Wenn man dieser Aussage zustimmt - ich denke, das sollte hier im Hohen Hause möglich sein -, muss man die Frage stellen, welche Konsequenz es dann für uns hat. Wenn wir heute über die Graduiertenförderung des Landes diskutieren, dann wird damit die Sorge der Hochschulen unseres Landes aufgegriffen, die sich bereits in einer Resolution des Akademischen Senats der MartinLuther-Universität und des Rektorats der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle ausgedrückt hat. Beide Hochschulgremien verweisen auf die enorme Bedeutung der Graduiertenförderung für die Förderung von wissenschaftlichem und künstlerischem Nachwuchs und für das Verbleiben dieser jungen, gut ausgebildeten Menschen im Land. Darum geht es uns ja an vielen Stellen.
Ich kenne das Argument: Neben der Graduiertenförderung gibt es noch zahlreiche andere Möglichkeiten, wissenschaftlichen Nachwuchs in der Promotionsphase im Land zu behalten, sei es über andere Stipendien oder Stellen. Die Bewerbung um eine Graduiertenförderung sei dann vielmehr eine der letzten Chancen für diejenigen, die sonst niemand unterstützen will oder kann.
Ich möchte diesem Denken gerne widersprechen. Vielmehr ist die Graduiertenförderung grundsätzlich eine Möglichkeit, qualifizierende Forschungsleistungen auch im Bereich der Grundlagenforschung oder in Bereichen, die eher über geringe Marktnähe verfügen, zu unterstützen. Sie steht da
Diese Argumente sind Beispiele, die für die Beibehaltung der momentanen Regelungen zur Graduiertenförderung sprechen. Um ein Zitat zu nutzen, das ich kürzlich in einer Diskussionsrunde gehört habe, in der es um dieses Thema ging:
„Diese Stipendiaten, die die Graduiertenförderung des Landes bekommen, sind nicht die letzten Gurken, sondern sind die Besten der Besten, die wir im Land haben wollen.“
Andere Argumente sprechen dennoch für eine kritische Bewertung des momentanen Systems. So wird von den Hochschulen bemängelt, dass die Laufzeit der Stipendien zu kurz gestaltet ist. Ebenfalls erscheint das Graduiertenstipendium eher unattraktiv, da es mit einem Grundbetrag von rund 900 € geringer ausgestattet ist als andere.
Diese Kritik muss angenommen werden. Sie zeigt, dass eine Neuregelung der Landesgraduiertenförderung notwendig ist. Ich sage es ganz deutlich: Die Umsetzung dieser kritischen Punkte wird dann bedeuten, dass wir weniger Studierende mit dem Landesstipendium fördern können, denn mehr Geld wird es auf keinen Fall geben.
Aber auch andere Punkte, die in der vergangenen Woche bei einer Diskussion in Halle angesprochen wurden, sind bei der Überlegung zur Neugestaltung der Promotionsförderung einzubeziehen. So sollten wir uns auch mit der Stellung von Promovierenden generell auseinandersetzen.
Die Studierenden, die mit einem Stipendium gefördert werden, befinden sich in einem statusfreien Raum. Das führt beispielsweise dazu, dass die insgesamt über verschiedene Varianten finanzierten, arbeitenden Studierenden, die eine Promotion vorantreiben - an der Martin-Luther-Universität sollen das ungefähr 2 000 sein -, sich nicht in der öffentlichen Statistik der Martin-Luther-Universität widerspiegeln, weil gar nicht bekannt ist, wie viele das sind. Sie arbeiten außerhalb der Universität. Sie haben Parteistipendien, andere Stipendien, und sie werden gar nicht erfasst. Das ist ein echtes Problem.
Das Verhältnis von Promovenden und Doktorvätern und -müttern ist auch immer ein Abhängigkeitsverhältnis, auch wenn es glücklicherweise in den meisten Fällen nicht ausgenutzt wird. Auch hierzu sind zum Teil Regelungen gewünscht und notwendig. Wenn wir uns mit dem Thema beschäftigen, sollten wir auch darüber reden.
Deshalb bitte ich Sie, der Überweisung des Antrages in den Ausschuss zuzustimmen. Dort können wir über verschiedene Aspekte diskutieren.
lung in unserem Land darstellt. Deshalb werden wir Prioritäten setzen müssen. Erst wenn wir diese Prioritäten im Wissenschaftsbereich gesetzt haben, wissen wir auch, wie viel Mittel wir für die Graduiertenförderung aufwenden können. - Vielen Dank.
Danke sehr, Frau Dr. Pähle. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Professor Dr. Dalbert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hochgeschätzte Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Uhrzeit erlaube ich mir, nur zum Antrag zu sprechen. Ich beginne meine Einlassungen mit einem Zitat:
„Der wissenschaftliche Nachwuchs soll durch eine Ausweitung der Landesgraduiertenförderung unterstützt werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass auch Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften … eine akademische Weiterqualifizierung anstreben können.“
Wir haben heute noch einmal gehört, dass eine Halbierung der Mittel für die Landesgraduiertenförderung angedacht ist. Ich glaube, bei aller sprachlichen Kreativität bedeutet diese Halbierung keine Ausweitung der Landesgraduiertenförderung.
Warum ist das ein falscher Schritt? - Es ist ein falscher Schritt, weil wir die Besten der Besten im Lande halten wollen und halten müssen. Dabei geht es eben nicht nur um den Einstieg in Wissenschaftskarrieren. Vielmehr geht es dabei auch um den qualifizierten Nachwuchs für die Wirtschaft im Land. Früher hat man gesagt, das Studium ende erst mit der Promotion. Das ist in vielen Berufsfeldern noch immer so. Auch dafür promovieren wir.
Deswegen ist es auch richtig und gut, dass wir es den Fachhochschulen ermöglicht haben, in Kooperation mit Universitäten Promotionen vorzuneh
men. Das ist auch deswegen wichtig, weil wir - das wissen Sie alle - einen strukturellen Nachteil im Land haben. Wir haben wenig FuE-Forschung, weil die Betriebe dazu nicht vorhanden sind. Auch an dieser Stelle muss der Staat kompensierend tätig werden. Das tut er unter anderem dadurch, dass er mit den Fachhochschulen und den Landesgraduiertenstipendien angewandte Themen in der Promotion befördert.
Deswegen ist es ein falscher Schritt, die Landesgraduiertenstipendien zurückzufahren. Ich bin froh, dass wir heute darüber sprechen können. Eine Überweisung des Antrages in den Ausschuss unterstützen wir ohnehin. Hätten wir über den Antrag direkt abgestimmt, hätten wir dem ersten und dritten Punkt Ihres Antrages zugestimmt.
Ich habe gesagt, ich möchte nur zum Antrag sprechen. Ich komme zu Punkt 2 Ihres Antrages. Herr Lange, über den zweiten Punkt Ihres Antrages bin ich erschüttert. Sie wollen doch nicht allen Ernstes die Frauenförderung so regeln, dass die Frauen auf die weniger attraktiven Landesstipendien abgeschoben werden? Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Minister Herr Stahlknecht: Hört, hört! - Herr Lange, DIE LINKE: Das steht doch da gar nicht! - Zurufe von der CDU)
Ich lese das so und das haben Sie eben auch noch einmal selber gesagt. Sie haben ausgeführt, eine Erhöhung des Anteils von Frauen am Landesgraduiertenstipendium sei ein wichtiges Mittel und es sollte nicht gekürzt werden, aber es sei auch nicht das attraktivste Mittel.
Wenn Sie das genauer betrachten, dann können Sie sehr oft feststellen, dass die männlichen Bewerber die attraktiveren, versicherungspflichtigen Stellen in den Forschungsverbünden erhalten und die Frauen die Stipendien bekommen. Das können wir doch nicht weiter befördern.
Deswegen haben wir hier im Haus einvernehmlich gesagt, wir wollen auf eine Kaskadenquote in den Zielvereinbarungen abstellen. Das ist Frauenförderung, wie ich sie mir vorstelle, und nicht das Abschieben auf irgendwelche Stipendien, die schlechtere Bedingungen aufweisen.
Über den vierten Punkt Ihres Antrages, Herr Lange, habe ich graue Haare bekommen. Denn ich habe ihn nicht verstanden. Ich habe darüber gerätselt. Ich dachte, es sei die Aufgabe der Promovenden zu entscheiden, an welchen Stellen sie ihre Ergebnisse publizieren. Das können wir ihnen doch nicht vorschreiben.
Dann wurde ich von meinen Kollegen in der Fraktion beruhigt. Sie sagten, das meine Herr Lange gar nicht, er rede an dieser Stelle von Open Access und darüber, dass öffentlich geförderte Promotionen über Open Access publiziert werden sollen. Ich habe daraufhin gesagt, dass er das auch nicht meinen kann; denn Open Access existiert an der Uni Halle für 5 € pro Promotion. Also ich weiß nicht so richtig, was er meint.
Nun habe ich es verstanden: Sie meinen damit Werbung für das Land. Ob das tatsächlich das zentrale Element für die Werbung für unser Land ist, weiß ich auch nicht.
Der Ausschussüberweisung stimmen wir sehr gern zu. Den Punkten 1 und 3 des Antrages hätten wir auch sehr gern zugestimmt, um ein Signal ins Land zu senden, dass wir nicht wollen, dass die Graduiertenstipendien zurückgefahren werden. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Freunde des Parlamentarismus! Es freut mich, dass es wieder ein Hochschulthema ist, das als letzter Tagesordnungspunkt eine derartige Aufmerksamkeit erfährt.
Wenn ich alle Vorschläge dieser zweitägigen Landtagssitzung zusammenfasse und mit der Haushaltswahrheit und -realität vergleiche, die wir auch vom Finanzministerium und von unserem Ministerpräsidenten in dieser Woche noch einmal eindringlich ans Herz gelegt bekommen haben, dann sage ich mir, wir haben einen großen gemeinsamen Gesprächsbedarf. Liegt unsere Verantwortung tatsächlich darin, Einzelinteressen, so ehrenwert sie sein mögen, Herr Lange, in dieser Besonderheit hervorzuheben?
Oder liegt unsere gemeinsame Verantwortung vielleicht mehr darin, dass wir gemeinsam im Land für eine Politik werben, die alle Menschen mitnimmt?
Es wurde auf den Koalitionsvertrag verwiesen. Es soll eine Ausweitung der Graduiertenförderung geben. Ja. Nun frage ich mich, wie ich diesen Begriff „Ausweitung“ verstehen soll. Ich habe den Koalitionsvertrag zu dieser Frage nicht mitverhandeln dürfen. Ich verstehe diesen Begriff aber gewiss nicht so, dass das automatisch mit mehr Ausgaben
verbunden sein soll. Vielmehr soll es mit mehr Ergebnissen, mit mehr Bedeutung und mit mehr Aufmerksamkeit verbunden sein.
Ich bin Ihnen deshalb außerordentlich dankbar, Herr Lange, dass Sie das zum heutigen Thema gemacht haben. Ich habe allerdings den Eindruck, dass das Ergebnis Ihrer Initiative unter anderem - darauf haben meine Vorredner bereits hingewiesen - dazu führen wird, dass am Ende weniger einzelne Begünstigte dieses Weges übrig bleiben werden. Denn egal ob wir die Förderung erhöhen oder die Förderdauer verlängern, beides hat genau den Effekt, dass es am Ende weniger werden.
In diesem Sinne: Lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung für dieses Land tragen, damit weniger dazu führt, dass wir einen größeren gemeinsamen Erfolg haben.