Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Danke, Frau Kollegin Hunger. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Thomas.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geschätzter Kollege Erdmenger, den Begriff „orientierungslose Verantwortungslosigkeit“ habe ich heute gelernt. Das ist ein interessanter Begriff. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an den 24. Januar 2013 erinnern können. Am 24. Januar 2013 hatten wir die Situation, vor der ich mehrmals gewarnt habe. Wir hatten keine Energieerzeugung durch Fotovoltaik, weil es bedeckt war; es war ein grauer Tag. Wir hatten keine Windstromerzeugung, weil sich kein Windrad drehen konnte, weil es keine Windbewegungen gab. Und woher kam der Strom an diesem Tage? Er wurde durch jene Kraftwerke erzeugt, die Sie ablehnen, durch die Grundlastkraftwerke.

Wir wissen, dass Sie nicht nur die Braunkohlekraftwerke ablehnen, sondern neuerdings, wenn man Ihren Pressemitteilungen glaubt, auch Gaskraftwerke ablehnen. Ich finde, im Ablehnen sind Sie immer spitze. Aber es fehlen mir die Alternativen, mit denen aufgezeigt wird, woher die Energie an solchen Tagen kommen soll.

Wir wissen, meine Damen und Herren, dass die Braunkohle 50 % der Grundlast in der Bundesrepublik Deutschland bereitstellt, also genau 50 % der Energie, die immer verfügbar sein muss.

Das ist eine Form der Energieerzeugung, die in der Tat nicht in Ihr grünes Weltbild passt. Das akzeptiere ich auch. Ich akzeptiere auch, dass Sie sagen, dass Ihnen das nicht gefällt. Dafür sind wir ein freies Land, und freie Meinung gestatte ich.

Ich akzeptiere aber nicht, dass Sie Projekte, die nicht in Ihr grünes Weltbild passen, immer verteuern wollen. Wir kennen das von der A 14: Gefällt Ihnen nicht, muss teurer werden, deswegen wird verzögert, wird geklagt. Das kann man alles machen, finde ich aber nicht chic. Und nun greifen Sie hier bei der Energieerzeugung, dem Rückgrat der

deutschen Wirtschaft, an und sagen: Auch hier müssen wir jetzt verteuern.

Ich sage ganz bewusst: Sie verteuern hier nicht durch Subventionsabbau - Braunkohle wird nicht subventioniert -, sondern Sie wollen die Braunkohle durch eine Erhöhung der Abgabenlast verteuern. Da haben wir schon anhand der beiden Beispiele - Förderabgabe und WasserentnahmeCent - gehört, dass das rechtlich gar nicht so richtig passt. Warum muss ein Unternehmen für Wasser bezahlen, das es gar nicht nutzt? - Der Wassercent ist eine Nutzungsgebühr, und das Wasser, das die Mibrag da herauspumpt, muss sie pumpen, damit sie überhaupt an die Kohle herankommt. Sie hat davon keinen Nutzen - bis auf den Teil, den sie tatsächlich für die Kraftwerkstechnik nutzt. Das sind etwa 10 %, und dafür bezahlt die Mibrag auch ihr Geld.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es schade, dass diese Diskussion, die eine Kostensteigerung zum Ziel hat, die ganze Energiewende erschwert. Wenn man die Deutschen fragt, was sie von der Energiewende halten, antworten drei Viertel zuerst: Ja, aber es darf nicht so teuer werden.

Die Kostensteigerung gefährdet die Akzeptanz in der Bevölkerung, und das kann nicht unser politisches Ziel sein. Deswegen bin ich unserer Landesregierung außerordentlich dankbar dafür, dass wir uns hier unmissverständlich für ein neues Kohlekraftwerk im Süden und damit auch für den Fortbestand der Nutzung der Braunkohle ausgesprochen haben.

Meine Damen und Herren! Die Landesfinanzen sind schon angesprochen worden. Es wurde suggeriert: Wenn wir diese Einnahmen nicht akquirieren, gefährden wir unsere Landesfinanzen. Und in der Tat, Finanzen sind - das haben wir heute schon gelernt - ein heißes Thema und werden es in diesem Hohen Haus wahrscheinlich auch bleiben, was auch gut ist.

Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass allein die Mibrag, die den Braunkohleabbau betreibt, seit 1994 1,2 Milliarden € in innovative Maßnahmen und Technologien für den Umweltschutz investiert hat - Geld, das hier im Land geblieben ist. Ich möchte erwähnen, dass die Mibrag momentan etwa 2 500 Mitarbeiter beschäftigt

(Zuruf von den GRÜNEN: Wo?)

- gute Arbeitsplätze, sichere Arbeitsplätze, tariflich entlohnte Arbeitsplätze - und dass sie dazu noch 130 Auszubildende in ihren Reihen hat.

Meine Damen und Herren! Man kann doch erst einmal feststellen, dass das eine wirtschaftspolitische Komponente ist; wir sind ja im wirtschaftspolitischen Block. Man darf doch auch einmal würdigen, dass dieses Unternehmen für sich gesehen einen bedeutenden Beitrag für die Landesfinanzen

in Form der Schaffung von Arbeitsplätzen oder auch in Form von Steuern leistet.

Meine Damen und Herren! Das halte ich auch für ganz wichtig: Wir wissen, dass die Energiewende nur mit einem breiten Energiemix gelingen wird. Dazu zählt auch die Grundversorgung. Vielleicht kann der nach mir sprechende Vertreter Ihrer Fraktion, Herr Kollege Erdmenger, uns noch einmal erklären, wie es denn zukünftig mit der Grundlast aussehen soll. Denn wir wissen, dass wir über die nächsten zehn, fünfzehn Jahre keine Speicher haben werden, die das aushalten, das also in ihrer Kapazität darstellen können.

Wir sagen: Wir haben bis 2050 sehr weit gesteckte Ziele. Da fehlt mir auch immer der alternative Ansatz, der Sicherheit verspricht, der aber auch bezahlbar ist, und nicht irgendetwas nach dem Motto „Wünsch dir was“.

Sie fahren derzeit durch die Landkreise und erzählen, man könne bestimmte Landkreise zu 100 % mit erneuerbaren Energien versorgen. Das kann man, aber eben nicht 24 Stunden am Tag und nicht an 365 Tagen im Jahr. Das geht nur bei bestimmten Wetterlagen; das gehört zur Ehrlichkeit dazu.

Eines Ihrer nächsten Argumente ist der Klimawandel, sind die umweltschädigenden CO2-Emissionen. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen einmal ein Beispiel nennen, damit man auch die Dimension erfassen kann, welche Auswirkungen bzw. welche Rolle Sachsen-Anhalt - global gesehen darf ich durchaus sagen: das kleine SachsenAnhalt - bei diesem Thema spielt.

Ich möchte dazu das Beispiel China bemühen. Dort lag die gesamte Stromproduktion im Jahr 2011 bei etwa 3 400 TWh. Das ist etwa das Fünfeinhalbfache der deutschen Energieproduktion. Aktuell gehen in China zwei Kohlekraftwerke in Betrieb. Verglichen mit Deutschland bedeutet das bei einer ungefähren deutschen Bauleistung von 12 000 MW in vier Jahren, dass die Chinesen 30mal so schnell Kohlekraftwerke bauen wie wir - mit allem, was daran hängt, meine Damen und Herren.

(Oh! bei der LINKEN)

Vielleicht ist das ja ein netter Tipp von mir, wenn Sie schon gegen die Braunkohle ins Feld ziehen und Kraftwerke nicht chic finden, dass wir das nicht hier debattieren, im verhältnismäßig kleinen Sachsen-Anhalt, sondern Sie vielleicht auch einmal einen Brief in Richtung China schicken und sagen, wie schlimm Sie das alles finden. Denn dort sind die großen Emittenten und nicht in SachsenAnhalt.

Meine Damen und Herren! Ein zweiter Punkt - auch mit dieser Legende möchte ich etwas aufräumen und für Klarheit sorgen -: In Ihrem Antrag

steht, dass der CO2-Ausstoß seit 1995 nicht gesunken ist. Da gebe ich Ihnen Recht. Aber man kann auch dazu sagen: Er ist nicht explizit angestiegen - und das, obwohl wir hier mehr Autos auf unseren Straßen haben, obwohl wir hier mittlerweile mehr Industrie haben - dankenswerter- und glücklicherweise - und obwohl wir wissen, dass die Unternehmen hier ständig wachsen.

Auch das kann man doch einmal würdigen: dass wir trotz Wirtschaftswachstum bei den Emissionen haushalten bzw. stagnieren. Auch das ist eine große Leistung, die wir unserer Wirtschaft abverlangen, abverlangt haben. Da bin ich ganz beim Wirtschaftsminister, der gesagt hat: Irgendwann ist dann auch das Ende der Fahnenstange erreicht und die Belastbarkeit nicht mehr gegeben.

Einen dritten Punkt möchte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben. Das ist die Befreiung der energieintensiven Industrie von Belastungen. Ich kann Ihnen empfehlen: Fahren Sie einmal nach InfraLeuna, fahren Sie einmal zu Dow oder fahren Sie einmal zu Herrn Gabriel in den Chemiepark Bitterfeld.

Wir als CDU-Fraktion haben in der letzten Woche eine Energiekonferenz zu diesem Thema durchgeführt, und dort stand für die Unternehmen ganz zu Beginn immer die Sorge: Energie wird zu teuer, Energie wird für uns unbezahlbar. Gerade die von mir aufgezählten Unternehmen überlegen permanent: Wo finden unsere nächsten Ansiedlungen statt? Wo finden die nächsten Investitionen statt?

Wenn sich der Energiepreis nicht stabilisiert bzw. perspektivisch immer weiter ansteigt, dann wird das ein Standortnachteil, den wir nicht mehr aufholen werden. Das, meine Damen und Herren, kann nicht unser Wille sein.

Deswegen halten wir als CDU-Fraktion diesen Antrag als Kampfansage an die Braunkohle für sachlich falsch. Er wird die Akzeptanz der Energiewende gefährden, wird Strom und auch die Fernwärme - das haben wir vom Kollegen Erben schon gehört - verteuern. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Thomas, es gibt eine Nachfrage vom Kollegen Erdmenger. Würden Sie sie beantworten?

Sehr gerne.

Bitte sehr.

Herr Thomas, niemand ist durch Ihre Ablehnung besonders überrascht. Aber ein Punkt hat mich doch überrascht, nämlich dass Sie die Darstellungen, die ich heute hier vorgetragen habe, als ideologisch angetrieben charakterisiert haben.

Deswegen möchte ich Sie fragen: Wenn die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die Befreiungen von der Förderabgabe in Sachsen-Anhalt als Subvention bezeichnet, halten Sie das auch für ideologiegetrieben?

Das ist die Grundsatzfrage, die wir vorhin schon in der Debatte hatten: Was ist eine Subvention? Ist eine Subvention die Nichtauferlegung von Abgaben oder der Erlass von Abgaben? Und wenn seit 23 Jahren im Einigungsvertrag steht, dass die Braunkohle förderabgabenfrei zu fördern ist, dann staune ich schon ein wenig, dass Sie jetzt, im Jahr 23, kommen und sagen: Jetzt wäre es eigentlich so weit.

Dann hätte doch Ihre Partei, wenn das so ideologisch verfärbt wäre, in diesem Hohen Hause schon wesentlich eher damit kommen können. Das erstaunt mich. Jetzt kann man ja sagen: Lieber spät als gar nicht. Aber ich würde trotzdem sagen, auch wenn ich die OECD schätze, dass das mit der Braunkohle nach wie vor eine subventionsfreie Geschichte ist.

Danke sehr, Kollege Thomas. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Frederking das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Möllring, Sie haben eine Kette von Zahlen aufgeführt und dargestellt, wie hoch der Anteil der Braunkohle an der Energieerzeugung ist. Ich möchte noch ein Zahlenpaar anfügen: 29 % der Nettostromerzeugung kommen aus der Braunkohle und 44 % aus den erneuerbaren Energien. Das zeigt die Größenordnung und das zeigt, dass die erneuerbaren Energien ganz klar die maßgebliche Größe sind. Hier müssen wir auch weitermachen. Aus Klimaschutzgründen und Ressourcenschutzgründen bleibt uns gar nichts anderes übrig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Möllring und Herr Thomas, wenn Sie davon sprechen, dass wir Verlässlichkeit brauchen, dass die Energieversorgung zu jedem Zeitpunkt sichergestellt werden muss, dann sage ich: Genau das muss sie. Genau deshalb müssen wir uns auch

den Herausforderungen stellen, die jetzt auf der Tagesordnung stehen.

(Herr Thomas, CDU: Durch eine Förder- abgabe, oder wie?)

Diese Herausforderungen sind - - Das war Ihre Frage, welche Alternativen wir haben. Sie müssen unsere Konzepte zu Ende lesen und nicht nur den ersten Satz.

Wir müssen jetzt alle Flexibilisierungsoptionen nutzen, um bei den erneuerbaren Energien Angebot und Nachfrage gut zur Deckung zu bringen. Wir wissen, die erneuerbaren Energien schwanken, aber es gibt auch vielfältige Möglichkeiten. Eine Möglichkeit wurde schon von der LINKEN genannt, das sind die Speicher. Wir brauchen Speicher, damit die Energie zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung steht.

Herr Thomas, wenn Sie jetzt schon abgeschätzt haben, das sei in zehn bis fünfzehn Jahren der Fall, dann passt das doch ganz hervorragend. Wir sagen: 2030 sollen wir aus der Braunkohle ausgestiegen sein. Bis dahin haben wir dann die Optionen, sodass auch die Schwankungen ausgeglichen werden können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Sicher?)

Herr Möllring, ich möchte Ihnen das als erste Aufgabe in Ihr Stammbuch schreiben: Machen Sie da weiter, wo Ihre Vorgängerin begonnen hat: bei der Speicherfrage, nicht nur bei dem Thema Forschung an den Speichern. Nein, Frau Professor Wolff hat sich ganz konkret darum bemüht, Speicherprojekte hier im Land anzuschieben. Machen Sie da weiter, damit wir wirklich zur Anwendung von Speichern kommen, damit das schnell passiert und damit wir dann, wenn wir aus der Braunkohle ausgestiegen sein wollen, für eine hundertprozentige erneuerbare Energieversorgung bereit sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Thomas, auf die anderen Flexibilisierungsoptionen möchte ich im Detail nicht eingehen. Ich will nur sagen: Auch auf der Nachfrageseite müssen wir natürlich gucken, dass beim Lastmanagement, wenn nicht viel erneuerbare Energie im Netz ist, einzelne Anwendungen zurückgefahren werden. Auch da gibt es Möglichkeiten. Die müssen wir ausnutzen und da gibt es noch Spielräume. Das ist auch möglich. Das haben wir auch durchgerechnet.