Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Minister, für die Einbringung. - Es ist eine Dreiminutendebatte vereinbart worden. Als erste Debattenrednerin spricht Frau Edler für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Nachdem das Landesverfassungsgericht die im Jahr 2010 von CDU und SPD mehrheitlich durchgesetzte Zuordnung von Gernrode, Bad Suderode und Rieder in die Stadt Quedlinburg aus formalrechtlichen Gründen beanstandet hat und sich die Einwohnerinnen und Einwohner erst vor wenigen Tagen, nämlich am 23. Juni 2013, gegen eine solche Eingemeindung aussprachen, legt die Landesregierung nun diesen Gesetzentwurf vor.

Meine Damen und Herren! Eine erneute Zwangseingemeindung der drei Gemeinden nach Quedlinburg wird das Vertrauen der Menschen dieser Verwaltungsgemeinschaft in den Rechtsstaat vollends zerstören.

(Zustimmung bei der LINKEN - Oh! bei der CDU)

Der Antrag meiner Fraktion, den noch bestehenden Teil der Verwaltungsgemeinschaft aus Gernrode, Bad Suderode und Rieder mit 7 743 Einwohnern als Einheitsgemeinde zuzulassen, wurde von der Koalition abgelehnt. Zwar würde die Einwohnerzahl unter der magischen Zahl 8 000 liegen, jedoch erheblich über der der bestandsgeschützten Stadt Falkenstein, die per 31. Dezember 2008 noch 5 942 Einwohner aufwies. Ein Zusammenschluss mit der Einheitsgemeinde Ballenstedt, welche übrigens ebenfalls unter der Zahl von 10 000 Einwohnern lag, wurde erst gar nicht bewertet.

Im Übrigen wurden auch bei der Stadt Nienburg Ausnahmen von der Regel zugelassen. Eine Begründung der unterschiedlichen Handhabung gibt es jedoch aus dem Innenministerium nicht.

Fakt ist: Es wurden der Stadt Thale nicht nur die ehemaligen Mitgliedsgemeinden Friedrichsbrunn

und Stecklenberg der Verwaltungsgemeinschaft Gernrode zugeordnet, nein, die Stadt Thale erhielt ebenso Treseburg, Altenbrak und Allrode dazu. Zusätzlich durfte die Stadt Thale ihre Therme errichten - und dies, obwohl mit dem Kurzentrum Bad Suderode bereits das Nutzerpotenzial ausgeschöpft war.

(Herr Thomas, CDU: Das ist vollkommener Quatsch!)

Offensichtlich als politischer Kuhhandel wurde dann die Zwangszuordnung der Restverwaltungsgemeinschaft nach Quedlinburg vollzogen.

Wie die Stadt Quedlinburg nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts mit den drei Gemeinden Gernrode, Bad Suderode und Rieder unter Duldung der Kommunalaufsicht umgegangen ist und umgeht, spricht Bände - in Bezug auf Mobbing der Angestellten, der Einhaltung von Verträgen und der Gewährleistung der notwendigen Ausstattung der Gemeindeverwaltung, deren Inventar damals von der Stadt Quedlinburg eingezogen worden war.

Bei einer solchen Vorgeschichte, meine Damen und Herren, sind ein Zusammengehen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit heute schlichtweg nicht mehr möglich. Meine Fraktion, die Fraktion DIE LINKE, spricht sich daher dafür aus, die Grundlagen des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes zu nutzen und die Alternative, nämlich das Zusammengehen mit der Stadt Ballenstedt, ernsthaft zuzulassen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Edler, es gibt eine Nachfrage von Herrn Hövelmann. Würden Sie diese beantworten?

Sehr gerne.

Herr Kollege Hövelmann, bitte.

Frau Kollegin, ich habe zwei Fragen. Die eine bezieht sich auf die von Ihnen angesprochenen Eingemeindungen von Friedrichsbrunn und Stecklenberg nach Thale. Stimmen Sie mir darin zu, dass diese Eingemeindung auf der Basis freiwilliger, genehmigter Verträge passiert ist und nicht auf der Basis eines Gesetzes?

Die zweite Frage bezieht sich auf die von Ihnen genannten Einwohnerzahlen der verbleibenden drei Gemeinden, die jetzt eingemeindet werden

ollen. Sie sprachen von etwas über 7 700 Einwohnern.

7 743!

Ich habe der Vorlage entnommen, dass zum 31. Mai 2012 die Einwohnerzahl bei 7 182 lag. Würden Sie dem zustimmen?

Ich habe mich bei den Einwohnerzahlen darauf bezogen, wie viele Einwohner und Einwohnerinnen vor der Eingemeindung vorhanden waren.

Zu Ihrem ersten Punkt: Sicherlich gebe ich Ihnen da Recht.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Edler, man kann die Dinge so darstellen, wie Sie das gemacht haben. Aber das geht an der Lebenswirklichkeit vor Ort vorbei,

(Zustimmung von Herrn Thomas, CDU, und von Herrn Weigelt, CDU)

und die Art und Weise, wie da vor Ort Stimmung gemacht worden ist, haben Sie heute hier wiederholt.

(Zustimmung von Herrn Thomas, CDU, und von Herrn Weigelt, CDU)

Deswegen werde ich mich bemühen, das in der Kürze der Zeit noch einmal sachlich darzustellen. Vieles hat der Minister gesagt, das muss ich nicht wiederholen.

Wir haben vor drei Jahren bereits ein Zuordnungsgesetz beschlossen. Das ist vom Verfassungsgericht aufgehoben worden - nicht weil das Verfassungsgericht gesagt hat, es sei alles Unsinn, sondern weil die Frist zur Anhörung um neun Tage, waren es wohl, verabsäumt worden ist. Sie hätte am 29. September im Verkündungsblatt stehen müssen, aber das geschah erst am 8. Oktober.

Dieser Verfahrensfehler - und nur dieser - hat dazu geführt, dass das Verfassungsgericht diese Entscheidung des Gesetzgebers aufgehoben hat, wie im Übrigen - das soll bei dieser Gelegenheit noch einmal deutlich gemacht werden - alle Verfassungsbeschwerden, die es gegen die Gebiets

reform gab - sowohl 132 gegen das Grundsätzegesetz als auch 72 gegen die konkreten Zuordnungen -, nicht zu inhaltlichen Abänderungen geführt haben.

Nur dort - die Zahl ist sehr übersichtlich -, wo es Verfahrensfehler gab, wurden die Entscheidungen des Gesetzgebers aufgehoben. Die Nichtigkeit führt dazu, dass es eines neuerlichen Rechtsaktes bedarf, um einen leitbildgerechten Zustand herbeizuführen.

Es war immer wieder zu hören und in dem Schreiben der Bürgermeister, das wohl alle Abgeordneten des Landtages erhalten haben - die Mitglieder des Innenausschusses auf jeden Fall -, heißt es: „Es trifft zu, dass wir in erster Linie die Bildung einer gemeinsamen Einheitsgemeinde als Stadt Gernrode (Harz) anstreben.“

Das geht eben nicht. Das ist auch nicht möglich, weil Falkenstein noch weniger Einwohner hat, Frau Edler. Sie wissen, dass diese Gemeinde Bestandsschutz hat, das aber kein rechtliches Argument ist, um jetzt eine andere Entscheidung zu treffen.

Dass die, höflich formuliert, fragwürdigen rechtlichen Argumente, zum Beispiel dass das Gemeindeneugliederungsgesetz gar nicht mehr gelte oder dass eine Rückneugliederung vorliege, ins Leere führen, hat der Minister gesagt.

Wenn man die Alternative Ballenstedt, die es rein theoretisch gäbe, betrachtet: Lesen Sie sich die 45-seitige Begründung zum Gesetzentwurf durch, dann erkennen Sie, dass sehr gewissenhaft abgewogen worden ist, warum der Weg aller drei Gemeinden nur nach Quedlinburg führen kann. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt eine Frage von der Kollegin Edler.

Aber immer.

Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Kollege Brachmann. - Geben Sie mir recht, dass auch im Kommentar zum Urteil des Landesverfassungsgerichts auf erhebliche Eingriffe des Landes hingewiesen worden ist?

Zweitens. Die drei Bürgermeister haben angekündigt, dass sie, wenn diese Zwangseingemeindung jetzt vollzogen wird, zurücktreten werden und ihre drei Räte ebenfalls. Wie wollen Sie als Abgeord

neter der Koalition mit diesem Demokratieverlust umgehen?

(Unruhe bei der CDU - Minister Herr Stahl- knecht: Wir lassen uns doch nicht erpres- sen!)

Der Minister will mir gewissermaßen die Antwort in den Mund legen, dass wir uns nicht erpressen lassen. Das ist jetzt aber, für mich jedenfalls, nicht das Argument. Wenn die Bürgermeister so handeln wollen, dann müssen sie das tun. Ob sie mit ihrem Verhalten vor Ort - auch über die Monate - ihren Bürgern nicht einen Bärendienst erweisen, das wäre meine Gegenfrage, die ich an dieser Stelle stellen würde.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Die Stelle, an der das Verfassungsgericht im Hinblick auf die Gebietsreform auf schwerwiegende Eingriffe des Gesetzgebers hingewiesen hat, die das Verfassungsgericht beanstandet hätte, die müssen Sie mir zeigen.

(Zustimmung bei der SPD)