Protokoll der Sitzung vom 22.03.2013

Dennoch hat der Antrag auch in meiner Fraktion zumindest Nachfragen ergeben. Diese möchte ich Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten. Unter anderem ist mir in der Debatte der Verweis auf mögliche Gesundheitsrisiken zu kurz gekommen. Ich möchte zudem sozialpolitische Erwägungen einbeziehen und den bürokratischen Hürdenlauf aufzeigen, der eine Rezeptfreiheit mit sich bringt.

Frau Lüddemann hat es angesprochen und man kann es auch nachlesen: Das Präparat, um das es hierbei geht, ist sicherlich vom Sachverständigenausschuss im Jahr 2003 bereits geprüft worden. Aber es wurde nicht gesagt, dass dieses Präparat, das damals geprüft worden ist, mittlerweile gar nicht mehr im Handel ist. Das Präparat, das derzeit als Levonorgestrel im Handel ist, enthält pro Tablette, die als Einmaldosis einzunehmen ist, die doppelte Dosierung des Präparats, das noch im Jahr 2003 verschrieben worden ist.

Deswegen sagen viele von uns, dass das Risikoprofil für die Anwenderinnen durch das jetzt existierende Präparat nicht mehr mit dem des Präparates von 2003 vergleichbar ist.

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)

Dadurch kann es möglicherweise zu Nebenwirkungen kommen. Dabei kann es sich nicht nur um Erbrechen und Menstruationsstörungen handeln. Als Nebenwirkung kann auch eine spätere Unfruchtbarkeit auftreten. Deshalb ist in unserem Entscheidungsprozess noch nicht endgültig abgeklärt, ob die Abgabe der „Pille danach“ rezeptfrei erfolgen sollte.

Nun will ich meiner Kollegin vorgreifen. Ich habe mich nicht der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und dem Berufsverband der Frauenärzte, die sich ebenfalls für eine Rezeptfreiheit aussprechen, verschrieben. Sie sagen, dass das Präparat Ulipristal während einer wesentlich längeren Zeitspanne nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr einsetzbar ist und damit auch eine höhere Wirksamkeit hat. Mit dem Präparat Levonorgestrel besteht nur eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, eine spätere Schwangerschaft auszuschließen. Deswegen sagen die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie der Berufsverband der Frauenärzte, dass das Präparat Ulipristal viel wirksamer ist und daher auch weiterhin verschreibungspflichtig bleiben muss.

Einen weiteren Aspekt möchte ich anführen, nämlich den der Kosten eines rezeptfreien Präparates. Alle haben gesagt, dass die Kosten für die „Pille danach“ bis zum vollendeten 20. Lebensjahr durch die gesetzlichen Krankenversicherungen getragen werden sollten. Was passiert danach? Wer trägt bei älteren Frauen die Kosten für ein solches Präparat? Eine nachträgliche Abrechnung bei der Krankenkasse ist rechtlich nicht möglich. Bis eine Kostenerstattung nach dem SGB V erfolgen kann, ist es ein langer Weg.

Mich hat die Debatte heute Morgen zur Agenda 2010 daran erinnert, dass auch Gesundheitsprävention von Armut geprägt ist. Wir kämpfen schon etliche Zeit darum, dass die Kosten für die „Pille“ erstattet werden. Wenn die „Pille danach“ frei auf dem Mark erworben werden kann, kann ich nicht mehr ausschließen, dass auch der Preis frei gestaltet werden kann. Denn die Gefährdungshaftung muss ausgeschlossen werden. Wer zahlt denn dann? Oder gibt es dann die „Pille danach“ für diejenigen, die sich das finanziell leisten können?

Es existiert eine Menge Fragen, deren man sich bewusst sein muss und die man beachten muss. Deswegen spricht sich auch die SPD-Fraktion dafür aus, über den vorliegenden Antrag nicht schon heute zu beschließen, sondern eine ausführliche Beratung im Ausschuss hierüber zu führen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. Einen Fragesteller habe ich nicht gesehen. - Frau Lüddemann hat

noch einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat gibt es zwei Präparate: Levonorgestrel und Ulipristal. Gegenstand der Debatte ist das Präparat Levonorgestrel. Nur dieser Wirkstoff ist in Deutschland zugelassen. Der Wirkstoff des Präparates Ulipristal ist auf der EU-Ebene zugelassen. Der Hersteller müsste auf der EUEbene die Rezeptfreiheit für Ulipristal beantragen. Dies können wir in Deutschland nicht aktiv befördern. Deswegen konzentrieren wir uns auf den Wirkstoff Levonorgestrel.

Da die Kollegin Grimm-Benne auf die Kosten abstellte, sei gesagt, dass Levonorgestrel deutlich preiswerter ist und ca. 17 € kostet; ich hatte es bereits erwähnt. Der andere Wirkstoff kostet ca. 35 €. Das ist ein ziemlich großer Unterschied.

In der Tat müsste formal ein neues Verfahren angestrengt werden, weil in dem im Jahr 2003 geprüften Präparat die Hälfte der Dosis des heutzutage existierenden Präparates enthalten war. Heute sind es 1,5 mg des Wirkstoffs pro Tablette. Das Bundesamt hat aber signalisiert, dass in bereits durchgeführten Vortests die Nebenwirkungen sogar noch niedriger als bei dem im Jahr 2003 geprüften Präparat sind, weil sich die Begleitwirkstoffe verändert haben. Es wird davon ausgegangen, dass es auch bei dem neuen Präparat von Levonorgestrel zu einer positiven Bewertung kommt.

Zu Herrn Schwenke möchte ich sagen, dass ich es schade finde, dass Sie den deutschen Frauen weniger zutrauen als den Frauen in anderen europäischen Ländern. Warum soll hier eine Kultur des hemmungslosen Sexualverhaltens einkehren, wenn dies in den anderen Ländern auch nicht der Fall war? Ich befürchte das nicht.

(Herr Schwenke, CDU: So habe ich es nicht gesagt!)

- Das war meine Interpretation Ihrer Worte. Das hat sich so angehört.

Ich will deutlich sagen, dass man sich diese Debatte theoretisch auch schenken könnte, weil man dieses Mittel auch schon heute frei über das Internet erwerben kann. Man kann es sich sozusagen für den Notfall, der einmal eintreten könnte, in die Schublade legen. Man hat schließlich möglicherweise auch eine Kopfschmerztablette zu Hause; denn irgendwann könnte man Kopfschmerzen bekommen.

Aber ich halte von solchen Dingen nichts. Ich finde, die Gesetze sollten so gestaltet werden, dass sie auch den Realitäten entsprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen stehen wir noch immer zu unserem Antrag, können aber mit der Überweisung in den Ausschuss gut leben und würden uns dieser Überweisung nicht verschließen.

Auf die Anhörung, die Sie angekündigt haben, Herr Kollege, würde ich mich wirklich freuen; denn ich glaube, dass diese einen Erkenntnisgewinn mit sich bringt. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. - Ich habe dem letzten Beitrag entnommen, dass große Einigkeit darin besteht, den Antrag in der Drs. 6/1868 in den Ausschuss für Arbeit und Soziales zu überweisen. Wer stimmt dem zu? - Alle Fraktionen stimmen zu. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Antrag einstimmig in den Ausschuss überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 14 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung

Leistungsfähiger Landesfeuerwehrverband in Sachsen-Anhalt unverzichtbar

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1887

Änderungsantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/1922

Einbringerin für den Antrag der Fraktion DIE LINKE ist Frau Dr. Paschke. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum heute dieser Antrag? - Um es mit gängigen Worten aus dem Bereich des Brandschutzes zu sagen: Die Hilfsfrist ist ausgeschöpft. Wir sind dicht davor, sie zu überschreiten.

Der Landesfeuerwehrverband steckt in der Krise, aus der er nicht allein herauskommt. Dabei sind wir alle gefordert - wir als Parlament, aber vor allen Dingen auch die Landesregierung. Das schicke ich voraus; ich werde dies nachher noch begründen.

Das Agieren des Herrn Ministers und seines Staatssekretärs bei der Krisenbewältigung fand ich nicht in jedem Fall sehr hilfreich; zum Teil war es selbst krisenhaft, zumindest äußerst widersprüchlich, Herr Minister.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind uns in der Vergangenheit sicherlich einig darüber gewesen und sind dies auch heute noch, wie wichtig die Feuerwehren in diesem Land sind

und wie einzigartig dieses Ehrenamt ist. Ich möchte dies hier nicht in aller Ausführlichkeit vortragen; denn das wollen die 60 000 freiwilligen Feuerwehrleute und auch die Berufs- sowie Werksfeuerwehren heute von uns nicht hören. Vielmehr wollen sie heute anhand unseres Beschlusses sehen, wie wir tatsächlich agieren, um das Ehrenamt zu würdigen.

Wir haben diesen Antrag vorgelegt, um dem Landtag die Gelegenheit zu geben, sich öffentlich zu äußern und seine Position darzustellen. Da sich nicht alle Kolleginnen und Kollegen tiefgreifend mit dieser Materie befassen und da dies für die weitere Krisenbewältigung wichtig ist, möchte ich einiges zum Hintergrund sagen.

Als der neue Vorstand, der auch jetzt noch in seiner Funktion ist, im September 2011 diese Funktion übernahm, trat er ein sehr schweres Erbe an. In den Jahren zuvor gab es mehrmals Wechsel in der Führung. Es gab Mängel in der fachlichen Arbeit des Feuerwehrverbandes und innerhalb des Verbandes gab es auch sehr viel Misstrauen und sehr viel Kritik. Mit der Wahl im September 2011 sollte ein neuer Anfang gemacht werden.

Zuvor, nämlich im Frühjahr 2011, hat der damals amtierende Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbandes selbst beim Innenministerium angezeigt, dass es Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von Fördermitteln gab. Auf dieser Grundlage hat das Innenministerium nicht mit einer Tiefenprüfung, sondern mit einer generellen Rückforderung von 44 000 € reagiert. Das entspricht nach meiner Sicht den Mitteln, die von 2010 bis zum Teil 2011 vom Innenministerium ausgereicht wurden. Mit dieser Last hat der neue Vorsitzende seine Tätigkeit begonnen.

Unmittelbar danach ist das Ganze noch erschwert worden, weil wir gemeinsam in der Haushaltsberatung für die Jahre 2012 und 2013 wesentliche Umstrukturierungen noch innerhalb der Haushaltsdiskussion vorgenommen haben, was die Förderung und die Gliederung innerhalb des Verbandes bzw. beim IBK betrifft. Damit hatte sich der Vorstand auseinanderzusetzen.

Meine Damen und Herren! Im April 2012 hat der Landesrechnungshof einen Prüfungsbericht hinsichtlich der Finanzströme innerhalb des Landesfeuerwehrverbandes vorgelegt. Er hat bestätigt, dass es teilweise zu widerrechtlichen Verwendungen von Fördermitteln gekommen ist. Er hat auch bestätigt, dass die Finanzwirtschaft innerhalb des Landesfeuerwehrverbandes vollkommen unprofessionell vorgenommen wird.

Wenn wir schon sagen, wir würdigen das Ehrenamt, dann muss ich auch hinzufügen, dass der Vorstand ehrenamtlich arbeitet und dass lediglich eine Sekretärin bzw. eine Sachbearbeiterin im Landesvorstand, sozusagen in der Geschäftsstel

le, ihre Arbeit macht. In anderen Ländern, auch in anderen ostdeutschen Ländern, führen zum Teil bis zu sieben Personen diese Tätigkeit mit aus.

Der Landesrechnungshof hat aber nicht nur festgestellt, dass die Finanzwirtschaft dort unprofessionell vorgenommen wurde, sondern er hat in seinem Prüfbericht - ich glaube, auf 30 Seiten - auch darauf hingewiesen, welche Versäumnisse es seitens der Landesregierung gab, was die Kontrolle, die Aufsichtspflicht und insbesondere die Tatsache betraf, dass sich die Nachweiskontrolle teilweise über zwei Jahre hinzog. Ein Jahr war fast immer die Regel. Dadurch, dass nicht zeitnah geprüft wurde, war es auch nicht möglich, innerhalb dieses Prozesses rechtzeitig einzugreifen.

Als der neue Vorstand seine Haushaltslage überprüft und immer wieder darüber diskutiert hat, war zunächst von einer Stundung die Rede. Danach, nämlich am 16. November 2012, wurde aufgrund der Haushaltslage der Antrag auf Erlass gestellt.

Am 24. November 2012 fand die Delegiertenversammlung statt, auf der mit Spannung erwartet wurde, ob die Rückforderung in Höhe von 44 000 € erlassen oder nicht erlassen wird. Ich denke, das war der Punkt, an dem die Krise noch drastisch verschärft wurde, weil es nämlich in der Folge zu vielen Irritationen kam, was die Aussagen betrifft.

Der Herr Innenminister hat bei dieser Delegiertenversammlung eindeutig gesagt, er habe die Rückforderung erlassen und der Landesrechnungshof sei gehört worden. Es war aber keine Rede davon, welche Forderungen an den Landesverband der Feuerwehren selbst gestellt werden. Insbesondere war keine Rede davon, dass die Sonderumlage von damals 30 000 € und jetzt 20 000 € von den Kreisfeuerwehrverbänden erhoben werden sollte.

Dies lasen die Kameradinnen und Kameraden in der Folge in der Zeitung, was sie buchstäblich auf die Palme brachte und was im Hinblick auf die Auseinandersetzung zwischen dem Landesvorstand und seinen Mitgliedern nicht förderlich war. Man hat natürlich auch darüber diskutiert, welche „Mitschuld“ den damals amtierenden Vorsitzenden des Verbandes, der Herrn Lindecke vertreten hat, weil er erkrankt war, hinsichtlich der Aushandlung mit dem Innenministerium traf.

Meine Damen und Herren! Neben der Tatsache, dass kein einziges Sterbenswörtchen dazu gesagt wurde und die Kameraden das Ganze in der Presse gelesen haben, kam es zusätzlich zu dem Problem, dass der Landesrechnungshof nicht ordnungsgemäß gehört wurde. Das ist das zweite gravierende Problem und der zweite gravierende Fehler. Denn der Landesrechnungshof hat erst am Abend davor auf MDR Info erfahren, dass der Innenminister die Rückforderung erlässt. Das Schreiben kam de facto zeitgleich beim Landesrechnungshof an, als in der Delegiertenversammlung

gesagt wurde, dass die Rückforderung erlassen wird.