Protokoll der Sitzung vom 22.03.2013

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Kritikpunkt ist die Förderdauer, die in der Regel leider bei nur zwei Jahren liegt. Im Jahr 2011 wurden lediglich Verlängerungen ausgesprochen. Das ist ein großer Kritikpunkt.

Wir wissen, dass eine Promotion, wenn alles richtig funktioniert und alles gut geht, mindestens drei Jahre dauert. Wir wissen alle, dass diejenigen, die eine Promotion anstreben, diejenigen sind, die häufig in der Lehre tätig sind, die sich sehr stark in die Lehrtätigkeit einbringen und die häufig in der Forschung tätig sein müssen, um ihre Promotion voranzubringen.

Diese drei Jahre sind ein Ideal, das kaum einzuhalten ist. Deswegen muss man die Förderpraxis dahin gehend überprüfen, ob es eine Verlängerung der Graduiertenstipendien geben kann.

Wir haben in der Anzahl der Stipendiaten eine zyklische Bewegung. Dies liegt daran, wie die Stipen

dien in den Jahren vergeben werden und wie die Fördersumme ausgeschöpft wird. Alle zwei Jahre haben wir ca. 140 bis 142 Stipendiaten. Im Jahr 2011 waren es 132 Stipendiaten, davon waren 71 Männer und 61 Frauen. Dieses Verhältnis ist noch etwas ungleichmäßig. An dieser Stelle können wir uns Verbesserungen vorstellen.

An den Antworten auf meine Kleinen Anfragen ist erkennbar, dass dies im Wesentlichen daran liegt, dass die OvGU mehr Männern als Frauen ein Stipendium gewährt. Wir könnten uns vorstellen, dass geprüft wird, ob man die Graduiertenförderung nicht auch gezielt dafür einsetzen kann, in der Wissenschaft Frauenförderung zu betreiben und tatsächlich eine Gleichstellung durchzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Kritikpunkt, der Anlass geben soll, die Förderpraxis zu überprüfen, ist - - Entschuldigung, ich fange noch einmal an.

(Zuruf von der CDU: Nein!)

- Wissen Sie was, im Gegensatz zu vielen Ihrer Kollegen schreibe ich meine Reden selbst und ich lese sie nicht nur vor.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Wir auch nicht!)

- Das haben wir in dieser Landtagssitzung mehrfach erlebt.

Meine Damen und Herren! Sie haben die Kritikpunkte vernommen. Wir sehen das als Anlass, die Förderpraxis zu überprüfen. Das möchten wir mit dem Punkt 2 unseres Antrages erreichen. Aus dieser Analyse müssen Schlussfolgerungen gezogen werden, um die Verbesserung der Graduiertenförderung zu erreichen.

Ich möchte Ihnen ein Zitat aus der Resolution des Akademischen Senats der Martin-Luther-Universität zur Graduiertenförderung vorlesen.

(Herr Kurze, CDU: Wieso vorlesen? Aus- wendig! - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Ein- bringer müssen das nicht! Lesen Sie die Ge- schäftsordnung!)

- Wenn diejenigen, die sich hier so profilieren, den Anspruch erfüllen würden, den Sie gerade erheben, dann fände ich das gut.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Der Akademische Senat schreibt:

(Unruhe)

- Sie können zuhören; denn es ist ein Lob an das Land und an die Landesregierung und damit sogar an die Koalition.

„Die Vergabe von Promotionsstipendien durch das Land ist eines der bedeutendsten Instrumente, um die Qualifizierung von exzellenten Nachwuchswissenschaftlern und Nachwuchswissenschaftlerinnen zu gewährleisten und damit auch zukünftig die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften zu sichern.“

Meine Damen und Herren! Diesem Statement ist wenig hinzufügen. Wenn wir schon ein so anerkanntes Instrument der Nachwuchsförderung haben, dann darf das die Welt auch erfahren. Darauf zielt der letzte Punkt unseres Antrages ab.

Ich kehre zum Anfang meiner Rede zurück: Die Graduiertenförderung ist ein Erfolgsmodell. Deswegen bitte ich Sie, meine Damen und Herren: Stimmen Sie unserem Antrag zu, damit die Graduiertenförderung auch in Zukunft ein Erfolgsmodell bleibt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Lange, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Professor Dr. Wolff.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Landesgraduiertenförderung, die seit dem Jahr 2007 über die Rahmenvereinbarung für Forschung und Innovation erfolgt, stehen bisher 1,5 Millionen € jährlich zur Verfügung. Mittel erhalten die Universitäten des Landes, die Kunsthochschule Burg Giebichenstein und seit dem Jahr 2011 auch die vier Fachhochschulen, letztere für je zwei kooperative Promotionen. - Herr Lange deutete das an.

Die derzeitige Eckwerteplanung sieht für den Wissenschafts- und Hochschulhaushalt eine Kürzung in Höhe von 26,6 Millionen € vor. Aus diesem Grund und nicht aus Geringschätzung gegenüber Stipendien soll die Landesgraduiertenförderung nicht wegfallen, aber ab dem Jahr 2014 auf 700 000 € reduziert werden.

Dass die Hochschulen für eine Weiterführung der Landesgraduiertenförderung in voller Höhe eintreten, ist verständlich. Jeder wird unter sonst gleichen Umständen mehr Fördermöglichkeiten besser finden als weniger. Aber wir haben keine sonst gleichen Umstände - leider -, sondern eher so etwas wie kommunizierende Röhren.

Jedes Mehr an Graduiertenförderung wäre zum Beispiel mit Einbußen in der ohnehin rückläufigen Forschungsförderung verbunden. Auch das wissen

die Hochschulen, auch das wäre gewiss nicht in ihrem Sinn.

(Herr Lange, DIE LINKE: So funktionieren kommunizierende Röhren aber nicht!)

Neben der Landesgraduiertenförderung gibt es etliche mindestens ebenso attraktive Finanzierungsmöglichkeiten für Promotionswillige und Promotionsfähige, vor allem Qualifizierungsstellen in den Hochschulen und Fördermöglichkeiten zum Beispiel über die DFG oder andere hochrangige Forschungsförderungsorganisationen, zum Beispiel die EU.

Es gibt auch eine wachsende Zahl von Stellen in Graduiertenkollegs, und es gibt Stipendiengeber, wie beispielsweise Stiftungen der Wirtschaft, Mäzene oder sogar Privatpersonen und Parteistiftungen. Man kann nicht sagen, dass für die Nachwuchsförderung im deutschen System grundsätzlich im Moment wenig Geld ist. In den letzten Jahren hat die Bundesregierung gerade in dem Bereich viel Geld ins System gegeben.

Kurz und gut: Es gibt Förderungen auf der Ebene der wissenschaftlichen Qualifikation, auch außerhalb der Landesgraduiertenförderung, gerade für Doktoranden mit qualifizierten Projekten. Außerdem ist, wie bereits erwähnt, keineswegs beabsichtigt, die Landesgraduiertenförderung gänzlich einzustellen.

Wir müssen vielmehr überlegen, wie wir die knapper werdenden Landesmittel noch besser einsetzen können, um noch mehr Geld von außen für die Graduiertenförderung zu organisieren. Da sind wir in Sachsen-Anhalt noch nicht gut genug, gerade was EU-Mittel angeht. Aber die Hochschulen wissen das, arbeiten sehr intensiv an dieser Front und werden dabei auch von uns intensiv unterstützt.

Meine Damen und Herren! Unabhängig davon, in welcher Höhe die Förderung fortgeführt werden kann, sollten wir uns die Frage stellen, ob die bisherigen Fördermodalitäten die richtigen sind. Insofern sind wir uns auch einig.

Was zunächst die Förderhöhe betrifft, ist sie nicht dazu geeignet, alle möglichen gesellschaftspolitischen Anliegen bis hin zu Gender-Mainstreaming oder zu einer Familiengründung in der Qualifizierungsphase befriedigend zu lösen. Das stimmt. Sie kann aber sehr wohl ermöglichen - was ihr eigentlicher Zweck ist -, einen jungen Menschen, der gerade ein Studium hinter sich hat, ein einigermaßen abgesichertes Promotionsstudium zu sichern, allerdings nur für maximal drei Jahre, was in den meisten Fällen keine Vollfinanzierung ist.

In puncto prekäre Verhältnisse im akademischen Mittelbau scheint die Landesgraduiertenförderung insofern teilweise tatsächlich eher Teil des Problems als Teil der Lösung zu sein. Wir sollten des

halb über eine andere Ausgestaltung der Förderung, zum Beispiel auf Stellenbasis oder mit einer höheren Dotierung oder auch mit einer weiteren Verlängerungsoption nachdenken. Natürlich wäre dies pro Stelle bzw. pro Geförderten teurer, käme mithin bei gleichem Gesamtansatz weniger Doktorandinnen und Doktoranden zugute. Man müsste also abwägen, und vielleicht wären auch verschiedene oder Zwischenlösungen zuzulassen.

Denkbar wäre aber auch, im Geist der allgemein befürworteten Hochschuleigenverantwortung die Hochschulen selbst entscheiden zu lassen, wie sie die Förderung ausgestalten oder sie zum Beispiel in bereits existierende, strukturierte Lösungen für Nachwuchswissenschaftler, in Graduiertenschulen einbringen wollen. Die Burg hat beispielsweise heute schon sehr viele Gestaltungsfreiräume zum Einsatz ihrer Graduiertenförderung, und sie scheint sie durchaus nicht zu missbrauchen.

Auch kann man überlegen, ob man die Vergabe von Landesstipendien eventuell von einer Gesamtfinanzierungszusage für die Geförderten seitens der Hochschule abhängig macht. Das heißt, die Hochschule müsste sich mit darum kümmern, dass der oder die Geförderte wirklich eine auskömmliche Finanzierung über die gesamte Promotionszeit hat. Damit könnte dem Problem einer prekären Finanzierung entgegengewirkt werden - allerdings wiederum auf Kosten der Hochschulen, was angesichts der Gesamtlage ein zweischneidiges Schwert ist.

Was den Frauenanteil bei den Geförderten betrifft, haben wir aufs Ganze gesehen ein recht ausgewogenes Geschlechterverhältnis. Dazu hatten wir auch die Kleine Anfrage, die Herr Lange bereits erwähnte, vom April 2012. Daraus geht das hervor. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass Frauen bei der Stipendienvergabe gezielt benachteiligt würden.

(Herr Lange, DIE LINKE: Das habe ich auch nicht behauptet!)

Und Frauenförderstipendien haben, so gut sich das anhört, oft einen ganz systematischen Nachteil: Sie führen nämlich dazu, dass Frauen diese Förderstipendien erhalten, die männlichen Kollegen dann aber die meist besser dotierten festen Stellen erhalten, was erstens weniger Geld für die Frauen bedeutet und zweitens häufig ein Malus im Lebenslauf ist, weil es immer besser aussieht, eine feste Stelle als ein solches Förderstipendium gehabt zu haben. Insofern müssen wir uns geeignete Instrumente der Frauenförderung genau überlegen, und das muss nicht dasselbe Instrument sein wie die Graduiertenförderung.

Es gibt also mehrere gute Gründe, durchaus über eine Novelle des Graduiertenförderungsgesetzes nachzudenken. Ich freue mich auf viele gute Ideen und würde mich einer solchen Novelle, so Sie sie

denn wollen, selbstverständlich nicht verschließen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Frau Ministerin. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Pähle.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zu Beginn meiner Rede aus einem Beitrag der ehemaligen Wissenschaftsministerin Frau Edelgard Bulmahn aus einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema „Karriere ohne Ende?! Arbeitsplätze für den wissenschaftlichen Nachwuchs“ zu zitieren. Frau Bulmahn sagte dort:

„Hervorragend ausgebildete junge Menschen sind der entscheidende Faktor für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft, aber auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft insgesamt. Sie entscheiden in einer zunehmend auf Wissen ausgerichteten Welt, ob wir unsere Stellung als eine der führenden Industrie-, Handels- und Kulturnationen behaupten können.“

Wenn man dieser Aussage zustimmt - ich denke, das sollte hier im Hohen Hause möglich sein -, muss man die Frage stellen, welche Konsequenz es dann für uns hat. Wenn wir heute über die Graduiertenförderung des Landes diskutieren, dann wird damit die Sorge der Hochschulen unseres Landes aufgegriffen, die sich bereits in einer Resolution des Akademischen Senats der MartinLuther-Universität und des Rektorats der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle ausgedrückt hat. Beide Hochschulgremien verweisen auf die enorme Bedeutung der Graduiertenförderung für die Förderung von wissenschaftlichem und künstlerischem Nachwuchs und für das Verbleiben dieser jungen, gut ausgebildeten Menschen im Land. Darum geht es uns ja an vielen Stellen.