Die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin und zum staatlich anerkannten Erzieher erfolgt auf der Grundlage der von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Rahmenvereinbarung über Fachschulen, die die bundesweite Anerkennung der erworbenen Abschlüsse gewährleistet.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir stimmen darin überein: Oberste Priorität hat die Sicherung der Qualität der Ausbildung. Das gilt nicht nur für die Abschlüsse im originären Bildungsgang der Fachschule, sondern auch für die Abschlüsse, die durch eine Nichtschülerprüfung erworben werden. Hierbei geht Qualität vor Quantität.
Deshalb gelten für die Nichtschülerprüfungen die gleichen Zugangsvoraussetzungen - ich betone: die gleichen Zugangsvoraussetzungen -, Inhalte und Anforderungen wie für die Abschlussprüfung im regulären Bildungsgang der Fachschule in der Fachrichtung Sozialpädagogik. Wir haben absolut identische, vergleichbare Rahmenbedingungen, was die Zugangsvoraussetzungen, Inhalte und Anforderungen angeht.
Die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin und zum staatlich anerkannten Erzieher ist keine Erstausbildung - das ist eben schon erwähnt
worden -, sondern eine berufliche Weiterbildung und setzt in der Regel einen Berufsabschluss und berufliche Erfahrung voraus.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass mit der abgelegten Nichtschülerprüfung noch nicht die staatliche Anerkennung als Erzieherin oder Erzieher vergeben wird. Diese wird erst nach einem einjährigen Berufspraktikum, das mit einem Kolloquium abschließt, erteilt. Hierfür können bis zu 600 Stunden aus einer geeigneten Vorbildung anerkannt werden.
Bei den Zugangsvoraussetzungen wird zwischen einschlägigen und nicht einschlägigen Berufsausbildungen unterschieden. Einschlägige Berufsausbildungen führen direkt zu einer Ausbildung in der Fachschule oder gelten als direkte Zugangsvoraussetzung für die Nichtschülerprüfung, zum Beispiel die Berufsfachschulabschlüsse in den Fachrichtungen Sozialassistenz und Kinderpflege.
Bei nicht einschlägigen Berufsausbildungen muss zusätzlich eine einjährige einschlägige praktische Tätigkeit in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe als Zugangsvoraussetzung nachgewiesen werden.
Der Abschluss einer Ausbildung für das Lehramt an bestimmten Schulformen und der Erzieherabschluss sind in den Inhalten und in der Struktur der Ausbildung sehr unterschiedlich, sodass eine Einschlägigkeit nicht uneingeschränkt gegeben ist. Eine differenzierte Betrachtung der Lehramtsabschlüsse als Zugangsvoraussetzung ist notwendig.
Wie wichtig die geeignete praktische Tätigkeit für einen erfolgreichen Abschluss als staatlich anerkannte Erzieherin oder als staatlich anerkannter Erzieher ist, zeigen die bisherigen Erfahrungen. Jetzt komme ich zu den Zahlen, die Frau Hohmann eben vorgetragen hat.
In der Erzieherausbildung bestand schon immer die Möglichkeit, den Abschluss durch eine Nichtschülerprüfung zu erlangen. Bis zum Jahr 2010 gab es jährlich ca. 30 Teilnehmende. Das waren überwiegend Personen - das ist jetzt besonders wichtig -, die bereits in Tageseinrichtungen zur Förderung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen tätig waren. Die Bestehensquote lag im Jahr 2010 bei 90 %. Das ist ein Indiz dafür, dass sich eine einschlägige berufliche Tätigkeit sehr positiv auf den erfolgreichen Abschluss einer Nichtschülerprüfung auswirkt.
Seit dem Jahr 2011 ist nicht nur die Zahl der Anmeldungen zur Nichtschülerprüfung kontinuierlich gestiegen, sondern auch die Quote der nicht bestandenen Prüfungen - im Jahr 2011 auf 46 %, im Jahr 2012 auf 51 % -, obwohl sich die Anforderungen für die Nichtschülerprüfung inhaltlich nicht verändert haben.
Aus diesem Grund habe ich in Zusammenarbeit mit der Regionaldirektion Hinweise für die Beratung der künftigen Nichtschülerinnen und Nichtschüler zur Verfügung gestellt, damit man dort bei der Ausgabe der entsprechenden Bildungsgutscheine und in der Zusammenarbeit mit den freien Trägern reagieren und sagen kann, welche Anforderungen am Ende der Zeit tatsächlich erfüllt werden müssen.
Wir schauen nicht darauf, wer Zugang erhält oder welche Vorbildung die Leute mitbringen. Das ist in der Tat Sache der freien Träger, aber auch der Arbeitsagenturen. Deswegen haben wir mit denjenigen, die die Bildungsgutscheine ausgeben, zusammengearbeitet und sagen, was am Ende der Vorbereitungszeit tatsächlich erwartet werden können muss.
Wir haben ein gemeinsames Interesse daran - Frau Hohmann, ich glaube, darin werden wir übereinstimmen -, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Nichtschülerprüfung zu einem erfolgreichen Abschluss geführt werden, insbesondere dann, wenn sie mit einem solchen Bildungsgutschein für die Fortbildung auf die Prüfung vorbereitet worden sind, weil wir die Absolventinnen und Absolventen als Fachkräfte natürlich gut gebrauchen können.
Aber wir brauchen sie vor allem als Fachkräfte, die den Qualitätsansprüchen genügen und vergleichbar sind mit denen, die einen anderen Weg gegangen sind. Dort können wir keine zwei Stufen oder zwei unterschiedliche Qualitäten zulassen.
Gegenwärtig, meine sehr geehrten Damen und Herren - das kann ich Ihnen zum Schluss sagen -, werden durch mein Haus die Regelungen für die Fachschule in der Fachrichtung Sozialpädagogik geprüft und überarbeitet. Dabei wurden die im vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE dargestellten Sachverhalte in die Prüfung einbezogen. Wir sind da ähnlich unterwegs. Das war auch schon einmal Thema im Ausschuss. Daher ist das nicht verwunderlich.
Über die Ergebnisse kann ich gern noch vor der parlamentarischen Sommerpause in den Ausschüssen für Bildung und Kultur sowie für Arbeit und Soziales berichten, wenn dies so vom Parlament gewünscht wird. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Für die CDU spricht als Erste Frau Gorr. Bitte schön, Frau Gorr.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1890 mit dem Titel „Nichtschülerprüfungen zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher“ lenkt den Blick auf die derzeitigen Zulassungsbedingungen für diese Nichtschülerprüfungen und fordert unter anderem vor dem Hintergrund des Fachkräftebedarfs - wir haben es bereits gehört - in den Kindereinrichtungen in Sachsen-Anhalt eine Lockerung der Zulassungsvoraussetzungen.
Insbesondere sollen auch Schlussfolgerungen aus dem Fakt gezogen werden, dass die Prüfungsanforderungen offensichtlich zu einer hohen Durchfallquote führen; siehe auch die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Kollegin Lüddemann.
Ich möchte zu Beginn meiner Rede darauf hinweisen, dass aus meiner Sicht der Antrag der LINKEN in einen größeren Zusammenhang einzuordnen ist, der insbesondere auch die Fragen einer Reform der Fachschulausbildung - der Minister sprach schon davon -, einer möglichen dualen Ausbildung oder der Verkürzung der Ausbildungszeit umfasst.
Welche Schlussfolgerungen sind nun aus dem vorliegenden Antrag zu ziehen? - Offensichtlich ist derzeit zu konstatieren, dass viele, die eine Tätigkeit als Fachkraft in einer Kindereinrichtung anstreben, die Anforderungen, die analog zu den bereits vom Kultusminister genannten Standards definiert sind, unterschätzen und diesen nicht gewachsen sind. Es gibt offensichtlich Schwierigkeiten bei den Prüfungsaufgaben, aber auch bei den Erwartungshorizonten, die mit der dann tatsächlich ausgeübten Tätigkeit verbunden sind. Hierzu kann gefolgert werden, dass die Prüfungsanforderungen abgesenkt werden müssen, um mehr Prüfungserfolge zu ermöglichen.
Aber, meine Damen und Herren, wollen wir das? - Auch in anderen Bereichen scheint die Lösung eines Problems in der Absenkung von Standards und Leistungsanforderungen zu liegen. Dies steht für mich jedoch im Gegensatz zu der Notwendigkeit, qualitativ gut ausgebildete und vorbereitete Erzieherinnen und Erzieher in unsere Kindereinrichtungen zu entsenden. Fachkräftemangel kann kein Einstieg in Beliebigkeit und abgesenkte Standards sein.
Im Übrigen handelt es sich - der Minister hat es auch schon gesagt - bei der Nichtschülerprüfung im Grunde genommen um einen Ausnahmefall, der zurzeit aber intensiv, unter anderem durch die Bundesagentur für Arbeit, genutzt wird, um die benötigte Quantität an Personal zu erzeugen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nur einige wenige Aspekte genannt, die aus meiner Sicht dringend und vor allem zeitnah in den beiden Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie für Bildung und Kultur - dieser soll federführend sein - betrachtet werden müssen.
Ich bitte daher um Überweisung in diese beiden Ausschüsse und bin sicher, dass die Erkenntnisse aus den Anhörungen und den Gesprächen mit den Fachleuten vor Ort in die Diskussion einfließen werden.
Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Professor Dalbert. Bitte schön, Frau Dalbert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE basiert auf einem Problem, das wir im Ausschuss schon angesprochen haben, und ist einzuordnen in einen Antrag, den wir zur Reform der Erzieherinnenausbildung gestellt haben, und wird in diesem Rahmen auch behandelt. Insofern behandelt Ihr Antrag zwar ein wichtiges Thema, aber es hätte nicht des Antrages bedurft, dass wir uns mit diesem Thema in der gebotenen Differenziertheit beschäftigen.
Es geht um mehrere Probleme. Aber es gibt auch etwas Erfreuliches: Mehr Menschen, die aus anderen Berufen kommen, entscheiden sich, Erzieher oder Erzieherin zu werden. Das ist gut so.
Wir sehen jedoch, dass es eine erste Hürde gibt, nämlich die Zulassung zur Prüfung. Aus den Zahlen, die uns vorliegen, die als Antwort auf die Anfrage meiner Kollegin Conny Lüddemann gekommen sind, sehen wir, dass wir in den letzten drei Jahren einen Anstieg bei der Zahl der Nichtzulassungen zu verzeichnen haben, zumindest einen geringfügigen Anstieg von 39 auf 44 %.
Man muss sich anschauen, was es mit diesen Zulassungen auf sich hat. Wir sehen, dass es dabei offensichtlich Probleme gibt. Uns sind Briefe zugegangen; Frau Hohmann hat zum Teil aus den Briefen zitiert. Es geht etwa um die Frage: Was ist eine einschlägige Ausbildung und was ist eine nicht einschlägige Ausbildung? Davon hängt ab, ob man noch zusätzliche Praxiszeiten nachweisen kann.
Es verwundert einen schon sehr, wenn man liest, dass einem Lehrer oder einer Lehrerin geschrieben wird, dass sie keine einschlägigen Praxiszeiten hätten, weil sie nur in Schulen gearbeitet hät
ten. Wir alle wissen, Schulen haben nicht nur einen Bildungs-, sondern auch einen Erziehungsauftrag. Damit haben wir uns gestern vertieft auseinandergesetzt. Man sieht, dass es dabei Nachsteuerungsbedarf gibt.
Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: Wenn die Kultusministerkonferenz festgelegt hat, dass die Erzieherinnenausbildung für den Altersbereich null bis 27 gilt - man könnte auch darüber diskutieren, wie sinnig man das findet; aber das ist erst einmal der Rahmen - und man diesen Rahmen nimmt, dann wäre für mich der Beruf des Lehrers und der Lehrerin auch ein einschlägiger Beruf, der gar keine weiteren Praxiszeiten für die Zulassung zur Prüfung verlangt. - So viel zu den Fragen Quereinstieg, Einschlägigkeit und Praxiszeiten für den Beruf der Erzieherinnen und Erzieher.
Der Minister hat gerade dargelegt, dass es bei uns im Lande so geregelt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung und zur Ausbildung gleich sind und hat dies als ein positives Qualitätsmerkmal dargestellt.
Herr Minister, darin kann ich Ihnen nicht folgen. Ich verstehe und finde es richtig, dass jemand, der eine nicht einschlägige Berufsausbildung hat und dann zur Prüfung zugelassen wird, Praxiszeiten vorweisen muss. Das ist klar. Aber warum man von jemandem, der eine nicht einschlägige Berufsausbildung hat und in die Ausbildung will, Praxiszeiten verlangt, das leuchtet mir nicht ein. Sie verlangen von keinem Mechatroniker, dass er sich erst einmal ein Jahr unter ein Auto legt, bevor er seine Ausbildung anfängt.
Dann haben wir eine zweite Hürde. Frau Hohmann ist auch darauf eingegangen, dass seit dem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Bewerbungen für die Prüfungszulassung zugenommen hat, die Durchfallraten dramatisch gestiegen sind. Knapp jeder Zweite fällt im Augenblick durch die Prüfungen.
Ich will mich jetzt nicht an Spekulationen beteiligen, warum das so ist. Aber es ist klar: Es ist ein nicht hinnehmbarer Zustand, wenn eine Prüfung plötzlich dazu führt, dass hohe Durchfallraten bestehen.
Frau Gorr, dabei geht es überhaupt nicht um die Frage, die Qualität abzusenken - so verstehe ich den Antrag von Frau Hohmann auch nicht -, sondern es geht darum, hinzuschauen und herauszufinden, warum wir diesen sprunghaften Anstieg haben. Er ist ja von einem Jahr zum anderen aufgetreten. Das liegt doch nicht daran, dass die Menschen plötzlich dümmer geworden sind, die in die Prüfung gehen. Das muss man sich anschauen.
Es ist ganz klar: Wir benötigen transparente Prüfungsanforderungen. Dies hat auch den Vorteil, dass wir dann mehr Qualität in der Fläche sichern
Kurz und gut: Der Antrag ist unter die Reform der Erzieherausbildung zu subsumieren. Diese ist Gegenstand im Ausschuss für Bildung und Kultur. In diesem Zusammenhang müssen wir zudem die Frage der Zugangsvoraussetzungen regeln. Das ist Teil unseres Antrags zur Reform der Erzieherausbildung. Ich hoffe, dass wir an dieser Stelle am Ende in der Tat zu einem guten Ergebnis kommen werden.