Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Ich frage die Landesregierung:

1. Die Bürgerinitiative „Offene Heide“ setzt sich für ein Leben in Frieden ein. Ist dieser Einsatz für den Frieden die politische Willensbekundung, die als Grund dafür angeführt wird, der Initiative die Teilnahme am Festumzug des

Sachsen-Anhalt-Tages zu verwehren, oder welche andere politische Willensbekundung wird hier unterstellt, die eine Teilnahme nicht zulässt?

2. Wie kann unter Berücksichtigung der Antwort zu dieser Frage gleichzeitig die Teilnahme der Bundeswehr am Festumzug begründet werden?

Danke sehr. - Die Antwort der Landesregierung wird durch den Minister für Wissenschaft und Wirtschaft Herrn Möllring in Vertretung des Staatsministers Robra gegeben. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Fragesteller bezieht sich auf diesen Brief und zitiert aus dem dritten Absatz. Die Antwort ergibt sich aus dem vierten Absatz.

Deshalb kann ich sagen, der Einsatz für ein Leben in Frieden, wie es der Abgeordnete Henke formuliert, ist selbstverständlich nicht der Grund, weswegen der Bürgerinitiative „Offene Heide“ die Teilnahme am Festumzug des Sachsen-Anhalt-Tages verwehrt wird. Es sind vielmehr Parolen wie - ich zitiere -: „Opfer? Täter? Tot!“ oder „Karriere-Truck der Bundeswehr“, „Werben fürs Sterben“, die eine politische Richtung offenbaren, die sich nicht nur gegen eine staatliche Institution stellt, sondern diese in nicht hinnehmbarer Weise diffamiert.

Der Sachsen-Anhalt-Tag ist ein Volksfest, der Identität stiften und die Vielfalt des Landes repräsentieren soll. Das Fest kann daher, wie im erwähnten Schreiben an die Bürgerinitiative formuliert, weder eine Plattform für politische Meinungsmache sein, noch darf es für andere vordergründige Zwecke missbraucht werden. Das gilt insbesondere auch für den Umgang der Teilnehmer untereinander.

Hier hat sich die Bürgerinitiative in der Vergangenheit von ihren eigentlichen Zielen und Inhalten, nämlich die zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide, immer weiter entfernt. Besagte Losungen sowie die Verwendung von hoheitlichen Zeichen und Symbolen der Bundeswehr in diesem Zusammenhang tragen nicht wirklich dazu bei, das Fest zu beleben; sie stören eher.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Darstellungen, die geeignet sind, andere Personen, Gruppen, Initiativen oder Institutionen zu verunglimpfen, zu beschimpfen oder zu beleidigen, kann und darf der Sachsen-Anhalt-Tag keinen Raum bieten.

(Zustimmung bei der CDU)

Vor dem Hintergrund des beispielhaften Einsatzes der Bundeswehr bei der Bekämpfung der Hoch

wasserkatastrophe - und wir haben eben gehört, wie Ihr Fraktionsvorsitzender Herr Gallert diese vorhin ausdrücklich gelobt und den Soldaten gedankt hat - sind Diffamierungen der Bundeswehr erst recht entschieden zurückzuweisen.

(Beifall bei der CDU)

Der angemeldeten Präsentation mit einem Stand der Bürgerinitiative im Rahmen des Regionaldorfs Elbe-Börde-Heide steht in Gommern übrigens nichts im Wege. Es wird dabei allerdings davon ausgegangen, dass auch hier die zuvor genannten Regeln eingehalten werden.

Die Antwort zu Frage 2: Die Bundeswehr nimmt nicht am Festumzug teil. Sie wird, wie auch in den Vorjahren, mit einer Präsentation im Bereich der Hilfsdienste auf dem Sachsen-Anhalt-Tag in Gommern vertreten sein. Die Präsentation im Bereich der Hilfsdienste hat einen aktuellen Bezug. Es wäre ganz schlecht, wenn das nicht stattfinden würde. Die Bundeswehr hat aber auch noch nie an einem Festumzug anlässlich eines Sachsen-AnhaltTages teilgenommen. - Vielen Dank. Das war die Antwort.

(Beifall bei der CDU)

Abgeordnete Frau Dr. Paschke:

Herr Minister, es gibt noch eine Nachfrage von dem Fragestellter. - Bitte sehr, Herr Henke.

Herr Minister, in der Tat ist es so, dass die Bundeswehr nicht am Festumzug teilnimmt. Nach meinen Erlebnissen auf den vergangenen SachsenAnhalt-Tagen ist es aber auch so, dass die Präsentation der Bundeswehr auf reichlich vorhandener Fläche maßgeblich der Werbung für militärische Karrieren und der Darstellung von Militäreinsätzen dient. Darum die Frage: Ist das nicht auch eine politische Willensbekundung?

Zu Frage 1:13-mal konnte die Bürgerinitiative „Offene Heide“ bislang am Festumzug teilnehmen. Auf eine Anfrage von Vertretern der Bürgerinitiative an die Staatskanzlei vom 24. Mai 2013, welche Vorwürfe man denn konkret unterbreiten würde, die diese von Ihnen noch einmal wiederholte - ich sage einmal - abfällige Charakterisierung rechtfertigen würden, gab es dazu nach meiner Kenntnis bislang keine Darstellung.

Das Zweite ist richtig; denn der erste Brief spricht ja für sich. Mehr als mit diesen Worten kann man ja die Frauen und Männer der Bundeswehr nicht verunglimpfen.

Zu Frage 2: Wenn die Bundeswehr nicht dafür werben würde, zu ihr zu kommen und sich bei ihr

ausbilden zu lassen und Karriere zu machen, dann hätten wir weder Soldaten am Deich gehabt, noch hätten wir Führungspersonal am Deich gehabt, die diese Soldaten geführt hätten und entsprechend entscheiden konnten.

(Beifall bei der CDU - Unruhe bei der LIN- KEN)

Ich rufe auf die Frage 2. Sie wird gestellt von Herrn Abgeordneten Steppuhn von der SPD. Es geht um den Wegfall der Förderung der sogenannten Ein-Euro-Jobs. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, die so genannten EinEuro-Jobs, wird Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen finanziert. Teilnehmer solcher Maßnahmen können damit etwas zum Arbeitslosengeld II hinzuverdienen. Diese Arbeitsgelegenheiten müssen zusätzliche Tätigkeiten im Interesse der Allgemeinheit begründen und dürfen reguläre Beschäftigung nicht verdrängen. Jetzt ist den Medien zu entnehmen, dass es eine deutliche Reduzierung bei den Arbeitsgelegenheiten geben soll.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Was sind die Hintergründe für diese Reduzierung der sogenannten Ein-Euro-Jobs und welche Auswirkungen werden diese Kürzungen haben?

2. Gibt es beim Einsatz des Instruments der Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung aufgrund der Sparzwänge Unterschiede zwischen den gemeinsamen Einrichtungen und den Jobcentern der Optionskommunen?

Für die Landesregierung wird Herr Minister Bischoff antworten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antwort auf die Frage des Abgeordneten Andreas Steppuhn stelle ich Folgendes voran:

Die sogenannten Ein-Euro-Jobs sind ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, mit dem arbeitslose erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Rahmen von Beschäftigungsmaßnahmen dabei unterstützt werden, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten bzw. wiederzuerlangen.

Ziel ist es letztlich, einen Integrationsfortschritt in Richtung des allgemeinen Arbeitsmarktes zu erzielen. Dabei geht es insbesondere auch um das Heranführen an das Arbeitsleben, um die Stärkung

des Arbeits- und Sozialverhaltens, aber auch um die Verbesserung der Motivation und um Eröffnung von beruflichen Perspektiven.

Die im Rahmen dieser Beschäftigungsmaßnahmen gezahlte Mehraufwandsentschädigung, also der Ein-Euro-Job, dient dazu, den mit der Ausübung der Beschäftigung verbundenen Mehraufwand für die Person auszugleichen und wird deshalb auch nicht auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes angerechnet.

Zu Frage 1: Die Entscheidung, in welchem Umfang Arbeitsgelegenheiten von den Jobcentern angeboten werden, wird von den Jobcentern in Abstimmung mit der Trägergesellschaft und den örtlichen Beiräten getroffen. Diese Entscheidung ist unter anderem davon abhängig, wie sich die regionale Arbeitsmarktsituation darstellt und welche arbeitsmarktpolitischen Strategien von den regionalen Akteuren als besonders erfolgversprechend im Sinne einer schnellen und möglichst dauerhaften Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt angesehen werden.

Dabei hat nach den Regelungen des SGB II die möglichst schnelle Eingliederung in die reguläre Arbeit grundsätzlich Vorrang. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass sich die Zahl der Arbeitsgelegenheiten verringert, wenn sich die Arbeitsmarktsituation insgesamt verbessert und dadurch auch die Integrationschancen für Langzeitarbeitslose steigen.

Gleichzeitig ist auch richtig: Der Umfang der Arbeitsgelegenheiten ist auch davon abhängig, welche Mittel generell für die Eingliederung zur Verfügung stehen. Hier spüren wir die Auswirkungen der Kürzungen, die die Bundesregierung vor etwa drei Jahren eingeleitet hat. Seitdem ist das Budget, das den Jobcentern für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung steht, um mehr als 50 % zurückgegangen. Eine solche Kürzung muss sich am Ende auch in den Beschäftigungszahlen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten niederschlagen.

Feststellbar ist, dass auf Landesebene der Bestand an Personen in Arbeitsgelegenheiten von Februar bis Mai 2013 saisonal bedingt angestiegen ist, jedoch im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Rückgang um etwas mehr als 8 % zu verzeichnen ist.

Zur zweiten Frage: Gibt es beim Einsatz des Instruments der Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung aufgrund der Sparzwänge Unterschiede zwischen den gemeinsamen Einrichtungen und den Jobcentern der Optionskommunen?

Aus den Kennzahlen des SGB-II-Monitoringsystems kann man erkennen, dass die zugelassenen kommunalen Träger, also die Optionskommunen, im Durchschnitt einen höheren Anteil an beschäfti

gungsfördernden Maßnahmen haben - das sind überwiegend Arbeitsgelegenheiten, zu einem geringen Teil aber auch Lohnkostenzuschüsse nach § 16e - als die gemeinsamen Einrichtungen.

Woran dies liegt, lässt sich nicht so einfach beantworten. Es kann an unterschiedlichen strategischen Ansätzen der regionalen Akteure liegen. Es wird aber mit Sicherheit auch daran liegen, dass die Arbeitsmarktsituation in den verschiedenen Regionen den Einsatz von Arbeitsgelegenheiten in unterschiedlichem Umfang notwendig macht, weil zum Beispiel entsprechende Alternativen auf dem regulären Arbeitsmarkt fehlen.

Wichtig ist auch hier, dass nach den Regelungen des SGB II die letzte Entscheidung darüber, welche arbeitsmarktpolitischen Instrumentarien von den Jobcentern eingesetzt werden, von den Akteuren vor Ort getroffen wird. Dementsprechend sind auch die Zielvereinbarungen, die das Land mit den Jobcentern der Optionskommunen jährlich abschließt, zwar gemeinsame Ziele - sie werden dort auch festgeschrieben -, sie legen jedoch nicht fest, welche Instrumente im Einzelnen zur Erreichung dieser Ziele eingesetzt werden.

Die Jobcenter, die bisher einen größeren Schwerpunkt auf Arbeitsgelegenheiten gelegt haben, könnten folglich vom Rückgang der Mittel in diesem Bereich stärker betroffen sein. Die Organisationsform - gemeinsame Einrichtung oder Optionskommune - spielt diesbezüglich meines und unseres Erachtens keine Rolle.

Nachfragen hierzu gibt es nicht. Danke sehr, Herr Minister.

Die Frage 3 stellt der Abgeordnete Herr Gallert zum Thema Zensus 2011 - Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich. Bitte sehr.

Der Zensus 2011 mit seinen neuen Einwohnerzahlen führt zu veränderten Berechnungsgrundlagen für den Länderfinanzausgleich.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Höhe sind anteilmäßig Rückzahlungen oder Nachzahlungen aus dem Länderfinanzausgleich rückwirkend für welche Jahre für Sachsen-Anhalt zu erwarten?