Protokoll der Sitzung vom 21.06.2013

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Dr. Klein, Frau Niestädt würde Sie gern noch etwas fragen. - Frau Niestädt.

Verehrte Frau Dr. Klein, ich frage noch einmal zu einer Sache. Ich kenne Sie als eine sehr realistische Finanzpolitikerin. Deshalb darf ich mich einmal wundern, dass Sie sagten, man werde sehen, was die Steuerschätzung im November bringen werde. Sie gehen also davon aus, dass es noch viel schlimmer wird als vorher. Darüber wundere ich mich.

Aber zum Nachtragshaushalt für das Jahr 2013. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Punkt, ob

man aufgrund einer Steuerschätzung Steuermindereinnahmen erwartet, und dem, was wir im vorigen Jahr gemacht haben.

Wir haben den Nachtragshaushalt auch deswegen gemacht, weil wir zum Beispiel mit einer Novelle zum Finanzausgleichsgesetz 98 Millionen € mehr für das FAG zur Verfügung gestellt haben. Das war eine Reaktion auf eine Gesetzesänderung. Des Weiteren haben wir zu Recht für Forschung und Entwicklung nachgerüstet. Und darüber hinaus gab es im Einzelplan 03 für besondere Polizeieinsätze und für den Digitalfunk eine Erhöhung.

Das alles war gut belastbar und belegbar. Auch haben wir die Finanzierung entsprechend belegt. Sie werden wissen, dass es uns schwergefallen ist, dafür auch Vorsorgeelemente aufzubrechen. Geben Sie mir da Recht, sehr verehrte Frau Kollegin?

Das habe ich Ihnen ja gesagt, es waren voll und ganz die Wünsche der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung, die damit realisiert wurden. Es fand sich dann noch Geld, um das umzusetzen. Es wurde hart gezerrt. Aber dafür hat man einen Nachtragshaushalt gemacht.

Den musste man ja machen.

Vielen Dank. - Damit, meine Damen und Herren, ist die Debatte beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/2099. Ich habe keine Überweisungswünsche vernommen, deswegen stimmen wir jetzt über den Antrag also solchen ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 20 ist erledigt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Erste Beratung

Implementierung und Umsetzung des Gesamtgesellschaftlichen Aktionsplans für Akzeptanz von Lesben und Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen (LSBTI) und gegen Homo- und Transphobie in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drs. 6/2100

Die Einbringer haben sich geeinigt, die Zeit zu teilen. Frau Lüddemann und Herr Knöchel werden

jeweils sieben Minuten haben. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zur weiteren Erhöhung der Akzeptanz von LSBTI müssen alle gesellschaftlichen Bereiche Ihren Beitrag leisten. Dieser Satz findet sich in der Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage, die im März letzten Jahres in der Drs. 6/1240 allen Fraktionen zugegangen ist. In dieser Großen Anfrage war es unser Ansinnen zu erkunden, wie die Situation von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen in Sachsen-Anhalt ist.

Ich werde im Weiteren die Abkürzung LSBTI verwenden. Für alle Kolleginnen und Kollegen, die mich immer wieder darauf ansprechen, hat unsere Fraktion einen Flyer, der, wie ich finde, auch sehr schön gestaltet ist, erstellt. Den können Sie sich gern bei mir abholen. Dann können Sie immer wieder nachlesen, was LSBTI bedeutet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung hat in ihrer Antwort auf die Große Anfrage darauf abgestellt, dass vieles versucht werde, dass Akzeptanz aber nicht verordnet werden könne. Die Antwort, warum nichtheterosexuelle Menschen in Sachsen-Anhalt noch immer anders behandelt, anders bewertet werden als heterosexuelle, konnte nicht vollumfänglich ergründet werden. Unter anderem hat das auch etwas damit zu tun, dass wir dazu nicht genug Daten haben.

Ich sage ganz deutlich und wiederhole das, was ich in der Debatte damals gesagt habe: Akzeptanz kann gefördert werden und muss vonseiten der Politik gefördert werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Diskriminierung kann abgebaut werden und muss durch Politik abgebaut werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Ereignisse der letzten anderthalb Jahre haben die einschlägige Community, die Betroffenen und auch diejenigen, die sich für deren Rechte einsetzen, darin bestärkt, dass es Sinn macht, für diese Rechte in diesem Land zu kämpfen. Diese Ereignisse sind leider nicht vom politischen Raum ausgegangen, weder von der Bundesregierung noch von dieser Landesregierung. Diese Ereignisse sind Ergebnisse von Kampfmaßnahmen, die Einzelne durchgeführt haben, die sich ihr Recht gerichtlich bis hoch zum Bundesverfassungsgericht erstritten haben.

An dieser Stelle sei mir die Bemerkung gestattet, dass ich es mehr als beschämend finde, dass sich

Politik das immer wieder antun muss. Ich glaube, das ist Verschwendung von Steuergeldern. Man müsste einsehen, dass man endlich einmal den großen Wurf machen muss.

(Beifall bei den Grünen und bei der LINKEN)

Man müsste einsehen, dass man endlich einmal klarstellen muss: Homosexuelle Menschen haben die gleichen Rechte, sind gleich zu behandeln. Dann ist das Thema durch. Aber nein! In diesem Land muss man alles Schritt für Schritt einklagen lassen.

Nichtsdestotrotz - das ist nicht hoch genug zu bewerten - haben sich die Aktiven in diesem Land am Lesben- und Schwulenpolitischen Runden Tisch - ein schwieriges Wort, aber ein wichtiges Gremium - nicht entmutigen lassen, sondern haben gesagt: Wir wollen diesen Schwung auch nach Sachsen-Anhalt tragen, wir wollen an dem arbeiten, was wir seit 20 Jahren fordern, wir wollen auch für Sachsen-Anhalt einen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie.

Sie sind in Vorleistung gegangen und haben einen sehr umfänglichen, wenn auch nicht vollumfänglichen Entwurf erarbeitet. Das Besondere an diesem Runden Tisch ist, dass dort nicht „nur“ die Vertreter der einschlägigen Betroffenenorganisationen arbeiten, sondern dort sind alle politischen Parteien vertreten. Und alle Landtagsfraktionen können mitarbeiten, wenn auch nicht alle Fraktionen dieses Angebot annehmen.

Die Aktiven dort haben sich auch von der Großen Anfrage und der Antwort darauf inspirieren lassen, wo es heißt:

- die Landesregierung -

„sieht es als eine ihrer Aufgaben an, die Emanzipation von Menschen mit verschiedener sexueller Identität zu unterstützen, Diskriminierungen abzubauen und die gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern, damit diese Menschen in Sachsen-Anhalt selbstbestimmt leben können.“

Den Entwurf, der dort erarbeitet wurde, haben sie auch der Öffentlichkeit vorgestellt. Es gab im Frühjahr 2013 eine Fachtagung, die ausgesprochen gut besucht war. Die Gleichstellungsministerin dieses Landes ist dort aufgetreten, hat ein sehr positives Grußwort gehalten und hat die Arbeit der Ehrenamtlichen gewürdigt. Man muss einmal ganz deutlich sagen, dass dieser komplette Entwurf in rein ehrenamtlicher Arbeit erstellt worden ist. Das ist eine Aufgabe, die in anderen Ländern von Regierungsbeamten oder Regierungsmitarbeitern, von Verwaltungsmitarbeitern gemacht wird. Bei uns im Land macht man es lieber selber. Aber dann wird es wenigstens gut gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Auf der Fachtagung wurde, wie gesagt, der Entwurf vorgestellt. Es war ein Regierungsmitglied anwesend, das diesen als sehr positiv bewertet hat. Wir haben alle mit großen neidischen Augen nach NRW geschaut, die Staatssekretärin aus NRW, Frau Bredehorst, war anwesend. Sie hat uns vorgestellt, wie das Thema in NRW angegangen wird und wie alle Lebensbereiche, alle Politikbereiche sehr, sehr umfänglich, sehr tiefgehend bearbeitet werden.

Das wäre auch ein Beispiel für das Landesprogramm „Geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt“. Es ist wirklich eine Euphorie von dieser Fachtagung ausgegangen. Diese Euphorie hat auch dazu geführt, dass es Gespräche mit allen Fraktionen dieses Hohen Hauses gegeben hat, um diese Euphorie in das Parlament zu tragen, um das aufzunehmen, was in ehrenamtlicher Arbeit erarbeitet wurde, und zu sagen: Wir setzen jetzt das Zeichen in diesem Hause, dass alle vier Fraktionen sich hinter der Idee versammeln, auch in SachsenAnhalt einen solchen Aktionsplan auf den Weg zu bringen.

Jetzt wird es Ihnen, wenn Sie die Vorlage aufmerksam gelesen haben, nicht verborgen geblieben sein, dass es nicht dazu gekommen ist, dass sich letztlich nur - und mit „nur“ meine ich „schade“ - die Oppositionsfraktionen dieser Aufgabe gestellt haben und der Verantwortung gerecht werden, das, was die Zivilgesellschaft vorgelegt hat, auch aufzunehmen und in tatsächliches Handeln zu überführen.

Es liegt ein Antrag der Oppositionsfraktionen vor, aber es besteht heute noch die Chance, dass sich auch die beiden Koalitionsfraktionen diesem Antrag anschließen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen Dank an die Kollegin Frau von Angern, die diesen Prozess maßgeblich mit begleitet hat. Schwangerschaftsbedingt kann sie heute nicht mehr bei uns sein. Ich danke ihr sehr für ihre Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Liebe Damen und Herren! Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, eine Frage der Menschenwürde. Für uns GRÜNE ist es überhaupt keine Frage, es ist Teil unseres Gründungskonsenses, uns für solche Gerechtigkeitsfragen einzusetzen.

Wir glauben, dass wir in Sachsen-Anhalt hiermit ein großes Problem haben. „Schwul“ oder „schwule Sau“ gehören nachgewiesenermaßen zu den meistbenutzten Schimpfwörtern in diesem Land, nicht nur auf Schulhöfen, auch am Stammtisch oder im Sportverein. Wir glauben, genau eine solche konzertierte Anstrengung wie in Bezug auf

Rassismus und Diskriminierung braucht es auch in Bezug auf Homophobie.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von der SPD)

Ich komme zu meinem letzten Satz, damit der Kollege Knöchel dann auch noch genug Zeit hat. Ich lasse mich bei diesem Thema auch nur deshalb hinreißen, weil ich glaube, es ist wirklich überfällig. Wir haben den Entwurf des Runden Tisches zur Grundlage gemacht. Uns ist es sehr wichtig, dass der Runde Tisch im Verfahren bleibt und auch weiter einbezogen wird. Der Schwerpunkt wird auf den Bereich Bildung gelegt, weil wir glauben, dass Aufklärung und öffentlicher Dialog wichtig sind. Je mehr man vom anderen weiß, desto weniger macht er einem Angst. - Vielen Dank. Ich bitte um Zustimmung. - Jetzt übergebe ich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. - Herr Kollege Knöchel, Sie haben jetzt noch sieben Minuten und 40 Sekunden Zeit. Bitte.

Meine Damen! Meine Herren! Der erste Teil der Einbringung befasste sich mit dem Prozess der Entstehung des Aktionsplanes, der Gegenstand dieses Antrages ist. Ich möchte mich damit auseinandersetzen, was uns bewegt hat, diesen Antrag jetzt und hier einzubringen. Ein Punkt, der uns bewegt hat, das einzubringen, war die Landesregierung selbst. Ich zitiere: