Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Ich könnte das noch für viele andere Bereiche fortsetzen. Warum sage ich das? Weil wir uns alle in diesem Kabinett

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Lieb haben!)

nach harter Diskussion auf diesen Konsens verständigt haben und diesen Konsens als Arbeitsgrundlage beschlossen haben. Ich als Ministerpräsident kann nur dann weiterarbeiten, wenn wir die

Vereinbarungen, die alle im Kollektivorgan eines Kabinetts getroffenen haben,

(Zurufe von Frau von Angern, DIE LINKE, und von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

entsprechend solidarisch durchstehen. Dabei kann keiner ausbrechen. Dabei muss gemeinsam zusammengestanden werden.

Das ist letztlich das Problem, das in den letzten Tagen auftrat und bei dem ich als Ministerpräsident entsprechend reagiert habe. Dass das im Ablauf von mir anders gewünscht war, ist eine andere Sache. Das muss zwischenmenschlich noch nachgearbeitet werden. Aber den Fakt und die Entscheidung an sich stelle ich in keiner Weise infrage; denn es war richtig.

Ich sage noch eines, sehr geehrte Damen und Herren: Wir werden, wenn wir diesen Prozess bis 2019 erfolgreich durchgeführt haben, immer noch bei einem Ausgabeniveau liegen, das ungefähr 105 % der Ausgaben des Bundeslandes Niedersachsen pro Einwohner entspricht. Niedersachsen ist ein Land, das sich durchaus mit einem hervorragenden und gut vermittelbaren Lebensstandard und mit einer guten Infrastruktur darstellt.

Dieses Niveau von 105 %, das auch im Vergleich zu Schleswig-Holstein vorhanden sein wird, wird nur dann darstellbar sein, wenn es weiterhin einen Länderfinanzausgleich und weitere Infrastrukturhilfen für strukturschwache Gebiete geben wird, die, da sie aufgrund des Grundgesetzes verpflichtend sind, auch zukünftig fließen werden.

Deswegen braucht an dieser Stelle niemand Angst davor zu haben, dass wir den Menschen in Sachsen-Anhalt derzeit etwas zumuten, das es in dieser Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben hat. Wir gehen bekannte Pfade. Alle anderen 15 Bundesländer sind diese Pfade schon gegangen.

Ich habe das Selbstbewusstsein, dass wir diesen Weg gemeinsam mit dieser Landesregierung und auch mit dieser Koalition erfolgreich gehen werden, damit wir politikfähig bleiben, damit wir entscheidungsfähig bleiben, damit wir nicht unter Kuratel kommen; denn wir müssen regelmäßig berichten. Sie wissen, wie sich bestimmte Entscheidungen nach dem Grundgesetz auch für uns auswirken werden, wenn wir unsere Pflicht nicht erfüllen.

Das sage ich noch in die Richtung der Koalitionsfraktionen: Ja, wir stecken mitten im Prozess. Wir sind keine Dogmatiker. Wir sind auch keine, die aus dem Kabinett heraus Vorschläge unterbreiten, die grundsätzlich nicht machbar sind, die nicht diskussionswürdig sind. Denn wir wissen genau, dass die Plus-minus-null-Variante, die wir anstreben müssen, für uns auch im Koalitionsvertrag gesetzt ist, dass aber viele fachliche Details im Rahmen

der Ressortzuständigkeit mit den Arbeitskreisen und mit den Fraktionsspitzen zu besprechen und zu diskutieren sind.

Aber eines ist auch klar: Es wird uns niemand die Aufgabe abnehmen, einen genehmigungsfähigen, akzeptablen, den jetzt bestehenden Haushaltsgrundsätzen entsprechenden Haushalt gemeinsam vorzulegen und in diesem Landtag weiter zu beraten. Ich lade Sie ganz herzlich dazu ein, diesen Prozess weiterhin zu begleiten und diesen Prozess auch weiter zu gestalten.

Ich bitte darum, dass Sie uns als Kabinett die Chance geben, in der ersten Stufe diese Vorschläge unter Einbuchung auch Ihrer weiteren Vorschläge zu unterbreiten und dann in der Landtagsbefassung mit Ihnen gemeinsam zu einem Beschluss zu kommen, der sowohl die Einnahmensituation als auch die Ausgabensituation als auch die Dinge, die bis 2019 anstehen, verantwortbar gestaltet.

Lassen Sie mich ein letztes Wort zu den Hochschulen sagen. Die Hochschulen sind ganz wesentliche Motoren in unserem Land. Das habe ich an vielen Stellen, über elf Jahre hinweg, ohne dass ich das revidieren muss, immer wieder gesagt.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Aber eines ist klar: Wenn alle Daten und alle Gespräche, die wir mit den Beteiligten geführt haben, klar zum Ausdruck bringen, dass es Veränderungsbedarf gibt - ich verweise nur auf den Vortrag, den der Rektor der Otto-von-Guericke-Universität in der letzten Woche hier in Magdeburg zu der Selbstverpflichtung, dass an dieser Stelle dringender Handlungsbedarf besteht, gehalten hat -, dann ist das ein Prozess, der nicht nur unter fiskalpolitischen Gesichtspunkten geführt wird, sondern auch unter Exzellenz-, Konkretisierungs- und entsprechenden anderen Gesichtspunkten zu laufen hat. Er soll nicht nur zur Exzellenz führen, sondern uns auch in entsprechenden Benchmarks und Rankings nach vorne bringen.

Da wissen wir alle - mit den Hochschulvertretern -, dass wir mit quantitativen Daten, mit Quantität allein nichts beherrschen und bewältigen werden, sondern uns in den nächsten Jahren sehr stark konzentrieren müssen. Das ist erst einmal völlig unabhängig von der Studentenzahl, denn diese Studentenzahl ergibt sich natürlich auf dem Hochschulmarkt in Deutschland. Wir werden sie nur aus den Generationen und Jahrgängen ziehen können, die real vorhanden sind und die jeweils als Studentin und Student ihre persönliche, individuelle Entscheidung zu treffen haben. Schön wäre, wenn sie nach Sachsen-Anhalt kämen.

Unabhängig davon müssen wir klar sehen, dass wir nicht nur die nächsten drei, vier, fünf Jahre zu prognostizieren haben, sondern dass Universitäten

und Hochschulen Planungssicherheit und Strukturveränderungsbedingungen vorfinden müssen, die über zehn, 15, 20 Jahre hinweg greifen.

(Zuruf von der LINKEN)

Deswegen ist es so notwendig, dass wir an dieser Stelle neben den expliziten Inputzahlen, was die Studenten anbelangt, vor allen Dingen auch die inhaltliche Diskussion im Sinne von Best Case, von Qualität, von Benchmarks, die wir vorzeigen können, und auch im Sinne von Exzellenz führen, denn wir haben hervorragende Leute, Universitäten und Hochschulen, und diese wollen wir gemeinsam fortentwickeln. Auch dafür steht diese Landesregierung und dafür stehe auch ich explizit als Ministerpräsident. Deswegen werde ich diese Aufgabe auch weiterhin positiv begleiten und bin für jeden Hinweis dankbar, der aus den Fraktionen kommt,

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

unabhängig davon, dass die von mir vorhin nur gestreiften Daten jederzeit auf der Homepage der Landesregierung nachgelesen werden können. Ich bin optimistisch, dass wir das gemeinsam schaffen. Weitere Diskussionen können wir im JuniPlenum des Landtags zu diesem Thema führen. Ich freue mich jedenfalls auf die gemeinsame Diskussion. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, es gibt Nachfragen. - Möchten Sie den Anfang machen? - Frau Kollegin von Angern.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie schildern heute in der aktuellen Ausgabe der „Volksstimme“ ausdrücklich Ihre höchstpersönliche Verantwortung für das Landeskabinett in Sachsen-Anhalt. Sie betonen in diesem Interview auch, Sie hätten in und außerhalb von Sachsen-Anhalt nach personellen Alternativen für die Leitung des Wirtschafts- und Wissenschaftsministeriums gesucht. Ihr Anforderungsprofil beschreiben Sie selbst - aus meiner Sicht recht abfällig - damit, dass es die eierlegende Wollmilchsau nicht gebe.

In den Medien haben wir nun auch erfahren können, Sie hätten Herrn Staatsminister Robra das Amt angedient, der aber abgewinkt habe, und dass Herr Möllring auf die Frage, wen er Ihnen empfehlen könne, sich selbst auf den Besetzungsvorschlag gesetzt habe.

Ich frage Sie ganz konkret: Wie viele Persönlichkeiten in Sachsen-Anhalt bzw. außerhalb von Sachsen-Anhalt haben Sie daraufhin abgeklopft, ob sie dieses Amt übernehmen? Und die Frage,

die mir besonders wichtig ist: Wie viele Frauen waren darunter?

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Frau von Angern, gerade an dem Prozess in der letzten Woche haben Sie gesehen, dass ein Ministerpräsident in solchen Phasen in der heutigen medialen Umwelt keine langen Abklopfprozesse durchführen kann,

(Zuruf von der LINKEN: Oberflächlich!)

weil schlicht und einfach die Prozesse so laufen, wie sie nun einmal laufen. Damit müssen wir leben.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Auf der anderen Seite, Frau von Angern, können Sie eines sagen: Ich bin seit elf Jahren in dieser Landesregierung in verschiedenen Funktionen tätig gewesen, immer in diesem oder in einem ähnlich strukturierten Arbeitsbereich. Ich kenne sowohl das Land auf der kommunalen, der gemeindlichen Ebene und auf Landesebene als auch die Bundesebene sehr gut.

Es ging in dieser Entscheidung darum, dass mitten in einer Legislaturperiode eine Person zum Zuge kommen muss, die eine ganze Reihe an Punkten erfüllen muss, die nicht im Sinne von längeren Einlaufkurven erreichbar sind, sondern wo relativ schnell die Entscheidungen und die entsprechenden Prozesse in diesem wichtigen Amt gesteuert werden. Ich habe diese Entscheidung getroffen, und zu dieser Entscheidung stehe ich uneingeschränkt.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Das will ich auch noch einmal im Beisein aller Abgeordneten, die aus Nord, Süd, Ost und West kommen, sagen: An dieser Stelle konnte ich Kriterien wie Geschlecht und Herkunft nicht im Sinne von Quotierung berücksichtigen. Ich habe mich allein auf die fachlichen Herausforderungen gestützt. Diese waren für mich entscheidend. Das muss bei einer Kabinettsbesetzung, die innerhalb einer Legislaturperiode gesondert vorzunehmen ist, auch so sein.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Herr Ministerpräsident, es gibt zwei weitere Wortmeldungen. Als Nächster spricht Herr Kollege Erdmenger.

Herr Ministerpräsident, Sie haben ausgeführt, wir würden ausgetretene Pfade beschreiten. Ich muss

gestehen, ich gehöre zu den Menschen, die den Pfad nicht erkennen können, den Sie da beschreiten. Deswegen möchte ich Sie fragen: Sie haben am Anfang Ihrer Rede als die derzeitige Laterne, an der Sie sich gerade ausrichten, die Pro-KopfAusgaben der Bundesländer genannt und das als einen wesentlichen Punkt genommen. Wie passt das damit zusammen, dass Ihre Regierung und die Regierungskoalition im letzten Nachtragshaushalt diese Pro-Kopf-Ausgaben noch einmal erheblich gegenüber dem gesteigert haben, was wir vorher im Haushalt hatten?

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Also, wo ist denn da bitte Ihr Kompass?

Herr Erdmenger, das ist genau das, was ich am Anfang gesagt habe. Wir wussten, dass wir mit dieser Legislaturperiode den schwierigsten Umsteuerungsprozess als Hausaufgabe ins Stammbuch geschrieben bekommen haben.

(Zuruf von der LINKEN)

Es war auch klar, dass eine Koalition, nachdem ein Wahlkampf mit programmatischen Schwerpunkten geführt wurde, auch im Sinne dessen, dass Verlässlichkeit in wesentlichen Punkten gegenüber dem Wähler da sein muss, politische Gestaltungsfähigkeit, Akzentsetzung und Schwerpunktsetzung in einem Koalitionsvertrag abbilden muss.

Wir haben uns in diesem Koalitionsvertrag ganz klar darauf verständigt, an welchen Stellen - zum Beispiel bei der Kindertagesstättenförderung und der Unterstützung von Familien mit Kindern - wir gegen den sonstigen Trend Zeichen setzen wollten, wohl wissend, dass dieses nur in einem Haushalt darstellbar ist, wenn in anderen Bereichen dafür die Verfügungsmasse erzeugt wird.

Wir haben uns dort auf Punkte unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit verständigt. Dieses Thema der Nachhaltigkeit müsste Ihnen als Vertreter der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr nahe kommen. Wir haben auf Zukunft gesetzt, haben da, wo es um Kinder, um Jugend, um Paare, um Familien und um Lebensentwürfe geht - - Und das haben wir eingebucht.