Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Es gibt kaum ein Gebiet, das so ausgeklagt ist wie das Bodenrecht. Trotzdem müssen wir uns etwas Neues überlegen. Das Bodenrecht ist nicht mehr zeitgemäß. Diese Gesetze sind unter völlig anderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entstanden. Deshalb erwarte ich mit großer Zuversicht, aber auch mit Neugier, was die Arbeitsgruppe des Ministeriums für diese Fragen uns in absehbarer Zeit vortragen wird.

Wenn wir betrachten, welche Aufgaben und welche Funktionen die Flächenbewirtschaftung in Sachsen-Anhalt hat, dann stellen wir fest, dass auch diese multifunktional sind. Dazu gehören Nahrung, Energie, Ressourcenschutz, Umweltleistungen, Artenvielfalt, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft und Erholungsfunktionen.

Daran kann man erkennen, in welchem riesigen Bereich wir uns bewegen. Es gibt keinen Bereich, der so stark von europäischen Vorschriften und Vorgaben abhängig ist wie die Landwirtschaft. Deswegen sind auch die Direktzahlungen für uns so wichtig. Ich bin der Meinung, dass es falsch war, das Zwei-Säulen-Modell zu verlassen, die Direktzahlung als erste Säule und die Förderung des ländlichen Raumes als zweite Säule.

Das ist ein Systembruch, der uns noch beschäftigen wird; denn im Moment hat man bei solchen guten landwirtschaftlichen Produktpreisen, die wir in den letzten zwei Jahren nicht gehabt haben, natürlich gut reden. Aber das muss ja nicht so bleiben. Was passiert, wenn die Direktzahlungen, die einen hohen Anteil am Einkommen haben, und die Produktpreise zurückgehen, während die Energiepreise, die Düngerpreise, die Pflanzenschutzmittelpreise bestehen bleiben und die Pachtpreise, also die Bodenkosten, steigen?

Dann werden wir einen Strukturwandel erleben, den wir uns alle nicht wünschen können. Deswegen ist es eigentlich falsch für uns, dass wir an der Stelle in Europa so entschieden haben.

Jetzt könnte man sagen: Das ist alles kein Problem, die Energiewende löst das Problem, weil Landwirte Energiewirte sind. Das stimmt; es stimmt aber auch nicht.

Es ist richtig, dass vom EEG auch Landwirte profitieren. Aber wenn man für Biogasanlagen Mais zu Preisen von 40 €, 50 € pro Tonne und mehr erwerben kann, dann heißt das, dass sie einen erheblichen Wettbewerbsvorteil vor der Nahrungsmittelproduktion und vor der Getreideproduktion haben. Weil das so ist, bedeutet dies auch, dass das Auswirkungen auf die Pachtpreise hat. Dann profitieren die Landwirte nicht mehr.

Deswegen bin ich dafür, dass wir die Frage in Bezug auf Biogas tatsächlich auf die Reststoffe in der Landwirtschaft beschränken. Das heißt, ich bin dafür, dass wir die Gülle und Abfallstoffe optimal

nutzen, aber dass wir aufhören sollten, zusätzlich Fläche für den Anbau von Energiepflanzen zur Verfügung zu stellen, um sie dann zu vergasen und zu Strom zu machen.

(Frau Budde, SPD: Vergasen!)

- Das ist so, durch den Reaktor. Das machen dann die kleinen Bakterien. - Deswegen denke ich, dass wir an der Stelle schon sehr genau hinschauen müssen, wie die Energiewende weiter betrieben wird.

Ich glaube auch, dass noch etwas anderes dazu beiträgt, dass die Fläche knapp ist, dass nämlich die Europäische Gemeinschaft jetzt wieder beginnt, zu glauben, dass wir für Extensivierung oder Herausnahme für ökologische Leistungen Fläche bereitstellen können.

Nein, wir müssen nicht schmutzige und saubere Flächen haben; vielmehr müssen wir die Ökologisierung, die Biodiversität und die Veränderung der landwirtschaftlichen Produktion auf der ganzen Fläche so gestalten, dass sie uns ökonomisch etwas nutzt und dass sie ökologisch Sinn macht. Ich glaube, es ist ein großes Problem, dass wir an dieser Stelle auf vielen Seiten zu ideologisch sind.

Wir können noch etwas tun, um mehr Wertschöpfung in der Fläche zu erzielen. Das machen wir - Gott sei Dank - auch. Aufgrund der guten Lage und der Böden, die wir haben, haben wir zunehmend auch Sonderkulturen. Sonderkulturen zu fördern, ist auch ein richtiger Weg in der Flächenproduktion. Dazu brauchen wir ein vernünftiges, ein gutes Wassermanagement. Das ist eine Voraussetzung im Klimawandel und in der veränderten Welt, wie wir sie in Zukunft haben werden.

Sonderkulturen haben in Sachsen-Anhalt auch eine lange Tradition. Ich glaube, hier ist das Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Deswegen ist es richtig, dass wir bei der Vergabe auch von landeseigenen Flächen Sonderkulturen besonders fördern.

In der Tierproduktion - das ist hier auch schon beschrieben worden - haben wir eine relativ geringe Dichte an Tieren je Hektar; das ist wahr und auch da ist noch Potenzial.

Es darf uns nicht passieren, dass wir diejenigen sind, die für andere Bundesländer die Abfälle aus der Tierproduktion aus den Veredlungszentren Norddeutschlands aufnehmen; das darf uns nicht passieren. Wenn wir es denn wollen - wir brauchen organischen Dünger -, sollten wir schon den Anspruch haben, dass die Tiere auch hier gehalten werden, weil wir das erstens können und weil zweitens die kurzen Wege immer der richtige Weg sind.

In der Tierhaltung werden die Ansprüche immer höher. Ich kann das verstehen. Trotzdem muss ich

sagen: Wir müssen Realisten bleiben an diesem Punkt, Realisten insbesondere in der Frage der Immissionen; denn völlig ohne Immissionen wird es nicht gehen. Eine Gesellschaft, die sich vom landwirtschaftlichen Produktionsablauf abgewandt hat und immer weiter abwendet, wird immer mehr dazu übergehen, jede Immission als eine Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität zu betrachten.

In dieser Hinsicht müssen wir etwas tun. Wir haben in der Vergangenheit schon eine ganze Menge getan. Wir haben in der Ausbringtechnik für Gülle sehr viel getan. Wir haben in der Lüftungsfrage bei Tieranlagen sehr viel getan. Auch für das Tierwohl haben wir sehr viel getan.

Ich glaube, in Sachsen-Anhalt muss sich kein Milchviehhalter, der einen modernen Boxenlaufstall hat, dafür schämen, wie seine Tiere gehalten werden. Ich glaube, in dieser Hinsicht sind wir vorbildlich. Wer heute durch Tieranlagen, durch Milchviehanlagen geht - Herr Gallert ist gerade nicht da; er war offensichtlich kürzlich in einer solchen Anlage -,

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

der wird feststellen, mit welcher Ruhe und Gelassenheit sich die Tiere dort bewegen und wie gut sie leben. Man kann förmlich erleben, dass sich Kühe in Sachsen-Anhalt wohlfühlen.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Leimbach, CDU: Ein Traum! Glückliche Kühe! - Zuruf von der SPD: Dann geht’s dem Tier wie mir! - Zurufe von Herrn Lange, DIE LINKE, und von Herrn Erben, SPD)

Deswegen sehen wir an dieser Stelle keinen Nachholbedarf.

(Zuruf)

- Natürlich, einzelbetrieblich, in Einzelfällen schon. Aber wir wissen, wie es geht. Wir wissen, dass wir an dieser Stelle auf dem richtigen Weg sind.

Das Gleiche gilt für Schweine. Bei Schweinen ist Stroh nicht das allheilbringende Mittel. Stroh hat einen großen Nachteil. Das ist in der Regel das Hygieneproblem. Wenn Sie Tiere auf Stroh halten, müssen Sie davon ausgehen, dass ein höherer Infektionsdruck besteht als bei anderen Tierproduktionsverfahren. Deswegen kann man nicht sagen: „Stroh ist gut“ oder „Spalten sind gut“. Man muss sehr genau hinschauen, unter welchen Voraussetzungen welche Haltungsbedingungen die besten sind.

Deswegen ist es gut, dass wir unsere landwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen so aufgestellt haben, wie wir sie in der letzten Zeit aufgestellt haben. Wir hatten ja mal eine Phase, in der auch Halle infrage stand. Ich bin froh, dass wir dort die Kurve gekriegt haben. Wir können stolz sein

auf die Wissenschafts- und Forschungslandschaft in diesem Land.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Ich bin der Landesregierung auch sehr dankbar dafür, dass es gelungen ist, die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft nach Bernburg zu holen,

(Zustimmung bei der CDU)

die in Zukunft dafür sorgen wird, dass das Cluster Wissenschaft-Wirtschaft-Landwirtschaft, das Netzwerk, gestärkt wird.

Wir in Sachsen-Anhalt haben an dieser Stelle eine lange Tradition von Innovation.

(Herr Borgwardt, CDU: Ja! Und das ist gut so!)

Wir haben viele großartige Männer und Frauen, die wir in diese Reihe stellen können. Das sind Leute wie Rabbethge, Wentzel und andere, die, aus der Landwirtschaft kommend, für die Landwirtschaft produzierend, in der Vergangenheit im Maschinenbau tatkräftig mit dazu beigetragen haben, Innovationen in die Welt zu tragen.

Wir haben die Chance, das in unserem Cluster Bernburg-Halle-Köthen-Gatersleben mit den vielen mittelständischen Zuchtunternehmen wieder neu zu beleben oder fortzuführen. Daran sollten wir arbeiten. Das ist übrigens auch etwas, das sich sehr schnell in Wertschöpfung und Arbeitsplätzen niederschlägt. Deswegen bin ich der Auffassung, dass die Landesregierung an dieser Stelle alles richtig gemacht hat.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Wir haben aber noch einen weiteren Bereich der Wirtschaft, der interessant ist und der sich offensichtlich auch in Sachsen-Anhalt etablieren will. Das ist der Bereich Forstwirtschaft und stoffliche Verwertung von Produkten aus dem Wald.

Der Wald ist eben nicht nur eine Zone, in der man Natur und natürliche Abläufe und Dinge - wie soll ich es sagen? -

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja? - Zuruf: Ma- chen Sie das!)

etablieren kann; er ist auch Wirtschaftsraum. Das zusammenzubringen hat in der Wiege der Nachhaltigkeit, in Sachsen-Anhalt, eigentlich immer funktioniert.

Jetzt sind wir dabei, den Wald so umzugestalten, dass er den neuen Bedingungen des Klimawandels angepasst wird. Da darf es aus meiner Sicht keine Denkverbote bezüglich fremdländischer Baumarten geben. Dort muss das passieren, was notwendig ist, unter ganz nüchternen wissenschaftlichen Aspekten, nicht ideologisiert.

Wir werden ferner dafür sorgen müssen, dass die Wertschöpfung aus dem Wald über stoffliche Kaskadennutzung deutlich besser wird.

(Herr Lange, DIE LINKE: Okay! Fein! Dann machen Sie doch mal was!)

Deswegen bin ich froh, dass sich eine wissenschaftliche Institution im Harz niedergelassen hat, die genau auf diese Richtung aus ist. Das Fraunhofer-Institut ist an dieser Stelle zu nennen, das sehr gute Arbeit in der Holzlogistik und im Holzbereich macht. Das Holzcluster in Sachsen-Anhalt - Minister Herr Dr. Aeikens sagte es - ist bedeutend, für Europa schon beispielgebend.

(Zuruf von der CDU: Ja! So ist es!)

Auch deswegen müssen wir dafür sorgen, dass wir zeigen, wie man Naturschutz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit miteinander verbinden kann.

Man muss aber auch sagen: Für die Förster ist die einzige Einnahmequelle des Waldes das Holz. Sie haben nicht wie die Landwirtschaft Prämien,

(Zuruf von der CDU: Doch!)