Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

Danke sehr. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht noch einmal Herr Weihrich.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt einige Punkte, auf die ich noch einmal eingehen möchte, obwohl vieles jetzt schon gesagt worden ist. Ich möchte eingangs noch einmal betonen, dass der Reiz von Biosphärenreservaten gerade darin liegt, dass eben nicht reiner, konservierender Naturschutz wie bei den anderen Schutzgebietskategorien betrieben wird. Vielmehr liegt der Reiz gerade darin, dass die Menschen mitgenommen werden, dass die wirtschaftliche Entwicklung in der Region gefördert und dass das Miteinander von Natur und Mensch in den Biosphärenreservaten modellhaft demonstriert werden soll. Deswegen halten wir es für notwendig, gerade in dieser Region ein Unesco-Biosphärenreservat einzurichten.

Herr Dr. Aeikens, Sie haben mit dem Hinweis auf Bürgermeister Rettig gerade gesagt: Es gibt Leute, die sich nicht überzeugen lassen wollen. - In der „MZ“ aus der Zeit vor der Abstimmung der Gemeinde wurden Sie noch mit den Worten zitiert: „Herr Rettig hat gut verhandelt.“

Deswegen habe ich gesagt, dass ich ein bisschen an dem wirklich klaren Bekenntnis zum Biosphärenreservat zweifle, weil diese Kritik im Vorfeld nicht deutlich geäußert worden ist. Mir sind direkt nach der Entscheidung auch schon wieder Gerüchte zu Ohren gekommen, dass die Biosphärenreservatsverwaltung aufgelöst werden soll, weil Sie die Mitarbeiter woanders brauchen, zum Beispiel für die Ausweisung der Natura-2000-Gebiete. Auch das passt alles ins Bild.

Ich habe das Wort „Bankrotterklärung“ verwendet. Aber nicht so, wie Sie das gerade dargestellt haben, Herr Dr. Aeikens, sondern ich habe gesagt: Es wäre eine Bankrotterklärung, wenn es nicht gelingen würde, das Unesco-Biosphärenreservat im Südharz auszuweisen. Ich habe es nicht auf die aktuelle Situation bezogen.

Zu diesem Begriff stehe ich nach wie vor. Sie wissen genauso gut wie ich, wie schwierig es sein wird, wenn die Situation so bestehen bleibt, ein Biosphärenreservat im Drömling einzurichten. Das können Sie glatt vergessen. Sie wissen besser als ich, wie die Situation jetzt im Vogelschutz- und Natura-2000-Gebiet „Elbaue Jerichow“ ist und dass es dort nicht gelingt weiterzukommen. Das alles verknüpft sich. Wenn wir hier nicht vorankommen, dann können wir, denke ich, auch bei anderen Schritten nicht vorankommen, und das wäre dann tatsächlich eine Bankrotterklärung. Dazu stehe ich nach wie vor.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sagten auch, das Biosphärenreservat könne auf Dauer nicht existieren. Fakt ist aber doch, dass laut den Richtlinien, die es gibt, keinerlei zeitliche

Begrenzungen existieren. Theoretisch kann das Biosphärenreservat, das nach nationalem Recht ausgewiesen wurde, nach dem Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt unbegrenzt weiterlaufen. Es gibt keine zeitlichen Begrenzungen in den entsprechenden Richtlinien. Das einzige Manko ist, dass man nicht das Label „Unesco-Biosphärenreservat“ verwenden kann. Das, denke ich, muss hier klargestellt werden.

Dann noch zum Bürgerbegehren. Mein Wissensstand ist, dass noch nicht abschließend darüber entschieden ist, ob überhaupt ein Bürgerbegehren in Gang gesetzt wird. Ich stimme Herrn Kollegen Leimbach ausdrücklich zu. Das hat durchaus Charme, weil der Gemeinderatsbeschluss ersetzt werden könnte. Aber es birgt durchaus auch Risiken, weil es aufgrund der zeitlichen Begrenzungen vielleicht schwierig wird, in der Region entsprechend zu mobilisieren.

Aber was mich wirklich ärgert, Herr Dr. Aeikens, ist, dass Sie gesagt haben: Wir warten erst einmal die Ergebnisse des Bürgerbegehrens ab, bevor wir grundlegende Entscheidungen treffen. - Das ist genau die Art von Aussage, die wir im Moment nicht brauchen. Ich sage deutlich: Ein klares Bekenntnis zum Biosphärenreservat sieht anders aus als das, was Sie hier geäußert haben, Herr Dr. Aeikens.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich bin Ihnen, Herr Leimbach, auch dankbar für die klaren Worte, dass Sie von „erpresserischem Potenzial“ geredet haben. Das ist die Art von klaren Worten, die deutlich ausgesprochen werden müssen: dass es Leute gibt, die mit unfairen Methoden argumentieren. Das hätte aus meiner Sicht im Vorfeld viel deutlicher gemacht werden müssen, meine Damen und Herren.

Das Gleiche gilt auch für die Kommunikation der Vorteile. Ich bin sehr dankbar, dass Sie mir darin Recht gegeben haben. Auch das hätte im Vorfeld noch viel deutlicher gemacht werden müssen. Das habe ich in meiner Rede auch entsprechend zum Ausdruck gebracht.

Herr Leimbach, noch eines zu Ihrer Rede. Sie sprachen von 1,8 Millionen €, die wir für das Biosphärenreservat aufwenden. Ich bin auch der Meinung, dass das viel Geld ist. Aber es ist sinnvoll eingesetztes Geld, weil es ein sinnvolles und richtiges Ziel ist, dort ein Biosphärenreservat einzurichten.

Ich habe in meiner Rede auch gesagt, dass wir, wenn wir so viel Geld einsetzen und es uns trotzdem nicht gelingt, die Vorteile zu kommunizieren, einmal darüber nachdenken müssen, woran es eigentlich gelegen hat, warum es nicht gelingen konnte, im Vorfeld entsprechend deutlich zu machen, wie wichtig das Biosphärenreservat für die Region ist.

Ganz zum Schluss stimme ich mit Ihnen vollständig darin überein, Herr Leimbach: Wir müssen die Menschen mitnehmen. Ich habe eingangs gesagt: Das Biosphärenreservat schließt ausdrücklich die Menschen ein, es geht nicht um den reinen Naturschutzgedanken.

Deswegen kann es wirklich nur dann gelingen, ein Biosphärenreservat einzurichten, wenn wir die Menschen in der Region mitnehmen, wenn wir den Menschen deutlich machen, dass das Biosphärenreservat in der Region, in der Karstlandschaft Südharz für sie positiv und vorteilhaft ist. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt eine Nachfrage vom Abgeordneten Herrn Schröder.

(Herr Schröder, CDU: Eine Intervention!)

- Eine Intervention. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Kollege Weihrich, ich weiß, Sie beschäftigen sich sehr intensiv mit dem Thema. Sie können mir glauben, dass das auch auf meine Person zutrifft, zumal ich den Bereich, um den es dabei geht, als meine Heimat ansehe.

Ich möchte Ihnen noch einmal ins Gewissen reden. Wir haben die Situation, dass wir mit Blick auf den Unesco-Status von einer Vorstufe reden, die schon vor der Allgemeinverfügung eigentlich eine Vorstufe ist, die seit mehr als 20 Jahren besteht. Wenn man einmal den ganzen Diskussionsprozess betrachtet, dann wird deutlich, dass die Argumente solche sind, denen man sich nicht verschließen konnte. Jeder, der es wissen wollte und der offen war für diese Frage, kann es wissen.

Es gibt nun einmal keine Zwangsbekehrung. Die Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung ist in diesem Haus etwas Selbstverständliches. Deshalb ist es eine völlig unberechtigte Unterstellung zu sagen, es würde an Ernsthaftigkeit mangeln, und dabei das Wort „Bankrott“ in den Mund zu nehmen, das per Definition immer voraussetzt, dass man einen Missstand fahrlässig und vorsätzlich herbeigeführt hat. Diese Unterstellung möchte ich für meine Fraktion und als Abgeordneter, der dort das Direktmandat errungen hat, auf das Schärfste zurückweisen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank)

Von diesem Hohen Haus - wir sind bezogen auf das Ziel, dass wir ein Biosphärenreservat wollen, nicht weit voneinander entfernt - soll heute eigentlich das Signal ausgehen, dass der Landtag an

dem Ziel, gemeinsam mit den Menschen vor Ort ein Biosphärenreservat zu schaffen, festhält.

Deswegen liegt der Schlüssel zur Lösung des Problems in der Gemeinde. Ohne die Mitzeichnung des Anerkennungsantrages durch die Gemeinde können wir keinen Unesco-Status erwarten. Aus diesem Grund geht von einem Weiter-so mit entsprechender Verwaltungskraft nach dem Motto, dann lassen wir eben die Vorstufe weiter laufen und finanzieren das weiter, kein umweltfachlicher Mehrwert aus.

Darüber muss man auch in der Region reden. Dort hat man sich natürlich über 20 Jahre hinweg, insbesondere in den letzten zehn Jahren, an die Serviceleistungen eines Biosphärenreservats gewöhnt; das ist keine Frage. Dieses Bekenntnis zum Biosphärenreservat, aber gemeinsam mit den Menschen vor Ort, ist das einzige Bekenntnis, das mit der Idee des Unesco-Programms „Man and the Biosphere“ in Übereinstimmung steht.

Deswegen bitte ich uns alle, an diesem Konsens festzuhalten und nicht das Scharmützel in Richtung Landesregierung zu führen. Von Bankrotterklärung und Kommunikationsschwächen vonseiten der Landesregierung zu sprechen, wird dem Anliegen nicht gerecht.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herr Weihrich kann reagieren, wenn er denn möchte. Dann liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Dr. Köck vor.

Ich muss sagen, Ihre schulmeisterliche Art, Herr Schröder, wird diesem Anliegen auch nicht gerecht. Wir müssen immer zwei Dinge deutlich voneinander trennen.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

- Jetzt lassen Sie mich doch einmal ausreden. - Sie haben sich doch eben selbst widersprochen. Auf der einen Seite sagen Sie, wir könnten das Biosphärenreservat nur gemeinsam mit den Menschen einrichten. Ich habe deutlich gemacht, dass das genau auch unser Anliegen ist. Es gibt keinen anderen Weg.

Auf der anderen Seite haben Sie wieder gesagt, wir müssten einmal darüber reden, ob der landesrechtliche Status noch aufrechterhalten werden kann. Es geht aber nicht anders, als dass wir diesen landesrechtlichen Status aufrechterhalten und weiterentwickeln.

Das ist das, was ich mir heute gewünscht hätte, ein klares Bekenntnis zum Biosphärenreservat und einen klaren Ausblick auf die Schritte, die Sie in der Zukunft unternehmen wollen, damit Sie dieses

Ziel Unesco-Biosphärenreservat auch erreichen werden. - So viel zum Biosphärenreservat Karstlandschaft.

(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜ- NE)

Zu dem, was ich zur Bankrotterklärung gesagt habe, stehe ich nach wie vor. Das ist einfach ein Zeichen dafür, dass wir Sie nicht nur an dem messen, was Sie hier im Landtag an Zielen und Bekenntnissen äußern, sondern wir messen Sie auch an den Ergebnissen, die Sie vorzuweisen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Lüdde- mann, GRÜNE: Sehr gut! - Herr Schröder, CDU: Sie wollen die Leute zwingen! Das ist eine Zwangsbekehrung!)

Daran fehlt es im Moment. Deswegen habe ich dieses drastische Wort gebraucht.

Herr Dr. Köck.

Auch eine Kurzintervention. Ich will ganz deutlich zum Ausdruck bringen, dass ich von dem Bürgermeister erwarte, dass er seinem Amtseid entsprechend seine Bürgerinnen und Bürger über die Dinge informiert. Herr Leimbach, wenn Sie einmal die Homepage der Gemeinde Rottleberode aufrufen, dann sehen Sie, dass das Wort „Biosphärenreservat“ dort gar nicht vorkommt. Das ist für mich ein Skandal.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Sie können die Leute nicht zwin- gen!)

Herr Minister Dr. Aeikens hat noch einmal um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich angesichts der Äußerungen des Abgeordneten Weihrich noch einmal an das Rednerpult trete.

Erstens. Wenn jetzt verschiedene Dinge miteinander vermengt werden sollen, dann bin ich gern bereit, auch zum Thema Elbaue Jerichow zwei Sätze zu sagen. Hier liegt der Entwurf einer Naturschutzverordnung vor. Vor Ort gab es erhebliche Diskussionen. Angesichts dieser Diskussionen und der vielen Anregungen in dem Verfahren habe ich entschieden, dass eine Überarbeitung dieses Entwurfs stattfindet

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

und dass dieser Entwurf neu ausgelegt wird, damit die Bevölkerung die Gelegenheit hat, sich auch dazu zu artikulieren. Das hat nichts mit einer Bankrotterklärung zu tun. Das ist ein demokratisches faires Verfahren, um die Menschen in dieser Region bei unserer Naturschutzpolitik mitzunehmen.