debattiert -, dass wir darauf warten, dass uns die Landesregierung einen Zeitplan für die asynchronen Abläufe vorlegt. Denn die Verhandlungen zu den Zielvereinbarungen müssten jetzt eigentlich beginnen, damit sie dann im Herbst in den Universitätsgremien aufgegriffen werden können. Schließlich sollen sie ab Januar 2014 greifen. Wenn wir hören, dass der Wissenschaftsrat erst im Juli 2013 sein Gutachten verabschieden wird, dann passt das nicht zusammen.

Frau Ministerin, Sie haben Ihre Vorstellungen zum Umgang mit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats dargelegt. Das ist für mich zunächst ein sehr nachvollziehbarer Fahrplan: Wir warten das erst einmal ab, schauen uns das an und entwickeln dann zusammen mit den Hochschulen eine Vision für eine Hochschullandschaft SachsenAnhalt 2025 bzw. 2030.

Wenn wir das gemeinsam und hoffentlich auch demokratisch getan haben, unter Beteiligung aller betroffenen Gruppen an den Hochschulen, dann können wir einen Maßnahmenplan entwickeln, wie wir diese Vision gemessen an dem, was wir heute haben, umsetzen. Dann werden dazu schließlich Rahmenvereinbarungen mit den Hochschulen erarbeitet. Dazu müssen wir uns dann auch mit dem Finanzminister ins Benehmen setzen usw.

Dieser Prozess beantwortet aber eben nicht die zentrale Frage der Beschlussempfehlung nach dem Zeitplan für die Verhandlungen zu den Zielvereinbarungen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Ich finde Ihren Vorschlag zum Umgang mit dem Gutachten des Wissenschaftsrates sehr gut. Aber für mich ist die logische Konsequenz daraus, dass

wir sagen, die geltenden Zielvereinbarungen werden um ein Jahr verlängert, dann wissen die Hochschulen, woran sie sind, welche Mittel ihnen zur Verfügung stehen. Im Frühjahr 2014 geht man dann nach so einem Prozess, wie Sie ihn skizziert haben, in neue Zielvereinbarungsverhandlungen hinein.

Wenn wir das offen lassen, dann lassen wir die Hochschulen im Grunde genommen in einer sehr ambivalenten Situation, in der sie sich nicht richtig verhalten können. Natürlich schürt das dann an einigen Hochschulen das Gefühl, sie müssten im vorauseilenden Gehorsam Dinge zusammenstreichen, damit sich keine haushalterischen Probleme ergeben.

In einem Punkt stimme ich Ihnen zu. Ich würde mir auch wünschen, dass die Auseinandersetzung über das Gutachten des Wissenschaftsrates angstfrei begonnen wird. Ich kann aber auch die Sorge nachvollziehen, die dem Ursprungsantrag zugrunde liegt, dass in dem Fall, dass keine klaren Signale kommen, eben doch Kürzungen an den Hochschulen vorgenommen werden, die wiederum Strukturentscheidungen implizieren, die so vom Wissenschaftsrat und von den Diskussionen danach möglicherweise gar nicht angedacht werden.

Ihren Plan finde ich also gut. Ich finde die Beschlussempfehlung gut. Aber ich würde mir wünschen, dass Punkt 1 der Beschlussempfehlung auch umgesetzt wird, nämlich dass wir, dass die Hochschulen einen Zeitplan für den Umgang mit den Zielvereinbarungen bekommen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Professor Dalbert. - Für die Fraktion der SPD spricht Frau Dr. Pähle. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hochschulen prägen Sachsen-Anhalt - nicht allein, aber doch wesentlich. Halle beherbergt in den Semestern 20 000 Studierende, die nicht alle aus der Stadt kommen. Man spürt die Wirtschaftskraft dieser jungen Menschen immer in den Semesterferien, wenn man durch die Kneipenmeile geht und keinen Platz bekommt. Sicherlich ist es in anderen Städten wie Magdeburg, Stendal, Wernigerode oder Merseburg ebenso: Hochschulen prägen unser Land.

Deshalb ist es wichtig, in diesem Jahr, in dem es so viel für die Hochschulen zu entscheiden gilt, darüber zu diskutieren, wie man die verschiedenen Prozesse in Einklang bringt. Wir reden über Zielvereinbarungen, wir reden über die Haushaltsaufstellung, wir reden über die Begutachtung durch

den Wissenschaftsrat - und all dies im Spannungsfeld zwischen der Weiterentwicklung der Hochschulen, einem formulierten Landesinteresse und dem ebenso formulierten Recht und der Pflicht der Hochschulen in Bezug auf ihre Autonomie und ihre Selbstgestaltung.

Beratungen im Zusammenhang mit dem Thema Martin-Luther-Universität - auch dieser Hochschulkapazitätsantrag ist ein Antrag zur Martin-LutherUniversität - haben das Hohe Haus bereits in den vergangenen Monaten beschäftigt, gerade weil an der größten Hochschule unseres Landes die Zeichen auf erneute Stellenkürzungen gestanden haben.

Ich bin froh über die Beratungen, die wir im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft zu diesem Thema geführt haben. Diese Diskussionen haben gezeigt, dass sich alle Ausschussmitglieder der Wichtigkeit bestimmter Entscheidungen bewusst sind. Sie haben auch gezeigt, dass wir dem Votum des Wissenschaftsrates Raum geben wollen, dass wir uns damit auseinandersetzen wollen und eben nicht Schnellschüsse für die Hochschulen in unserem Land befürworten. Deshalb gilt mein besonderer Dank allen Ausschussmitgliedern, die an der Diskussion teilgenommen haben, und natürlich auch dem Ministerium.

Die vorliegende Beschlussempfehlung ist auch ein Signal an die Martin-Luther-Universität, Diskussionen über Stellenstreichungen zu vertagen, sich zunächst mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Struktur in unserem Land insgesamt aussehen soll und erst dann zu Einsparungen oder Umstrukturierungen überzugehen.

In der Beschlussempfehlung wird aber auch festgestellt - das halte ich für besonders wichtig -: Eine Begleitung des von mir angesprochenen Prozesses durch das Parlament durch die Formulierung eines Landesinteresses ist enorm wichtig.

Man stelle sich vor, wir wachen eines Tages auf und an unseren Hochschulen gibt es keine juristische Fakultät oder keine Fakultät für Wirtschaftswissenschaften mehr, weil es in der Autonomie der Hochschulen liegt, selbst über die Strukturen zu entscheiden.

Nein, das darf nicht sein und das kann nicht sein. Es ist unser aller Interesse, über die Hochschulstruktur zu diskutieren und mit zu entscheiden, was wir für eine zukunftsfähige Entwicklung in unserem Land für notwendig und förderungsfähig erachten.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal ganz direkt den Hinweis an die Hochschulen geben, momentan von eventuellen Einschnitten abzusehen.

Erlauben Sie mir zum Ende noch zwei Bemerkungen zu den Ausführungen der Ministerin die ver

schiedenen Prozesse betreffend. - Ja, wir brauchen ein Leitbild unserer Hochschulstruktur, das weit über das Jahr 2013 hinausgeht. Außerdem brauchen wir einen Maßnahmenkatalog, um dieses Leitbild umzusetzen.

Ich hoffe nur, dass bei den Diskussionen mit den Hochschulen - Frau Ministerin, Sie sagten, das müsse mit den Hochschulen diskutiert werden - das Parlament nicht vergessen wird. Sicherlich sind diese Strukturmaßnahmen zuerst mit den Hochschulen zu diskutieren. Wir alle achten die Hochschulautonomie besonders. Es gibt aber auch ein Landesinteresse, das es zu formulieren gilt. Wir müssen versuchen, das zusammen mit den Hochschulen in einem vernünftigen und gleichberechtigten Prozess umzusetzen.

In diesem Sinne begrüße ich Sie alle zum Hochschuljahr 2013, das uns im Hohen Hause sicherlich noch mehrfach beschäftigen wird; denn dieses Thema kann uns nicht und wird uns nicht loslassen, da es zukunftsentscheidend für unser Bundesland ist.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Pähle. - Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Lange. Bitte schön, Herr Kollege.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von unserer Fraktion gibt es keinen Applaus für die Beschlussempfehlung; denn unser Antrag zielte darauf ab, ein klares Signal an die Hochschulen zu senden: Bitte kein Abbau, bevor die Strukturdebatte stattgefunden hat. - Dieses Signal fehlt in der Beschlussempfehlung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Auch wenn Sie betonen, dass dieses Signal irgendwie impliziert wäre, so muss ich sagen: Ich kann es darin nicht lesen. Stattdessen bleibt von unserem Antrag nicht viel übrig.

Was hierin formuliert wurde, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, nämlich dass es einen Zeitplan für die Verhandlungen der Zielvereinbarungen geben soll. Dass die Landesregierung dem Landtag einen Zeitplan vorlegt, das ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit. Es wundert mich, dass das in einen Antrag geschrieben werden muss. Was die Arbeitsweise des Ministeriums betrifft, wundert mich seit der letzten Ausschusssitzung aber nur noch relativ wenig. - So viel Kritik muss sein.

Nun zum Zeitplan für die Verhandlungen der Zielvereinbarungen. Meines Wissens werden bereits

Gespräche zu den Zielvereinbarungen bis dahin, dass das Signal ausgesendet wird, dass die Hochschulen zunächst selbst aufschreiben sollen, wie sie sich die Zielvereinbarungen vorstellen.

Das geht aber alles am Parlament vorbei. Dazu wurde im Ausschuss nichts gesagt. Natürlich ist es schön, wenn wir einen Zeitplan haben. Wir wollen aber mitreden und mitbestimmen. Ich finde, das kann nicht am Parlament vorbei passieren.